PRS NF3 im Test

Anzeige
E-Gitarre von PRS, schwarz, liegend
(Bild: Dieter Stork)

 

Es ist wie im US-Basketball – East Conference gegen West Conference, Ostküste gegen Westküste. Der Kampf der Giganten, das Aufeinanderprallen von Philosophien, oft unversöhnliche Gegensätze – die sich dennoch manchmal auf wundersame Weise anziehen. So auch im Geschäft mit E-Gitarren …

Anzeige

 

 

Der Freigeist der kalifornischen Macher brachte solche bahnbrechenden, radikalen Erfindungen wie z. B. die Fender-Gitarren und die Mesa/Boogie-Amps, während die Macher an der Ostküste, wie z. B. Gibson, meist eher traditionsbewusst operieren, um ihre Entwicklung voranzutreiben. Auch Paul Reed Smith stammt von der Ostküste, und auch er ist eher ein „keeper“, d. h. er hat Respekt vor der Tradition seines Genres und baut seine Weiterentwicklungen eher auf bekannten Kon- und Rezepten auf. Dank seiner intelligenten Innovationen innerhalb dieser traditionellen Konzepte hat er einen mehr als beachtlichen Marktanteil erringen können und zählt heute neben Gibson und Fender zu den wichtigsten Herstellern weltweit.

In der Vergangenheit hat es immer wieder Versuche gegeben, diese Gesetzmäßigkeiten des amerikanischen Ost-West-Verhältnisses auszuhebeln – doch nicht ein mir bekannter ist wirklich gelungen. Fenders Versuche mit Humbucker-Gitarren gingen ebenso ins Leere wie Gibsons Bemühungen, Fender-ähnliche Instrumente zu lancieren. Und auch die Firmengeschichte von PRS zeigt Beispiele wie z. B. die EG-Serie, mit der ebenfalls versucht wurde, kalifornischen Flair nach Maryland zu holen – ohne Erfolg. Nun zeigt die Palette des in den letzen beiden Jahren ungewöhnlich kreativen und aktiven PRS zwei neue Modelle, die ganz offensichtlich in den Gewässern von Fender fischen wollen. Eine davon, die NF3, werden wir uns im Folgenden näher ansehen.

 

prs_nf3_1
(Bild: Dieter Stork)

 

Konstruktion der PRS NF3

Es wird schwer sein, das böse S-Wort in diesem Test zu vermeiden, denn zu nah bewegt sich die NF3 an dem Klassiker von Leo Fender, der seit 1954 bis heute die Gitarrenwelt beherrscht. Der Korpus mit den beiden Cutaways, die unsymmetrische Taille und sein großes Pickguard, der angeschraubte Hals und die Bestückung mit drei Pickups, die per 5-Weg-Schalter verwaltet werden, das ist S-Klasse in Reinkultur! Wobei es mich ein wenig wundert, dass er dieser Gitarre, die in ihrer Bauweise so stringent in Richtung Fender konzipiert ist, eine Humbucker-Bestückung verordnet hat. Nun gut, zum einen gibt es das neue Schwestermodell DC-3, das drei Singlecoil-Pickups besitzt, zum anderen wird er sich dabei – wie immer – etwas gedacht haben. Mal sehen, ob wir es im Verlauf des Tests herauskristallisieren können.

Als Korpusholz fungiert – eine weitere Überraschung – nicht etwa Esche oder Erle, sondern Korina/Limba, typischerweise eher ein Holz für eine geleimte Hals/Korpus-Verbindung, während der Hals der NF3 aus Ahorn mit liegenden Jahresringen besteht. Das Ahorngriffbrett ist aufgeleimt, wir haben hier also keine One-Piece-Maple-, sondern eine sogenannte Maple-Cap-Konstruktion vorliegen. Oben stehen PRS Locking Tuner im Wind, Top-Locking-Aggregate, deren Schrauben sich mit einer Münze fixieren lassen. Ziemlich große Flügel haben diese Mechaniken, da würden kleinere Formate hübscher aussehen und weniger wiegen … Den unteren Abschluss bildet das bewährte PRS Trem-System mit Stahlreitern und Messing-Block, das mit sechs Schrauben wie ein Vintage-Vibrato-System auf den Korpus montiert ist. Bekanntlich ist dieses System und seine Wirkungsweise mit das beste auf dem Markt.

Neu in diesem Jahr ist das V12-Finish, ein laut Angaben des Herstellers sehr dünner und sehr harter Lack, der das Holz gleichermaßen schützt und gut klingen lässt und damit die positiven Eigenschaften von Acryl- und Nitolacken miteinander verbindet.

Genauso neu sind die Pickups der NF3 – sogenannte Nearfield Humbucker, prinzipiell Doppelspuler, die deutlich schmaler gebaut sind als übliche Humbucker und abgesehen von der Größe die Materialien und Bautechnik der hochgelobten 57/08-Humbucker besitzen.

Paul Reed Smith war es ein persönliches Anliegen, nicht nur im Gitarren-Design, sondern auch bei Elektrik und Hardware eingefahrene Wege zu verlassen. Der Nickel-/Gold-Hardware-Mix war ein erster zarter Versuch in diese Richtung, die Vorstellung der Nearfield-Pickups kommt da schon deutlich gewichtiger rüber. Denn das Design und die optische Wirkung einer Gitarre werden neben den Silhouetten von Kopfplatte und Body auch vom Aussehen der Pickups bestimmt! Wer das nicht glaubt, der soll sich einmal die wenigen Gitarren anschauen, die ungewöhnliche Pickup-Formen zu bieten haben – so etwas fällt sofort ins Auge.

Doch natürlich sollen Pickups nicht nur gut aussehen, sondern vor allem gut klingen. Paul Reed Smith formulierte das Entwicklungsziel der Nearfield Humbucker so: „Wir wollten für diese neuen Gitarren unseren 57/08-Humbucker so klingen lassen wie Singlecoils, aber ohne Brummen. Was wir bekamen, waren Pickups, die von allem etwas haben – vom Humbucker über P-90, Singlecoil bis Mini-Humbucker ist hier alles vertreten, und wir sind richtig begeistert von diesen neuen Pickups.“

 

prs_nf3_2
(Bild: Dieter Stork)

 

Praxis

Tja, was soll man sagen … ? Die NF3 fühlt sich genauso an wie das kalifornische Vorbild. Die Konturen am Body schaffen engen Körperkontakt, der fantastisch geformte Hals mit seinen verrundeten Griffbrettkanten lässt sich wie altvertraut spielen. Dieser hat ja auch ein neues Profil bekommen, das PRS „Pattern Regular“ nennt und im Prinzip dem alten, ausgedienten Regular-Profil entsprechen soll. Ich habe sowieso nie verstanden, warum PRS dieses Profil vor Jahren aus dem Angebot gestrichen hat, denn es liegt einfach, wie man hier selbst wieder erfahren kann, perfekt in der Hand. Im Zusammenhang mit den höheren Medium-Jumbo-Bünden wird eine aufgeräumte, intensive Spielbarkeit erzeugt, die durch das holzige Griffgefühl des Halses und Griffbretts noch gesteigert wird. Die Lackierung – Paul Reed Smith sagt, dass der Lack im, und nicht auf dem Holz sei – ist nicht fühlbar, der Hals wirkt wie rohes, natürlich ganz fein geschliffenes Holz. Nicht jedermanns Sache, zumal Schweiß und Schmutz bereits nach kurzer Spieldauer deutlich sichtbare Spuren auf dem Griffbrett hinterlassen. Hier ist also öfter als bei Palisander-, Ebenholz- und lackierten Ahorngriffbrettern liebevolle Pflege erforderlich.

Interessant ist, dass man sich wegen dieser guten Spielbarkeit in dem Glauben wiegt, dass hier sicherlich die übliche PRS-Mensur angewendet wird. Was einen aber in die Irre führt. Denn so ganz nebenbei führt die NF3 eine neue Mensurlänge ein, die mit ihren 641,5 mm genau zwischen der PRS-typischen (635 mm) und der von Fender (648 mm) liegt, und sich bei dieser Gitarre einfach wie Butter spielen lässt.

Dazu ist die Gitarre schön leicht und spricht schnell an, wie es sich für solch einen Bautyp gehört. Am Verstärker erklingt ein lauter, cleaner Sound, und tatsächlich schwingt sowohl ein eigener Charakter wie auch Altbekanntes mit, wenn man sich durch die fünf Positionen des Schalters in die Soundwelten der NF3 vortastet. Und hier wird dann schnell klar, dass es PRS gar nicht darum geht, den Fender-Klassiker klanglich zu kopieren, zumindest nicht mit der NF3. Denn die Nearfield-Humbucker gehen eigene Wege, die Elemente der typischen, bekannten Pickup-Typen beinhalten. Da ist der fette Attack eines P-90, da ist die Geschmeidigkeit und Reaktionsfreude eines Singlecoils und da ist die Brummfreiheit eines Humbuckers gleichermaßen in einem Aggregat vereint worden. Der Hals-Humbucker geht eindeutig in die bluesige Abteilung, mit einem warmen Grundton und schmatzendem Attack, der Mittel-Pickup ist erstaunlich vollwertig mit einem ganz eigenen Sound, der mehr Festigkeit als der Hals-Pickup und mehr Bass als der Steg-Pickup bietet. Letzterer wiederum ist ein ausgewogener und nicht etwa übertrieben mittig klingender Tonabnehmer, der satt und voll rüberkommt und dem man vielleicht am meisten die enge Verwandtschaft zum großen 57/08-Humbucker anhört. Die Zwischenpositionen liefern leicht kehlige, vollmundige Sounds und damit eine Charakteristik, wie man sie eigentlich nur von Singlecoils her kennt. Interessant! Alle drei Pickups sind perfekt aufeinander abgestimmt, alle Positionen sind gleich laut und fließend zu benutzen, ohne nachregeln zu müssen.

Dass die Hardware perfekt funktioniert, weiß inzwischen wohl jeder G&B-Leser, denn dieses Statement taucht wohl in jedem Artikel über PRS-Gitarren auf. Für meinen Geschmack könnte das Trem der NF3 allerdings intensiver arbeiten, aber das ist ja nur eine Frage der Einstellung.

 

prs_nf3_3
(Bild: Dieter Stork)

 

Alternativen

Mit der 25th Anniversary Swamp Ash Special (€ 3045) bringt PRS eine weitere Gitarre mit drei Nearfield-Pickups, auf jeden Fall sollte man die NF3 aber auch mit ihrer Schwester, der DC3, vergleichen (€ 2450), denn die bringt neben echten Singlecoil- Pickups auch einen Erle-Body mit. Die DC3 könnte man sich natürlich auch noch neben den kalifornischen Klassikern anhören. Die NF3 ist mir von denen zu weit entfernt, weniger von der Optik und der Konstruktion, als von der Elektrik und den Klangergebnissen, und zu sehr auf ihrem eigenen Weg unterwegs. Gitarren mit geschraubtem Hals und drei Pickups gibt es wie Sand am Meer, aber welche mit drei Humbuckern nur ganz selten. Mir ist da noch die neue Höfner Galaxie eingefallen (€ 299), aber das ist ja eine ganz andere Welt …

 

Resümee

Mehr als es den Anschein hat, ist die neue PRS NF3 eine eigenständige Gitarre mit einem eigenständigen Sound. Erscheint die Konstruktion und das Design noch so, als ob man in einem fremden Garten wildern wollte, ergibt vor allem der Klang der neuen Nearfield-Humbucker ein anderes Bild von dieser Gitarre. Hier wird ein neuer Sound geschaffen – mit Attributen, die man von anderen Pickups her kennt, aber noch nie in einem vereint hören konnte. Clean, Crunch, verzerrt – alles geht in hoher Qualität, und immer klingt diese Gitarre irgendwie richtig und nie fehl am Platz. Und: Sie brummt nicht!

 

Übersicht

Fabrikat: PRS

Modell: NF3

Typ: Solidbody-E-Gitarre

Herkunftsland: USA

Mechaniken: PRS low mass II, locking

Hals: Ahorn

Sattel: Graphit

Griffbrett: Ahorn, Ring-Einlagen

Radius: 12″

Halsform: C-Profil, Pattern Regular

Halsbreite: Sattel 42,00 mm; XII. 52,00 mm

Halsdicke: I. 21,00 mm; XII. 23,00 mm

Bünde: 22, Medium-Jumbo-Format

Mensur: 641,5 mm

Korpus: Korina

Oberflächen: Black, Hochglanz-Klarlack, V12-Finish (Farboptionen: Antique White, Charcoal, Frost Blue Metallic, McCarty Tobacco Sunburst, Natural, Powder Blue, Seafoam Green, Smoked Amber, Tri-Color Sunburst, Vintage Burst, Vintage Cherry, White Wash); Hals: Seidenmatt

Schlagbrett: dreischichtig, schwarzweiß-schwarz

Tonabnehmer: PRS Nearfield Bass, Middle & Bridge (8,35 kOhm)

Bedienfeld: 1x Volume, 1x Tone, 1x Fünfweg-Schalter

Steg: PRS Trem

Hardware: vernickelt

Saitenabstand Steg: E-1st – E-6th 54,00 mm

Gewicht: 3,15 kg

Lefthand-Option: nein

Vertrieb: Roland Meinl

91468 Gutenstetten

www.prsguitars.de

Zubehör: guter Rechteckkoffer

Preis: ca. 2450

 

Plus

  • Sounds
  • Ausstattung
  • Verarbeitung
  • Spielgefühl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.