(Bild: Dieter Stork)
Diese Vogelschar entstammt der „Original Series“ des Herstellers und stellt die Basis des Portfolios dar. Was darf man hier erwarten? Man darf und muss sicher Einiges erwarten, denn die Ansprüche – auch an günstige Gitarren – sind heutzutage hoch …
… und die Konkurrenz schläft nicht. Zu den drei vorliegenden Modellen sei gesagt, dass jeweils verschiedene Farben und Varianten mit und ohne Pickup und Cutaway zur Auswahl stehen.
SOLIDE SPECS
Gehen wir einfach der Größe nach und fangen mit der Sparrow an – schöner Name für eine kleine Parlor-Gitarre. Da der Hals am 14. Bund angesetzt ist und eine erwachsene Mensur von 648 mm aufweist, ist die kleinste im Bunde gar nicht viel kürzer in der Gesamtlänge als die beiden anderen Modelle, der zierliche Korpus hat aber das deutlich geringste Volumen. Elegant und handlich – ganz so, wie es „en vogue“ war, in den Salons (Parlor) besserer Kreise in den 1920er-Jahren. Besagter Korpus besteht aus einer massiven Fichtendecke, kombiniert mit Zargen und Boden aus laminiertem Mahagoni. Das charmante Old-School-Design wird noch unterstützt von dem Perlmutt-artigen Schlagbrett und den offenen Stimmmechaniken mit den typischen kleinen Butterbean-Wirbeln.
(Bild: Dieter Stork)
Die Decke im Denim-Finish ist ebenso matt versiegelt wie die ganze restliche Gitarre. Der Mahagonihals trägt ein Griffbrett aus Laurel (Holz aus Mittelamerika, sehr ähnliche Eigenschaften wie Palisander, von Gitarrenbauern sehr geschätzt als Palisander-Alternative). Hier finden wir 20 Bünde, die etwas besser poliert und verrundet sein könnten, sowie kleine Dot-Inlays in den üblichen Lagen und auf der Griffbrettkante. Der perfekt geschlitzte Sattel ist wie die Stegeinlage aus Knochen gefertigt und führt die Saiten zur großflächig angeschäfteten Kopfplatte mit dem Anchor Guitars Logo.
(Bild: Dieter Stork)
Diese Sparrow hat dann auch einen Pickup an Bord – das Fishman Sonitone System bietet einen Piezo-PU unter der Stegeinlage, zwei Regler für Volume und Tone am Schalllochrand und einen Klinke-Output nebst Batteriefach auf der unteren Zarge.
Die goldene Mitte im Trio bildet die Falcon, ein Orchestra Modell, welches – wie die Sparrow – Vintage-Design mit einer coolen modernen Farbe, nämlich Mattschwarz, verbindet. Hölzer, Mensur und Hardware entsprechen denen der Sparrow. Übrigens haben alle drei Anchor-Steelstrings einen vorderen Gurtpin, der am Halsfuß platziert ist.
Wer das volle Pfund möchte, greift zur Eagle, einer ausgewachsenen Dreadnought-Acoustic. Sie kommt im klassischen „Natural“- Outfit mit hochglanzversiegelter Fichtendecke und einem einfachen schwarzen Schlagbrett. Alle weiteren Specs entsprechen denen der kleineren Geschwister.
Bei Listenpreisen von € 259, € 269 und € 369 muss der Daumen für Design, Verarbeitung und Werkseinstellung klar nach oben zeigen. Bis hierher präsentiert sich das Anchor-Trio als tadelloses Angebot für Einsteiger und preisbewusste Player.
(Bild: Dieter Stork)
WHAT YOU SEE IS WHAT YOU GET
Gehen wir das in umgekehrter Reihenfolge durch. Die Eagle ist eine Dreadnought, und man bekommt von ihr exakt das, was man von einer Dreadnought erwartet. Der rechte Arm liegt entspannt auf der Zarge des großen Korpus’, die linke Hand findet guten Zugriff am Hals mit C-Profil, und die ersten Akkorde bringen dann diesen großen, vollmundigen, breitbandigen Sound rüber, den man bei solch einem Modell hören will. Die Bässe einerseits knackig und klar, andererseits aber auch voluminös ohne zu wummern. Mitten und Höhen kommen sehr konkret, trocken, glasklar, ohne unangenehm zu beißen oder zu klirren. Ich würde jetzt nur noch mit dem beiliegenden Inbusschlüssel den Halsstab ein kleinwenig anziehen, dann ist auch die Bespielbarkeit 1A.
Bei der Falcon, dem Orchestra Model, wirkt alles etwas kompakter, sowohl haptisch als auch klanglich. Bässe und Höhen rücken hier dichter zusammen. Der Sound bringt die Mitten weiter nach vorne und kommt insgesamt etwas milder ans Tageslicht.
Zuletzt macht auch das Parlor-Modell Sparrow seiner Spezies alle Ehre. Kompakt und handlich am Spieler, liefert sie etwas weniger Bässe, deutlichere Mitten – das Ganze bei erstaunlicher Lautstärke und gutem Sustain. Über den Fishman-Pickup auf die Anlage gesteckt, kann sich diese Gitarre bestens in einer Band durchsetzen und hat Dank des kleinen Bodys dabei keine nennenswerten Feedback-Probleme. Der Tonabnehmer verstärkt die Saiten ausgewogen in Lautstärke und Klang. Mit dem Tone-Regler lässt sich sehr schön der persönliche Sweetspot zwischen crisp und mellow finden.
RESÜMEE
Anchor Guitars präsentiert hier drei klassische Steelstring-Formate und trifft bei Design und Sound den Nagel auf den Kopf. Handling und Klangbild des jeweiligen Modells kommen bestens zur Geltung. Das Preis/Leistungs-Verhältnis kann man nur als kerngesund bezeichnen.
PLUS
- Design, Finish
- Hölzer, Hardware
- Handling, Haptik
- Modell-spezifischer Klangcharakter
- Preis-Leistungs-Verhältnis
(erschienen in Gitarre & Bass 03/2024)