Die Leichtigkeit des Seins

Test: BluGuitar Amp1 Iridium

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Bluguitar Amp1 Iridium(Bild: Dieter Stork)

Im Zeitalter der Class-D-Hybrid-Verstärker darf man sich nicht mehr wundern über die allgemeinhin als beeindruckend empfundene Leistungsausbeute dieser Technologie, doch der nagelneue BluGuitar Amp 1 Iridium geht noch einen gewaltigen Schritt weiter als die Mitbewerber und kombiniert eine solche Endstufe mit einer knüppelhart aufgehängten, analogen High-Gain-Vorstufe. Ganz böse!

„Schon wieder ein Amp1? Das ist doch jetzt schon der dritte BluGuitar Verstärker in dieser Fachzeitschrift – wird das nicht langweilig, den auch noch zu testen?“

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Genau das dachte ich, bis ich die neueste Kreation aus dem Hause Thomas Blug vor mir liegen hatte und ohne allzu viel Vorbereitungszeit mit dem Iridium auf einer Workshop-Bühne des Reeperbahn Festivals in Hamburg stand.

Doch von vorne: Thomas Blug sollte dem geneigten Leser ein Begriff sein. Der „Strat-King of Europe“ – so adelte ihn einst die Firma Fender – ist berühmt für seinen dynamischen, virtuosen Stil irgendwo zwischen Hendrix und Satriani. Nicht so bekannt ist, dass Thomas in der Vergangenheit neben seiner Mitwirkung bei diversen Studio- und Live-Jobs für die Stars und mitunter auch Eintagsfliegen der hiesigen Pop-Rock-Szene, ebenfalls Gitarrenverstärker und Pedale für einen relativ großen Hersteller aus dem Saarland mitentwickelt hat.

Die Idee zum Amp 1 geht auf eben diese Zeit zurück und da Thomas seine Vision eines portablen Gitarrenverstärkers bei seinem alten Arbeitgeber nicht so realisieren konnte, wie er es gerne wollte, gründete er kurzerhand seine eigene kleine Firma und befasst sich seitdem mit eben diesem Thema.

Nachdem der Amp 1 Mercury Edition als zweiter Wurf aus seiner Amp-Schmiede zu Thomas Blugs Zufriedenheit vor allem die Sounds alter Marshall-Verstärker so gut wie möglich nachbildet, widmet er den brandneuen BluGuitar Amp 1 Iridium den jungen Wilden unter uns.

Um dabei ein Produkt an den Markt zu bringen, das Metal spielenden Hochleistungssportler-Gitarristen ein breites Grinsen in das Gesicht zaubert, wurden von Thomas in den letzten Jahren immer wieder Amp-1-Iridium-Prototypen auf diverse Messen und Events mitgenommen, damit er dort direkt Feedback von namhaften international tourenden Musikern und auch Studiobetreibern zum Sounddesign des Verstärkers bekommen konnte. Die klangliche Abstimmung des Iridiums ist daher tatsächlich auffällig anders als beim Mercury.

Bluguitar Amp1 Iridium(Bild: Dieter Stork)

1200g Iridium bitte!

Die Eckdaten der BluGuitar-Amp-1-Plattform sind hinlänglich bekannt, ist doch das erste Modell schon seit gut fünf Jahren auf dem Markt: Eine analoge Vorstufe wird mit einer durch eine Subminiaturröhre dynamisch beeinflusste 100 Watt Class-D Endstufe verstärkt. Knapp 1200 Gramm bringt der Kleine auf die Waage und ist angenehm kompakt und dennoch gut bedienbar.

Vier Grund-Sounds, ein vorgeschalteter Boost und ein digitaler Hall sind, falls gewünscht, per Fuß schaltbar. Die drei hierfür vorgesehenen Fußtaster liegen recht nahe beieinander, aber eben nicht so nahe, dass man im Eifer des Gefechts daneben treten würde. Prädikat „biersicher“.

Ein seriell oder parallel nutzbarer Einschleifweg, ein Recording Out mit oder ohne Frequenzgangkorrektur, der alternativ auch als Kopfhörerausgang zu gebrauchen ist, ein Anschluss für eine BluGuitar Remote 1 als Erweiterung der Schaltmöglichkeiten sowie zwei Lautsprecherausgänge stehen auf der Stirnseite anschlussseitig neben der Eingangsklinkenbuchse zur Verfügung.

Auch die Custom-Control-Regler auf der linken Gehäuseseite zur Abstimmung der Kanäle untereinander und des fußschaltbaren Boosts wurden – wenn auch klanglich etwas anders abgestimmt – nahezu eins zu eins so übernommen, wie sie auch beim Mercury Edition funktionieren.

(Bild: Dieter Stork)

Augenscheinlich neu ist erst einmal nur die Farbe. In vornehmes Schwarz gehüllt, präsentiert sich der neue Iridium und wirkt meiner Auffassung nach tatsächlich wertiger und moderner, als seine älteren Geschwister. Auch die farbliche Codierung der LEDs der Fußtaster ist dieses Mal etwas anders ausgefallen. Blau und Violett leuchtet es von nun an vom Pedalboard.

Das schon vom Vorgänger bekannte Layout der Regler und Auswahlschalter der Clean und Overdrive Kanäle bleibt von diesem Make-Up allerdings völlig unberührt. Nach wie vor teilen sich die vier Kanäle des Amp1 einen Drei-Band-Equalizer. Wie bisher hat der Clean-Kanal einen eigenständigen Lautstärkeregler, der unabhängig von der Einstellung des Gain und auch des Volume-Potis der drei Overdrive-Kanäle arbeitet.

Zu Fuß

Wie auch beim ersten Amp1 und auch beim weiterhin erhältlichen Amp1 Mercury Edition, befindet sich auf der Frontseite des Iridium links unten ein Taster zur Umschaltung zwischen dem Clean Kanal und einem der drei Overdrive- bis High-Gain-Kanäle – namentlich Vintage, Classic oder Modern. Der zweite Taster aktiviert im regulären „Direct Access Mode“ den eingebauten Boost und der rechte Taster aktiviert den eingebauten Hall und schaltet nebenbei noch das Noisegate, sofern es im Metal Modus aktiviert ist, in den Soft Modus um, damit gegebenenfalls lang ausklingende Noten im Gitarrensolo nicht abrupt abgeschnitten werden. Letzteres ist tatsächlich ein neues und sehr pragmatisches Feature.

Bekannt aus den älteren Amp1-Modellen ist ebenfalls der Preset-Modus, in dem die Fußtaster drei voreingestellte Kombinationen aus Kanal, Boost, Einschleifweg und Hall abrufen. Ab Werk eingestellt sind links „Vintage mit Boost und Reverb“, in der Mitte „Classic mit Reverb“ und rechts „Modern mit Reverb“, doch diese Presets können selbstverständlich an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden.

Schnell und laut

Kommen wir zum wesentlichen Leistungsmerkmal eines Verstärkers – dem Klang. Getestet wurde zunächst mit dem von Thomas für den Amp1 Mercury vorgesehenen BluGuitar Twin Cab, einer 2×12“-Box mit Hausmarke-Lautsprechern aus Korea, denn mit dieser Box wurde vermutlich auch das Produkt entwickelt. Zudem greife ich zunächst zu einer handelsüblichen PRS CE24 als Testgitarre, überprüfe meine Eindrücke aber immer wieder mit einer Fender Telecaster.

Der Amp1 Iridium überrascht ab der ersten Sekunde mit seiner spritzig abgestimmten Vorstufe. Bereits im Clean-Kanal fällt sofort auf, dass eine schöngeistig räumliche Tonentfaltung der trockenen, vor allem auf Leistungsausbeute ausgerichteten Abstimmung untergeordnet wurde. Es perlt nicht, es knackt. Hier wird jede Note präzise an das Ohr gebracht. Ich fühle mich vom Spielgefühl an einen etwas seifigen Fender 65er Deluxe erinnert, aber höre einen Roland Jazz Chorus 40 mit zwei 10″ Lautsprechern. Anders erklärt: Hetfields cleane Gitarre in Metallicas ‚Nothing Else Matters‘ klingt zumindest ähnlich. Eine Priese vom äußerst luftigen, digitalen Reverb dazu und schon kann man mit diesem Sound durchaus sportliche Griffbrettakrobatik auf dem Halstonabnehmer vollführen, sofern man sich nicht auf Legato-Spiel stützt, sondern immer brav das Plektrum zur Tonbildung benutzt.

Der kleine Al Di Meola in mir freut sich, der Eric Johnson schüttelt den Kopf. Das ist sicherlich kein Sound für alle Lebenslagen, dennoch ein extrem interessanter Klang mit hohem Spaßfaktor.

Im zweiten, dem „Classic“-Kanal, klingt der Iridium am ehesten nach einem typischen Thomas Blug Amp1. Etwas „woody“, sehr cremig in den Mitten. Mit dem eingebauten Boost lässt sich tatsächlich schon aus diesem Übergangskanal ein aussagekräftiger, klassischer Lead-Sound holen.

So richtig zum Gniedeln lädt das nicht ein, dafür allerdings zu ausdrucksstarkem und dynamischem Spiel. Dennoch – würde ich im Kontext einer Metal-Band entscheiden müssen, welchen der vier Kanäle ich im Preset Modus nicht auf die drei Taster legte; es wäre wohl dieser Vintage Modus.

Am Sonntagnachmittag hingegen, bei der Jazz, Pop, Rock Jamsession mit Freunden, würde man wiederum ausschließlich mit diesem Kanal spielen können und hätte ziemlich sicher jede Menge Spaß mit dem Pickup-Wahlschalter sowie den Lautstärke und Tone-Blenden der eigenen Gitarre. Der dritte Kanal legt in puncto Gain-Reserven mindesten eine große Schippe oben drauf. Jetzt reden wir! Im Classic Kanal finden sich klangliche Attribute eines Peavey 5150, kombiniert mit dem legendären dritten Kanal eines Diezel VH4. Das ist quasi Deutsch-Amerikanische-Freundschaft.

Der Mittenregler des EQ packt hier ordentlich zu und auch die seitlich bei den Custom Controls angebrachte Tone Blende eignet sich außerordentlich gut, um die gewünschte Andickung des Sounds zu erzeugen. Machine Head, Tool, Dream Theater Riffs und Licks aber auch Spandexhosen-Gitarrensoli funktionieren problemlos und sehr überzeugend mit dieser Abstimmung und die nutzbaren Gain-Reserven sind schon fast unseriös hoch. So viel gutmütige Kompression bei derartiger Transparenz kommt so eigentlich bei keinem normalen Vollröhrenverstärker mehr sauber aus den Lautsprechern. Abstriche muss man hier bauartbedingt lediglich beim Spielgefühl machen. Es fehlt etwas von dieser erdigen Reibung eines typischen Röhrenverstärkers. Axe FX, Kemper und Co. könnten bei dieser Disziplin allerdings auch nicht besser punkten, als der Amp1 Iridium und würden so ohne Weiteres lange nicht so trocken und schnell im Attack zeichnen, wie es der Iridium aufgrund seiner analogen Bauweise kann.

Was soll da noch kommen im vierten Kanal? Das lässt sich relativ knapp verbildlichen mit einem Fortin 33 Pedal vor einem Mesa Boogie Dual Rectifier Revision C. Der Modern Kanal des Amp 1 Iridium schlägt genau in diese Kerbe. Extrem tight, knackig, brutal wie ein moderner Randall-Verstärker.

Um die durchaus endlichen Reserven der ultraleichten Class-D-Endstufe nicht überstrapazieren zu müssen, wird das Low-End auf ein Mindestmaß zurechtgestutzt, dafür ist allerdings selbst bei 8-saitigen Gitarren ein mehr als brauchbares Ergebnis zu erzielen.

Nach so viel positiven Ergebnissen beim Test des Amp1 Iridium mit dem BluGuitar TwinCab und nach ausgiebigen Tests des frequenzoptimierten Recording Outs im Studio, die durchaus überraschend positiv verliefen, komme ich nicht umhin, nochmals mit handelsüblichen Marshall-, Orange- und Mesa/Boogie-4x12er-Boxen zu testen – allesamt bestückt mit Celestion-Vintage-30-Lautsprechern. Leider zeigt sich im Rahmen dieser Testreihen, dass der für BluGuitar eigens entwickelte Lautsprecher deutlich besser zum Iridium passt, als der Celestion. Im Verbund mit Vintage-30-Boxen wird man zumindest sehr defensiv mit den Treble- und Bass-Reglern des Equalizers arbeiten müssen, um zweckdienliche Ergebnisse zu erreichen. Was für den einen kein Beinbruch ist, weil unter Umständen sowieso eine passende Box zum Amp1 Iridium gekauft werden soll, ist für den anderen ein Problem, denn eben diese mit Vintage 30 bestückten Cabinets sind nun mal der internationale Backline-Verleih-Standard und stehen in fast jedem Proberaum.

Alternativen

Klangliche Alternativen sind der Peavey 6505, ein Diezel D-Moll oder der Randall Satan. Leider sind diese Verstärker nicht nur wesentlich teurer als der BluGuitar Amp1, sondern wiegen jeweils mindestens das siebzehnfache. Als reine Homerecording-Lösung ist ein Line 6 HX Stomp oder eine rein virtuelle Lösung auf Basis von modernen Plug-Ins sicherlich preisgünstiger und ähnlich gut.

Resümee

Thomas Blug ist hier ein ganz großer Wurf gelungen. Für knappe € 750 bekommt man derzeit keine professioneller klingende All-In-One-Lösung für Metal- Sounds als den Amp1 Iridium. Das Preis-Leistungsverhältnis ist daher als hervorragend zu bezeichnen.

PLUS

  • All-in-one-Lösung
  • Flexibilität, Dynamik und Transparenz der Sounds
  • sehr geringes Gewicht
  • clevere Reverb/Noisegate-Schaltung

MINUS

  • nicht optimal mit Vintage-30-Speakern nutzbar

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2019)

 

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich hatte auch bereits die Möglichkeit das Teil zu checken. Ich war sehr beeindruckt, denn bisher konnte man die “bösen Töne” ja nur mit schwerem Geschütz erzeugen. Dass das nun rückenfreundlich und nahezu identisch tönen verfügbar ist, sehr ich als wirklich großen Schritt für die Metaller an. Antesten lohnt sich…

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  2. Alternativen? Na klar, mindestens der Kemper.

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    1. Klar, geb ich dir Recht. Hatte ich auch, war wirklich sehr gut.
      Für das 3 fache Geld und einer Menüführung und Programmierfreundlichkeit dass es der Sau graust.
      Den Iridium will ich, aber brauch ich nen Kemper?
      Mal ganz ehrlich.

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