Was ist eigentlich das Gegenteil von Vorschusslorbeeren? Die Goldene Vorab-Himbeere? Ich habe jedenfalls lange kein Instrument mehr erlebt, bei dem die (negativen) Wellen ab Veröffentlichung so hochschlugen. Hat der Fender Gold Foil Jazz Bass das verdient?
Einige im Internet hochgekochte Punkte werde ich mit abarbeiten, unter dem Vorbehalt, natürlich nur über meinen Testbass schreiben zu können. Und dem widmen wir uns jetzt mal.
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MIX & MATCH
Mir bringt es ja irgendwie immer gute Laune, wenn sich Fender mal wieder seines Baukastensystems besinnt und Parts und Features quer durch das Portfolio kombiniert, unabhängig davon, ob ich das resultierende Instrument persönlich gut und/oder schön finde. Der Gold Foil Jazz Bass baut gar unfenderiges mit ein. In der April-Ausgabe hat Christopher Kellner die Geschichte der Gold-Foil-Pickups nachgezeichnet, die erst mal in einer Art parallelen Evolution in den 1950er-Jahren sowohl in japanischen Teisco-Gitarren, als auch – von DeArmond hergestellt – in US-amerikanischen Harmony-Gitarren auftauchten. Stichworte dazu sind „Gitarre“ und „günstig“, wenn nicht gar „billig“ – was keineswegs für die mittlerweile aufgerufenen Sammlerpreise gilt.
Das hält Fender aber nicht davon ab, einen modernisierten Gold-Foil-Pickup auch in einem Bass zu verbauen. Der sitzt da, wo beim regulären Jazz Bass der Halspickup platziert ist. Prominent sichtbar ist die goldene, an ein Teesieb erinnernde Folie, eingerahmt von einer Chromkappe. Von den sechs Schrauben, die links und rechts sichtbar sind, ist die mittlere die zur Höhenverstellung, die restlichen halten den Abnehmer zusammen. Unter der Haube entpuppt sich der Pickup als Singlecoil, nicht als Minihumbucker, wie die auch sonst vor (Copy/Paste-) Fehlern nur so strotzende Produktseite auf der Fender-Website behauptet. Vier Polepieces nehmen die Saiten ab, was entfernt an den Ur-Preci erinnert.
Die aus der Kombination eines einzelnen Pickups mit einem Jazz-Bass-Body resultierende Optik erinnert dagegen vage an den Mark-Hoppus-Signature-Bass. Ungewohnt, aber frisch: keine weitere Fräsung, ein einteiliges Schlagbrett aus hübschem Tortoise, und nur zwei Regler für Volume und Tone. Die Potiknöpfe sind Witch Hats, also Hexenhüte, in geagetem Weiß und mit passender Beschriftung. Ansonsten hat der Body aus Erle das normale Jazz-Bass-Shaping und eine feine Lackierung in Sonic Blue bekommen. Die Brücke ist aus der Vintage-Kiste, der gute alte Blechwinkel, mit Rillensaitenreitern, um den Saitenabstand fein justieren zu können.
Der Hals ist gegenüber dem Korpus die (fast) reine Vintage-Lehre. Ein 38 mm breiter Knochensattel und ein 60s-C-Profil treffen hier mit einem moderneren 9,5”-Griffbrettradius zusammen. Sehr deutliche und spezifische 66er/67erVibes verbreitet die Kombination von Lollipop-Tunern mit einer Griffbretteinfassung und Dot-Inlays. Besagte Tuner kommen aus Japan von Gotoh, und vereinen klassische Optik mit modernem, präzisem Stimmverhalten. Ebenso modern ist der Einsatz von Medium-Jumbo-Bünden und Ebenholz als Griffbrettmaterial. So weit bin ich mit der Mischung aus althergebrachten Konzepten sowie neuen Ideen und Komponenten absolut happy.
Das ändert sich ein klein wenig im Umgang mit dem Stahlstab bzw. dem Zugang dazu. Letzterer befindet sich nämlich klassisch am Halsfuß und wird bei montiertem Hals durch die Halstasche blockiert. Verbaut wurde ein Vintage-Trussrod, der, ganz oldschool, über eine Kreuzschlitz-Mutter justiert werden kann. Das an sich ist noch unproblematisch, aber wie in grauer Vorzeit üblich, muss der Hals zum Einstellen abgeschraubt werden. Und wenn es nach dem ersten Versuch noch nicht so richtig passt, nochmal. Und nochmal. Und … Es würde dem Appeal des Gold Foil Jazz Basses keinen Abbruch tun, wenn im Korpus eine kleine Fräsung und im Schlagbrett eine kleine Aussparung wäre. So viel Moderne darf sein.