Source Audio Soundblox Pro Classic Distortion & Pro Multiwave Distortion im Test
von Thomas Jeschonnek, Artikel aus dem Archiv
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Klassisch oder modern, bei den eigenwilligen Bodeneffekten von Source Audio geht meist beides zugleich. Drei speicherbare Zerrpedale gibt die neue Soundblox-Pro-Serie zurzeit her, die beiden Probanden dieser Ausgabe wenden sich an E-Gitarristen.
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Die Bassisten hatten bereits in Heft 04/2010 die Ehre, dort hatten wir das Soundblox Pro Bass Multiwave Distortion-Pedal im Test. Das Classic Distortion hingegen widmet sich Zerrklängen von Vintage Amps und Pedalen, will aber kein Modeling-Teil sein. Nanu, was denn dann?
Konstruktion von Source Audio Soundblox Pro Classic Distortion & Pro Multiwave Distortion
Na ja, der Hersteller behauptet halt, er hätte altehrwürdige Verstärker und Verzerrerpedale studiert, und deren charakteristischsten Sounds in das Classic-Distortion-Pedal mit einfließen zu lassen, ohne jetzt alle Einzelheiten des jeweiligen Vorbildes nachbilden zu wollen. Also doch eine Art Amp- bzw. FX-Modeling? Warten wir ab.
Die Elektronik der Soundblox-Pro-Pedale haust inklusive flinkem Prozessor (24 Bit Wandler, 56 Bit Datenfluss) in einem stabilen, modern gestylten Nylongehäuse mit abschirmendem Stahlblechboden. Ein aktiver Bypass leitet das Signal im ausgeschalteten Zustand am digitalen Sound-Prozessor vorbei zum Ausgang.
Vintage-Analog-Pedal-Fans brauchen trotzdem keinen Bogen um diese Treter machen, auf die inneren Werte kommt es schließlich an. Fünf Regler sind im Halbkreis um den Rasterdrehschalter und den mit grünen LEDs illuminierten 7-Band-EQ angeordnet. Der EQ wird durch zwei Taster komplettiert, drei weitere sind für die Speicherplatzzuordnung und die optionale Hot-Hand-Fingerring-Steuerung zuständig (siehe Testbericht des Source Audio Hot Hand Wah in Ausgabe 05/2009).
Auch die vorliegenden Soundblox-Pro-Pedale lassen sich alternativ per drahtlosem oder drahtgebundenem Spezialfingerring fernsteuern. Dazu finden wir auf der Rückseite Sensor-In- und Sensor-Out-Anschlüsse. Für das beiliegende Netzteil gibt’s natürlich auch eine Buchse, und neben den Anschlüssen für Gitarre und Verstärker finden wir hier noch einen MIDI-Eingang. Denn wer mag, kann die sechs Speicherplätze statt über den Preset-Bank-Taster und die drei Fußschalter des Pedals auch über MIDI steuern und etliche Parameter wie z. B. die Verzerrungsstärke ebenfalls.
Last but not least bereichert ein Expression-Pedal-Anschluss die beiden Prüflinge. Bei angeschlossenem Pedal kann zwischen zwei Presets hin- und hergeblendet werden. Die bei beiden Probanden doch recht unterschiedlichen Regler-Layouts und Möglichkeiten erschließen sich uns nun in der Praxis.
Praxis
Beide Pedale fühlen sich sowohl vor völlig clean eingestellten, als auch vor bereits minimal zerrenden Verstärkern wohl, das ist hier eine Frage des Geschmacks und des eigenen Equipments. Widmen wir uns zunächst dem Soundblox Pro Classic Distortion. Klassische Ampsounds von Marshall und Mesa/Boogie verspricht die ausführliche Bedienungsanleitung, außerdem Zerrklänge von Pedalen wie Fulltone Distortion-Pro, Ibanez TS9 Tube Screamer, Electro-Harmonix Big Muff π, ProCo RAT, Arbiter Fuzz Face, Sola Sound Tone Bender Mk. II, sowie einige hauseigene Kreationen wie Tube Distortion, Metal Distortion und Octave Fuzz. Alternativ gibt’s noch eine Clean-Boost-Funktion. Der in allen Modi nutzbare 7-Band-EQ liegt hinter beiden Zerrstufen, dazwischen befindet sich noch ein zusätzlicher Mittenregler. Richtig, das Pedal hat zwei hintereinander angeordnete Zerrstufen, mit Drive 1 und Drive 2 separat regelbar.
Checkt man das Classic Distortion das erste Mal in Ruhe durch, wird schnell klar, warum der Hersteller es nicht als Modeling-Pedal verstanden wissen will: Kein Vorbild-Amp und keiner der inspirierenden Verzerrer verfügt über einen 7-Band-EQ und zwei Zerrstufen. Doch grau ist alle Theorie, auch beim Spielen über dieses Pedal hört und spürt man zwar deutlich bei den meisten der Modi eine deutliche Vorbildnähe, aber noch deutlicher den Enthusiasmus des Herstellers, eigene Klangvariationen zu schaffen. Und das Ergebnis kann absolut hören lassen. Die ersten fünf Modi kommen einer richtigen Röhrenschaltung sehr nahe, in ihrer Zerrstruktur sind sie sich jedoch recht ähnlich. Die Fuzz-Sounds inklusive Octave Fuzz kommen ähnlich biestig, wollig oder zirpelig wie ihre analogen Urahnen rüber, sehr schön! So etwas wie digitale Kälte oder harsche Sounds sind jedoch nicht zu befürchten, es sei denn, man dreht im Clean-Boost-Modus die Drive-Regler weit auf und sorgt damit für ein Hard Clipping. Aber darauf weist die Anleitung ja hin. Sehr schön bissig und mit typisch sonor-düsterem Ton donnert die Metal Distortion los, der TS9000-Modus tönt jedoch nicht nach TS9, sondern eher wie ein Tube Screamer mit nachfolgendem Mitten-Booster nebst Röhrenvorstufe. Diese Kombi klingt fett und richtig gut. Einen gewissen eigenen Grund-Sound weist das Pedal also in allen Modi auf.
Das Spiel mit den beiden Drive-Reglern macht Sinn und Laune zugleich. Der Mittenregler gibt der zweiten Distortion-Stufe bei Bedarf noch ordentlich Dampf auf die Mütze. Außerdem wurde diese Mittenregelung für alle Modelle deutlich unterschiedlich abgestimmt. Mit dem Volume-Regler der Gitarre lassen sich die Zerr-Sounds amtlich zurückfahren bzw. aufklaren, je nach Typ. Und bei einigen Fuzz-Modi lässt das Zurückdrehen des Tone-Potis an der Gitarre einen hohlen Flötenton erklingen, sofern man auf den Halstonabnehmer schaltet.
Personifizieren lassen sich alle Sounds mit dem aktiven (-12 dB bis +12 dB) 7-Band-EQ. Man schraube zunächst solange an den EQ-Bereichen herum, bis man seinen Wunsch-Sound gefunden hat. Nun braucht man nur noch einen der drei Fußschalter ein paar Sekunden festhalten, und schon ist er gespeichert.
Das Soundblox Pro Multiwave Distortion stellt sozusagen die Luxusausgabe des in Ausgabe 01/2010 vorgestellten schmaleren Source-Audio-Multiwave-Distortion-Pedals (ohne EQ und Speicherplätze) dar. Und was bedeutet Multiwave- bzw. Multiband-Distortion? Normalerweise wird bei einem Zerrpedal der Ton ja komplett durch eine einzige Zerrstufe gejagt, bei einem Multiband-Pedal wird dieser vorab in einzelne Frequenzbereiche zerlegt. Jedem Frequenzbereich ist eine separate Zerrstufe zugeordnet, zum Schluss wird wieder alles zusammengemixt. Und wie klingt das dann?
Nun, ganz anders als gewohnt, und dabei überhaupt nicht zwingend freaky oder experimentell, sondern durchaus auch mal Mainstream-tauglich. OK, ich werde mal deutlicher: Die Normal-Modi im Multiband-Bereich klingen ungewohnt resonant und sonor, teils wie von einem guten Synthesizer erzeugt. Spielt man gleichzeitig beispielsweise einen Dreiklang und Einzeltöne als Melodie dazu, entsteht durch das Aufteilen in mehrere Frequenzbänder kein Brei, sondern interessante neuartige Zerr- Sounds. Abgedrehter bis experimentell klingen die Multiband-Foldback-Modi, bei denen Anteile des Ausgangssignals wieder auf den Eingang zurückgeführt werden. Hierbei entstehen Synth-artige Filtereffekte mit plötzlichem Auftauchen von Oktavtönen, oder Ringmodulator-ähnliche Interferenzen. Die Multiband-Octave-Settings klingen wie wilde Octave-Fuzz-Orgien, aber nicht einfach kaputt, sondern musikalisch harmonisch bis gewollt disharmonisch.
Aber es geht auch braver. Dazu schaltet man auf Singleband um, in den Normal-Modus. Hier klingt das Pedal wie ein gutes analoges Distortion-Pedal, steigerbar bis zu einer Art Big-Muff-Fuzz-Distortion mit viel Sustain. Als wieder weniger brav aber nicht minder interessant erweisen sich dann die Singleband-Modi Foldback und Octave, ich kann nur sagen: Selbst ausprobieren, Zeit mitbringen, es lohnt sich! Formen lassen sich all diese Klänge natürlich wieder mit dem 7-Band-EQ. Dazu gibt’s eine Kompressorschaltung mit Sustain- Regler, ein Drive-Poti sowie einen Clean/Drive-Mix-Regler, um das unbehandelte Signal zumischen zu können. Trotz massigen Sustains hört man aus dem Pedal keinen Mucks mehr, sobald man die Saiten abdämpft, da hat gewiss ein Noise Gate seine Finger im Spiel.
Resümee
Die Soundblox Pro-Distortion-Pedale bringen modernisierte Klassiker mit viel Einfühlungsvermögen auf den Punkt. Wer neuen Zerrgefilden offen gegenübersteht und vielleicht bereits beim kleineren Multiwave Distortion Blut geleckt hat, findet nun im Pro-Pedal die Luxus-Variante mit sechs Speicherplätzen und zusätzlichem 7-Band-EQ. Interessant auch die alternative Fingerring-Fernbedienung, welche allerdings bei Filtereffekten dramatischer auf den Klang einwirkt als bei Distortion-Sounds.