Weit vor Großbritannien (170 Liter) und Irland (220 Liter) liegt beim Teekonsum nach letzten Zahlen wie immer Ostfriesland mit Abstand vorne, mit einem Verbrauch von 300 Litern pro Kopf im Jahr. Da kommt dem testenden Ostfriesen ein Bass mit Tee-Lackierung doch gerade recht …
In Ostfriesland wird natürlich zum ganz überwiegenden Teil schwarzer Tee in Ostfriesischer Mischung getrunken, grüner Tee ist da ziemlich exotisch. Matcha, dem der G&L seine Farbbezeichnung verdankt, ist als gemahlener Grüntee dagegen fester Bestandteil der japanischen Teekultur (und in Matcha-Eis … und in Matcha Latte … ich schweife ab, sorry.)
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EINER REICHT
In jeder seiner drei Firmen scheint Leo Fender ähnliche Ziele verfolgt zu haben. Immer gab es einen Bass mit einem und einen mit zwei Pickups. Bei Fender waren das natürlich der Precision Bass und der Jazz Bass, bei Music Man der Stingray und der Sabre, bei G&L schließlich L-1000 und L-2000. Während wie in Wellenbewegungen mal der Preci, mal der Jazz Bass populärer war, setzte sich bei Music Man der Ray klar gegen den durchaus zu Unrecht im Schatten gebliebenen Sabre durch. Bei G&L dagegen verschwand Anfang der 90er das Modell mit einem Pickup aus dem Programm, der L-2000 blieb. Seit ein paar Jahren gibt es ihn aber wieder.
CLF Research heißt die aktuelle Baureihe, wie Leos Firma vor G&L, mit der er für Music Man entwarf und fertigte. Gebaut wird der oft liebevoll „Wunkay“ (für „one k / 1k / 1000“) genannte Bass in Fenders Heimat Fullerton – nicht als detailgetreues Vintage-Reissue, sondern als eine Art Best Of. So hat die Kopfplatte das typische Ur-Design ohne den später charakteristischen Zacken, der Korpus dagegen den etwas schlankeren Schnitt der 90er.
Die Holzkombination von Griffbrett und Korpus ist mit der Farbe der dünnen Polyurethan-Lackierung gekoppelt und umgekehrt. Swamp Ash mit Ahorngriffbrett gibt es in Blueburst oder Natur, ein Caribbean-Rosewood-Griffbrett plus Body aus Okoume gibt es in Old School Tobacco Sunburst, und zu guter Letzt die Kombination meines Testbasses: ein Ahornhals mit Caribbean-Rosewood-Griffbrett und einem Basswood-Korpus in Matcha.
Caribbean Rosewood, auch als Chechen gehandelt, kommt dem Namen entsprechend aus dem karibischen Raum, hat aber mit Palisander nichts zu tun, sondern wird seit den mittlerweile wieder abgeänderten CITES-Verschärfungen vermehrt als „Ersatzholz“ eingesetzt. Basswood ist die englische Bezeichnung für Linde und passend benannt, liefert es doch viel Druck im Bereich Bass und tiefer Mitten, aber auch einen eher bedeckten Ton, der gerne als „mumpfig“ umschrieben wird. Da die Maserung sehr unauffällig ausfällt, macht es absolut Sinn, hier den einzig deckenden Lack zu nehmen. Die Verbindung von Hals und Korpus erfolgt durch gleich sechs Schrauben in individuellen Pitten, bei der passgenauen Fräsung der Halstasche rührt sich da definitiv gar nichts.
Die Hardware ist G&L-eigen und ausgefuchst: Die offenen Mechaniken sparen Gewicht durch Wickelachsen aus Aluminium, die zudem noch zur Kopfplatte hin dünner werden. Diese Verjüngung sorgt gleichzeitig für weitere Gewichtsersparnis und dafür, dass die Saiten beim Aufziehen automatisch nah an den Headstock gewickelt werden. Ihren Dienst verrichten sie präzise und mit sahnig-spielfreiem Drehgefühl. Für die sechsfach verschraubte Brücke zeichnet noch Leo Fender persönlich verantwortlich. Die massiven hochgezogenen Seiten geben Masse und Stabilität, über eine Madenschraube können die Saitenreiter aus verchromtem Messing arretiert werden.
Ebenfalls die Handschrift Leo Fenders trägt der Tonabnehmer. Die Bezeichnung „Magnetic Field Design“ suggeriert schon, dass besonderes Augenmerk darauf gerichtet wurde, wie das magnetische Feld die Saiten abnimmt. Dafür arbeitet der Pickup mit keramischen Barrenmagneten unter Polstücken aus Weicheisen, die per Inbusschraube zusätzlich zur Gesamthöhe des Abnehmers noch präzise in ihrem Abstand zur Saite justiert werden können.
(Bild: Dieter Stork)
Auf der typischen Chrom-Banane von Control-Plate sitzt der Volume-Regler nebst einem Zweiband-EQ. Normalerweise erwartet man da eine Aktivschaltung, der G&L ist aber passiv. Die Regler haben große, Vintage-mäßige Chromknöpfe, die gut ablesbar sind, der noch zu erklärende Dreiweg-Minischalter kommt mit roter Plastikmütze.
Haptik und Sound auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
VON SC BIS OMG
Mit 4,1 kg ist das Gewicht solide, aber komfortabel tragbar, die Balance im Sitzen wie am Gurt ist perfekt. Perfekt ist auch die Einstellung ab Werk, und alle Einstellungen, die man selbst vornehmen kann, gehen leicht von der Hand. Die arretierbare Brücke beschrieb ich ja schon, die korpusseitige Fräsung für den Stahlstabzugang ist ausreichend groß für eine einfache Justage. Der Hals fühlt sich ausgesprochen gut an. Nicht nur fasst sich die Vintage-Gloss-Lackierung sehr angenehm an, auch das entgegen der Beschreibung auf der Webseite gar nicht mal so „slimme“ Profil mit gut 42mm Breite am Sattel liegt bestens in der Hand – wenn man denn Precis mag.
Auf dem Weg durch die Lagen fallen ein paar Side-Dots dadurch auf, dass sie etwas verschoben eingesetzt wurden. Das sollte in der Preisklasse nicht passieren, ist aber andererseits ein Zeichen dafür, dass da eben Menschen am Werk sind und ich finde es eher charmant. Am Amp angeschlossen kommt der Minischalter erst mal in Mittelstellung. So fungiert der Pickup als Einspuler, mit der entsprechenden, sich in Grenzen haltenden Empfindlichkeit gegenüber Einstreuungen. Mit aufgedrehten Reglern ist der Sound groß und klar, mit leichter Preci-Note. Das verwundert auch nicht wirklich, sitzen die Pole-Pieces doch exakt da, wo sie beim Preci auch zu finden sind, nur dass jede Spule hier alle Saiten abnimmt und der 2/2-Split nicht funktioniert. Tiefer ins (Leo-)Fender-Land führt die Parallelschaltung beider Spulen.
Nicht grundverschieden zum Singlecoil, aber frei von Einstreuungen und mit einem Sound an der Schnittstelle zwischen Preci und Stingray. Ein ganz eigenes Territorium nimmt der L-1000 dann mit der seriellen Schaltung ein. Die nennt sich bei G&L „OMG“ und modifiziert die bekannte Verdrahtung. Die Halsspule des Humbuckers wird der stegnäheren seriell zugeschaltet, bekommt aber gleichzeitig über einen parallel zur Spule befindlichen Kondensator die Höhen radikal gekappt. Klanglich hat das den Effekt eines heftigen Bass-Boosts, der den Ton mächtig aufbläst. Das kann je nach Anlage und Einstellung am Amp auch schnell zu mächtig werden, was aber mit dem Bassregler wieder eingefangen werden kann.
Es lohnt sich, die Regeleinheit interaktiver anzugehen: Mit deutlich reduziertem Bass (ca. halb auf) und noch etwas zurückgedrehtem Volume-Poti ist der Sound immer noch fetter und füllender, passt aber besser zu den anderen Schalterstellungen, wenn hier wieder weiter aufgedreht wird. Aber auch mit einer Spule oder im parallelen Modus kann der Bassregler für betont höhenreiche Klänge zurückgenommen werden. Das Treble-Poti verhält sich etwas anders als von den meisten passiven Höhenblenden erwartet, da neben dem üblichen Kondensator zum Abdunkeln auch noch ein Widerstand eingelötet ist. Der lässt den gefühlten Resonanz-Boost verschwinden, der passive Bässe nochmal richtig schön andicken kann. Dass das hier zugunsten einer glatteren Rücknahme der Höhen fehlt, ist Geschmackssache und wäre auch leicht zu modifizieren.
RESÜMEE
Gut 350 Pfund meiner favorisierten Teesorte Bünting Grünpack würde ich für die UVP des G&L CLF Research L-1000 aktuell kaufen können – daran hätte selbst ich eine ganze Zeit zu süffeln. Nicht wenig für einen Bass, der nicht allzu aufwendig in der Fertigung ist. Dafür bekommt man aber auch einen (fast) perfekt verarbeiteten und (komplett) perfekt eingestellten Bass mit exzellenter Bespielbarkeit und toller, überraschend flexibler Klangausbeute an der Schnittstelle zwischen Leo Fenders anderen großen Ein-Pickup-Bässen. Neben denen kann er absolut bestehen – zum persönlichen Test empfohlen!