(Bild: Dieter Stork)
Bereits in der Ausgabe 10/2024 konnten wir den kleinen SX-5C Combo aus der neuen SX-Serie von Ashdown unter die Lupe nehmen. Heute geht es um das große Topteil dieser neuen Amp-Serie mit britischen Soundwurzeln. Aus dem SX-50H donnern 50 Watt EL34-Röhrenpower, die mit der passenden 4×12“-Box reichlich Druck erzeugen.
Damit spricht Ashdown Gitarrenfans der alten Schule an: Hosenbeine sollen flattern und Schalldruck erzeugt werden – kein Amp-Modeling, sondern analoge Röhrentechnik wird hier geboten. Der Geldbeutel soll geschont werden, denn die SX-Serie ist preislich im Einsteigersegment angesiedelt.
Dieses 50-Watt-Topteil stellt das Flaggschiff der SX-Produktlinie dar. Im Design etwas kompakter als die weit verbreiteten Boliden anderer Hersteller, ist die zugehörige 4x12erBox wie die gesamte SX-Serie mit Celestion Seventy 80 Speakern bestückt.
Das Topteil verfügt über drei Kanäle was den SX-50H laut Hersteller zum idealen Partner für Bühne, Proberaum, Studio und auch zu Hause macht – sofern man denn Platz für ein Halfstack hat. Ach ja, wie so oft in diesem Preissegment gilt auch hier: Designt in UK von Ashdown, gebaut in China.
FEATURES UND AUFBAU
Beim SX-50H lautet das Motto: Alles Röhre. Die 50Watt Endstufen-Power werden von zwei EL34 Röhren gespeist, in der Vorstufe werkeln drei ECC83/12AX7 – allesamt von JJ Electronics. Das eigentliche Amp-Chassis ist hängend in einem robusten und mit schwarzem Tolex bezogenen Sperrholzgehäuse montiert.
Rund zwölf Kilogramm bringt der SX-50H auf die Waage, mit seinen eher schlanken Abmessungen und dem schmucken Griff sollte er leicht zu transportieren sein. Die Gehäuse ecken aus Plastik haben Nehmerqualitäten und die vier üblichen Gummifüße sorgen für sicheren Stand in allen Lebenslagen.
Als „Top of the Line“-Verstärker verfügt der SX-50H über drei Kanäle: „Clean“, „Gain 1“ und „Gain 2“. Der Clean-Kanal verfügt über eine Zweibandklangregelung aus „Treble“ und „Bass“ sowie „Volume 1“. Die beiden Zerrkanäle „Gain 1“ und „Gain 2“ teilen sich eine EQ-Sektion aus „Contour“, „Bass“, „Middle“ und „Treble“.
Mit zwei unabhängigen Master-Volume-Reglern lassen sich die Lautstärkeverhältnisse der beiden Gain-Kanäle individuell einstellen – also etwa für Rhythmus- und lauteren Solosound. Schließlich steht frontseitig noch der digital emulierte Accutronics-Federhall zur Verfügung.
Die Kanalumschaltung erfolgt wahlweise manuell an der Front über zwei Push-Buttons unter der lila leuchtenden Netzleuchte oder alternativ – im Livebetrieb sicher das Mittel der Wahl – über einen Fußschalter. Dieser wird an der Rückseite über eine Stereoklinke angeschlossen. Leider ist beim Ashdown SX-50H kein Fußschalter im Lieferumfang inbegriffen.
Schade. Schon im kleinen SX-5C Combo war der sogenannte „Stealth“-Modus zu finden. Auch der SX-50H ist mit dieser praxisorientierten Funktion ausgestattet. Hier werden rückseitig zwei Modi angeboten: „Stage“ versus „Studio“. Im Studio-Modus reduziert sich die Lautstärke signifikant und der Amp klingt dank der integrierten Schaltung auch leiser satt und voll.
Im Stage-Betrieb liegt dann folglich die volle Lautstärke an. Wie sich nachher zeigen wird, ist das reichlich … Auf der Rückseite wird die Ausstattung durch einen im Level regelbaren seriellen Effektweg, zwei Boxenausgänge zu 16 und 8 Ohm sowie zwei frequenzkorrigierte Recording-Ausgänge abgerundet.
Wieso zwei? Einer ist mit „Live“ betitelt und der andere mit „Dead“. Bei Belegung des Letzteren wird der Amp stumm geschaltet. Aber Achtung: Eine Box bzw. passende Last muss (!) dennoch angeschlossen bleiben. Sonst ist nachher der ganze Amp buchstäblich „dead“. Strom bekommt der SX-50H wie üblich über den ebenfalls rückseitigen Netzkabelanschluss.
INNEN
Offenbar ist die bombenfeste Verschraubung des Amp-Chassis mit dem Sperrholz-Gehäuse bei der SX-Serie Standard. Schon bei dem kleinen Combo war das so. Auch der SX-50H ist oben vierfach und innen an der Gehäusevorderseite dreifach zusätzlich mit kleinen Schrauben über eine L-Metallschiene am Gehäuse befestigt.
Nach dem Entfernen der Rückwand mit dem Lüftungsgitter und dem Ausbau einer Endröhre ist der Weg frei. Unterwegs fällt positiv auf, dass die beiden EL-34 Röhren durch Spannfedern fest in ihren Sockeln gehalten werden und die drei ECC83/12AX7 in Abschirmkappen sitzen. Das ist prima und in dieser Preisklasse nicht die Regel.
Das Innenleben bringt drei PCB-Platinen inklusive Chip für den digitalen Accutronics-Hall zum Vorschein. Alles ist gut zugänglich. Die Platinen sind nebeneinander und nicht übereinander positioniert. Die Verkabelung und Verarbeitungsanmutung sind sehr gut, die industrielle Produktion aus Fernost kann als einwandfrei bezeichnet werden.
DER KOMPAKTE BOLIDE: SX-412
(Bild: Dieter Stork)
Die zugehörige 4×12“-Box aus der SX-Serie ist etwas kompakter als die meisten Kollegen der anderen Hersteller. Sie bringt zwar gut 30kg auf die Waage, ist aber dennoch insgesamt etwas handlicher. Mit den seitlich eingelassenen Griffen lässt sich die Box bei entsprechenden physischen Voraussetzungen auch allein tragen – zumindest einen kurzen Weg.
Sie steht auf festen Gummifüßen, hat die gleichen Schutzecken wie das Topteil und ist mit vier 12“-Celestion-Seventy80-Speakern bestückt, die jeweils 80 Watt und hier im Quartett zusammen 320 Watt an 16 Ohm vertragen können.
Gerade die Seventy 80 zeichnen sich durch Allround-Qualitäten aus. Mit dieser Speaker-Auswahl zielt Ashdown folglich auch auf keine spezielle Stilistik ab. Mal hören, wie sich dieses Paket so schlägt …
(Bild: Dieter Stork)
SOUND UND PRAXIS
Der Hersteller nennt den Sound authentisch und klassisch. Da Ashdown ein britisches Unternehmen ist, erwartet man entsprechend eine Soundinterpretation englischer Färbung. Und das vorweg: Die bekommt man auch. Aber der Reihe nach. Für den Test habe ich neben der SX-412 auch meine eigene Marshall 4×12 mit Celestion G12-H30 angeschlossen, um ein differenziertes Bild zu erhalten.
Schaltet man den Amp über den Power-Schalter ein (eine Standby-Funktion ist nicht vorhanden) dauert es einen Moment, bevor es losgehen kann. Zunächst zum Clean-Kanal: Dieser liefert glasklare Sounds mit ordentlich Headroom.
Da es keinen Gain-Regler im Kanal gibt, bleibt der Kanal klar und kann mit „Treble“ und „Bass“ graduell geformt werden, um z.B. Sounds für Single-Coil- oder Humbucker-Gitarren anzupassen. Wie sich noch zeigen wird, kann der Amp sehr laut werden, was dann entsprechend durchsetzungsstarke cleane Sounds unterstützt.
Die britischen Soundvorstellungen scheinen hier schon durch, denn es klingt ein wenig rau und ruppig, was durchaus im positiven Sinne zu verstehen ist. Schaltet man vom Clean-Kanal in die Gain-Abteilung wird der Umschaltvorgang von einem kurzen Pop-Geräusch begleitet.
Es folgt „Gain 1“, das ist der Crunch-Kanal des SX-50H. Bei Gain-Stellungen bis etwa neun Uhr bleibt es clean. Darüber setzt der Break-Up ein, der sich bis zu einem strammen Crunch bei Vollanschlag steigert. Das klingt dann auch sehr britisch, ein Hauch von Plexi-Ambiente lässt grüßen.
Mit einer Les Paul oder SG macht das richtig Spaß. Die gemeinsame Klangregelung in den Zerr-Kanälen wartet neben den üblichen Eingriffsmöglichkeiten für Bässe, Mitten und Höhen noch mit „Contour“ auf. Damit kann man den Soundcharakter recht deutlich verändern. Ganz links bekommt der Sound mehr Fülle, Körper und klingt kultivierter in den unteren Mitten.
(Bild: Dieter Stork)
Dreht man sukzessive nach rechts, ertönt es im Gesamtbild schlanker und bei Rechtsanschlag schließlich kompromisslos rau und kratzig. Der Sweet-Spot liegt für meinen Geschmack in der Einstellung zwischen neun und zehn Uhr.
Dazu gesellt sich die erwähnte Dreibandklangregelung, die einen enormen Wirkungsgrad aufweist und den Sound in alle mögliche Richtungen drehen lässt. Die nicht vorhandene Presence-Regelung für die Endstufe wird jedenfalls nicht vermisst.
Das zeigt sich gerade auch im HighGain-Kanal, den Ashdown schlicht „Gain 2“ getauft hat. Von sattem Crunch bis zu High-Gain reicht das Zerr-Spektrum, die Reserven sind gut ausbalanciert und man hat nicht das Gefühl, dass es zu viel oder zu wenig wäre: bei Vollanschlag bleibt es artikuliert und „tight“.
Aufgrund der griffigen Einflussmöglichkeiten der Klangregelung lassen sich unterschiedliche Sounds kreieren, sei es vom mittenbetonten Solo-Sound bis hin zu scooped Metal. Und ja, in einer solchen Einstellung und mit aktiven Pickups kann der Amp auch „chug, chug, chug …“.
Trotz aller Regelmöglichkeiten: Der SX-50H transportiert stets einen britischen Sound, der auf der einen Seite vertraut klingt und auf der anderen Seite doch eine eigene Klangsignatur von sich gibt. Als praxisnah entpuppt sich die Stealth-Schaltung. In der Stellung „Studio“ kann man die 50 Watt dank interner Dämpfung etwas mehr kitzeln.
Das macht Sinn und klingt keineswegs gedeckelt oder eingeschränkt. Sicher eine Muss-Einstellung für kleine Proberäume oder für Aufnahmen. Denn stellt man die Stealth-Schaltung auf „Live“, erzeugen diese 50 Watt mit dem Master-Regler auf neun Uhr schon immense Lautstärken. Da hat man Respekt davor, noch weiter hochzudrehen. Das reicht in jedem Fall auch für größere Bühnen.
Die Dynamik, die sich dann entfalten kann, ist natürlich nicht zu verachten, aber selbst in Proberäumen wird es ab einer Master-Stellung von elf Uhr schon Protest der Kollegen geben. Dann lieber doch den Studio-Stealth-Modus wieder aktivieren.
Der interne Hall ist wie beim SX-5C eine digitale Accutronics-Emulation, die ihre Aufgabe authentisch und souverän meistert und dem Sound eine natürlich anmutende Räumlichkeit verleiht. Auch der Effektloop funktioniert einwandfrei. Da der Pegel hier noch regelbar ist, ist der Anschluss beliebiger Effektperipherie problemlos möglich.
(Bild: Dieter Stork)
Der integrierte, frequenzkorrigierte Recording-Out des SX-50H, zur Anbindung an den FOH oder direkt an ein Recording-Interface, war schon beim kleinen SX5C ein Kritikpunkt und ist es auch hier. Denn der gefilterte Sound ist wenig authentisch. Nutzbar wird er nur mit reichlich externer Nachregelung am Pult mit EQ und Filtern.
Mit ordentlichen Impulse Responses sind da wesentlich bessere Ergebnisse zu erzielen. Der Test lief zum einen an meiner eigenen 4x12er-Box als auch an der passenden SX-412 von Ashdown. Letztere ist nagelneu, die vier Celestion-Seventy-80-Speaker sind noch nicht eingespielt. Eine gewisse Steifheit ist da nicht zu überhören.
Dabei haben die Celestion Seventy 80 kraftvolle Bässe und durchsetzungsstarke Höhen, was auch das Klangbild der Box prägt. Insgesamt präsentiert sich die SX-412 voluminös und aggressiv im Sound. Das unterstützt sicher einen beinahe ungehobelten und kantigen britischen Sound.
Im Vergleich musste ich in der Klangregelung des SX-50H dann Contour und die Höhen etwas reduzieren, um die prägnante „Brightness“ im Klangbild der Box zu zähmen.
Mit meiner alternativen Speaker-Kombination hat mir der SX-50H aufgrund des ausgewogeneren Klangbildes besser gefallen. Sind die Lautsprecher der SX-412 aber erst einmal richtig eingespielt, sollte sich die erwähnte Steifheit meiner Meinung nach mit der Zeit verringern.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Britische Sounds, Röhren, drei Kanäle, auf Wunsch brettlaut und relativ günstig: Der SX-50H, das Flaggschiff der neuen SX-Serie von Ashdown, kann einiges auf der Habenseite verbuchen. Verwurzelt in der britischen Soundtradition setzt Ashdown die eigene Interpretation gekonnt um und liefert von Clean über Crunch bis hin zu sattem High-Gain ein umfangreiches und variables Soundangebot.
Mit den beiden Stealth-Modi „Studio“ und „Live“ kann man die Performance des Amps auf seine Umgebung einstellen. Und das ist wichtig, denn der Amp hat für 50 Watt erhebliche Lautstärkekapazitäten in petto. Der Recording-Out kann hingegen nicht überzeugen.
Das ist kein Beinbruch, da es für die Direktabnahme mittlerweile ja ausgezeichnete Lösungen mit Impulse Responses gibt, die dann jedoch zusätzliche Peripherie erfordern. Die passende 4×12-Box der SX-Serie ist ein Bolide in kompakter Ausführung. Die verbauten Celestion-Seventy-80-Speaker sind echte Allrounder.
Die Box klingt voluminös, präsent in den Höhen und verstärkt den rauen, britischen Charakter zusätzlich. Unterm Strich finden Freunde britischer Töne mit dem SX-50H ein leistungsstarkes Röhrentop, das ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Bei der SX-412 sind die Abmessungen und die passende Optik ein Plus. Die Preis-Leistung stufe ich bei der Box als ausgewogen ein.
PLUS
● Dynamische Soundpalette von Clean bis High-Gain
● Variabilität der Klangregelung
● Stealth-Modus „Studio“
● Kompaktheit der 4×12 Box
MINUS
● Pop-Geräusch beim Umschalten von Clean zu Gain
● Sound des Recording-Out
● kein Fußschalter im Lieferumfang
(erschienen in Gitarre & Bass 12/2024)