Extended Range Guitars

Review: Ormsby Guitars TX7 GTR

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(Bild: Simon Hawemann)

Der Name Ormsby ist in dieser Kolumne schon öfter gefallen. Der australische Custom Shop genießt einen exzellenten Ruf und zählt zu den Vorreitern in Sachen Multiscale Gitarren. Nachdem die Nachfrage nach den Instrumenten aus Down Under in den letzten Jahren rapide gestiegen ist, hat man sich dort entschlossen, erschwingliche und in Serie produzierte Versionen der Custom Modelle in Korea fertigen zu lassen.

Das Konzept ging auf und erfreut sich großer Popularität unter Extended Range Gitarristen weltweit. In mehreren Production Runs wurde mittlerweile eine große Anzahl Instrumente in die ganze Welt verkauft, während der Custom Shop weiterhin eher für gut betuchte Gitarristen feinste Handarbeit liefert. Mir liegt heute ein Modell aus dem zweiten Produktionslauf vor – die TX7 GTR in Azure Blue.

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Die Macht der Gegensätze

Muss man die klassische Telecaster-Form mit aller Gewalt in die Moderne transformieren? Wenn es nach mir geht, steht die Antwort fest: Ja, bitte! Wenn das Ergebnis stimmt, können moderne Interpretationen von klassischen Gitarrenformen sehr erfrischend sein. Es wird sicher einige Traditionalisten geben, die der Meinung sind, dass man die Klassiker nicht verbessern kann, aber darum geht es ja auch gar nicht immer. Ich sehe moderne Interpretationen von solchen Klassikern in der Regel aber auch eher als kontemporäre Hommage, statt als Versuch, etwas zu verbessern. Und als Besitzer/Co-Designer einer siebensaitigen „Metal-Tele“ aus dem Hause Hapas Guitars, finde ich auch an vielen anderen modernen Annäherungen an die Telecaster-Form immer wieder Gefallen. So geht es mir auch bei der Ormsby TX, die eine der extremeren Re-Interpretationen des Tele-Korpus sein dürfte.

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(Bild: Simon Hawemann)

Das mir vorliegende Exemplar ist im sogenannten Azure Blue gehalten – einer Farbe die mich an das schöne Laguna Seca Blue von BMW erinnert. Als Finish für diese Gitarre überzeugt mich die Farbe allerdings nicht vollends. Das Modell ist aber auch in diversen anderen Finishes erhältlich – vom klassischen Seafoam Green mit Maple Fretboard und weißem Pearl-Pickguard bis hin zum Chamäleon-Lack mit Carbon-Pickguard und Ebenholzgriffbrett. Ein Pickguard aus Carbon findet sich auch auf der TX7 GTR in Azure Blue und ist definitiv ein cooler und überaus moderner Hingucker.

Die Korpusform der TX hat darüber hinaus einen sehr eindringlichen Vorwärtsdrang, der dem Instrument einen gewissen Flitzefinger-Look verpasst. Die gefächerten Bünde unterstützen diese Dynamik optisch obendrein. Diese Gitarre ist für eine Tele-Verwandte einfach äußerst aggressiv geformt, anders kann man es nicht sagen.

Bedienelemente und Hardware machen einen sehr soliden Eindruck. Auf einer leicht gebogenen, schwarzen Metallplatte finden sich Volume-Poti, ein robuster Pickup-Selector und ein Ton-Poti. Die Hipshot Bridge ist dem Winkel der gefächerten Bünde angepasst und sieht massiv aus, fasst sich gleichzeitig aber sehr komfortabel an. Ein Bridge-Humbucker und ein Singlecoil am Hals vervollständigen im Carbon Schlagbrett das Layout der TX7. Von dort wandert der Blick über ein tiefschwarzes Ebenholzgriffbrett mit gefächerten Edelstahl-Bünden. Auf der Bass-Seite hat man Zugriff auf 24 Bünde, auf der Treble-Seite sind es sage und schreibe 29, die obersten 5. sind allerdings nur Teilbünde.

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(Bild: Simon Hawemann)

In das Fretboard sind Offset Dots aus Perlmutt eingelassen – ein weiterer, moderner Touch. Über einen Knochensattel verlaufen die sieben Saiten zu guter Letzt in einen sehr schnittigen 4+3 Headstock mit Made-in-USA-Hipshot-Locking-Tunern und schwarzem Kunststoff-Binding, welches sich übrigens auch um den Korpus schmiegt. Dreht man die Gitarre um, blickt man auf einen dreiteiligen Ahornhals mit subtiler Flammung. Den Übergang in den Korpus bildet ein Neck-Joint mit äußerst schlankem Profil. Alles in allem sieht die Rückseite der TX sehr clean aus, da dank Pickguard natürlich auch auf ein rückseitiges E-Fach verzichtet werden kann.

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(Bild: Simon Hawemann)

Gebaut wird die Ormsby GTR Serie in der World Music Instruments Factory in Korea. Dort lassen auch Hersteller wie ESP/LTD, Schecter, PRS und B.C. Rich ihre Importmodelle bauen. Diese Manufaktur hat einen sehr guten Ruf und der spiegelt sich auch in der Qualität der Ormsby TX7 GTR wieder. Das Instrument ist wirklich astrein verarbeitet und man muss (rein ästhetische) Mängel schon mit der Lupe suchen. Durch die doppelte Qualitätskontrolle scheint wahrlich keine Montagsgitarre zu schlüpfen. Doppelt heißt, dass die Instrumente nach dem Check in Korea allesamt in Australien von Ormsby nochmals komplett durchgecheckt werden. Die Jungs nehmen ihre Qualitätsversprechen offensichtlich sehr ernst und genau! Löblich.

Sportlich, sportlich!

Auf dem Schoß zeigt sich die Ormsby TX7 GTR äußerst gut ausbalanciert. Am Gurt ist sie einen Hauch kopflastiger, aber absolut im Rahmen. Doch der erste Griff an den Hals offenbart ein eher ungewöhnliches Profil. Laut Ormsby handelt es sich bei diesem um ein „D mit runden Schultern, also ein flaches U“ – aha?! Ein flaches U-Profil benutzt man im Hause ESP ja sehr gern, aber daran erinnert mich das Halsprofil der TX7 beim besten Willen nicht. Ich denke, man kann das Profil getrost als D mit sehr markanten Schultern beschreiben.

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(Bild: Simon Hawemann)

Wenn man die Gitarre am Hals greift, fühlt sich dieser jedenfalls eigenartig – ja, geradezu kantig an. Interessanterweise fällt dies aber nicht mehr so ins Gewicht, sobald Gitarre und Hand in Spielposition sind. Da macht sich der flache Rücken schlagartig ganz gut, auch wenn die betonten Schultern den Hals nicht zwangsläufig so flach erscheinen lassen, wie er nach Datenblatt tatsächlich ist. Wer also sonst mit Shred-Hälsen wie dem der Ibanez Wizard nicht so klar kommt, könnte hier möglicherweise positiv überrascht werden. Das typische Ibanez-D fühlt sich jedenfalls doch spürbar anders an.

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(Bild: Simon Hawemann)

Über gefächerte Bünde und ihre Funktion sowie Bespielbarkeit habe ich in dieser Kolumne ja bereits einige Worte verloren. Doch die Ormsby TX7 GTR ist in dieser, wie auch in vielerlei anderer Hinsicht, etwas extremer als die meisten Multiscale Gitarren, die ich bisher in den Händen gehalten habe. Während der Mensur-Standard bei 7-Strings oft bei 25.5″ – 27″ liegt, geht man bei der TX7 mit 25.5″ bis 27.8″ noch einen Schritt weiter. Ein knappes Zoll Unterschied mag nicht nach viel klingen, aber ein Blick auf das Fretboard reicht eigentlich, um zu sehen, wie signifikant die Differenz ist. Das bringt dann natürlich auch eine erhöhte Eignung für tiefe Tunings mit sich, besonders für Leute, die gerne im 8-String-Tuning spielen, mit acht Saiten aber etwas überfordert sind.

Die Eingewöhnungsphase fällt für den einen oder anderen Gitarristen jedoch vielleicht etwas langwieriger aus – besonders beim Umstieg von einer Gitarre mit Standardmensur. Ich denke, hier kommt es ganz auf den jeweiligen Gitarristen und seinen Stil an! Ich habe in den letzten 1,5 Jahren auf einer Kiesel AM7 Multiscale ausreichend Erfahrung sammeln können und muss sagen, dass mir diese Konstruktion bei meinem überwiegend dissonanten Akkordspiel nicht immer entgegenkommt. Das gilt besonders für die tieferen Bünde. Für viele Gitarristen scheinen Fanned Frets hingegen oftmals sogar komfortabler zu sein. Ich kann euch nicht sagen, ob es für euch funktioniert – das müsst ihr im Selbstversuch herausfinden! Die Ormsby spielt sich jedenfalls trotz extremerer Fächerung noch komfortabel.

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(Bild: Simon Hawemann)

Das mir vorliegende Exemplar kam mit angenehm flacher Saitenlage aus dem Koffer – und dank der Edelstahlbünde flutscht es beim Spielen. Das Instrument tut viel dafür, einem die Multiscale Konstruktion so einfach wie möglich zu machen – da hat man bei Ormsby gute Designarbeit geleistet!

Es wird crunchy!

Aber nun wollen wir die TX7 GTR mal an meine Test-Rigs hängen und schauen, ob die Gitarre so aggressiv tönt, wie ihre Formsprache verspricht. Zuvor sei gesagt, dass die Gitarre unverstärkt etwas matt klingt. Dieser Eindruck bestätigt sich auch sogleich bei cleanen Sounds aus dem Amp. Richtig voluminös und brillant wollen die Akkorde nicht aus den Speakern rollen, dafür sind sie aber – dank der Mensur – selbst auf der tiefen Saite jederzeit straff. Auf den Singlecoil am Hals hatte ich große Hoffnungen gesetzt, aber auch dieser plänkelt eher etwas dünn vor sich hin. Ob das die Zielgruppe so sehr stört, wage ich allerdings zu bezweifeln. Im modernen Prog Metal und Djent sind Cleansounds selten betont organisch gehalten. Und sobald man anfängt, Effekte vor den Amp zu schalten, lassen sich die kleinen Schwächen des etwas unspektakulären Clean-Tons auch ganz gut ausbügeln.

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(Bild: Simon Hawemann)

Was hingegen richtig gut klingt, sind crunchige Rocksounds. Mit aggressiv kläffenden Mitten zeigt der Steg-Humbucker in Verbindung mit dem straffen Saitenzug seine wahre Stärke! Im blauen Channel meines 5150 III macht der PVH A5 (PVH steht für Perry‘s Vintage Humbucker) jedenfalls eine wirklich gute Figur.

Im Hi-Gain-Betrieb sieht die Sache aber schon wieder etwas anders aus. So richtig überzeugt mich der PVH A5 in der Steg-Position nicht. Ich persönlich finde, dass ein Pickup in einer so aggressiv-modernen Gitarre durchaus etwas mehr Output und einen moderneren Ansatz vertragen könnte. In den Höhen präsentiert sich der Pickup leider nach wie vor etwas zu matt für brutale Hi-Gain-Metalsounds. Für 150 australische Dollar kann man sich von Ormsby aber auch handgemachte Upgrades schicken lassen, wie z. B. das High-Output-Humbucker-Modell Master Blaster. Falls man mit dem Stock-Humbucker gar nicht glücklich werden sollte, gibt es also eine Alternative direkt von der Quelle.

Fazit

Für 1699 australische Dollar (umgerechnet knapp € 1200) kriegt man mit der Ormsby TX7 GTR unglaublich viel Gitarre und Unmengen an Features, die sonst Custom-Shop-Gitarren vorbehalten sind. 25.5″-27.8″ Multiscale, Stainless-Steel-Frets, Hipshot USA Custom Bridge und Locking-Tuner? Alles an Bord! Das ist beachtlich, muss ich sagen. Für weniger Geld kommt man momentan wohl nicht in den Genuss von solch einzigartigen Spezifikationen. Ormsby haben hier klar die Zeichen der Zeit erkannt und sind im richtigen Moment mit ihren Serienmodellen auf den Plan getreten.

Ja, auch Ibanez oder Jackson bieten u. a. mittlerweile Multiscale-Serienmodelle an, aber was Ormsby Guitars hier abliefern, ist in Sachen Specs definitiv in einer eigenen Liga. Und darüber hinaus haben die Australier die ERG- und Custom Shop-Kredibilität als Joker in der Hinterhand. Die Qualität der GTR Serie weiß währenddessen auch absolut zu überzeugen. Klar, man merkt schon, dass man hier ein Import Modell in den Händen hält. Wer schonmal eine von Hand gefertigte Ormsby gespielt hat, wird auch bestätigen können, dass sich die GTR Modelle nicht wirklich so anfühlen, wie die Instrumente aus dem Custom Shop in Australien – diese kosten allerdings auch locker mal schlappe 5000 australische Dollar und mehr.

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Zwei Metal-Teles: Die Ormsby TX7 GTR und die Hapas Sludge 727 (Bild: Simon Hawemann)

Wer eine sehr gute Extended Range Gitarre mit außergewöhnlichen Specs sucht, kann mit der TX7 GTR jedenfalls nicht viel falsch machen! Lediglich einen Pickup-Wechsel würde ich persönlich wohl empfehlen – zumindest für Gitarristen, die im (modernen) Metal zu Hause sind und denen bei einem Stock-Pickup mit Vintage-Output die Puste dann wahrscheinlich doch irgendwann ausgeht. Das in einer so üppig ausgestatteten Import-Gitarre irgendwo ein paar Kosten gespart werden mussten und man da beim Pickup Abstriche gemacht hat, ist zu verkraften. Besser, als die Gitarre mit rundum billiger Hardware auszustatten, um einen teureren Marken-Pickup zu verbauen.

Zu guter Letzt liegt es an euch, ob ihr mit der doch etwas extremeren Fächerung der Ormsby GTR Modelle klar kommt. Wer schon Multiscale-Erfahrung gesammelt hat, sollte damit keine Schwierigkeiten haben und nur einer kurzen Eingewöhnungsphase entgegenblicken. Den Sprung von einer Gitarre mit klassischer 25.5″ Mensur stelle ich mir als eine etwas größere, aber ebenso lösbare Aufgabe vor. Mittlerweile werden die GTR-Modelle von Ormsby auch in Deutschland vertrieben – es sollte also kein Ding der Unmöglichkeit sein, mal ein Modell anzutesten. Und das ist etwas, das ihr unbedingt einmal tun solltet.

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Ingurgitating-OblivionPlattentip des Monats:

Ingurgitating Oblivion – Vision Wallows in Symphonies of Light

Zu meiner Scham muss ich gestehen, dass mir als Berliner (wenn auch im Exil) nicht bewusst war, dass Ingurgitating Oblivion Berlin ihr Zuhause nennen. In Sachen technischer und experimenteller Death Metal hatte die Hauptstadt für mich neben wenigen Perlen wie Defeated Sanity (mit denen sich Ingurgitating Oblivion nun Drummer Lille Gruber teilen) oder Golem nicht wahnsinnig viel zu bieten. Doch ‚Vision Wallows in Symphonies of Light‘ sollte das ändern!

Nach dem noch recht kompromisslosen Opener geht es mit ‚A Mote Constitutes What To Me Is Not All, And Eternally All, Is Nothing‘ (schöner Zungenbrecher) schon in einen 23-minütigen Mammut von einem Song. Die lange Spielzeit gibt dem Song viel Platz für Dynamik und musikalische Vielfalt. Eingeleitet wird der Song von einem düsteren und psychedelisch anmutenden Jam, der später mit brutalen Death Metal Grooves und dissonanten Gitarren über rasanten Blast Beats das gesamte Spektrum des Albums auf den Hörer loslässt.

Das Konzept wird über die gesamte Platte hinweg aufrechterhalten. Die brutale Natur von Ingurgitating Oblivions experimentellem Death Metal wird durch psychedelische Jam-Elemente immer wieder aufgebrochen. Besonders hervorzuheben ist in diesen Momenten Lille Grubers jazziges Drumming, das auch in ausufernden Parts mit verspielten Details für Begeisterung sorgt und die Spannung hochhält. Mit ‚Vision Wallows in Symphonies of Light‘ haben Ingurgitating Oblivion ein sehr ambitioniertes Album auf die Death-Metal-Szene losgelassen.

Für Fans von Bands wie Gorguts, Ulcerate oder auch Morbid Angel sollte dieses Werk ein wahres Vergnügen sein. Geduld und eine Affinität zum Experimentellen muss man allerdings mitbringen, da fast alle Songs die 10-Minuten-Marke – teils locker – sprengen. Belohnt wird man dafür mit einem technisch beeindruckenden und ungemein vielfältigen Extrem-Metal-Album. Und die deutsche Szene braucht definitiv mehr davon!


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(aus Gitarre & Bass 09/2017)

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