Heiße Farbe, heißer Ton!

Neptuns Tulpen: Danelectro 58 Longhorn Bass Red Hot im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Bei uns in Ostfriesland hieß der Danelectro Longhorn Bass aus Neptune/NJ „Tulpenbass“. Einerseits wegen seiner charakteristischen Korpusform, andererseits weil er für uns untrennbar mit Rinus Gerritsen verbunden war, dem Bassisten der niederländischen Band Golden Earring, die uns schon räumlich nahe waren.

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Golden Earring sind leider seit ein paar Jahren Geschichte, fleißig on the road ist dagegen die Band Måneskin, deren Bassistin Victoria De Angelis wohl die zur Zeit populärste Spielerin von Longhorn-Bässen sein dürfte.

HEISSE FARBE

So populär, dass im Vorfeld der Vorstellung neuer Modelle bereits von einem Signature-Modell die Rede war, tatsächlich ist es aber „nur“ ein Serienmodell aus koreanischer Produktion. Der Korpus mit seiner an eine Lyra erinnernde Form mit den beiden langen, geschwungenen Hörnern ist wie eh und je ein Hohlkörper. Auf einen Rahmen und Mittelblock aus Pappel werden Decke und Boden aus Masonit geleimt, einer vor 100 Jahren entwickelten Hartfaserplatte aus Holzflocken. Schnell und billig war das in den Anfängen der Danelectro-Produktion, heute gehört das Material zum guten Ton. Durch die dünne Lackierung lässt sich die Struktur von Decke und Boden in bestimmten Winkeln gegen das Licht gut erahnen.

In der oberen Hälfte der Decke, die in der treffend bezeichneten Farbe „Red Hot“ lackiert ist, befindet sich ein großes F-Loch mit einem sauberen Binding, das den Blick auf das hier geschwärzte Innere freigibt. Die gesamte Decke ist passend zum F-Loch cremefarben eingefasst, Zargen und Rückseite glänzen in makellosem Schwarz. In der gleichen Farbe und mit der gleichen Sorgfalt wurden auch der Hals und die Kopfplatte lackiert. Der Headstock hat die typische Coke-Bottle-Form und ist leicht abgewinkelt mit einer zarten Volute zur Verstärkung, weil an dieser Stelle auch der Zugang zum Stahlstab sitzt. Verstärkung ist vielleicht auch für die kleinen Gitarrenmechaniken im Vintage-Kluson-Stil wünschenswert, aber wer die gut funktionierenden Tuner für spiddelig hält, hat noch nie an originalen Skate-Key-Mechaniken gedreht. …

Über einen angeschraubten Sattel aus Alu geht es zum Palisandergriffbrett. Im Netz liest man hier meist Pau Ferro, mein Testbass trägt aber eindeutig Dalbergia. Gut sichtbare Dots auf der Front und in der Flanke weisen den Weg, 24 sauber eingesetzte Bünde gibt es zu bespielen. Charakteristisch für die Dano-Longhorns ist die Verschraubung des Halses auf einer langen, etwas schmaleren Zunge des Korpusses, was ungehinderten Zugang zu allen Bünden erlaubt. Leichte Spalten zwischen den beiden Teilen tun der Stabilität keinen Abbruch und sind im Vergleich zu den legendären Originalen harmlos.

(Bild: Dieter Stork)

Verbesserungen wurden schon vor längerer Zeit am Steg vorgenommen. Die Grundkonstruktion besteht nach wie vor aus einer Metallplatte, die mit drei Schrauben in Höhe und Neigung verstellt werden kann und auf der ein Holzstreifen als Saitenauflage angebracht ist. Will man diesen verschieben, muss die ganze Brücke ab, um das kleine Schräubchen von unten lösen zu können. Die Saitenenden werden durch das relativ massige Endstück gefädelt und sitzen da fest drin – bei meinem Original ist es gar nicht so einfach, bei flacher Saitenlage die Ball-Ends so einzuhängen, dass sie nicht ständig fliegen gehen.

Apropos Saiten: Ab Werk sind D’Addario-Shortscale-Saiten aufgezogen. Saiten für eine 30″-Mensur sind auch Pflicht, damit die Wicklung rechtzeitig vor der Mechanik passend dünn ausläuft. Was zum legendären Ruf der Danelectro-Instrumente beigetragen hat, sind auf jeden Fall die Lipstick-Pickups. Im Original handelt es sich dabei um krude gefertigte Abnehmer mit einer Drahtwicklung direkt auf dem Magneten. Sie wurden in Lippenstifthülsen verpackt, die billiger waren als normale Pickup-Cover. Wie die gesamte Machart des Instruments war dies eindeutig von einem möglichst niedrigen Preis getrieben, zeigt aber wie der Rest des Longhorns auch einen hohen Kult- und Wiedererkennungswert. Die heutigen Tonabnehmer sind mit speziellen Spulenkörpern um die Alnico-Barren deutlich besser konstruiert, behalten aber – so viel kann ich verraten – ihren typischen Klang. Dazu gehört auch, dass in der Mittelstellung des satt klackenden Dreiwege-Schalters die Pickups nicht wie bei einem Jazz Bass parallel geschaltet werden, sondern seriell. Volume- und Tone-Regler mit hübschen Metallknöpfen vervollständigen das Regelwerk.

Praxistest und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

HEISSER TON

Bevor es ans Spielen geht, muss der passende Gurt ausgesucht werden: Der vordere Gurtpin sitzt mittig am Halsfuß, sodass manche Gurte mit dicken Enden gar nicht genug Platz haben. Theoretisch würde auch ein Schnürsenkel reichen, so leicht ist der Bass. Und trotzdem nicht kopflastig, da machen sich die Mechaniken positiv bemerkbar. Auch ihr Stimmverhalten und die Stimmstabilität lassen nichts zu wünschen übrig. Mit den bereits beschriebenen Eigenheiten des Stegs muss man leben, geht aber auch gut. Auch ohne die Möglichkeit, jede Saite individuell zu justieren, lassen sich die Saitenhöhe und Oktave korrekt einstellen.

Für die Spielfreude sorgt neben der flachen Saitenlage auch die Nähe zu den tiefen Lagen und die gute Erreichbarkeit aller Bünde; den praktisch barrierefreien Zugang bis zum letzten Bund habe ich ja schon erwähnt. Ungewöhnlich, aber vor allem optisch eine elegante Lösung ist die Höhenverstellung der Pickups, die vom Boden aus mit je zwei Schrauben zu erledigen ist. Mit ihrem geringen magnetischen Zug können sie den Saiten nahe gebracht werden, ohne dass die Lagerung zu weich wird. Die abgerundeten Enden geben gute Daumenstützen ab.

Der Halspickup gibt alleine einen soliden, erstaunlich tragfähigen Ton von sich, mit leicht hohler Note und reichlich Twang. Mit reduziertem Höhenanteil über die gleichmäßig arbeitende Tonblende wird der Ton im positiven Sinn unauffällig. Bei gleicher Einstellung liefert der Stegabnehmer knödelig-präzise Töne, mit Punch, aber auch ohne viel Bass. Kein Wunder, bei der Einbauposition, Unterstützung vom Amp nimmt er aber gerne an.

In der Mittelposition wird es dann richtig fett! Und vor allem im Vergleich zum Stegpickup solo deutlich lauter, ein einfaches Hin- und Herschalten ist nur möglich, wenn man den Boost mit einplant. Der nicht gerade hohe Output der Einzelpickups addiert sich zu einem druckvollen, treibenden Ton mit so viel MITTEN, dass ich das in Großbuchstaben schreiben MUSS. Dabei geht der Twang nicht unter, und die honkig-hohle Note in den Hochmitten ist ebenfalls dauerpräsent. Es macht einfach wahnsinnig Spaß, sich damit durch die Band zu drücken – egal, ob Fingerstyle gezupft oder mit dem Plektrum beackert. Sogar der Slap-Ton ist so originell wie nutzbar, wenn man sich mit den engen Saitenabständen arrangieren kann.

Was der Longhorn naturgemäß nicht so drauf hat, sind ewig lang stehende Töne. Der eher schnelle Abfall direkt nach dem Attack gehört zum Sound einfach dazu, was nicht heißen soll, dass der Bass gar kein Sustain hat, das kommt nur auf einem etwas niedrigeren Energieniveau noch mittellang hinterher. Bei entsprechender Lautstärke kommt die Konstruktion aber so ins Resonanz-Schwingen, dass der Longhorn doch anfängt zu singen.

RESÜMEE

Das macht Spaß! In der neuen „Red Hot“-Ausführung bietet der Danelectro 58 Longhorn Bass für einen vertretbaren Aufpreis ein schneller zu bedienendes Schalt- und Regelwerk, vor allem aber eine scharfe Optik. Sämtliche Vorteile des Instruments bleiben: Das Gewicht ist überaus erträglich, die Balance dank kleiner Kopfplatte und leichten Tunern perfekt, der Bass ist so kompakt, dass er in einer E-Gitarrentasche Platz findet. Mit der einfachen, aber gegenüber den Originalen sinnvoll verbesserten Brücke ist eine gute Bespielbarkeit einstellbar, und vor allem glänzt der Bass neben der ganz eigenen Form auch mit einem ganz eigenen Sound. Dieser ist vor allem in der Mittelstellung drückend und durchsetzungsstark, mit etwas Schub und Liebe vom Amp halten aber auch die Einzelpickups mit ganz eigenen Farben mit. Die Vibes des Originals fängt der Red Hot sehr schön ein, wie mein alter 64er Longhorn bezeugen kann, die Verarbeitung ist bei gleich gebliebener Bauweise aber mittlerweile viel besser. Toller Bass! ●

PLUS

  • Optik
  • Sound
  • Bespielbarkeit
  • Balance
  • Gewicht
  • Verarbeitung


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2025)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. ich bin ohnehin ein Longhorn Fan, und das ist mein Dritter! Endlich ein solider Dreiwegeschalter und vernünftige, sahnig laufende Potis. Der gewohnt schlanke Hals und eine perfekte Saitenlage…Über den roten Markbass AMP und die Markbass 15er Box kann er so berückend knallen, daß mein Drummerfreund gar ins schwärmen gerät und nicht anderes mehr hören will.
    i love ist!

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  2. Ich bin ein Longhorn-Fan, ich halte jedoch einen Tausch des Stegs für unbedingt vorteilhaft – ich habe vier ABM Single Bass Stege montiert, da ging der Sound ab!
    Und den Korpus künstlerisch wertvoll gestaltet – ist und bleibt mein Lieblingsbass!

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