(Bild: Dieter Stork)
SOUND
Wie schon erwähnt, ist auch der Lynx gegenüber seinem beinahe gleichnamigen Vorgänger Lynx-X überarbeitet und re-designed worden. Ziel war es, einen modernen Metal-Amp zu kreieren, der sich auf dieses Genre fokussiert und damit in der Produktpalette von Bad Cat eine einzigartige Stellung einnimmt. Kein anderer Bad Cat ist so kompromisslos auf harte Kante zugeschnitten. Die beiden Kanäle unterscheiden sich im Voicing: Kanal 1 zielt auf eher traditionellere Rock- und Hi-Gain-Sounds, während Kanal 2 sich für harte Bretter, Palm-Mutings und tiefer gestimmte Gitarren eignen soll. Da darf mal also gespannt sein. Das Test-Setup für diesen Amp umfasst nicht nur die zugehörige 2×12-Extension-Cab, sondern auch meine eigene 4×12 mit Celestion Vintage 30 und Celestion GT 75 in X-Pattern-Anordnung sowie verschiedene Gitarren, sowohl mit Humbuckern, teilweise mit tiefen Tunings und auch mit Singlecoils.
Der erste Eindruck ist: Der Lynx hat einen ganz eigenen Sound-Charakter. Schon nach wenigen Akkorden ist klar: Bad Cat hat aber den aus den vergangenen Dekaden entwickelten Grundsound auch hier integriert. Der Lynx vermittelt keinesfalls den Eindruck, bei anderen Amps Inspiration genommen zu haben. Ganz offensichtlich wird hier das eigene Voicing fortgesetzt und das ist begrüßenswert – die frühere Bad-Cat-DNA schimmert durch, nur eben „on stereoids“. Kanal 1 liefert dann bei geringem Gain – etwa in der 9-Uhr-Stellung – sogar noch cleane Sounds: Sehr präsent und durchsetzungsstark. Mit kontinuierlich gesteigertem Gain fährt der Amp in sattes Crunch. Der tonale Charakter ist dabei straff, mit präganten Höhen und eher unaufgeregten Mitten.
Die Klangregelung greift insbesondere bei den Höhen und Bässen recht packend zu, hier empfiehlt es sich, erst mal mit moderaten Settings zu beginnen. Auch beim Presence-Regler ist zur Sparsamkeit zu raten, denn hier kann es ab 2-Uhr-Stellung schon sehr bissig werden. Was sehr positiv auffällt, ist die ausgezeichnete Saitenartikulation. Da mumpft nichts, und jede Saite, jeder Akkord erklingt deutlich definiert. Unterschiedliche Gitarren- und Pickup-Konfigurationen gibt der Bad Cat charaktergetreu wieder, sei es nun eine Tele, Les Paul oder eine moderne Super-Strat. Schaltet man nun vom Lo- in den Hi-Gain-Modus kommt eine weitere Gain-Stage in den Signalweg und es gibt einen deutlichen Verzerrungsschub. Es lädt schon hier zum Riffing ein. Tighter Bass mit einer gehörigen Portion Druck und durchsetzungsstarke Höhen ertönen aus meiner 4×12-Box.
Für Heavy-Rock wäre der erste Kanal schon völlig ausreichend, denn mit der gebotenen Dynamik und den beiden Gain-Modi kann man von Clean bis Lead alles abdecken. Dabei reagiert der Amp insbesondere im Lo-Gain-Modus ganz hervorragend auf das Herunterdrehen des Volume-Potis an der Gitarre. Bei Gain in 12-Uhr-Stellung hat man einen Sweet-Spot, der zum einen dynamische Breakup-Sounds im Lo-Gain Modus und zum anderen schon ein echtes Brett im Hi-Gain-Modus bereitstellt.
Nun rüber zu Kanal 2: In gleicher Stellung wie zuvor in Kanal 1 wird deutlich, dass hier gefühlt ein Touch mehr Gain und mehr Kompression anliegt. Im Low-Gain-Modus kann auch Kanal 2 beinahe klare Sounds produzieren, aber eigentlich geht es ja hier um was anderes. In Mittelstellung ist wieder Crunch angesagt, aber mit mehr „Ompf“ und Aggressivität. Noch mehr Gain lässt kräftige Rhythmus-Kellen zu, die noch mehr Bassdruck und Definition haben als in Kanal 1. Wer von dieser Gain-Einstellung in den Hi-Gain-Modus schaltet, wird mit Gain geradezu überfahren. Also Vorsicht ist hier geboten, denn die Gain-Reserven in Kanal 2 im Hi-Gain-Modus sind nahezu unendlich. Also schnell wieder etwas zurückgedreht. Jetzt passt es.
Hier dürften sich Freunde des zeitgemäßen Metals mit tiefer gestimmten Gitarren pudelwohl fühlen. Ein satter und klar definierter Tiefbass verleiht harten Riffs ungeheure Wucht. Leads flutschen flüssig aus den Fingern und die prägnanten, gleichzeitig gut dosierten Höhen beißen sich ins Hosenbein. In diesem tonalen Fahrwasser liefert der Lynx die besten Ergebnisse mit Mitten oberhalb der 12-Uhr-Mittelstellung. Ein typisches V-EQ-Setting – also Bässe und Höhen angehoben und Mitten abgesenkt – wäre hier etwas zu viel des Guten. Der Lynx ist eben kein Marshall, der sich von Hause aus durch prägnante Mitten auszeichnet.
Sehr positiv zu erwähnen ist in dem Zusammenhang auch das integrierte Noise-Gate. Denn bei diesen ultrahohen Gain-Reserven sind Nebengeräusche unvermeidlich. Das Gate lässt sich dabei sensibel einstellen, sodass man bei harten Riffs und Palm-Mutings in den Spielpausen wirklich Ruhe hat. Der Regelweg ist so fein justierbar, dass man mühelos das Gate zu seinem Spiel und dem gewählten Verzerrgrad einstellen kann. Wer es nicht braucht, dreht es einfach auf Null. Auch lassen sich die beiden Kanäle mit den jeweiligen Kanal-Volume-Reglern perfekt in der Lautstärke anpassen, sodass man die vier abrufbaren Sounds gut in Balance bringen kann.
Apropos Lautstärke: Die 50 Watt reichen für meinen Geschmack absolut auch für Metal-Proben oder Gigs mit entsprechender Speaker-Peripherie. Zu guter Letzt sei erwähnt, dass der gebufferte Effekt-Loop nebengeräuschfrei funktioniert und sich die Hall-, Modulations- und Delay-Effekte meines Pedalboards einwandfrei im Bad Cat Lynx einschleifen ließen.
Kann die 2×12-Extension-Box diese Merkmale auch angemessen übermitteln? Eine 2×12 mit einer 4×12 zu vergleichen ist immer mit gewissen Kompromissen behaftet, wobei das Extension-Cabinet hier schon ordentlich Alarm machen kann. Aber um so richtig zu überzeugen, braucht das Teil Volumen! Die Celestion Vintage 30 sind ein guter Match für den Lynx, schließlich ist der Amp auf diese Speaker beim Design abgestimmt worden. Wenn spürbar Luft bewegt wird, kann das Extension-Cabinet den fulminanten Metal-Sound überzeugend rüberbringen, wobei die 4×12 am Lynx noch einmal mehr Wucht erzeugt. Ja, zugegeben, das ist auch ein unfairer Vergleich.
Dennoch: Wer nicht mal eben eine 4×12 in sein Auto hieven will, kann mit der Bad-Cat-Extension-Box und dem Lynx einen handlichen Mini-Halfstack auffahren, der im Proberaum oder auf der Bühne für ordentlich Schub sorgen kann. Zudem ist hinzuzufügen, dass Peter Arends am Telefon versicherte, dass die hier zum Test stehende Version noch der Prototyp ist und die finale Serienversion der Box noch Änderungen unterzogen wird, um sie noch größer klingen zu lassen.
RESÜMEE
Bad Cat goes Metal! Mit dem Relaunch der kalifornischen Amp-Schmiede Bad Cat unter technischer und gesamtverantwortlicher Federführung von CEO Peter Arends steht der erste Bad Cat nach dem Relaunch zum Test zur Verfügung. Kannte man Bad Cat hierzulande bislang eher im Bereich von bluesig-rockigen Sounds, wird mit dem Lynx nun ein auf Metal getrimmter 50-Watter präsentiert. Die originäre Ton-DNA von Bad Cat schimmert durch, gleichzeitig lassen die Gain-Reserven und die Fokussierung auf tighte, fette Bässe und reichlichen, dabei kultivierten Höhen, gepaart mit unaufdringlichen Mitten kein Auge trocken. Kein Zweifel, welches Genre hier bedient werden soll. Diese Kombination verleiht dem Lynx auch die eigenständige Sound-Note. Der Ton behält trotz aller Verzerrung seine klare Artikulation und überträgt die Klangcharakteristika des eingehenden Instrumentes detailreich. Dabei ist der Lynx mit seinen zwei Kanälen und den Lo- und Hi-Gain-Modi tonal im harten Rock-Gewand zu Hause, gleichwohl dort flexibel.
Daumen auch hoch für die Ausstattung: Mit dem sensiblen Noise-Gate und umfangreicher Anschlussperipherie bleiben keinerlei Wünsche offen. Die Verarbeitung ist sehr gut und das Preis-Leistungsverhältnis kann überzeugen. Die 2×12-Extension-Box transportiert den Sound des Lynx adäquat und kann bei Gewichts- oder Platzbeschränkungen eine Alternative zur 4×12 sein, wobei der Lynx seine Metal-Qualitäten am besten an einer 4×12 ausspielen kann.
PLUS
- eigenständige Sounds
- Verarbeitung
- Noise Gate
- Preis/Leistung
(erschienen in Gitarre & Bass 09/2023)
1a Test und Beschreibung von Christian Tolle – ich geh da voll mit!
Ich spiele das Lynx Head seit ein paar Monaten. Ich glaube, ich war einer der ersten in D, der eins hatte. Ich spiele allerdings kein Metall und komme aus dem Classic- und Bluesrock Bereich.
Ich hab das Head in meinem Laden kurz angespielt (über eine 412er Engl) und war von Beginn an gefixed, was Tone, Ansprache und Dynamik betrifft. Im ersten Kanal sehr viel Wärme und Tiefe im Sound. Das ist großes Amp-Kino was der Peter Arends da geschaffen hat.
Ich spiele den Bad Cat über mein Kunz 212 Half&Half Cab. Vermisse meine 412er nicht.
Toller Amp, den man mal anspielen sollte 😉