Mix it up and have some fun!

Paranormales Phänomen: Squier Esquire Deluxe im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Wie variiert und aktualisiert man ein 75 Jahre altes Gitarren-Design? Indem man alle „vintage correct“-Regeln über Bord wirft!

So etwa könnte man wohl die Grundidee hinter Squiers Paranormal-Serie beschreiben. So zeitlos-genial Leo Fenders ursprüngliche Gitarrenentwürfe aus den Früh-Fünfzigern auch sind, sie waren auch immer schon Plattform für Bastel-Nerds und innovative Fender-Player. Rys Cooder-Caster, Keefs Humbucker-Tele, die Super-Strats der 80s, die Nashville- und B-Bender-Teles, Claptons Noiseless/Booster-Strat … die Liste ist endlos. Schön, dass Fenders Budget-Label Squier für Nicht-Bastler und Normalverdiener spannende bezahlbare Variationen der bekannten Klassiker bietet … wie z.B. diese „etwas andere“ Esquire Deluxe.

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MIX IT UP

Also: was wurde hier in den Mixer geschmissen? Da wäre erstmal ein Telecaster-Body aus Pappel mit einem Shaping an der oberen Korpuskante. Das lässt auf Strat-mäßigen Tragekomfort hoffen. Das Finish sieht richtig gut aus, nennt sich Metallic Black und ist mit Polyurethan-Lack auf Hochglanz gebracht. Das große, geschwungene 3-lagige Pickguard beherbergt den einzigen Pickup an Bord, einen Fender-Designed Wide Range Humbucker, den man so z. B. aus Früh-Siebziger Telecasters kennt.

1-PU-Gitarren haben immer zum Ziel, trotz maximaler Simplizität ein gutes Maß an Klangvielfalt zu bieten. So auch hier. Der Pickup ist mit einem 3-Wege-Schalter am oberen Korpushorn gekoppelt, der in Pos.1 den Wide Range splittet und einen Singlecoil-Sound anbietet, in Pos.2 den Humbucker mit Volume- und Tone-Regelung parat hält, und in Pos.3 den Humbucker ohne den Umweg über die Regler direkt an den Output schickt.

Volume- und Tone-Regler sehen aus, wie von einem Blackface-Amp entliehen … Muddy Waters lässt grüßen. Die Bridge kennt man so von Hardtail-Strats: kleine Grundplatte, sechs Einzelreiter, Strings-thru-body-Saitenführung.

Der Ahornhals sitzt passgenau in der Halstasche und ist 4-fach verschraubt. Er trägt ein aufgeleimtes Ahorngriffbrett (Maple Cap Neck!) mit 21 Narrow Tall Frets, die vorbildlich poliert und verrundet sind – keine Selbstverständlichkeit in dieser Preisklasse. Die große Strat-Kopfplatte ist mit klassischen Kluson-Style Mechaniken bestückt. Sie haben den schlitzen Schaft, wo man das Saitenende reinsteckt und beim Tunen sofort festen Halt bekommt. Das sind nach wie vor meine Lieblings-Mechaniken. Am Headstock finden wir dann auch noch einen String-Tree (H- und E-Saite) und den Zugang zum Halsstellstab. Der gesamte Hals ist mit Hochglanzlack versiegelt.

Verarbeitung, Lackierung und Werkseinstellung geben bis hierher keinerlei Anlass zu Kritik.

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

HAVE SOME FUN

Die Esquire schmiegt sich gut an den Spieler, dem Plauzen-Shaping sei Dank. Das eher unauffällige C-Profil des Halses fordert kaum Eingewöhnung. Am Gurt spürt man einen Hauch von Kopflastigkeit, ein Wildledergurt o.Ä. kann das flugs beheben. Die ersten noch unverstärkten Akkorde kommen perkussiv und sustainreich aus dem Startblock – das wirkt schon mal sehr gesund. Schon am clean eingestellten Amp zeigen sich die Möglichkeiten der Pickup-Schaltung deutlich. Einerseits der schnittige Twang der Singlecoil-Stellung, was mich allerdings eher an den Steg-PU einer Strat erinnert, als an eine Tele.

Andererseits dann der volle Humbucker mit weniger Brumm und mehr Fleisch auf den Rippen. Die Esquire lebt dann richtig auf, wenn Overdrive ins Spiel kommt. Da blüht sie voll auf. Der Sound bekommt Farbe, twangt, schmatzt und kommt ins Rollen. Da bin ich gleich bei alten Billy-Gibbons-Sachen und der erklärte One-Pickup-Enthusiast Charlie Starr von Blackberry Smoke kommt mir in den Sinn. Der hätte richtig Spaß an dieser Deluxe – jede Wette. Wenn man es geschickt einrichtet, hat man drei Sounds per Wahlschalter zur Hand, ohne auf irgendwelchen Pedalen rumzusteppen. Einfach einen schönen Low- bis Mid-Gain Overdrive aktivieren und das Volume an der Gitarre auf 7 zurückdrehen:

Jetzt habe ich auf Pos.1 einen knackigen „edge of breakup“- Rhythm-Sound, auf Pos.2 einen deutlich fetteren Riff-Sound (HB mit reduziertem Vol.) und auf Pos.3 einen herrlich saftigen SoloKlang (direkt auf den Output) – ganz stressfrei! Das macht diese Gitarre dann auch wirklich vielseitig: Von Blues bis Riff-Rock und von Punk bis Country ist da vieles möglich. Bei sehr viel Distortion neigt der Pickup allerdings etwas zum Pfeifen …

RESÜMEE

Die Gitarre macht einfach Spaß, sieht extra-cool aus und bietet viel mehr Sounds, als man vermuten würde. So ein typisches „Weniger ist mehr“-Ding. Auch die Verarbeitung, Bundierung und Lackierung sind angesichts des Preises aller Ehren wert. Wer im Kopf frei ist für ein Paranormal-Modell, wird mit der Squier Esquire Deluxe viel Freude haben.

PLUS

  • Design, Finish
  • moderne Updates
  • Verarbeitung, Werkseinstellung
  • Bespielbarkeit, Handling
  • Pickup klanglich variabel
  • starke Overdrive-Sounds
  • Preis/Leistung

MINUS

  • Pickup pfeift bei hoher Distortion


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2024)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Die unteren Preisklassen haben in den letzten zehn Jahren so sehr an Qualität zugelegt. Von Fender wünsch ich mir ebenfalls mehr Experimente bei den teureren Modellen und nicht bloß die x-te minimal veränderte, anders schick lackierte Standard-Kost (die natürlich auch immer noch gut sind, aber die hat man eben auch schon längst).

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    1. Insgesamt würde ich sagen, dass man mit Squiergitarren nicht viel falsch machen kann.

      Ich habe selbst einige inkl. einem Shortscalbass und bin sehr zufrieden, im Grossen und Ganzen.

      Da packe ich oft meine Fender Strat gar nicht aus, die sieht dann in 30 Jahren noch aus wie neu. Ich hasse das wenn Instrumente so verwarzt sind. Kann mit diesem ganzen Agingzeug gar nichts abfangen. Bei den ganzen Customshop Heavy Relic Fans sieht es zuhause vermutlich genauso aus……und wenn man das unbedingt braucht, kann man eine günstige Squier selbst agen.

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      1. Bei mir muss bei ner Strat oder Tele der Fender-Schriftzug auf der Kopfplatte sein. Dafür bin und war ich bereit das doppelte oder mehr auf den Tisch zu legen. Und ob man anfangs 500 € oder 1500 € zahlt ist eigentlich egal, wenn man wie ich nicht vorhat die jemals zu verkaufen. Außerdem halte ich überhaupt nichts von Split-Pickups. Für jeden Sound die richtige Gitarre, für mich reichen da drei. Da ich keine Akustik spiele, zwei von Fender, eine von PRS. Obwohl, die Godin Halbakustik im Teleformat hätte ich gerne auch noch.

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        1. Hallo, und wenn Fender auf der Kopfplatte steht, dann spielt die Gitarre sich ganz von alleine………Jesus sprach zu seinen Jüngern:Der Sound kommt aus den Fingern.
          Aber jeder wie er möchte, is doch ok.

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        2. Auf YouTube gibt es ein Video, wo eine billige Squier eine Fender Customshop Fender locker soundmässig abhängt…..du solltest Deine Sichtweise mal überdenken….

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      2. Hey Thorsten,

        deine Meinung zum Thema “Relic” steht dir zu, das ist klar!

        Das mit deiner Zufriedenheit – das zu glauben fällt mir schwer: Wenn das nämlich so ist (was ich dir wünsche!), warum hat man dann Seitenhiebe auf Menschen anderer Meinung (deine letzten beiden Sätze) nötig…?

        Nur mal so als Anstoss. Und jetzt wünsche ich dir, mir & allen Freund*innen von G&B einen möglichst entspannten und friedlichen Sonntag! ;o)

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  2. Fender hat offensichtlich in letzter Zeit sehr schnell gelernt,und reagierte umgehend auf die Kundenwünsche.Sei es diesbezüglich bei sorgfältig verrundeten Bundkanten,oder der qualitativ sehr hochwertigen Hardware (z.B. der Mechaniken). Das ist bei seriell gefertigten E.-Gitarren sehr gut,wird jedoch leider noch immer bei speziell bei einheimischen Gitarrenbauern im Raum Brandenburg als teures Extra berechnet! Mein Kompliment,da schreitet Fender wesentlich schneller voran! Der Preis von knapp 430,-€uro für diese schöne schnörkellose Squier aus China ist absolut fair. Für weitere innovative „Experimente“ in Sachen neuer Design-Gestaltung bei Fender Gitarren,lassen wir uns einfach mal überraschen,schließlich bleibt die Stratocaster und die Telecaster ja doch faktisch das legendäre Kultobjekt,das definitiv nicht mehr aus dem Portfolio wegzudenken ist! Ich wünschte mir,daß besonders Gitarrenbauer aus dem Inland nun endlich mal zugestehen,daß z.B. verrundete Bünde und Edelstahl-Frets,sowie beste Hardware-Komponenten aktuell zum Standard-Programm gehören,und nicht mehr als teures Extra in Rechnung gestellt werden! In dieser Hinsicht eilen die bekannten Serienhersteller,wie Fender/Squier den einheimischen Gitarrenbauern meilenweit voraus! Die Zeiten,als seriengefertigte Gitarren noch regelrecht verpönt wurden,sind schon längst vorbei,denn heute klingen fabrikfrische Gitarren einfach sehr gut,wurden sauber verarbeitet,und sind endlich preislich erschwinglich. Desweiteren wurde die maschinelle Technik auf den neuesten Stand gebracht,und gewann dadurch deutlich an Qualität.
    Das Pro und Contra,sich evtl. doch lieber eine individuell handgebaute teure Custom Gitarre vom Guitar-Luthier zu bestellen,oder sich doch lieber spontan für eine günstigere Gitarre aus der Serienproduktion eines etablierten Markenherstellers zu entscheiden,bleibt ja grundsätzlich jedem selbst überlassen. Ich persönlich,entschied mich dann schlußendlich für ein Saiteninstrument aus der seriellen Fertigung,und bin absolut zufrieden!
    Fender/Squier bleibt daher nicht ohne Grund der bedeutendste Gitarrenproduzent weltweit,weil er auf die besonderen Wünsche seiner Kundschaft schnell reagiert. Davon können die deutschen Gitarrenbauer nur lernen!

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    1. Den Kommentar fand ich lesenswert, vor Allem wenn man bedenkt, was so manche Gitarrenesoteriker schreiben.

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    2. … Squier … habe ich auch und schon so einige im Laden durchgespielt … nie enttäuscht worden … meine Tele spricht “mexikanisch” … auch gut!
      Nur beim Gitarrenhersteller möchte ich noch anmerken:
      – Cort ist verm. der weltweit wichtigste (mit eigener Serie)
      – Fujigen Gakki ist vermutlich der wichtigste in Japan
      – Nik Huber steht für viele tolle heimische Hersteller

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      1. Da bin ich ganz bei Dir

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    3. Ich finde all diese Argumente überdenkenswert und prima, wen man ausschließlich vom Anwender aus denkt.
      Was in Serienfertigung mittlerweile produziert wird und für die schmale Mark angeboten ist beeindruckend.
      Das ändert gleichzeitig auch nichts daran, dass bspw. Edelstahlbünde tatsächlich aufwändiger in der Bearbeitung sind, was ein großer Hersteller leichter skalieren kann als ein kleiner Gitarrenbauer. Daher sehe ich den Aufpreis bei einer kleinen Werkstatt als gerechtfertigt.
      Ebenso gibt beispielsweise Fragen beim Finish. Ich stehe auf Öl/Wachs. Das bietet – verständlicherweise – kein großer Hersteller an. Auch Nitro ist da zu viel Aufwand für Streamlining.
      Man muss ein Vielfaches beim Handwerker zahlen für ein möglicherweise “nur” 20% “besseres” Produkt. Das ist nicht “wirtschaftlich” – aber vielleicht Leidenschaft und der Wunsch nach etwas Persönlichem.
      Man sollte bedenken, dass Jede*r von der eigenen Hände Werk auch leben können will und muss. Die “Kleinen” können nun mal nicht so skalieren wie die “Großen”.
      Schräg wird es aber erst, wenn wir anfangen würden für uns selbst und unsere Arbeit mehr Geld einzufordern, es aber Gitarrenbauer*innen und unseren Dienstleistern gleichzeitig mit dem Argument “7ender kann’s doch auch billiger” zu verwehren.

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  3. Ich stimme voll und ganz zu. Bisher sind Fender made in Mexiko für mich die Preis-/ Leistungsalternive zu den US Fender,aber nun habe ich Squire entdeckt und bin sehr überrascht von der Qualität .
    Lediglich Harley Benton kann
    Da mithalten

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    1. Guter Hinweis, Harley Benton Gitarren sind absolut Klasse, da gibt es nix zu meckern

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    2. Ich würde auch ,mit einer Harley Benton auf die Bühne gehen, wie Jürgen Drews

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  4. Ein pfeifender Pickup bei höherer Sololaustärke ist indiskutabel, egal bei welchem Preis!

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    1. Absolut einverstanden, das geht gaa nich

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    2. Dann sind sicherlich auch viele originale PAFs indiskutabel. Auch hier kommt es wohl auf den Anwendungsfall an.
      Ein ungewachster, locker gewickelter PU klingt einfach anders als ein gleichmäßig und tight gewickelter.
      Das heißt nicht automatisch besser – aber anders und für Manche erscheint dieser Unterschied so unverzichtbar, dass man sogar Pfeifen unter Gain in Kauf nimmt.

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  5. … schade, dass der PU quietscht (;-((
    +++ so eine Schraubhals-Klampfe (insbes. Tele) mit einem guten Bucker am Steg ist eine tolle Alternative zu einer Junior
    +++ und durch die Schalt-Varianten richtig vielseitig …
    Ich habe auch so eine – ein Kit-Mod-Bau: einfach klasse und äußerlich so simpel; m E-Fach siehts dann anders aus: Split, seriell, parallel, …
    Also: PU tauschen und wohlfühlen

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  6. Schade, dass hier keine Bilder möglich sind, sonst hätte ich ein Bild hochgeladen, auf dem meine CS Strat 60 Heavy Relic neben meiner Squier Tele Custom P90 II steht.

    Ob Squier der “bedeutendste Gitarrenproduzent weltweit” ist, bezweifle ich schon allein deshalb, weil afaik “Squier” nur ein Markenname (genau wie bspw. “Ibanez”) ist, ohne wirklich eigene Fertigung.

    Nichtsdestotrotz finde auch ich die gebotene Qualität (i. Rel. zum aufgerufenen VK-Preis) besonders bei Squier echt bemerkenswert, und das seit ein paar Jahren schon.
    Ebenfalls fällt mir auf, wie sehr Fender sich um die Zukunft unseres Instrumentes bemüht: Neue Modelle, neue Endorser*innen… die tun echt was!

    Das ringt mir Respekt ab (auch wenn ich eine “Bruno Mars-Signature” immer noch zum Schmunzeln finde), und diese Meteora erst… ich schweife ab ;o)

    Gibson, evt. könntet ihr ja auch mal was anderes tun, als nur immer mehr noch teurere “Artist-Limited”-Versionen altbekannter Modelle zu droppen?

    Fender als “Vollversorger” aller Preiskategorien; Gibson (incl. Epiphone) als “Premiumbrand” im Hochpreissegment – ist das die Zukunft?

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