Alles an Bord?

Peavey Vypyr VIP-2 im Test

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Modeling-Combo mit Pedalboard von Peavey
(Bild: Petia Chtarkova)

 

Nach rund vier Jahren spendiert Peavey seinen Vypyr-Modeling-Amps umfassende Upgrades. Instrumenten-Models, mehr Leistung, mehr Effekte, mehr Amp-Simulationen. Nach wie vor sorgt die bewährte analoge TransTube-Schaltung für amtliche Basisklänge. Vor allem aber macht die Variable Instrument Performance (VIP) Furore, die mit Hilfe des anpassungsfähigen Instrumenteneingangs, des speziellen Speakers und des berechneten Gehäuses die Übertragung von elektrischen, akustischen und sogar Bassgitarren gestattet.

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Drei Vypyr-VIP-Combos schickt der US-Hersteller ins Rennen. Obgleich sie völlig autark arbeiten, entfalten sie ihr eigentliches Potential erst mit den hauseigenen Sanpera Foot Controllern. Während der VIP-2 selbst 16 User-Speicher bereithält, bietet der Sanpera-II weitere 400. Das sollte reichen.

 

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Instrument Types: 4×4 Presets für E-, A- und Bassgitarre (Bild: Petia Chtarkova)

 

Konstruktion des Peavey Vypyr VIP-2

Von Vinylbezug, acht Plastikecken und straffer Frontbespannung geschützt, macht das MDF-Gehäuse einen passablen Eindruck. Große Gummifüße und ein flexibler Griff komplettieren das Exterieur. Hinter der Bedienfläche, die, wie auch die Potiachsen und -knöpfe, aus Kunststoff besteht, versteckt sich ein hängend montiertes, oben und seitlich offenes Chassis aus 0,75 mm Stahlblech. In dessen Innern herrscht … na ja, gähnende Leere ist was anderes, aber reichlich Platz gibt es dennoch, wie auch fünf sorgfältig befestigte Platinen, gesteckte Flachband- und Lautsprecherkabel und verschraubte Netz-, Foot-Controller- und Instrument-Anschlüsse. Eine dicke Aluplatte kühlt die Leistungstransistoren. Das komplette (demontierte) Amp-Chassis wiegt gerade mal 2 kg. Sollte sich die Netzsicherung verabschieden, muss es komplett ausgebaut werden.

An den Sanpera-I und -II Foot Controllern hat Peavey nichts verändert, außer dass die superstabilen Gussgehäuse jetzt in schickem Anthrazit daherkommen. Sie werden über ein fünf Meter langes 8-poliges DIN-Kabel mit dem Amp verbunden, das sie auch mit Stromspannung versorgt. Die Ergonomie des Sanpera II ist mit den nach außen gerichteten Pedalen vorbildlich, der Kontrast des beleuchteten zweizeiligen LC-Displays lässt sich variieren und der Manual Mode ist ohne Umwege zu erreichen. Bücken war gestern. Nach wie vor steht jedoch ein leichtgängigerer Delay-Time-Tap-Taster auf meiner Wunschliste. Außerdem löscht der Foot Controller die Vorwahl einer anderen als der gerade aktiven Preset-Bank bereits nach ca. 3,5 Sekunden, was eine erneute Eingabe erfordert. Warum wartet er nicht einfach auf die Patch-Wahl?

 

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Amplifiers-Modul: Gelungene Modelle inklusive Acoustic- und Bass-Amps (Bild: Petia Chtarkova)

 

Der Peavey Vypyr VIP-2 in der Praxis

Im Großen und Ganzen folgt das Frontpanel-Layout dem Signalfluss. Links geht’s also rein, ganz rechts wieder raus zur Endstufe, welche trotz ihrer 40 Transistor-Watt reichlich Alarm macht. Peavey hat den Instrumenteneingang des VIP-2 für den Betrieb von E-, A- und Bassgitarren vorbereitet, indem Eingangsempfindlichkeit und Gain-Struktur stets automatisch an die gewählte Instrumentengattung angepasst werden. Werksseitig wurden je vier Presets der Bänke A und B entsprechende Amp Models und Effekte für E-Gitarre zugeordnet. Dementsprechend besitzt Bank C vier Voreinstellungen für Akustik-Gitarre, Bank D desgleichen für E-Bass, alles bidirektional am Amp oder per Fußleiste abrufbar. Da mit Ausnahme von Master-Volume alle Regler von LED-Kränzen umgeben sind, werden deren editierte bzw. gespeicherte Einstellungen übersichtlich angezeigt.

Zieht man das Instrumentenkabel aus dem Eingang, „protestiert“ der VIP-2 mit einer beeindruckenden Lightshow der insgesamt 78 teils mehrfarbigen LEDs. Der Input Section folgt die Abteilung aus Instrumenten- und Pedaleffekt-Models. Erstere stehen ausschließlich bei E-Gitarrenbetrieb zur Verfügung. Das ist nicht weiter tragisch, denn die Instrument Models Acoustic Guitar 1 und 2, 12-String E-Gitarre, Resonatorgitarre, Sitar, E-Violine und E-Bass sind lediglich als Anlehnungen zu verstehen und erheben keinerlei Anspruch auf Authentizität. Da sind mir schon wesentlich bessere und authentischere Modelings zu Ohren gekommen. Wirklich gefallen können die 7-String-, Synth- und Bariton-Simulationen, wovon sich Erstere und Letztere trotz des Unterschieds zweier Halbtonlagen (-7 bzw. -5 Halbtöne) sehr ähneln. Wie E-Violine und Bass lässt sich auch das Syntheziser-Model nur monophon spielen, präzises Einzeltonspiel ist also Pflicht, Bendings werden jedoch perfekt wiedergegeben.

Ganz anders präsentieren sich dagegen die Stompbox Models mit Tube Screamer, Fuzz, Compressor, Analog-Booster, -Phaser und -Flanger, Wah (periodische Filter Sweeps), Slice (On/Off Tremolo), Analog Chorus, Univibe (Rotary Speaker), Ring Modulator, und Slap Back. „Bypass“ nimmt die Inst/Stomp-Sektion aus dem Signalweg. Sämtliche Modelle lassen sich über jeweils zwei praxisorientiert gewählte Parameter bearbeiten (Regler P1 und P2).

Die Amplifiers-Abteilung bietet nicht nur acht Models von E-Gitarrenverstärkern, sondern auch zwei Acoustic- und zwei Bass-Amps. Die Besonderheit ist, dass jedes der zwölf Models über drei Kanäle verfügt (Low, Medium und High Gain), abrufbar durch Drücken des Amplifier-Reglerknopfes. Dabei wechselt die entsprechende Amp-LED ihre Farbe von Grün über Orange nach Rot. Auch die Charakteristiken der Originalklangreglungen hat Peavey bei der Digitalisierung berücksichtig. Zu den Klassikern zählen Twin (Fender), British (Vox), Butcher (Marshall), Trace Acoustic und Trace Elliot Bass. Mit „Budda“ wurde auch ein Boutique-Amp ins Angebot aufgenommen, während 6505+, 6534+ (mit EL34 Endröhren), XXX, Classic, Ecoustic und Peavey Bass die Simulationen hauseigener Amps darstellen. Hält man den Amp-Knopf gerdrückt, wechselt der VIP-2 in den Tuner-Betrieb, bei dem die Amp-LEDs die Halbtöne, die Effects-LEDs die Feinstimmung anzeigen. Etwas hektisch aber praktikabel.

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Effects-Modul: Runde Sache inklusive Monophon-Effekte (Bild: Petia Chtarkova)

Anders als die Vorschaltgeräte von Stomp hält Effects eine Reihe von Effekten bereit, die normalerweise eine FX Loop durchlaufen. Hier findet man ein weich modulierendes Tremolo, den monophonen Octaver, bei dem präzises Singlenote-Spiel gefordert ist, Phaser (8-stufig), Rotary Speaker, Reverse (Delay), Pitch Shifter, M.O.G. (Monophonic Octave Generator) für Einzeltonspiel, Flanger (7 ms Verzögerung), Comp Boost (komprimiert die Dynamik hinter den Amp Models und vor der Klangreglung), Envelope Filter (Auto-Wah) und Chorus (15 ms Verzögerung). Auch hier stehen Bypass und je Effekt zwei praxisorientiert gewählte Parameter zur Verfügung. Da Delay und Reverb global im Edit-Modus zugänglich sind, tauchen sie im Effects-Modul natürlich nicht auf.

Peaveys traditionelle Amp-Regler Pre-Gain (Input Gain), Low, Mid, High und Post-Gain (Patch-Master-Volume) bearbeiten sämtliche Verstärker-Simulationen und bieten stets direkten Zugriff auf Zerrintensität und Klang. Im Edit Mode kommen deren Zweitfunktionen zum Einsatz, wo Pre-Gain und Low die Instr/Stomp- und Effects-Parameter 1 bzw. 2, Mid und High die Delay-Parameter Feedback und Level und Post-Gain das Reverb-Level bearbeiten. Rechts außen auf der Bedienfläche regelt Master Volume die Gesamtlautstärke des VIP-2.

Der bordeigene, recht einfach gestrickte 30-Sekunden-Looper lässt sich ausschließlich mit den Sanpera-Fußleisten steuern. Zwei Fußtaster bieten die Funktionen Record/Play und Stop/Reset. Zu einem aufgezeichneten Basic Track kann nur eine einzige Spur live gespielt werden, bei Bedarf auch mit einem anderen Sound. Amp-seitig zeigt eine LED den jeweiligen Looper-Status in den Farben Rot (Record), Gelb (Stop) und Grün (Play) an. Nachträgliche Pegeländerungen der Aufzeichnungen sind nicht möglich. Mangels Delay-Time-Parameter übernehmen Tap-Taster an Amp und Sanpera die Eingabe der Verzögerungszeit.

Schließt man Kopfhörer an die 3,5 mm Klinkenbuchse an, verstummt der Lautsprecher. Auch der Aux-Eingang besteht aus einer 3,5 mm Klinkenbuchse und ist für die Wiedergabe von Musikmaterial vorgesehen. Der bi-direktionale USB-2.0-Port kommt nicht nur bei Firmware-Updates oder Editor-Programmen (Vypyr Edit Graphic User Interface) zum Einsatz, sondern dient auch zu Aufnahmezwecken mittels entsprechender Recording-Software. Dabei besitzt das Ausgangssignal eine Mikrofon/Lautsprecher-Simulation, um schnellstmöglich gute Klangergebnisse zu erzielen. Ist der USB-Anschluss belegt, wird der bordeigene Speaker automatisch stummgeschaltet, während der Phones-Ausgang zu Monitorzwecken aktiv bleibt. Der Port ist übrigens auch MIDI-kompatibel.

 

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Rein und raus, analog und digital (Bild: Petia Chtarkova)

 

Resümee

Peaveys nächste Vypyr-Generation setzt in puncto Flexibilität Maßstäbe. Dies zeigen nicht nur die auf der bewährten analogen TransTube-Technologie basierenden erstklassigen E-Gitarren-Sounds, sondern vor allem auch die exzellenten Stompbox-, Amp- und Effekt-Models, die sich dank minimalistischer aber praxisorientiert gewählter Parameter kinderleicht und intuitiv editieren lassen. Dass neben Amp-Klassikern und einem Boutique-Vertreter zur Hälfte auch Peavey-Gerätschaften simuliert werden, tut der Qualität des VIP-2 keinen Abbruch, im Gegenteil. Um auch Akustik- und Bassgitarren Platz zur Entfaltung zu lassen, gibt es sogar je zwei Models von Trace Elliot und Peavey Acoustic- und Bassverstärkern. Während der Combo akustischen Instrumenten angenehme Wärme, lebendige Offenheit, Natürlichkeit und Transparenz verleiht, fehlt es einem Bass ein wenig an Fundament. Klar, dem kleinen leichten Gehäuse setzt die Physik natürlich Grenzen. Für Clubgigs mit dem Jazztrio oder beim Unplugged-Set reicht der VIP-2 als Bass-Amp mit seinen 40 Watt jedoch locker aus. Die ausschließlich der E-Gitarre vorbehaltenen Instrumentensimulationen von Akustik-Gitarre 1 und 2, elektrischer 12-String, Resonatorgitarre, Sitar, E-Violine und Bass sind für meine Ohren nur Annährungen an die Namensgeber. Dagegen kommen Synth, 7-String- und Baritongitarre realistischer. Unterm Strich erhält man hier einen wirklich gut klingenden, unglaublich flexiblen Alleskönner zu einem sensationellen Preis. Um die Möglichkeiten des VIP-2 ausschöpfen zu können, empfiehlt sich in jedem Fall das komfortable Sanpera II Board.

 

Übersicht

Fabrikat: Peavey

Modell: Vypyr VIP-2

Gerätetyp: analoger Modeling-Combo für E-Gitarre, A-Gitarre und E-Bass, Digitaleffekte

Herkunftsland: China

Technik: Halbleiterbauweise, 32-bit Floating Point Sharc-Prozessoren kombiniert mit analoger Peavey TransTube-Schaltung

Leistung: 40 Watt @ 8 Ohm

Lautsprecher: 1× 12″ Custom Voiced Modeling Speaker Gehäuse: Rückseite halb offen, akustisch optimiert, MDF 15 mm, Rückwand 9 mm (verschraubt), Kunstlederbezug, Frontbespannung, 8 Kunststoffecken, Gummifüße, Tragegriff

Chassis: Stahlblech, 0,75 mm, seitlich und oben offen, hängend montiert, Frontpanel Kunststoff, 7 Platinen

Anschlüsse: Front: Input, Phones (Klinke 3,5 mm), Aux In (Klinke 3,5 mm), USB (bi-direktional); Rückseite: Netzkabel, Sanpera-II Foot Controller/MIDI (8-pol-DIN)

Regler: Instruments/Stomp Boxes, Amps, Effects (alle Rasterpotis), Pre Gain/P1, Low/P2, Mid/DelayFeedback, High/Delay Level, Post Gain/Reverb Level (alle mit LED-Kränzen), Master Volume

Schalter/Taster: Power (Rückseite), Instr. Type Input (Electric 1/2, Acoustic, Bass), Instr/Stomp (Edit), Amps (Channels, Tuner), Effects (Edit), Tap

Models: 10× Instrument, 36× Guitar Amp, 6× Acoustic Amp, 6× Bass Amp, 12× Stompbox

Effekte: 12 Pedal-, 25 Rack-Effekte (max. 5 simultan)

Speicher: 16 intern + 400 über Sanpera Foot Controller

Einschleifweg: nein

Besonderheiten: Chromatic Tuner, Tap Tempo, Looper (über Sanpera Foot Controller)

Gewicht: 12,06 kg (ohne Zubehör)

Maße: 506 × 476 × 259 BHT/mm

Vertrieb: Peavey Electronics Ltd. www.peavey-eu.com

Zubehör: Netzkabel, Manual; Optional: Foot Controller Sanpera-I (ca. 118) und Sanpera-II (ca. 239)

Preis: ca. 335

 

Plus

  • TransTube-Grund-Sounds
  • Stompbox-, Amp- und Effects-Models
  • Authentizität & Dynamik
  • Wiedergabe von akustischen Instrumenten
  • optische Kontrolle durch LED-Ringe
  • Sanpera II Foot Controller
  • Bedienung
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

 

Minus

  • Netzsicherung nicht von außen zugänglich
  • Instrument Models (Acoustic 1/2, 12-String, Resonator, Sitar, E-Violine, Bass)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. “Butcher” ist ebenfalls eine Simulation eines Peavey Amps. Dem Peavey Butcher 😉 …auch wenn dieser wiederum an Marshalls angelehnt ist.

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