Ampeg hat den Bass-Combo nicht erfunden, räumte aber dem Bass immer Priorität über die durchaus beachtlichen Gitarren-Amps (unter anderem dem ersten mit eingebautem Hall) ein, und hat mit dem Portaflex-B-15-Combo eine bis heute Bestand habende Legende geschaffen, die als meistaufgenommener Bass-Amp im Studio gilt. Was die aktuellen Nachfahren zu bieten haben, nehmen wie hier unter die Lupe!
Neben der historischen Dimension sind die Combos für mich auch deshalb spannend, weil sie die ersten neuen Ampeg-Verstärker im Programm sind, seit die Firma vor drei Jahren an Yamaha verkauft wurde. Das weckt natürlich eine gewisse Erwartungshaltung.
Anzeige
AUFBAU
Nach der bulligen, den Ampeg-Look ab den 80ern zitierenden Aufmachung der Vorgängerserie, geht es jetzt wieder eher zurück in die 60s, mit einem Namen, der schon Mitte der 90er für retrogestylte Combos herhalten durfte. Entsprechend guckt mein 66er B-15N Flip-Top neugierig, was ich da aus den Kartons pelle. Immer schön, wenn die Enkel zu Besuch kommen!
Diamond Black nennt sich das Tolexmuster, mit dem die Gehäuse aus MDF tadellos umhüllt sind, auch die silber-schwarze Frontbespannung sieht schön nach Portaflex aus. Die Ecken sind metallgeschützt, Gummifüße sorgen für guten Stand, ein Riemengriff für gute Tragbarkeit dieser Leichtgewichte.
Der kleine RB-108 ist, wie der Name schon sagt, mit einem Achtzoll-Lautsprecher bestückt. Nimmt man die angeklettete Front ab, sieht er fast etwas verloren aus auf der Schallwand, die zwei Bassreflexlöcher hat, durch die in der unteren Hälfte sauber angetackerter Akustikschaumstoff zu sehen ist. Die Vorstufe ist im Gegensatz zum Vorgänger nach hinten gewandert und ist von oben zu bedienen. An zwei Eingangsbuchsen kann der Bass angeschlossen werden, einmal normal, einmal für Instrumente mit hohem Output um 15 dB gedämpft.
Der „Ampeg Legacy Preamp“, wie er vollmundig heißt, bietet Bässe, Mitten und Höhen, alle Klangregler rasten in der neutralen Mittelstellung ein, Volume gibt die Lautstärke vor. Wie es sich für einen modernen Combo gehört, lässt sich über den Aux In per Miniklinke Musik zuspielen, während ebenfalls per Miniklinke ein Kopfhörer angeschlossen werden kann, um mit automatisch ausgeschaltetem Speaker auch leise üben zu können. Die Stromversorgung des Amps, der mit dem passenden Netzkabel weltweit mit 100 bis 240 Volt betrieben werden kann, sitzt auf der Rückseite, der Netzschalter praktischerweise oben. Last but not least gibt es noch den „SGT“-Knopf. Dahinter verbirgt sich ein neuentwickelter Zerr-Schaltkreis, der unter „Super Grit Technology“ firmiert, eine Verbeugung in Richtung SVT.
Im Wesentlichen ist die Ausstattung beim RB-110 die gleiche, mit einem größeren Gehäuse für den Zehnzoll-Speaker, der dann statt mit 30 mit 50 Watt angetrieben wird. Anschlüsse und Regelmöglichkeiten bleiben, mit Ausnahme des SGT-Drives. Der ist hier nicht nur als Preset abrufbar, sondern mit Grit für den Verzerrungsgrad und Level für den Ausgangspegel regelbar, was natürlich mehr Varianten zulassen sollte. Dazu gesellt sich noch ein DI-Ausgang, der das Signal vor dem Volume-Regler, aber hinter der Klangregelung abgreift.
WIEDERGABE
Angenehm leise geht’s mit dem kleinen RB-108 los. Einen Lüfter gibt es nicht, nur ein dezentes Netzbrummen lässt sich vernehmen. Der Grund-Sound ist rund, warm, und klingt erwachsen, keine Spur von kleiner Kiste. Gerade wenn man leise spielt, gleicht der Equalizer den Klangeindruck schön aus. Mit leicht angehobenem Fundament bei 40 Hz und breitbandiger Klarheit bei 4 kHz wirkt das gleich schön ausgewogen. Der Mittenregler arbeitet bei 500 Hz den holzigen Anteil zwischen tieferem Knurren und höherem Näseln heraus. Lasse ich den Volume-Regler gen Rechtsanschlag wandern, macht sich ziemlich bald der Limiter vor der Endstufe bemerkbar, der Verzerrungen verhindern soll. Das macht er gut, aber natürlich ist ein Combo dieser Größenordnung für zuhause gedacht.
Ein bisschen „der Ampeg-Stack hinter mir zerrt schon“- Bühnenfeeling kann man sich über die SGT-Zerre holen. Die macht, was draufsteht: grittig-kratzenden Overdrive. Ist mir direkt ein bisschen zuviel des Guten, und ja nicht regelbar. Aber mit dem Bass im um 15 dB gedämpften Eingang habe ich weniger Gain und ein mir mehr zusagendes knurriges Anzerren. Der Lautstärkeregler hat genug Reserven, das Signal wieder auf ordentliche Zimmerlautstärke zu bekommen. Zu Songs vom Smartphone lässt sich bestens jammen, der Eingang summiert das Stereosignal mono auf den Speaker, dem allerdings die Hifi-Höhen fehlen – zum reinen Musikhören eignen sich andere Boxen sicher besser. Über Kopfhörer mit dann stummgeschaltetem Lautsprecher bleibt es selbstverständlich stereo und es klingt offen wie erwartet.
Witzigerweise sind die beiden Combos praktisch gleich schwer und der kräftigere sogar ein Mü leichter, obwohl der RB-110 klar voluminöser ist. Klar voluminöser ist auch die Wiedergabe. Schon ohne die Klangregelung anzufassen, ist da mehr Fundament und die Höhen sind offener, wenn auch hier wieder nicht Hifi-offen.
Das stört aber beim Bassspielen keineswegs. Gegen einen druckvollen Drummer kommt man auch mit 50 Watt noch nicht an, in einem eher akustischen Setting oder als Monitor in der Schulband, wo die Drums entweder zaghafter bedient werden oder E-Drums genutzt werden, macht es aber schon was her. Gerade bei letzterem kann ja auch der DI-Ausgang genutzt werden, der den guten Ton sauber auf die große Anlage bringt. Ein weiteres Feature, das beim RB-110 anders ist als beim 108 ist die Regelbarkeit der SGT-Zerre. Die kann bei mir dann auch direkt punkten, hier kann ich genau regeln, wieviel Grit ich gerne hätte und wie laut das im Verhältnis zum Cleansound sein soll. Für meinen persönlichen Geschmack bleibt es dabei, dass ich am liebsten den leichten Crunch mag, aber immerhin bleibt auch bei höherem Gain der Bassdruck erhalten.
Die Vorgängerserie hatte statt des Level-Reglers ein Blend-Poti, was mir bei mehr Zerre besser gefiel, dafür ist das Low Gain bei den Rocket-Bass-Combos schöner. Außerdem ist der neue in höheren Lautstärken in der Wiedergabe druckvoller und die größere Endstufe fühlbar souveräner, wo der BA-110 V2 schon ordentlich Geräusche aus dem Gehäuse hören lässt. Zudem hatte erst der nächstgrößere BA einen DI-Ausgang.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Das Rad neu erfunden hat Ampeg mit den Rocket Bass-Combos nicht. Muss ja aber auch nicht. Hier geht es um Übungscombos für den Hausgebrauch, der RB-110 mag sich auch mal auf einer kleinen Session sehen lassen. Die Features sind zeitgemäß und bieten alles, was man zum Üben mit Spaß so braucht, dabei sind sie leicht tragbar und sehen einfach klassisch-schick aus. Im Vergleich zur BA-Reihe sind die neuen leichter und bieten mehr Ausstattung bei höherer Leistung – ein gutes Angebot also. Antestempfehlung vor allem für junge und ältere Rockerinnen und Rocker.