Die alten und neuen Twenties

Test: Baton Rouge X11LS/PE, X11LS/FE, X11LM/F

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(Bild: Dieter Stork)

20’s Reloaded heißt die neue Serie von Baton Rouge. Es soll aber wohlgemerkt nicht um Repliken 100 Jahre alter Gitarren gehen, sondern um einen Brückenschlag von alten Formen zu moderner Herstellung und aktuellen Standards.

Also schauen wir uns die drei Testkandidaten an, ohne Schere im Kopf wegen etwaiger historischer Ungenauigkeiten und ohne „früher war alles besser“-Stress. Ursprünglich ging es in dieser Serie ja um Ukulelen, doch dann kamen ganz schnell 19 Gitarrenmodelle dazu. Für den Hersteller dabei immer wichtig: Viel Instrument fürs Geld … wir werden sehen. Die Ladenpreise liegen unterhalb von € 250.

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GESTRIGER LOOK …

Mit der Kleinsten geht es los. Diese Parlor-Steelstring mit dem coolen matten Screwed Charcoal Finish sieht wirklich aus, als hätte sie irgendein Rumtreiber in einem Güterwaggon liegengelassen. Das 20er-Thema ist hier am offensichlichsten. Der Korpus ist aus laminierten Hölzern gefertigt – Fichte für die Decke, Mahagoni für Zargen und Boden. Die Korpuskanten sind mit Bindings stabilisiert, das aber optisch sehr unauffällig. Ein Schlagbrett gibt es (bei allen drei Modellen) nicht, die Abalone-Umrandung des Schalllochs ist der einzige Zierrat an diesem schlichten Workhorse.

Der Hals ist am 12. Bund an den Korpus gesetzt, er ist aus Mahagoni und trägt ein Griffbrett, das – wie auch der Steg – aus Ovangkol gemacht ist. 18 schlanke Bünde sind sehr ordentlich eingesetzt und verrundet worden. Ein Schmankerl sind die zur oberen Griffbrettkante hin versetzten Dot-Inlays, die fast unter der tiefen E-Saite verlaufen. Gute Orientierung garantiert. Die geschlitzte Kopfplatte hat natürlich erheblichen Anteil am Oldschool-Charme der Parlor, und das wird dann von den offenen Mechaniken in Antique Chrome noch kräftig unterstützt.

Die Gegenwart kommt dann beim Pickup-System wieder zum Zuge. Ein Piezo-Pickup unter der Stegeinlage gibt sein Signal an die Preamp-Einheit auf der Zarge weiter. Hier lassen sich Volume, Treble und Bass regeln – ein Tuner ist auch vorhanden, das Display ist klein, aber sehr gut ablesbar. Zur Befeuerung des Ganzen ist hier eine CR2032-Lithium-Batterie untergebracht, die sich im Handumdrehen wechseln lässt. Die gänzlich matt versiegelte X11LS/PE präsentiert sich bis hierher sauber verarbeitet, und mit einer klasse Werkseinstellung aus dem Karton heraus einsatzbereit und stage-ready.

Nun zu den etwas größeren aber immer noch sehr handlichen Folk-Modellen, die insgesamt etwas moderner wirken. Die blonde X11LS/FE hat exakt die gleiche Holz-Rezeptur wie die Parlor und überzeugt mit schönem mattem Natural-Finish. Die dritte im Bund, die X11LM/F, bietet mit ihrer Mahagonidecke im Sunburst-Finish eine optische und womöglich klangliche Alternative.

Die Hälse der Folk-Modelle sind am 14. Bund angesetzt – der Zugang zu höheren Lagen ist also etwas besser – die Mensur von 630 mm haben allerdings alle drei Gitarren gemeinsam. Zu erwähnen ist noch, dass die dunkle Mahagoni-Sixstring ohne Pickup daherkommt, was sie nochmal deutlich günstiger (ca. € 150 im Laden) macht als die beiden E-Acoustics.

Preamp mit Volume-, Treble- und Bass-Regler plus Stimmgerät (Bild: Dieter Stork)

… HEUTIGE STANDARDS

Ja, heutige Standards beinhalten einfach eine gute Saitenlage, eine saubere Intonation, keine Deadspots, akkurate Bundierung, vernünftige Hardware, gutes Finish usw. Man hat sich da schon dran gewöhnt und ist wohl etwas verwöhnt. Bei 150-Euro-Klampfen war das früher alles nicht selbstverständlich. Die 20’s-Reloaded-Serie kann all das bieten.

Die Hälse liegen mit ihrem C-Profil satt in der Hand, die schlanken Spaghetti-Bünde spielen sich ausgezeichnet. Die klangliche Ausbeute beschert uns keine Wunder – laminierte Hölzer können eben nunmal nicht den Detailreichtum und Tiefgang massiver Hölzer erreichen. ABER: Wir bekommen ein ausgewogenes Klangbild mit ordentlicher Laustärke und Strahlkraft, sowie ein beachtliches Sustain. Die Parlor betont dabei etwas mehr die Mitten, die Folk-Konkurrenten klingen etwas breitbandiger, wobei die Sunburst einen Hauch mehr Wärme liefert.

Auch der Test über Verstärker und Mischpult zeigt positive Resultate. Die Saiten werden ausgewogen laut übertragen und die Treble- und Bass-Regler greifen relativ energisch ins Klanggeschehen ein. Da lässt sich eine gute Bandbreite an Grundsounds abrufen.

RESÜMEE

Wir befinden uns hier im Einsteiger/Budget-Segment, und es ist aller Ehren wert, was hier an Design, Verarbeitung, Spielkomfort und Sound geboten wird. Anfänger, aber auch fortgeschrittene Sparfüchse finden in der 20’s-Reloaded-Serie mit Sicherheit ein passendes Modell, mit dem man auch sorgenfrei eine Bühne entern kann.

PLUS

● gelungenes Design
● gute Verarbeitung, Werkseinstellung
● Bespielbarkeit und Handling
● ordentliche Klangausbeute, auch über Pickup
● Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2020)

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