Ja, auf dem letzten Guitar Summit in Mannheim hat ein neuer Hersteller ziemlich viel Staub aufgewirbelt – Arrow Guitars … Preis/Leistung 2.0 ?!
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Vorab – das ehrt ja auch den Guitar Summit, wenn ein international aufgestellter neuer Hersteller über mehrere Jahre sein Portfolio entwickelt und dann das Szene-Meeting in Mannheim nutzt, um sich erstmalig offiziell der Welt zu präsentieren. Globalisierung ist kein allzu positiv besetztes Wort, aber letztlich sind wir Endkunden die Nutznießer, und Arrow Guitars sind das beste Beispiel dafür. Die Instrumente (E-Gitarren, E-Bässe, Konzertgitarren, Westerngitarren) werden in Europa konzipiert. Hölzer und Hardware, Bauweise, Design, Finish – alles wird genau festgelegt und dann in China produziert. Die fertigen Instrumente kommen nach Europa zurück, durchlaufen eine Endkontrolle und gehen dann zu den Händlern. Hierbei ist es dem Arrow-Team besonders wichtig, dass nicht nur die großen Ketten und Handelsriesen, sondern auch die kleinen „Mom-and-Pop Stores” – der kleine Musikalien-Laden – Zugriff auf das Arrow-Sortiment bekommt. Und die heutige Testgitarre, hier schließt sich dann der Globalisierungskreis, steht dann in eben diesen Läden für € 159 zum Verkauf! Krass, oder?
KLARES DESIGN
Die erste Herausforderung für den Tester war das Auspacken der Gitarre. Sie war in einem Karton, der in einem Karton war, der in einem Karton war. Man hätte sie wahrscheinlich auch aus dem Flugzeug abwerfen können, es wäre ihr nichts passiert. Zum Vorschein kam dann zu guter Letzt eine schnörkellos schicke Steelstring Acoustic, die man ohne Weiteres in der 500-Euro-Liga einordnen würde. Sie entstammt der Gold-Serie, wo wir verschiedene Dreadnought- und Auditorium-Modelle mit und ohne Cutaway/Pickup finden. Bei unserer Test-Arrow handelt es sich um die Mahagoni-Auditorium-Variante ohne Tonabnehmer.
Massivdecke aus Mahagoni (Bild: Dieter Stork)
Der Korpus besteht gänzlich aus Mahagoni. Boden und Zargen sind laminiert, die Decke punktet mit Massivholz. Die Korpuskanten sind sauber mit weißem Binding konturiert, die Decke ist zusätzlich noch fünfstreifig eingefasst. Ansonsten bleibt alles betont schlicht und aufgeräumt – kein Schlagbrett, eine schmale einfache Schalllochumrandung … kein Lametta, that’s it.
Griffbrett aus Richlite mit Diamond Inlays (Bild: Dieter Stork)
Der Hals aus Okoumé ist am 14. Bund angesetzt und zeigt ein recht sattes U-Profil. Das Griffbrett ist eingefasst und besteht aus Richlite. Das ist ein äußerst hartes strapazierfähiges und unempfindliches Material aus Papier und Phenolharz, welches sich zunehmend als ernstzunehmende Alternative zu Ebenholz oder Palisander durchsetzt. Richtig cool kommen die Diamond-Inlays rüber, die zusammen mit den kleinen Dots auf der Griffbrettkante für Orientierung in den Lagen sorgen.
Stegplatte aus Richlite (Bild: Dieter Stork)
Der Steg ist übrigens auch aus Richlite. Die Saiten sind hier mit Pins fixiert und ruhen auf einer kompensierten Stegeinlage und dem Sattel aus Kunststoff. Die Mensur (Abstand zwischen den Auflagepunkten) beträgt 648 mm, es werden dabei 20 sehr ordentlich polierte und komfortabel abgerundete Bünde überquert. Die Kopfplatte ist großflächig angeschäftet und rückseitig mit einer kräftigen Volute verstärkt. Die Vorderseite zeigt einen mattschwarzen Layer mit Pfeilspitzen-Logo und Arrow-Schriftzug. Die verchromten Die-Cast-Mechaniken machen einen stabilen wertigen Eindruck und arbeiten sahnig und präzise.
(Bild: Dieter Stork)
Die gesamte Gitarre kommt in einem Satin-Finish, das optisch sehr ansprechend und haptisch sehr angenehm in Erscheinung tritt. Es sind zwei Gurtpins installiert und die gesamte Verarbeitung ist tadellos sauber ausgeführt.
RUNDE SACHE
Die Arrow liegt mit ihrer ausgeformten Taille sicher auf dem Schoß des Spielers, dessen rechter Arm auch gut Auflage auf dem Korpus findet. Soweit alles sehr komfortabel, ähnlich gute Bedingungen ergeben sich dann auch beim Spielen im Stehen. Die linke Hand trifft auf dieses rundliche U-Halsprofil, und mir persönlich gefällt das spontan ausgezeichnet. Die Hand ist gut ausgefüllt und der Daumen findet schnell eine bequeme Position. Auch bezüglich der Werkseinstellung findet man wenig Grund zur Klage – die Saitenlage ist über das gesamte Griffbrett hinweg tadellos, die Intonation geht 100%ig in Ordnung und die Griffbrettkanten sind bestens verrundet.
Und was darf man nun klanglich von einer so günstigen Gitarre erwarten? Normalerweise hat man es in dieser Preisliga ja doch des Öfteren mit etwas harschen Höhen, schwachem Sustain oder einem irgendwie leblosen Sound zu tun. Das bleibt einem bei der Arrow alles erspart – das Klangbild ist ausgewogen, mit nicht zu vielen und nicht zu wenig Bässen und, wenn auch nicht edlen, so doch angenehmen Höhen. Das Sustain ist wirklich aller Ehren wert, bei der Dynamik stößt man irgendwann auf Grenzen … einen zu harten Anschlag oder zu ruppiges Strumming kann die Arrow dann nicht mehr gut verarbeiten. Der Grund-Sound ist natürlich nicht zuletzt vom Korpusholz geprägt: Wir haben nicht den knalligen Attack und die Lautstärke einer Palisander/Fichte-Steelstring, dafür aber diese gewisse seidige Wärme eines Mahagoni-Modells. Vom Griffbrett und der Saitenanordnung her, kann man die Arrow als Allrounder im besten Sinne bezeichnen. Strumming, Fingerstyle, Song-Begleitung, Solo – go for it.
RESÜMEE
Wie soll man die Eindrücke hier einordnen? Ganz viel Gitarre für sehr wenig Geld, könnte man sagen. Die Arrow hat nicht den klanglichen Detailreichtum und die dreidimensionale Tiefe einer Gitarre, die das zehn- oder zwanzigfache kostet. Das wäre ja auch verrückt. Sie beeindruckt aber mit einem Sound, einer Verarbeitung und einer Qualität, die in dieser Preisregion alles andere als selbstverständlich ist, und die manchen Konkurrenten sicherlich nervös machen dürfte. Man kann dem Arrow-Team nur gratulieren und alles Gute für die Zukunft wünschen. ●