Mythos & Twang: Fender Gold Foil Telecaster EB CAB im Test
von Christopher Kellner,
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(Bild: Dieter Stork)
Mythen und Legenden ranken sich um einen mittlerweile gar nicht mehr so obskuren Tonabnehmer aus der Urzeit der elektrischen Gitarre: den Gold-Foil-Pickup. Nun bringt Fender erstmalig Klassiker ihres Katalogs mit dem Twang-Geheimtipp an Bord auf den Markt.
Über den Ursprung des „Gold Foil“-Pickups gibt es keinen Konsens (siehe Infokasten), allerdings trendet der Tonabnehmer seit einigen Jahren in Gitarristen-Kreisen; nicht nur wegen Ry Cooder, der bekanntlich seine Strats mit Gold Foils modifizieren ließ, sondern auch wegen der Rennaissance obskurer Gitarren von Teisco, Harmony oder Silvertone in den Händen von Indierockern wie Dan Auerbach oder Jack White. Auch der versierte Bluesrocker Joey Landreth wurde mit einer Strat gesehen, in deren Pickguard zwei Gold Foils steckten.
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Der Gold Foil grenzt sich mit einem sehr spezifischen Sound von normalen Singlecoils, Humbuckern, Filtertrons oder P90s ab – und ob und wie das auf die hier vorliegende Fender Gold Foil Telecaster zutrifft, werden wir uns nun näher anschauen. Die Tele ist dabei Teil einer „limitierten“, im Mexiko-Werk hergestellten Serie. Eine Jazzmaster und ein Jazz Bass stehen ihr zur Seite, eine Stratocaster seltsamerweise nicht.
ANDERS ALS ERWARTET
Rutschen wir mal von oben nach unten an dem an sich wohlbekannten, nun schon mehr als 70 Jahre alten Design entlang: Die Vorderseite der Kopfplatte hat Fender „matching“ zum Finish des Korpus lackiert, darauf prangt golden das Logo mit Modellbezeichnung; ein einzelner String Tree sorgt für ausbalancierten Saitendruck im Sattel bei H- und E-Saite. Bei den Mechaniken handelt es sich um Vintage-Kluson-Style-Typen, die jedoch weiße Knöpfe haben. Angenehmerweise befindet sich der Zugang zum Spannstab des Halses hier an der Kopfplatte.
(Bild: Dieter Stork)
Weiter führen die Saiten über einen Sattel aus synthetischem Knochen, dann über ein Griffbrett aus Ebenholz (!) mit 21 Bünden zum Body. Fender bezeichnet die Bünde als „Medium Jumbo“, ich finde sie eher schmal, aber keinesfalls handelt es sich um Vintage-„Spaghetti“-Drähte. Mit einem Radius von 12″ hat Fender der Gold Foil Telecaster auch ein – für die Firma – ungewöhnlich flaches Profil verpasst. Moderne Spieler wird es freuen, Vintage-Aficionados vielleicht nicht so sehr. Die Rückseite des schlanken Ahornhalses mit „60s C“-Profil wurde mit einem Polyurethan-Finish seidenmatt lackiert, sehr schmeichlerisch für die Hand.
Weiter geht es zum Korpus aus – Mahagoni! Man merkt: Was nach Tele aussieht, weicht in den Spezifikationen doch deutlich vom Ur-Rezept ab, und viele Details sind für Fender recht modernisiert. Das Testmodell wurde makellos in der Farbe „Candy Apple Burst“ lackiert, eine Art „metallisch glitzerndes Rot mit schwarzem Rand“. Alternativ kann man das gute Stück auch in einem gedeckteren „White Blonde“ erwerben.
Den Abschluss bildet eine gekürzte Ashtray-Bridge mit drei Messingreitern. Zwischen dieser und dem Hals sitzen die Herzstücke: die beiden Gold Foils. Es handelt sich dabei nicht, wie in den 1950er-Jahren von DeArmond und Teisco, um Singlecoils, sondern um Mini-Humbucker mit einem durchaus starken Output – von der legendären „Schwäche“ alter Gold Foils kann hier also keine Rede sein. Werden sie aber dem Mythos gerecht – und twangen sie amtlich?
GLASIGES SCHMATZEN, GRUNZEN, KNURREN
Mit 3,8 kg handelt es sich bei der Gold Foil Telecaster nicht gerade um ein besonders leichtes Exemplar ihrer Gattung, zum Chiropraktiker muss man aber auch nach einem langen Gig nicht. Hier macht sich der Mahagoni-Korpus wohl bemerkbar. Trocken angespielt erfreut mich der mattierte Hals mit sanft verrundeten Bundkanten. Mir persönlich sagen auch das flache Griffbrett und die Medium-Jumbo-Bünde sehr zu – das ist sicherlich Geschmackssache, der eine oder andere Tele-Apostel wird vielleicht „Sakrileg!“ rufen. Man bekommt hier nicht „klassische Tele-Rezeptur, nur mit Gold Foils“. In der Tele-Gruppe auf Facebook wird man ja fast rausgeworfen, wenn man äußert, dass man sich mit der Bespielbarkeit einer Vintage-Tele schwertut – meine an moderne, flache Griffbretter gewöhnten Griffel fühlen sich mit der Gold Foil halt sofort wohl. Da muss man nicht kämpfen, da sterben keine Töne beim Bending bei niedrigerer Saitenlage ab.
Vielleicht höre ich die Flöhe husten, aber ich meine, bereits beim trockenen Anspielen auch den Mahagoni-Korpus im Klangbild ausmachen zu können – da ist eine silbrige, kehlige Note im Klang, die ich von einer gut eingestellten Les Paul Special mit frischen Saiten kenne. Dazu liefert die Bridge-Konstruktion der Gold Foil den Tele-typischen „Knack“.
Nun mal ran an den Amp. Beim ersten Antesten wusste ich noch nicht, dass es sich bei den hier verbauten Gold Foils um Mini-Humbucker handelt – weshalb ich sehr verdutzt war ob des Mangels an Nebengeräuschen und Mikrofonie. Das alles wird hier nämlich nicht geboten, dafür aber ein sehr klarer, charakterstarker Klang, der durchaus Alleinstellungsmerkmale hat. Der Bridge-PU twangt herrlich aus den Boxen und liefert den „Schmatz“-Sound, den man von Gold Foils liebt. Ihm fehlt die Schärfe, wie man sie vom normalen Singlecoil in der Bridge einer Tele kennt, aber er twangt deshalb nicht weniger – gefälliger, lieblicher, nicht so aggressiv.
Das erweist sich im Zerrbetrieb als vorteilhaft, wo er bei weitem nicht so giftig agiert und sich Nebengeräusche erfreulich in Grenzen halten. Country, Roots-Rock, Americana, Rock’n’Roll, quasi alles, was grunzt und knurrt, ist hier toll machbar. Natürlich sind die Bässe nicht so stark wie bei einem Humbucker, aber das ist auch nicht gewollt und kann am Amp nachgeregelt werden.
Geschichte der Gold Foils und Resümee auf Seite 2 …
GOLD FOIL PICKUPS – GESCHICHTE UND BAUWEISE
Wer hat’s erfunden? Darüber gibt es beim Thema Gold-Foil-Pickup keine absolute Einigkeit. Fakt ist: In den 1950er-Jahren tauchten Pickups, die man als Gold Foils bezeichnen kann, sowohl auf den allerersten japanischen Teisco-Gitarren auf, als auch auf den damals noch billigen Kaufhaus-Gitarren der Marke Harmony, die mit Tonabnehmern von DeArmond bestückt wurden.
„Gold Foil“ ist auch keine offizielle Typenbezeichnung (wie bei so vielen Dingen in der bunten Welt der Gitarren, man denke an das „Horseshoe-Bigsby“ oder die „Hertiecaster“). Diese Tonabnehmer heißen so, weil eine oft goldfarbene Folie den Metallrahmen nach oben abschließt. Und die ist natürlich nicht aus echtem Gold – auch wenn man das bei den im Gebrauchtmarkt aufgerufenen Preisen für alte Gold Foils vermuten könnte – sondern aus gestanztem Aluminium.
Was macht den Gold Foil so besonders? Er basiert, anders als Fender-Singlecoils oder P90s, nicht auf Alnico-, sondern auf Ferrit-Magneten. Der Kupferdraht wird dabei um den Magnetbalken gewickelt, Bobbins gibt es oft nicht. Das Resultat ist ein recht schwacher Output, der aber – je nach Ohr – mit feinster Höhendynamik und großer „Touch Sensitivity“ aufwartet. Die Folie selbst hat keinerlei Auswirkungen auf den Sound.
In seiner Ursprungszeit war der Gold Foil verpönt, auch weil er auf damals recht billigen Kaufhausgitarren (Silvertone, Harmony usw.) verbaut wurde, die qualitativ abfielen im Vergleich zu Gibson und Fender. Je rockiger der Musikgeschmack wurde, desto weniger war der Gold Foil als Pickup geeignet, die Bedürfnisse der Zeit zu befriedigen. Man muss ja nur mal eine 1961er Silvertone Jupiter durch einen aufgerissenen Marshall spielen … das kann Spaß machen, ist aber abenteuerlich im Resultat. Deshalb fristete das Pickup-Design ein Schattendasein, lediglich Spezialisten des guten Tons wie Ry Cooder wussten ihn zu schätzen.
Er ließ alte Guyatone-Gold-Foils sogar in seine Strat einbauen, wusste er doch, wie gut sich der vokale, durchaus mikrofonische Sound für crunchy Slide-Spiel eignet – zu hören ist u.a. das auf dem Rolling-Stones-Song ‚Sister Morphine‘. Nach dem Ende der US-Kaufhausgitarren und der japanischen Surfgitarren-Welle in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre findet man Gold-Foil-Designs nur noch vereinzelt auf taiwanesischen und koreanischen Sperrholz-Gitarren in den 1970er-Jahren.
Danach war erstmal Schluss. Erst das Vintage-Cheapo-Revival, maßgeblich befeuert von Jack White und Dan Auerbach (The Black Keys) leutete die Wiederentdeckung des Gold Foils ein. Heute gibt es zahlreiche Neuinterpretationen, im teuren Boutique-Sektor zum Beispiel von Lollar oder Mojo Pickups, aber auch günstige Versionen von Roswell und GFS. Die Probleme der alten Gold Foils wurden dabei ausgemerzt, und mittlerweile gibt es auch Formate, die sich in normale Pickuprahmen und Schlagbretter einsetzen lassen. Die alten Gold Foils waren oft nicht mal im Abstand zu den Saiten anpassbar.
Man sollte bei einem Kauf nur darauf achten, ob man Singlecoils oder Humbucker möchte, denn mittlerweile gibt es das Gold-Foil-Design auch doppelspulig. Das entspricht zwar nicht der Vintage-Orthodoxie, löst aber natürlich noch ein weiteres Problem alter Gold Foils – das Nebengeräusch-Level und die Empfindlichkeit gegen Einstreuungen. Wer sich auf die Gold-Foil-Reise begibt, wird mit einem glockigen, leicht metallischen und immer sehr twangy Sound belohnt.
Beide Pickups zusammen perlen mit mehr Höhen und Schimmer aus dem Lautsprecher als man das sonst so gewohnt ist – fast eher wie die Mix-Position von Bridge und Middle-Pickup einer Stratocaster. Da verwundert es kaum, dass der Hals-Tonabnehmer ebenfalls deutlich heller klingt, als man erwartet – in etwa so, wie die Kombi aus beiden Pickups bei einer normalen Telecaster! Wer hier einen jazzigen, total gerundeten Ton sucht, muss das Ton-Poti bemühen. Insgesamt hat der Klang immer etwas „glasiges“, egal in welcher Position – und das ist eben ganz typisch für Gold Foils.
RESÜMEE
Ein ungewöhnliches Konzept, das Fender hier mit der Gold Foil Telecaster anbietet: Obgleich „Gold Foil“ fast wie ein Synonym für „Vintage“ steht, weicht die Gitarre doch in vielen Aspekten deutlich von der Ursuppe ab. Mir persönlich kommen die Modernisierungen sehr entgegen. Die Pickups sind natürlich der Star dieser limitierten (was wohl heißt: nur dieses Jahr in begrenzter Zahl produzierten) Auflage. Sie schlagen eine schöne Brücke zwischen sinnvoller Modernisierung und „oldschool“-Sounds und heben sich erfrischend von den bekannten Standardklängen ab, ohne die Probleme alter Gold Foils zu reproduzieren. Dem Mythos werden sie durchaus gerecht und liefern amtlichen Twang mit sehr viel „Glas & Metall“ im Ton. Den Preis halte ich ansgesichts der gebotenen Qualität (und der vielleicht zu erwartenden Wertsteigerung oder zumindest Wertstabilität) für einen „No Brainer“.