Carlifornia Revisited

Sandberg California VM im Test

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Sandbergs California-Serie hat sich emanzipiert: Ohne ihre amerikanischen Vorbilder zu leugnen, wagt sie seit Anfang des Jahres mehr Sandberg in Form und Konstruktion und bringt klassische Designs ins ergonomische Hier und Jetzt – das will nun auch der neue California VM beweisen.

Sandberg California VM

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Erst im Mai (05/2015) hatten wir das ebenfalls überarbeitete TM-Modell im Test: Besonders gefallen hatte uns damals das ausgesprochen komfortable Handling, das detaillierte Ageing sowie der durch und durch harmonische Ton – man darf gespannt sein, ob das VM-Modell einen ähnlich erfolgreichen Wandel durchlaufen hat.

Konstruktion

Erfreulicherweise hat Sandberg bei dem Update nicht blind alles auf den Kopf gestellt, sondern an bewährten Grundzutaten festgehalten: Korpus und Hals sind nach wie vor aus Erle bzw. einstreifigem Ahorn gefertigt, unser Fünfsaiter kommt außerdem mit einem dicken Palisandergriffbrett für eine Extraportion Growl. 22 perfekt von der PLEK-Maschine abgerichtete Medium-Jumbo-Bünde sowie ein dickerer Nullbund sitzen in dem nicht zu trockenen Palisanderholz, die Bundenden sind anständig verrundet.

Als echte Neuerung wurde der sechsfach verschraubte Hals noch tiefer in den Korpus und der massive Sandberg-Steg noch näher an den Korpus-Rand gerückt, sodass der Bass insgesamt kompakter und ausbalancierter als sein Vorgängermodell daherkommt. Beim Spiel in den tiefen Lagen muss die linke Hand nun weniger weit ausgestreckt werden und allgemein wirken die Wege auf dem Griffbrett etwas kürzer. Die Balance profitiert außerdem von den neuen offenen Sandberg-Stimmmechaniken aus leichtem Aluminium, die obendrein ausgesprochen sahnig und gleichmäßig laufen. Damit trotz des nun weiter im Korpus liegenden Halses auch die höchsten Lagen gut erreichbar bleiben, wurde das untere Cutaway ein Stückchen tiefer ausgeschnitten und das Hörnchen etwas verkürzt, was die immer noch sehr klassische Form einen Hauch moderner erscheinen lässt.

Zeitgemäß präsentiert sich die üppige Ausstattung des VMs: Der Hauseigene Steg ist in allen drei Dimensionen justierbar und verspricht mit seiner großen Masse ein singendes Sustain, welches weiter durch den vierfach-Saitenniederhalter auf der neugestalteten Kopfplatte gestärkt wird. Bei den Tonabnehmern handelt es sich um ein Split-Coil/Humbucker-Pärchen aus eigener Produktion, wobei der P-Pickup Sandberg-typisch zugunsten eines etwas knackigeren Tons gespiegelt montiert wurde.

Sandberg California VM_03

Anstelle klassischer, zierlicher Alnico-Magnete sind die Sandberg-Aggregate mit fetten Stahlpolen ausgerüstet, weshalb man eine stärkere Betonung der Eckfrequenzen erwarten darf. Um Selbige bei Bedarf abdämpfen oder verstärken zu können, hat auch der neue VM einen 2-Band-EQ an Bord, der sich durch Ziehen des Volume-Potis abschalten lässt. Das Höhen-Poti arbeitet im Passiv-Betrieb dann wie eine vertraute passive Höhenblende – für alle, die es eher oldschool mögen.

Noch ein cleveres Detail: Die gesamte Elektronik ist auf einem separaten Teil des Schlagbretts montiert, der sich (falls nötig) durch das Lösen von nur vier Schrauben schnell erreichen lässt – optisch sieht das Ganze trotzdem noch aus wie ein großes Pickguard. Zuletzt ist auch das Tobacco-Korpus-Finish unseres Testbasses tadellos gelungen, ebenso wie die matte, leicht vergilbte Lackierung des Halses. Schrammen, Macken oder ähnliche Kampfspuren sucht man vergeblich – dieser VM ist ausnahmsweise mal nicht geaged und sieht aus, wie frisch aus dem Ei gepellt.

Praxis

Am Gurt wird schnell klar, dass Sandberg das Ergonomie-Versprechen hält: Der VM hängt nicht nur in optimaler Position, dank der vielen kleinen Änderungen und dem relativ flachen Halsprofil lässt er sich auch besser spielen denn je: Die tiefsten und höchsten Lagen sind verblüffend leicht zu erreichen, von Kopflastigkeit fehlt selbst an einem aalglatten Nylon-Gurt jede Spur. 3,9 kg sind außerdem ein hervorragendes Gewicht für solch einen ausgewachsenen Fünfsaiter – da darf der Gig auch mal mehrere Stunden lang sein. Schon unverstärkt hat der neue VM einiges zu bieten: Er spricht flink an, resoniert schön und klingt übers ganze Griffbrett kerngesund.

Im direkten Vergleich zu einem Fender P-Bass wirken die Mitten einen Tick aufgeräumter und moderner – man könnte sagen: Weniger holzig, eher trocken und funky. Am Amp setzt sich dieses Bild nicht zuletzt durch die Wahl der Tonabnehmer fort: Selbst im PassivBetrieb verleihen die fetten Stahlpole dem VM die gewisse Portion Extra-Pfund und Schmatz – ein wahrlich großer und dennoch glasklarer Ton. Der Hals-Pickup spuckt im Solobetrieb ein mächtiges Bassfundament aus und geht merklich komprimierter zu Werke als seine VintageVerwandschaft – der eine mag sich hier mehr Dynamik wünschen, dem anderen erspart es einen Kompressor auf dem Pedalboard. Die Höhen sind offener, glasiger und weniger aggressiv als bei einem klassischen Preci, was das Klangbild besonders edel erscheinen lässt und den Ton insgesamt etwas gefälliger macht.

Sandberg California VM_02
(Bild: Petia Chtarkova)

Mischt man den Steg-Humbucker hinzu, klart der Sound weiter auf und bekommt eine trockene Note mit markanten bulligen Tiefmitten, die in dieser Art keine J/Joder P/J-Bestückung liefert. Moderner Funk und Slap-Geschichten kommen hier mit besonderem Druck aus den Speakern geschossen; noch mehr Schub und Klick gibt es bei Bedarf vom musikalisch abgestimmten 2-Band-EQ. Eine Position weiter, motzt besonders der Bässe-Regler den aggressiven, knorrigen Ton des Steg-Pickups gehörig auf, sodass schnell vergessen ist, dass der Tonabnehmer für fette Sounds à la Music Man eigentlich zu nah am Steg sitzt. Egal! Noch ein bisschen Höhen dazu und das Ganze geht schon deutlich Richtung StingRay. Die Rechnung geht aber auch umgekehrt auf: Dämpft man die Höhen etwas (am besten im Passiv-Betrieb) kann der VM auch prima knorzen und nörgeln – vielleicht nicht so authentisch wie ein echter Jazz Bass, dafür jedoch sehr eigenständig und allemal Band-tauglich!

Die Tiefe H-Saite bettet sich übrigens bei all dem ausgesprochen homogen in das Klangbild ein und schwächelt auch bei gegriffenen Tönen in den tiefen Lagen nicht im Attack. Der Bursche ist also topfit und hat eine ganze Menge Sounds parat – was will man mehr?

Resümee

Sandbergs Update für die California-Serie hat den hauseigenen Kassenschlager in Sachen Balance und Spielbarkeit noch mal ein echtes Stückchen nach vorne gebracht. Ob einem auch die optischen Veränderungen gefallen, ist natürlich eine Frage des Geschmacks, Sandbergs eigenes Profil schärfen sie jedoch allemal. Der neue VM ist ein richtig guter Player im klassischen Design mit einem echten Modern-Vintage-Sound, der vielleicht sogar dem innovationsfreudigen Leo Fender gefallen hätte. Wer einen flexiblen und top verarbeiteten Allrounder zu einem fairen Preis sucht, sollte sich den VM unbedingt genauer anschauen.

 

Plus

  • Verarbeitung
  • Spielbarkeit
  • Flexibilität
  • Ausstattung

 

Soundfiles

 

Sandberg California VM_profil

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