Gelungene Modernisierung

Silbern & IR-beladen in die Zukunft: Ampeg SGT-DI im Test

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Das Tester-Leben kann ganz schön aufregend sein. Vor dem Testgerät bekomme ich ein zu unterschreibendes Dokument, das es bei hoher Strafe untersagt, darüber ein Sterbenswörtchen zu verlieren. Aber jetzt darf ich es ja verraten: Ampeg hat das SCR-DI Pedal radikal über arbeitet und fit gemacht für die 2020er. Als SGT-DI bietet es vieles, was schon der Vorgänger konnte, geht aber weit darüber hinaus.

MEHR GRIT

Schon die Optik ist anders, und auch die Konstruktion. Sind die meisten Pedale mit abnehmbarem Boden gebaut, habe ich hier eine Wanne mit Deckel. Der ist Silber gehalten, Klangregelung und Minischalter sind schwarz unterlegt. Gleich drei Doppelpotis helfen, das Pedal aufgeräumt und nicht zu ausufernd wirken zu lassen. Los geht es mit einem Doppelstock für Volume und Kompressor. Eine Clip-LED für den Eingang gibt es nicht, aber eine LED, die Kompression anzeigt. Die folgende Dreiband-Klangregelung umfasst Bässe, Mitten und Höhen, die jeweils angehoben oder abgesenkt werden können. Eine neutrale Mittenrastung gibt es nicht, da muss man sich auf die Ohren verlassen. Der Ampeg SVT hat, je nach Baureihe, drei bis fünf schaltbare Mittenfrequenzen. Hier hat man stattdessen gleich einen stufenlosen Frequenzregler im unteren Ring des Mittenpotis spendiert, dessen Einstellbereich von 300 Hz bis 3 kHz reicht.

Anzeige

Zur Klangregelung gehören auch noch die mittleren beiden Minischalter, ganz SVT-like mit Ultra Lo und Ultra Hi – wobei Ultra Lo sogar, anders als beim SCR, auch eine Minusstellung hat. Der bis jetzt beschriebene Bereich kann mit dem linken, mit „Preamp“ beschrifteten, Fußschalter an- und ausgeschaltet werden. Unabhängig davon bringt der SGT-Fußschalter die namensgebende Super Grit Technology ins Spiel. Mit Grit (aka Gain) innen und Level außen auf dem Doppelpoti geht die Reise von Clean zur vollen Verzerrung. Den Grundcharakter gibt dabei der Voice-Minischalter rechts vor, der entweder den Studiostandard B-15 oder den Stadionstandard SVT auswählt. Ein hübscher, die Schalter schützender Chrombügel vervollständigt die Oberseite.

Bei den Anschlüssen arbeite ich mich mal von rechts um das Pedal herum. Hier finden sich die Aux-Einspielwege, stereo im Miniklinkenformat, mono mit großer Klinke. Ein Poti, das nach Einstellen mit leichtem Druck im Gehäuse verschwindet, und mit ebensolchem wieder hervorzuholen ist, stellt die Lautstärke des eingespeisten Signals ein, das ohne Beeinflussung durch die restliche Schaltung ausschließlich auf den Line-Out/Phones-Ausgang geht. Damit kann man sich auch ein (In-Ear-)Monitorsignal mischen, sehr praktisch! Auf der Stirnseite findet sich mittig die Netzbuchse. Ein Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen, dafür ist das Netzteil aber dabei.

(Bild: Dieter Stork)

Input als Eingangsbuchse ist selbsterklärend, daneben gibt es gleich drei Ausgänge: Thru gibt das Basssignal unbearbeitet weiter, zum Beispiel an ein Stimmgerät. Preamp Out ist der normale Ausgang an den Proberaum- oder Bühnen-Amp. Hier liegt der Bass-Sound an – inklusive Kompressor, Klangregelung und SGT; neben dem SGT-Level gibt Volume den Ausgangspegel vor. Line Out/Phones ist die Buchse „mit alles“. Mit einem Monokabel geht es alternativ an den Amp, mit großer Stereoklinke (aka TRS) kann ein Kopfhörer angeschlossen werden. Neben dem, was auch aus dem Preamp-Out kommt, ist hier wie beschrieben auch das Aux-Signal zu hören, und das, wo ich einen Technologietransfer von einer Yamaha-Tochter zur anderen vermute: Impulse Responses, mit denen Line 6 als Modeling-Pionier schon lange zu tun hat.

flexible Anschlussmöglichkeiten (Bild: Dieter Stork)

Über einen Schiebeschalter auf der linken Seite kann der Cab-Mode mittig abgeschaltet werden, nach oben sind die eingebauten Impulsantworten aktiv, nach unten von der Benutzerin resp. vom Benutzer zu ladende, die ab Werk schon belegt sind und am PC über die USB-C-Buchse zu ersetzen wären. Zum Schiebeschalter gehört noch der Minischalter oben, der zwischen den drei IRs wählt (Heritage B-15, Heritage SVT-410HLF, und SVT-810 Squareback sind die festen, die mit blauer LED angezeigt werden, die User IRs zeigt eine violette LED an) und ein wiederum versenkbarer Regler für das Cab Level. Über Line Out/Phones hat auch dieser Regler, wie Volume und Grit/Level, Einfluss auf die Ausgangslautstärke und muss entsprechend beachtet werden. Die Cab-LED meldet sich in rot, wenn das Signal an dieser Stelle clipt. Zu guter Letzt sitzt hier noch die obligatorische XLR-Buchse, die das gleiche Signal wie der Line Out (minus Aux In) symmetriert an ein Mischpult oder Interface schickt, ein Groundlift kann derweil Brummschleifen auflösen.

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

Das SGT-DI hat ein übersichtliches Bedien-Panel, trotz umfangreicher Funktionen. (Bild: Dieter Stork)

MEHR AMPEG

Die Preampsektion darf anfangen, ohne SGT und Cab. Das kann sich schon mal hören lassen, ein sauber arbeitender EQ, der sich von ähnlichen Kollegen durch die sehr gut nutzbaren Ultra Hi und Ultra Lo absetzt. Ersterer setzt über dem Höhenregler an und macht den Klang luftig und präsent, letzterer macht den Sound extra knackig oder legt dem Ton das ganz dicke Wattekissen unter.

Gemeinsam mit dem Bassregler hat man gute Eingriffsmöglichkeiten in diesem Bereich. Auch die Mitten sind mit der Semiparametrik gut abgedeckt. Der Kompressor arbeitet von null bis zum totalen Squash, der Regler stellt die Ratio von 1:1 bis 10:1 ein.

Wenn die LED häufiger leuchtet als nur bei den heftigsten Spitzen wird es mir persönlich schon zu viel des Guten, so eingestellt verdichtet er aber schön und macht den Ton kompakt und griffig. Klingt soweit alles gut, aber nicht besonders nach Ampeg. Das ändert sich sofort, wenn ich statt des Preamps die SGT-Schaltung aktiviere. Instant Ampeg!

Der Charakter der Vorbilder ist gut getroffen, intim, nah und mit fülligen Mitten beim B-15, mächtig und mit drahtigen Höhen beim SVT. Der Grit-Regler reicht von völlig clean über leicht angeraut bis zur fuzzigen Vollverzerrung, die beim so eingestellten realen SVT einen Hörverlust von mindestens einer Woche nach sich ziehen würden. Hier geht’s zum Glück ohne. Für meinen Geschmack glänzt hier vor allem der Bereich bis in den knurrigen Break Up. Kombiniere ich jetzt SGT mit dem nachgeschalteten Preamp, tut sich klanglich ein weites Feld auf, immer mit satter Ampeg-Grundierung – da kommt Freude auf! Und ich bin ja noch nicht fertig … Nehme ich noch die Cab-Simulationen aka IRs dazu, wird der Ton record-ready abgeschmeckt und erreicht vor allem an Kopfhörer oder Interface noch ein neues Level!

Mit den „richtigen“ Boxen (SVT an 810, B-15 an 115) wirkt alles noch authentischer, wobei die anderen Kombinationen ebenso großen Reiz haben. Einziger Wermutstropfen: Die IRs sind alle sehr unterschiedlich laut. Aber gut, ich habe hier ein Vorserienmodell. Zum Testzeitpunkt ist die zugehörige Software noch nicht online, aber eine Mail an den freundlichen Produktmanager bringt schnelle Abhilfe. Schon die Installation des IR-Loaders nivelliert beim Anschluss des Pedals an den Rechner die Lautstärkeunterschiede.

Jetzt zeigt sich, dass auf den User-Slots neben einem namenlosen IR noch SVT210AV und SVT212AV werkeln, außerdem habe ich Zugriff auf Lo Cut, Hi Cut, und Level. Einzig kurios ist, dass jede Einstellung hier global auf alle IRs wirkt. Das kann eigentlich so nicht richtig sein, wahrscheinlich ist auch das noch eine Beta-Version. Dafür geht der Import eigener IRs auf die User-Plätze leicht von der Hand. Ein Vergleich der Ampeg-eigenen IRs mit gekauften Industriestandards zeigt, dass sich die schon geladenen absolut behaupten können, saubere Arbeit!

ALTERNATIVEN

Was das angeht kann das SGT-DI den SansAmp Character VT Bass DI im Sound für meinen Geschmack hinter sich lassen und bietet gleichzeitig deutlich mehr Möglichkeiten. Auch das Origin Bassrig Super Vintage, das sich beim Spielen noch mehr nach Amp anfühlt und den zur Zeit besten Pedal-SVT darstellen dürfte, hat weniger Varianten beim Routing und der Klangbeeinflussung, kostet dazu noch mehr, und hat nicht die offene Architektur der Ampeg-IRs.

Das Innenleben des Ampeg SGT-DI. (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die Modernisierung des Preamp-Pedals ist Ampeg rundum gelungen! Ebenso wie die Bedienung – mit so netten Details wie versenkbaren Potis an den Seiten – ist das Routing überlegt und ausgefuchst und bietet viele Möglichkeiten – zum Beispiel Amp, Mischpult, und In-Ear (sogar mit zugemischtem Monitorsignal über Aux) gleichzeitig mit korrektem Signal und klassischem Sound zu beschicken. Jede Sektion des Preamps für sich überzeugt, und durch die Möglichkeit, SGT, Preamp und Cab einzeln zu benutzen oder beliebige zwei von dreien zu kombinieren, hat man vom neutralen Clean zum ampegigsten Ampeg alle Karten in der Hand. Den Preis finde ich ebenfalls sehr fair, daher: Zum persönlichen Antesten sehr empfohlen!

PLUS

  • Sound
  • Flexibilität
  • stabile Bauweise
  • Nebengeräuschverhalten
  • Routing
(Bild: Gitarre & Bass)

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.