Tiefgelegtes aus der Toskana

Test: Bacci Guitars Leonardo Dual Output Bariton

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(Bild: Dieter Stork)

Bruno Bacci hat mit seiner dezidierten Hinwendung zur Bariton-Gitarre das Instrument neu definiert, ihm einen erweiterten Horizont verschafft. Mark Lettieri, Cory Wong und Matteo Mancuso zeigen eindrucksvoll, welch tolle Sounds sich einer Bacci-Bariton entlocken lassen.

Im Schatten der historischen Puccini-Villa in Uzzano, unweit der Stadt Lucca, residiert Bruno Bacci in alten Gebäuden inmitten eines Olivenhains. Im Erdgeschoss des Haupthauses befindet sich ein Arbeitsbereich für die Montage der Elektrik und feinere Arbeiten wie das Feilen von Sätteln und das Setup, daneben ein großer Showroom und eine voll ausgestattete Bühne zum Ausprobieren und Testen. In einem weiteren Gebäude befinden sich die Maschinen für die gröberen Arbeiten wie Sägen, Schleifen etc. Es gibt einen separaten Bereich für Lackierarbeiten und darüber einen großen Bodenraum für die Lagerung der Hölzer. Wir haben Bruno in seiner Werkstatt besucht, der Artikel ist in Ausgabe 10/2023 (oder hier!) nachzulesen.

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FORM UND FUNKTION

Die Bacci Leonardo Dual Output Bariton folgt den Prinzipien der modularen Bauweise. Diese Methode mit aufgeschraubtem Hals ist nicht zuletzt Leo Fender zu danken und bis heute eine der Säulen elektrischer Gitarrenproduktion. Bruno Bacci lässt sich Hals und Korpus für seine Instrumente aus gut vorgelagerten Materialien von einer benachbarten Firma per CNC-Fräse grob vorfertigen. Die Rohlinge erfahren dann in der Bacci-Werkstatt per Hand die Feinabstimmung, den letzten Schliff, wie auch alle anderen Arbeiten der Abgleichung und Anpassung.

Getrennter Abgriff von Gitarren- und Basssignalen (Dual Output) (Bild: Dieter Stork)

Der formal fein austarierte Body der Leonardo Dual Output besteht aus dreiteilig gefügter Erle von knapp 42 mm Plattenstärke, dem von Bruno bevorzugten Holz für seine Baritons. Die Ränder der Fronseite zeigen elegante Rundung, der Bereich der Armauflage wurde in Korrespondenz zur Anlagebucht am Boden ergonomisch ausgearbeitet. In diesen Korpus ist der Hals aus geflammtem Ahorn großflächig präzise eingepasst und über eine versenkt angebrachte Platte mit Gravuren (Modellname, Seriennummer) mit sechs Schrauben ultrafest fixiert.

6-fache Schraubverbindung (Bild: Dieter Stork)

Aufgesetzt finden wir ein fettes und ultraglatt poliertes Griffbrett aus Roasted Figured Maple von bemerkenswert schöner Qualität, in das rautenförmige Inlays und das geflügelte Bacci-Symbol aus Abalone, sowie 23 kantenrund abgefaste, glanzpolierte Bünde eingearbeitet sind. Die Kopfplatte ist über eine apart ausgearbeitete Volute unter dem Sattel aus Knochen mit leichtem Winkel (9 Grad) herausgeführt. Hipshot Open Back Tuner sorgen hier für verlässliche Stimmung.

Hals aus geflammtem Ahorn mit Griffbrett aus Roasted Figured Maple (Bild: Dieter Stork)

Die von Bruno Bacci designte T-style Brass Bridge verfügt über drei Saitenreiter aus Messing zur jeweils doppelten Saitenführung. Auf der Rückseite gibt es eine gelochte Abdeckung aus Metall für die durch den Body gefädelten Saiten.


EIN BISSCHEN BARITON-HISTORY

Von Bariton-Gitarren ist in den letzten Jahren wieder mehr und mehr zu hören. Ganz so jung ist diese Instrumentengattung im Grunde nämlich gar nicht. In der Regel handelt es sich um sechssaitige Gitarren mit längerer Mensur (zwischen 68 und 76 cm), die ein Quarte oder Quinte tiefer im Vergleich zum Standard-Gitarren-Tuning gestimmt sind.

Pioniere

Danelectro brachte bereits 1956 den UB-2 Six-String-Bass heraus, der mit seiner 30“-Mensur (76 cm) etwa in der Mitte derer vom Precision Bass (34“/86,4cm) und den Fender-Gitarren (25,5“/64,8cm) lag und der UB-2 fand auch bald seine Fans. Duane Eddy sah 1959 in einem Gitarrenladen in Hollywood den sechssaitigen Long-Horn-4623-Bass, verliebte sich spontan und kaufte ihn auf der Stelle. Der „King of Twang“ spielt fast das gesamte nächste Album ‚The Twang’s The Thang‘ damit ein. In den Nashville Studios wurde der UB-2 auch oft als sogenannter Tic-Tac Bass zur Doppelung mit dem Kontrabass eingesetzt, zu hören bei Elvis Presley, Patsy Cline u.v.a.m.. Fender wollte sich das Geschäft in diesem Segment nicht entgehen lassen und konterte 1961 mit dem Fender VI, ebenfalls mit 76 cm-Mensur. Der Fender VI wurde u.a. von den Beach Boys (‚Pet Sounds‘), den Beatles (‚White Album‘) und von Jack Bruce beim ersten Cream-Album ‚Fresh Cream‘ eingesetzt.


Effektive Pickup-Konfiguration von zwei Custom Bacci Gold Foil + Pickups mit dazwischen gesetztem Modern Bass Pickup (Bild: Dieter Stork)

Elektrik: Bruno lässt sich Tonabnehmer nach seinen Spezifikationen vom italienischen Spezialisten Dreamsongs Pickups fertigen. Im vorliegenden Modell kommen zwei „Custom Bacci Gold Foil + Pickups“ in verchromte Rähmchen und ein dazwischen unter die tiefen drei Saiten auf den Korpus geschraubter „Modern Bass Pickup“ mit Kupferkappe zum Einsatz. Die Signale der Gitarrentonabnehmer und des Bass-Pickups lassen sich getrennt über zwei auf die Zarge unten hinten gesetzte Buchsen hinausführen. Bei alleinigem Abgriff des Bass-Pickups ist das Instrument über einen kleinen Ground-Schiebeschalter zu erden.

Die Pickups werden mit einem 3-Wege-Schalter konventionell angewählt. Zur Klangverwaltung stehen ein Volume- und ein Tone-Regler für den Gitarrenpart, und ein separater Summenregler für die anteilige Zumischung des Bass-Pickups zur Verfügung. Das die Pickups umfassende Pickguard aus Tortoise ist geteilt, um leichter an die auf den unteren Part montierte Schalt- und Regelmimik zu kommen. Auch ist die Öffnung im Pickguard vorn am Halsfuß groß genug, damit der unmittelbare Zugriff auf den eingelegten Halsstab gewährleistet ist (Inbusschlüssel liegt bei). Das Instrument mit seinem tadellos in Celestial Blue lackierten Body (Acryl) und dem wunderbar samtig glatt mit Nitrolack versiegelten Hals ist in jeder Hinsicht in vorbildlicher Perfektion verarbeitet.

Handling, Sound und Fazit auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

TIEF DER TON, FLEXIBEL DIE HANDHABUNG

Mit der Bacci Leonardo Dual Output muss man erst einmal lernen umzugehen. So eine Baritongitarre ist nicht nur wegen des langen Halses, der dementsprechend längeren Mensur mit Saitenstärken von .13 bis .72 und der demgemäß etwas größeren Abstände zwischen den Bünden gewöhnungsbedürftig. Auch was ihre Ansprache und ihre besondere Klangausstattung mit der tiefergelegten Stimmung (B, E, A, D, F#, B) angeht, ja wie man das etwas andere, fraglos großartige Klangpotential nutzen kann, erschließt sich nicht auf den ersten Griff hin.

„Wild sei und tief der Töne Fluss, kein Lied, von Glück und Lust verklärt: Ich sag dir, dass ich weinen muss, sonst springt dies Herz von Qual verzehrt …“ so heißt es in einem Gedicht von Lord Byron und ja, man kann so einer Bariton tatsächlich dunkle und dramatische Klänge abgewinnen, aber andererseits lässt sich diese Münze auch einfach wenden und schon springt dir eine spritzige Funkmachine mit knackigen Sounds fröhlich ins Kreuz – aber dazu später mehr.

Die Leonardo Dual Output ist mit gut 3,6 kg, gemessen an ihrer opulenten Erscheinung, ein gut tragbares Instrument und verfügt dazu noch über einen ergonomisch bestens austarierten Korpus.

Ergonomisch austarierter Body (Bild: Dieter Stork)

Auch richtet sie sich, ob nun sitzend oder stehend gespielt, bestens aus und sorgt für ausgeglichene, gut gewichtete Handhabung. Der bemerkenswert griffig gestaltete Hals überrascht mit einem eleganten C-Profil bei einer Sattelbreite von lediglich 42,5 mm. Die Maße bewegen sich im absoluten Komfortbereich einer E-Gitarre und nur an die dickeren Saiten auf dem längeren Hals gilt es sich zu gewöhnen. Klar, die Ansprache im Tieftonbereich ist eine etwas andere, Artikulation und Spielhaltung gilt es an diese recht deutlich versetzten Verhältnisse anzupassen. Lässt man sich erst einmal auf diese ungewohnte Klangsprache ein, fängt man auch sofort an, anders zu denken und löst sich von den üblichen Klischees aus der E-Gitarren-Praxis. Weniger ändert man seine gewohnten Spieltechniken, richtet sie aber anders aus. Somit ist der Zugang im Grunde leicht, nur kommen wir zu differierenden Ergebnissen. Genau da aber spüren wir großes musikalisches Potential.

Schon akustisch angespielt vermittelt sich eine enorm Kraft, die dicken Saiten sprechen wohl etwas träge an, aber oben herum haben wir es lediglich mit dem etwas strafferen Spielgefühl größerer Saitenstärken zu tun. Sustain und Schwingverhalten der Bacci sind nicht weniger als grandios.

Da die Bacci-Bariton mit einer speziellen elektrischen Abnahme ausgestattet ist, wenden wir uns direkt einmal den verstärkten Klängen zu: Grundsätzlich ist das elektrische Klangbild geprägt von kraftvoll klarer Umsetzung mit stabilem, lang aushaltendem Ton von enormer Präsenz. Der Hals-Pickup allein geschaltet bringt volltönende Sounds mit ungewohnt starker Basstonentfaltung hervor. Da ist der Summenregler zur Kontrolle der Bassfrequenzen schon hilfreich. Grundsätzlich haben wir also recht dominierende Bässe an der Hand, was zu einem Wechselspiel geradezu aufreizt.

Etwa so: Bass-Groove als Frage – Gitarren-Licks oder rhythmische Akkordarbeit als Antwort. Immer tönt es knackig und konturiert, was in den anderen Schaltpositionen sogar noch fokussierter der Fall ist. Über den Steg-Pickup kommen wir zu schärferen, ungemein spritzigen Sounds. Damit lassen sich mit gehöriger Perkussion schmissige funky Sounds inszenieren. In der Mittelposition des Schalters sind mit zusammengelegten Pickups kehlige Sounds angelegt.

Auch in diesen Positionen ist der Bass immer stark ausgeprägt, was eine etwas andere Spielhaltung provoziert. Weniger kommt man sowieso auf die Idee, vollstimmige Akkorde zu spielen, dafür ist das Gefälle in den Frequenzlagen oder Betonungen im Spektrum zu stark ausgeprägt. Auch bestimmte Voicings, die bei einer Gitarre mit Standard-Tuning zu kompakten, gut geschlossenen Akkordbildern führen, sind mit so einer Bariton nicht gut zu machen. Klänge mit der Terz im Bass etwa, tönen verzeichnet. In den tiefen Lagen fehlt ihnen die harmonische Verschränkung der Stimmen. Wir reden bei Letzterem aber auch von einer eher speziellen, weniger gebräuchlichen Anwendung.

Gerade die Bacci-Bariton mit ihrer spezifischen Teilung in Bass- und Gitarrenklänge ruft nach Grundton-Groove mit darauf gesetzten Akkorden oder Linien. Sie ist als eigenständiges Instrument zu betrachten, leicht zugänglich gemacht für Gitarristen, aber inhaltlich anders auszulegen, als eine Standard-E-Gitarre. Das differenziert unser Denken, regt andere Spielweisen an und führt darüber zu neuen Sounds. Das liebe Leute, gilt es zu feiern!

RESÜMEE

Mit seinen Baritongitarren setzt Bruno Bacci einen unüberhörbaren Akzent in die Klanglandschaft. Das souveräne Design erfährt durch handwerkliche Kunstfertigkeit und smarte Elektrifizierung eine herausgehobene Position, die den Begriff Baritongitarre schlicht neu definiert. Dieses Instrument ist perfekt auf den Punkt gebracht und leuchtet damit einen Tonbereich aus, der besondere Kraft ausstrahlt. Nicht ohne Grund haben die großen Komponisten alter Musik der Tonhöhe eine wohldefinierte Bedeutung für die emotionale Ansprache zugeordnet. Eine Baritongitarre der Kategorie Bacci macht deutlich, dass wir diesen Aspekt gar nicht genug betonen können, ruft er doch ganz andere Empfindungen auf, als das mit einer Gitarre in Normalstimmung möglich ist.

Davon abgesehen gibt die Bacci Leonardo Dual Output uns eine machtvolle Tonwandlung an die Hand und die ist über den absolut komfortabel gestalteten Hals verblüffend leicht zugänglich gemacht. Über zwei Verstärker gespielt (die Tonabnehmer für Bass und klassisch E-Gitarre getrennt herausgeführt), erreichen wir ein faszinierendes Klangpanorama, das zu neuen Ideen führt. Da ist also viel Spielraum für inspirierende Sound-Findungen (schau nach YouTube-Videos mit den Begriffen Bacci und Bariton). Weniger solistisch innovativ gedacht, macht die Leonardo aber auch hohen Sinn in der Ergänzung des Frequenzspektrums allgemein und bei Anwendungen im Studio.

Zusammengefasst: stimmiges Design, ergonomisch und spieltechnisch auf den Punkt gezogen, großartige elektrische Ausstattung, rundum tolle Arbeit!

PLUS

  • Design & Originalität
  • Ergonomie
  • Pickups
  • Dual Output
  • Sounds
  • Tonfestigkeit, Sustain
  • Verarbeitung
  • geringes Gewicht
  • Verarbeitung


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2024)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Zunächst fiel mir hier sehr deutlich auf,daß das markante Korpusdesign im Tulip-Style bereits in den 1980er-Jahren bei den Tokai Talbo-E-Gitarren,die einen Aluminium Korpus besaßen,durchaus bekannt war! Trotz sehr geringfügiger Body Veränderungen bei der Bacci Bariton E.-Gitarre,gleicht sie zumindest optisch fast identisch dem Aussehen der frühen Tokai Talbo-Gitarren.

    Das Tulpen-Design ist also faktisch absolut nicht neu! Über die Bacci Bariton Gitarre darf man getrost geteilter Meinung sein,denn das blasse „Baby-Blau“,die Nitrocellulose Lackierung,die im Halsbereich recht empfindlich auf aggressiven Handschweiß reagiert,der ultra hohe Preis von 5.800,-€,und das leicht veränderte,aber schon in den frühen 1980er-Jahren von dem japanischen Hersteller Tokai erfundene Korpus-Design in Form und Gestaltung einer Tulpe,würden mich persönlich nicht zum Kauf einer Bacci Bariton Gitarre verleiten,auch wenn die Verarbeitung der Bacci Gitarre außerordentlich sauber ist. Es sind zu viele Faktoren,die mich persönlich,wie schon erwähnt,vom Kauf abhalten würden.

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