Bitte drauftreten!

Pedalboard Amps von Foxgear, Baroni, BluGuitar und Blackstar im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Es ist 03:00 Uhr morgens, es ist kalt, windig und ich bin schon viel zu lange wach. Die Hecktür des Bandtransporters öffnet sich und seufzend stehen meine Kollegen und ich vor einer erschlagend großen Wand aus Equipment, das nur darauf wartet, in den zweiten Stock zu unserem Proberaum getragen zu werden.

Spätestens beim Anheben meines großen 120-Watt-Verstärkers, der im Flightcase satte 30kg auf die Waage bringt, muss ich mir eingestehen, dass diese Art der Gitarrenverstärkung – bei aller Freude, die mir so ein Teil macht – gewisse Nachteile mit sich bringt. Keine Frage: Bei der Wahl meines Equipments bin ich erzkonservativ. Kaum etwas macht mir so viel Spaß wie eine simple Fender Stratocaster, ein dicker 100-W-Marshall und eine, besser noch zwei 4x12er-Boxen. Mehr ist schließlich immer mehr! Leider auch auf der Waage und auch am Oberarm hängend um 03:00 Uhr morgens. Was also tun? Vielleicht doch mal einen Blick auf diese Pedalboard-Verstärker werfen, die ja zurzeit in alle Munde sind? Können diese kleinen Kisten denn wirklich etwas Brauchbares sein?

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ALLE AUSBAUSTUFEN

Für meine kleine Versuchsreihe wurden mir gleich neun verschiedene Pedalboard-Verstärker zugeschickt. Die Kriterien bei unserer Auswahl sind ziemlich einfach: mindestens 100-Watt, keine On-Board-Effekte außer Reverb und preislich unterhalb von 1000 Euro angesiedelt. Für meine Testreihe stehen mir eine 2x12er- sowie eine 4x12erMesa-Rectifier-Box (beide 8 Ohm) mit Celestion-V30-Speakern zur Verfügung. Ausprobiert habe ich die Verstärker mit einer 60er-Jahre-Fender-Telecaster und einer auf Drop-C gestimmten Telecaster, ebenfalls von Fender, mit einem Humbucker in der Steg-Position.

Mein Pedalboard besteht im Wesentlichen aus verschiedenen Booster- und Distortion-Pedalen, einem Walrus-Audio-Chorus sowie einem Line6-M5-Multieffektgerät. Alles in allem also ein Setup, mit dem sich sowohl klassische Rockklänge, moderne Lead- aber auch stark verzerrte, sehr extreme Metal-Sounds erzeugen lassen. Schauen wir also mal, wie die neun Verstärker all diese Anforderungen bewältigen. Obwohl alle Geräte die Möglichkeit haben, dank eines frequenzkorrigierten Line-Ausgangs, in ein Recording- oder FoH-Setup integriert zu werden, konzentriere ich meinen Test auf die Anwendung im Proberaum- und Live-Betrieb.

Mercury Edition (Bild: Dieter Stork)

KIND OF BLUE

Den Anfang dürfen zwei alte Bekannte machen: BluGuitars AMP1 in der Mercury– bzw. Iridium-Edition, sorgen ja nun schon seit ein paar Jahren für reichlich Gesprächsstoff. Die auf einer kleinen Nano-Röhre (laut Hersteller eine russische Weiterentwicklung konventioneller Röhrentechnik für deutlich verbesserte Widerstandsfähigkeit) basierende Verstärker-Technologie, ist in einem ergonomisch und robust wirkenden Kunststoffgehäuse untergebracht, was zwar nicht besonders kompakt, dafür aber ausgesprochen formschön ist und erstaunlich leicht daher kommt. Das sehr übersichtliche Layout ist absolut intuitiv handhabbar und tatsächlich hat man hier sofort das Gefühl, einen normalen Gitarrenverstärker zu bedienen – nur eben auf dem Fußboden.

Während die Mercury-Edition des AMP1 ein wahrer Allrounder ist, konzentriert sich die Iridium-Edition auf Overdrive- und High-Gain-Sounds. Das schwarze Gehäuse lässt das Gerät ein wenig martialischer wirken, was zu der klanglichen Ausrichtung sehr gut passt. Lediglich die Beschriftung der Anschlüsse ist beim silbernen Gehäuse des Mercury deutlich besser lesbar. Beide AMP1 bieten vier Grundsounds, einen separat schaltbaren Boost, Reverb, ein Noise Gate, einen FX-Loop sowie einen frequenzkorrigierten Recording Out. Kurzum: hier gibt es bei beiden Verstärkern die ziemliche Rundum-Bedienung mit allem, was wir von modernen Topteilen in einer vergleichbaren Preisklasse erwarten dürfen.

An beiden Boxen macht der AMP1 einen hervorragenden Job, und die 100 Watt reichen problemlos aus, um auch die große 412er-Box ins Schwitzen zu bringen. Selbst das tiefe C meiner Humbucker-Telecaster in Verbindung mit einem basslastigen Boss-HM2-Nachbau weiß vor allem die schwarze Iridium-Version des Verstärkers meisterlich zu händeln. Spannend finde ich, dass sich beide AMP1 wirklich grundlegend unterscheiden: wo ich bei der neueren Iridium-Edition zunächst lediglich eine High-Gain-Variante des Mercury erwartet habe, zeigt sich im Test, dass der Verstärker in allen drei Zerrkanälen grundsätzlich anders abgestimmt ist.

Iridium Edition (Bild: Dieter Stork)

Wo die Verzerrung der Mercury-Edition etwas offener und dynamischer klingt, verhält sich der schwarze Bruder vor allem bei hohen Lautstärken im Bass etwas straffer und in der Ansprache merklich schneller, was vor allem bei der tieferen Stimmung gut hörbar ist. Außerdem greifen die kleinen Custom-Voicing-Potis, die bei beiden Versionen versenkt an der linken Seite zu finden sind, bei der Metal-Variante stärker in das klangliche Geschehen ein, was abermals für mehr Flexibilität sorgt. Von fetten, in den Mitten leicht gescoopten Modern-Metal-Sounds bin hin zu einem knochentrockenen Mittenbrett, bieten die beiden Kanäle „Classic“ und „Modern“ eine unglaubliche Bandbreite an Zerrsounds aller Art.

Wer noch mehr Möglichkeiten will, kann mit dem winzigen 1Control-Zusatzpedal verschiedene Funktionen des AMP1 (wie beispielsweise Kanalwechsel, Reverb aber auch ein zweites Master-Volume oder sogar einen Power Soak, regelbar von 100 Watt bis 0,5 Watt) schalten. Der frequenzkorrigierte Recording-Out lässt eine ganze Reihe von Szenarien zu: vom Betrieb eines In-Ear-Systems, bis hin zum Anschluss an ein FoH-Pult oder ein Audio-Interface ist hier alles möglich. Der Sound kann, vor allem im Clean- und Crunch-Betrieb durchaus überzeugen; für ambitionierte Recording-Zwecke empfiehlt sich allerdings der Kauf der „BluBox“, die verschiedene Lautsprecher- und Mikrofon-Simulationen (IRs) bietet.

Noch eine Bemerkung zur Lautstärke: Ja, auch 100 Watt im Bodenformat können einen bei Bedarf völlig auf links krempeln. In Kombination mit der 2x12er-Box hatte ich ab einem gewissen Pegel wirklich Angst, einen rauchenden Trümmerberg zu hinterlassen. Bei näherer Betrachtung und einigem Testen wird mir klar, dass die Bezeichnung „Pedalboard-Verstärker“ im Falle der AMP1-Verstärker eigentlich gar nicht angebracht ist. Der AMP1 IST im Grunde ein eigenes Pedalboard und bringt so viele Sound-Möglichkeiten und Features mit sich, dass man hier mühelos ohne ein einziges zusätzliches Pedal ein Konzert oder einen Studiojob bestreiten könnte.

Wer also einen richtig guten Allrounder mit absolut vollwertigen Sound- und Schaltoptionen und einer „rundum sorglos Lösung“ sucht, dürfte hier voll auf seine Kosten kommen. Mit 869 Euro für die Mercury bzw. 899 Euro für die Iridium-Edition, sind die beiden Blugis übrigens das obere Ende der preislichen Fahnenstange in unserer Testreihe.

Mehr Informationen: www.bluguitar.com

PLUS

  • innovatives Konzept
  • klangliche Vielseitigkeit
  • Bedienbarkeit
  • Features
  • hohe Lautstärke-Reserven

MINUS

  • seitliche Potis etwas schwer einstellbar
  • Beschriftung der Buchsen schwer lesbar (nur Iridium-Edition)

Weiter mit der Foxgear 100w-Serie auf Seite 2

EINFACH MAL EINFACH

Wenn die beiden AMP1-Verstärker die oft beschworenen eierlegenden Wollmilchsäue sind, haben wir es mit der neuen 100w-Serie von Foxgear Distribution ganz klar mit einem Stall voller OneTrick-Ponys zutun. Die Reihe umfasst vier nahezu identisch aufgebaute Verstärker, welche sich an historischen Vorbildern der Hersteller Marshall, Hiwatt, Fender und Vox orientieren. Anders als die beiden AMP1-Verstärkern steht einem bei den Foxgear Amps lediglich ein Kanal zur Verfügung – ganz im Sinne der Vorbilder, wird hier ein simpler Ansatz gewählt. Ausstattung wie FX-Loop, Reverb oder Noise Gate gibt es hier zwar nicht, jedoch haben alle vier Verstärker ein zentrales, ziemlich schlaues Feature gemein: die regelbare „Varicab“- Schaltung bietet eine Speaker-Simulation, die an einem XLR-Ausgang anliegt, mit der das Signal wahlweise an den FoH oder aber ein Audio-Interface gegeben werden kann. Dabei lässt sich stufenlos zwischen einer 4x12erBox, einem 2x12er- und einem kleinen 1x12er Combo hin- und herregeln, wobei der Hersteller betont, dass es sich nicht nur um einen EQ handele, sondern auch das Feedback-Verhalten der jeweiligen Endstufen-Simulation verändert werde.

Das Format der 100w-Serie ist im Vergleich zu den großen BluGuitar-Verstärkern viel kompakter und noch leichter – hier dürfte es einfach werden, diese Teile auf einem Pedalboard unterzubringen. Alle vier Verstärker haben eine Dreiband-Klangregelung, einen Gain-Regler („Preamp“) sowie ein Master-Volume-Poti. Außerdem ist jeder Verstärker mit drei kleinen „Helferlein“- Schaltern ausgestattet: Groundlift, Standby und ein dritter Schalter, der die Varicab-Schaltung in ein Direct-Signal verwandelt, sorgen für etwas mehr Vielseitigkeit in der praktischen Anwendung.

(Bild: Dieter Stork)

Einzig der an einen Vox AC-30 angelehnte V-100, tanzt mit seiner Klangregelung aus der Reihe: wie beim Original findet man hier lediglich einen Bass- und einen Treble-Cut-Regler, was aber in der Praxis hervorragend funktioniert. Der raue, mittenbetonte Grundsound zeigt sich – vor allem mit etwas zurück gedrehten Bässen – als schön reaktionsfreudig und mit allerlei Pedalen bestens vereinbar. Lediglich stark verzerrte High-Gain-Sounds haben mich an diesem Mini-Amp weniger überzeugt – aber dafür gibt es schließlich auch besser geeignete Verstärker als einen AC-30.

(Bild: Dieter Stork)

Etwas weniger charaktervoll, dafür aber merklich vielseitiger zeigt sich der M-1959. Hier geht es thematisch um die großen Plexi-Marshalls der 60er-Jahre und genau dieser mittig-breitschulterige Charakter wird wunderbar eingefangen. Dreht man die Mitten etwas über die 12-Uhr-Position und gibt am Preamp-Regler mutig Gas, bekommt man einen herrlich rotzigen Overdrive-Sound, der offen und dynamisch auf so ziemlich jedes Zerr-Pedal reagiert, was ich für den Test auftreiben konnte. Sogar meine Drop-C-Telecaster wusste der M-1959 selbst bei tosender Lautstärke mit Bravour zu händeln. Ein fantastische Wahl also, wenn sich der Großteil der Klangwelt in verzerrten Gefilden abspielen soll.

(Bild: Dieter Stork)

Das genaue Gegenteil liefert Foxgear mit dem an die Vintage-Fender-Amps angelehnten TW-100. Da „TW“ für mein Verständnis klar „Twin“ insinuiert, hätte ich mich hier natürlich über ein On-Board-Reverb gefreut – aber irgendetwas ist ja immer. Für cleane bis leicht verzerrte Sounds ist der TW-100 trotzdem eine tolle Wahl. In Verbindung mit meinem Line6-M5 und einem zusätzlichen Chorus, bekomme ich auf Anhieb schöne, dynamische Clean-Sounds gezaubert, die sich in keinster Weise vor dem wirklichen tollen Clean-Kanal der AMP1- Verstärker verstecken müssen. Nur bei stärker verzerrten Sounds gefielen mir der V-100 und vor allem der M-1959 besser.

(Bild: Dieter Stork)

Etwas ratlos dagegen lässt mich der, an alte Hiwatt-Topteile angelehnte, HW-103 zurück: Der sehr basslastige und mittenarme Grundsound zeigt sich von einer ausgesprochen cleanen Seite, will aber so recht kein richtiges Hiwatt-Feeling aufkommen lassen. Hier hätte ich mir ein etwas subtiler ausgeprägtes Bassfundament und dafür etwas mehr Dynamik und strahlendere Höhen gewünscht. Sowohl für den cleanen als auch den verzerrten Sound, gefielen mir die drei anderen Foxgear-Amps deutlich besser.

In Verbindung mit einem Audio-Interface, kann die Varicab-Schaltung durchaus überzeugen. Ich weiß zwar nicht, ob ich zwangsläufig eine Studioaufnahme damit bestreiten würde – für ein gut klingendes In-Ear-Monitoring oder aber ein FoH-Signal in einem Live-Setting finde ich den Sound dank seiner Flexibilität vollkommen ausreichend. Was die Lautstärke betrifft, liefern die kleinen Kisten nicht ganz so urgewaltige Ergebnisse wie die AMP1-Verstärker – trotzdem dürfte der Pegel immer noch für die allermeisten Szenarien ausreichen. Preislich sind die kleinen Foxgear Amps mit je 249 Euro natürlich unheimlich attraktiv und es ist schon erstaunlich, wie viel Lärm hier für relativ wenig Geld zu bekommen ist.

Mehr Informationen zur Foxgear-100w-Serie gibt es auf www.foxgeardistribution.net

PLUS

  • kompaktes Format
  • einfaches Layout
  • Klangqualität (bis auf HW-103)
  • Varicab-Feature
  • Preis-Leistungs-Verhältnis

MINUS

  • klangliche Abstimmung beim HW-103

Weiter mit dem Baroni Jeval auf Seite 3

(Bild: Dieter Stork)

BELLA ITALIA

Ebenfalls aus dem Hause Foxgear, aber unter dem Markennamen „Baroni“ vertrieben, kommt unser nächster Pedalboard-Amp. Der brandneue Jeval verfolgt ein schon rein optisch ganz anderes Konzept als die 100w-Serie. Hier wird auf eine edle, mit Echtholz verkleidete Gehäuse-Optik gesetzt. Was diesen Verstärker von den anderen Testgeräten unterscheidet, ist die verbaute ECC83-Röhre, die einen möglichst authentischen Tube-Amp-Sound erzeugen soll. Bereits aufgrund des Designs wird klar, dass der Jeval in Richtung stark verzerrter Metalsäge abzielt. Der grundsätzliche Aufbau ist recht simpel gehalten: Der Jeval hat zwei Kanäle, die jeweils über eine eigene Dreiband-Klangregelung, sowie einen eigenen Gain- und Volume-Regler verfügen. Dazu kommt ein global arbeitendes Presence- und ein Master-Volume-Poti.

Interessant finde ich, dass in Bezug auf die Ausstattung, der Baroni ein wenig die Brücke zwischen den vollausgestatteten AMP1- Verstärkern und den eher spartanisch gehaltenen Foxgear-Amps schlägt: neben zwei Lautsprecher-Anschlüssen (einmal 8/16 Ohm und einmal 4/8/16 Ohm) gibt es noch einen Line Out mit schaltbarer Lautsprecher-Simulation sowie einen FX-Loop, der zwischen seriellem und parallelem Betrieb umschaltbar ist. Das mag zwar noch nicht an das dicke Feature-Paket der BluGuitar-Verstärker heranreichen, bietet aber allemal genug Flexibilität, um in den meisten Szenarien zurecht zu kommen. Klanglich wird bereits im cleanen Kanal deutlich, dass der Jeval eher auf Sound-Gewalt als auf feingeistiges Geflüster ausgerichtet ist: Bereits der Clean-Kanal baut ein gewaltiges Bassfundament auf, dass – vor allem bei der Verwendung der tiefer gestimmten Telecaster – zunächst einmal in seine Schranken gewiesen werden will. Mit leicht zurück gedrehtem Bass-Poti und einem Schubser in den Höhen, bekommt man hier einen gutmütigen, wirklich sehr sauberen Clean-Sound, der mir vor allem in Verbindung mit einem Chorus und/oder etwas Reverb ausgesprochen gut gefällt.

Die Kernkompetenz dieses Verstärkers liegt jedoch ganz klar im High-Gain-Bereich: Im zweiten Kanal zeigt der Jeval die Zähne und präsentiert überaus agile, blitzschnell reagierende Overdrive-Sounds, die mit etwas zurück gedrehten Mitten und dem Gain-Regler auf 15 Uhr Erinnerungen an Mesa/Boogies Rectifier wach werden lassen. Richtig gut finde ich, dass der Gain-Regler so angelegt wurde, dass über den gesamten Regelweg hinweg ein Effekt zu hören ist. So wird ein beachtlich großer Bereich von leichten Crunch-Sounds bis hin zu einem satt komprimierten High-Gain-Brett erschlossen. Am besten gefällt mir dieser Kanal mit einem vorgeschalteten Booster der Tube-Screamer-Kategorie. Die geboosteten Hochmitten und der Basscut sorgen für noch etwas mehr „Schnittigkeit“ im Klanggeschehen. Die Lautstärke ist selbst im 75-Watt-Betrieb an einer 8-Ohm-Box so ohrenbetäubend, dass ich ein wenig Sorge ob der mechanischen Auslenkung der Membranen habe. Im 150-Watt-Betrieb an einer 4ohm-Box, wäre ich im Umgang mit dem Master-Volume-Regler definitiv vorsichtig.

Auch der Baroni Jeval hat an seinem Line Out eine Lautsprecher-Simulation anliegen – diese klingt tatsächlich ziemlich gut und hat mir zusammen mit dem Recording-Signal des Blackstar (weiter unten) am besten gefallen. Natürlich reden wir hier noch nicht von einem Sound der mit hochwertigen IR-Signalen vergleichbar ist – für eine analoge Speaker Simulation schlägt sich der Sound des Jeval dennoch sehr zufriedenstellend. Mit 599 Euro spielt der Baroni Jeval knapp 300 Euro unterhalb der AMP1-Verstärker und bildet somit das preisliche Mittelfeld unseres Tests.

Weitere Informationen unter: www.foxgeardistribution.com

PLUS

  • Optik
  • Overdrive- und High-Gain-Sounds
  • Bedienbarkeit
  • hohe Lautstärke-Reserven
  • zwei Kanäle mit eigenem EQ

MINUS

  • Buchsenbeschriftung etwas schwer ablesbar

Weiter mit dem Blackstar Amped 1 auf Seite 4

(Bild: Dieter Stork)

SCHWARZES STERNCHEN

Amped 1 … im Ernst Blackstar? Kann man machen, muss man ja aber nicht. Ein wenig mehr Kreativität in der Namensfindung hätte hier schon sein können – die namentlichen Nähe zu den BluGuitar-Verstärkern eingangs (die dieses Metier als einer der Ersten geprägt haben) drängt sich da schon sehr auf. Sei es drum … Toll finde ich wiederum, dass es sich beim Amped 1 um eine ziemlich idiotensichere Kiste handelt: Die Bedienung ist so einfach und intuitiv, dass ich mich, trotz der großen klanglichen Flexibilität, auf Anhieb zurecht finde. Blackstar wählt bei diesem Verstärker in mehrerlei Hinsicht einen etwas anderen Ansatz. Absoluter Dreh- und Angelpunkt des Amped 1 ist der Response-Schalter: Hier kann zwischen fünf verschiedene Endstufenröhrentypen gewählt werden; zudem gibt es die Option, die Schaltung zu deaktivieren. Eingangs bearbeitet man das Signal mit dem „Voicing“-Schalter, hier kann zwischen UK (Overdrive), USA (Clean) oder Flat gewählt werden.

Spätestens hier wird klar, das Blackstar mit dem Amped 1 nicht nur einen reinen Pedalboard-Verstärker abliefern, sondern zudem die Modeler-Fraktion mit im Blick haben, die ja in der Regel einen möglichst klangneutralen Weg sucht, ein bereits komplett fertig verarbeitetes Amp-Signal zu verstärken, ohne es klanglich zu verbiegen. Direkt neben dem Master-Volume-Poti lässt ein kleiner Schalter zwischen dem Betrieb mit 0,5-, 20- und 100-Watt wählen. Was soll ich mich hier mit Kleinkram aufhalten, ich gehe natürlich „All In“, schalte auf 100 Watt und drehe beherzt am Lautstärke-Regler. Jesus, Maria und Joseph …. das hätte ich mal besser nicht getan. Diese Kiste ist bei Bedarf wirklich laut. BRUTAL LAUT!

Ich dagegen rudere kleinlaut zurück und stelle fest, dass selbst 20 Watt ganz schön Krach machen können. Klanglich liefert der Amped 1 auf ganzer Strecke ab: egal ob zarte Clean-Sounds, luftiger AC/DC-Crunch oder brutales Hard-Rock-Brett – alles kein Problem. Lediglich für den modernen High-Gain-Sound ist etwas Unterstützung durch ein entsprechendes Pedal erforderlich. Der Response-Knob erweist sich in der Praxis als ziemlich geniales Feature. Zwar sind die Unterschiede zwischen den jeweiligen Röhrentypen für meinen Geschmack ein wenig stark herausgearbeitet aber der jeweilige Charakter wird wirklich gut getroffen.

Das tiefmittige Knurren einer KT88 wird ebenso gut abgebildet, wie der mittige Biss der EL34 oder der etwas süßliche Charakter der EL84-Röhre. Klanglich ist dieser Verstärker nicht nur bemerkenswert flexibel, sondern liefert zusammen mit den BluGuitar-Verstärkern die überzeugendsten Ergebnisse. Hat man sich einen Sound zusammengebastelt, lässt sich dieser im Handumdrehen auf dem Preset-Button abspeichern. So hat man zwei völlig unterschiedliche Sounds mit einem Klick abrufbar. Im Hinblick auf die Konnektivität ist der Amped 1 der absolute Chef unseres Tests: Mit einem FX-Loops, zusätzlichen Stromanschlüssen für weitere Pedale, einem USB-C-Port, und einem Port für die mitgelieferte Cab-Rig-Software, lässt der Verstärker jedes nur erdenkliche Verkabelungsszenario zu.

Auch in Bezug auf den Line Out hat der Amped 1 ganz klar die Nase vorne: Die drei abrufbaren Cab-Sounds klingen so gut, dass hier auch eine Recording-Session mühelos bestreitbar wäre. Hier bekommt man Lautsprecher-Simulation in wirklich hoher Qualität und kann bei Bedarf über die Software zahllose Parameter wie Lautsprecher, Mikrofone, Raum und mehr verändern. Mit 399 Euro ist der Blackstar zudem erstaunlich günstig, sodass hier in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis ein klarer Testsieger auszumachen ist.

Mehr Informationen zum Amped 1 gibt‘s unter www.blackstaramps.com

PLUS

  • Konzept
  • klangliche Vielseitigkeit
  • intuitive Bedienbarkeit
  • Response-Schalter
  • Flat-Betrieb möglich
  • Varicab Software
  • flexible Konnektivität
  • Preis-Leistungs-Verhältnis

Weiter mit dem Fazit auf Seite 5

RÖHRE ODER RETORTE?

Ja ist den wirklich nichts mehr heilig? Muss ich jetzt meine geliebten 100-Watt-Topteile einmotten und gegen einen dieser kompakten Pedalboard-Verstärker eintauschen? Vor meiner kleinen Testreihe hätte ich diese Idee im Brustton der Überzeugung rundheraus abgelehnt. So eine kleine Kiste, soll meinen Röhrenverstärker ersetzen können? Niemals! Doch wie so oft sorgt die praktische Erfahrung für eine Erweiterung des Horizonts und ich muss gestehen, dass ich erschüttert bin. Alle neun Verstärker haben sich auf ihre Art und Weise mit Bravour geschlagen. Was am Ende die richtige Wahl ist, hängt natürlich stark von den Wünschen und Anforderungen an den jeweiligen Amp ab.

Geht es lediglich darum, das Signal eines umfangreichen Pedalboards ohne viel Brimborium zu verstärken, ist man mit der 100w-Serie von Foxgear Distribution sicher gut beraten. Soll ein mehrkanaliger Verstärker mit Optionen wie Booster, FX-Loop, Noise Gate und Reverb das Zentrum des Geschehens sein, liegt man vielleicht eher mit den AMP1-Verstärkern von BluGuitar oder dem Blackstar Amped 1 richtig. Spielen High-Gain-Sounds und ein großer Dynamikumfang eine essentielle Rolle, dann ist möglicherweise der Jeval von Baroni die richtige Wahl. Werde ich demnächst wohlmöglich nur noch ein leichtes Täschchen die Treppen zum Proberaum hinauftragen? Vielleicht!

Nicht verschweigen möchte ich allerdings, dass sich keiner der getesteten Verstärker zu hundert Prozent wie ein großes Röhentopteil anhört und „anfühlt“. Peaveys 5150, ein alter Engl Blackmore oder Fryettes Deliverance 120 zeigen – vor allem bei etwas höherer Laustärke – im direkten Vergleich ein Ansprechverhalten, das mir nach über 25 Jahren einfach sehr in Fleisch und Blut übergegangen ist. Das bedeutet aber nicht, dass dieses typische Kompressionsverhalten einer Röhrenendstufe unbedingt der Königsweg sein muss.

Alle neun Pedalboard-Amps klangen auch bei hoher Lautstärke in den Bässen ein wenig „zu stabil“, was aber auch seinen Reiz haben kann, wie der Röhrenverstärker. Letztendlich bleibt es eben eine Frage des Geschmacks und vielleicht der Bereitschaft, mal etwas neues zu versuchen – auch wenn das uns Gitarristen nicht immer ganz leicht fallen mag.


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2024)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Wirklich Sinn vom Gewicht her machen diese Amps ja nur, wenn man live direkt ins Mischpult geht und gar keine Boxen mehr mitnehmen muss. (die sind in aller Regel ja um einiges schwerer als ein Top Teil – nicht jeder hat ein 30kg Teil). Allerdings weiß ich nicht, wie sich das live spielt und wir hoch die Kontrolle des Sounds auf Bühne und im Saal dabei ist.(noch nie ausprobiert). Wäre ein interessanter Artikel für GB.

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    1. Die Kontrolle über den FOH Sound hast Du meines Erachtens nach sowieso nur, wenn Du einen sehr guten Draht zum FOH Mischer hast oder es selbst machst.

      Aus eigener Erfahrung (Line 6 Helix und reines In Ear, Silent Stage) ist das mit dem Monitor Sound perfekt – ich möchte nichts anderes mehr und vermisse auch nicht den immerwährenden Ärger aus „dreh mal Deinen Amp leiser“ und matschigem Bühnensound. Wir haben komplett auf IEM umgestellt – im Proberaum und live – und ich möchte nicht wieder zurück.

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  2. Nein, für Gitarristen, die das Feeling einer Box trotzdem hinter sich wollen, ist das die Lösung – gerade beim Amps von Blueguitar. Nicht jeder mag IEM.

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    1. Ich mag halt lieber Old School ein Verstärker hinter mir den ich regeln kann ohne zu knien! Von daher wäre so ein BluGuitar Amp als Top das ideale für mich.

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  3. Das hohe Gewicht meines Fender Twin Reverbs war der Grund warum ich mich für einen kleinen, aber dennoch lauten Victory Duchess mit einer 1X12 Box, mit Jensen Neodym-Lautsprecher entschieden habe. Ich hatte mal diesen H&K Black Spirit 200, die Sounds haben mir nicht zugesagt, anderen gefällt er, ist ja auch immer eine Geschmackssache. Den Blu-Guitar Amp werde ich mal testen.

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  4. Also, einer der besten Pedalboard Amps fehlt !
    Hughes&Kettner Ampman !!!
    Der kann gleichzeitig über XLR Ausgang incl red box mit vielen unterschiedlichen box Simulationen UND mit Ausgang für eine Gitarrenbox. Es lässt sich beides separat regeln / Lautstärke. Das bedeutet : man geht über XLR an die PA und kann gleichzeitig die Gitarren Box quasi als eigenen Monitor betrieben . Soweit ich weiß können die meisten pedalboard Amps das nicht gleichzeitig .
    Der Ampman hat viele Einstellmöglichkeiten und macht einen Bombensound. Verträgt sich auch sehr gut mit Overdrive / Distortion Pedalen

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