Legenden auferstanden

Music Man 212 HD 130 + 112 RD 50 Gitarren-Amps im Test

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Music Man 212 HD 130 und112 RD 50

 

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Die 212 HD 130 + 112 RD 50 sind eine Inkarnation der Legende von dem 212 HD 130, dem absoluten Flaggschiff des Programms von Music Man in den 1970rn,. Die technische Konzeption wurde insofern modifiziert, als die Amp-Chassis nun aus Aluminium gefertigt sind, ein Ringkerntrafo im Netzteil sitzt, und zugunsten geringen Gewichts Neodym-Lautsprecher verwendet werden. Deren Typenschild verrät, wer im Hintergrund die Fäden zieht bzw. die Fertigung in den Händen hat.

Die italienische Firma DV Mark stemmt das Projekt. Cheffe Marco de Virgiliis und MM-Eigner Sterling Ball sind dem Vernehmen nach befreundet, daher also die Zusammenarbeit. Als inzwischen ziemlich gewachsener Verstärkerhersteller kann DV Mark in dem Kontext natürlich seine üblichen Ressourcen nutzen: Die Amps/Combos werden nicht wie ehedem in USA hergestellt, sondern in Indonesien. Und, um das gleich zu sagen, die Fertigungsqualität liegt sehr hoch (allerdings: muss man so großzügig mit der Klebepistole zulangen?). Es wird zwar rationell produziert – alle Röhrenfassungen befinden sich auf der Platine –, aber eben auf hohem Niveau und unter Verwendung bester Bauteile. Bei beiden Amps ist übrigens ein kleiner Lüfter eingebaut.

Rückseite 212 HD 130

Nicht die einzige Änderung gegenüber früher. Innen sehen die Verstärker ganz anders aus. Klar, die moderne Technik, CE-Norm und RoHS fordern ihren Tribut. Soweit ersichtlich, ist die Elektronik jedoch im Prinzip identisch. Das schließt beim HD 130 eine ECC83 als Treiberröhre für die EL 34 ein (bei späteren Generationen wurde damals auf Halbleiter umgerüstet, was nicht unbedingt geschickt war, denn die Phasenumkehrstufe ist doch ziemlich bedeutsam für den Sound). Kenner der Materie wissen, dass der Ur-HD 130 seine EL34 mit ungewöhnlich hohen Anodenspannungen fütterte. Auch das ist in der Replika umgesetzt, es liegen ca. 650 VDC an.

Der Low-Power-Modus (Netzschalter) setzt die Spannungen erheblich herab. Die Ausstattung umfasst zwei separate Kanäle mit Dreiband-Klangregelungen. Im Effektkanal sehen wir zusätzlich die Regler Reverb (Federhall), Intensity, Intensity (Vibrato) und Master (-Volume), sowie den so genannten Deep-Switch, der nachhaltig für zusätzlichen Druck im Bassbereich sorgt. Dazu noch ein Fußschalteranschluss für die Effekte und vier Lautsprecherausgänge, mehr hat so ein Vintage-Konzept eben nicht zu bieten. Der 112 RD 50 bezieht seine Energie aus zwei 6L6GC. Die Besonderheit bei ihm ist, dass in der zweikanaligen Vorstufe die Distortion-Sektion (Gain, Volume) neben den Halbleitern eine ECC83 nutzt. Beide Kanäle kommen ohne Mittenregler aus. Auch dieser kleine Combo verfügt über einen Federhall.

Rückseite 112 RD50

 

Praxis

Sollte man die Frage stellen, ob diese Reissues so klingen wie ihre Ahnen damals? Ich denke nein, das ist müssig, solange ein Verstärker/ Combo nicht wirklich präzise einem Vorbild nachgebaut ist. Und hier liegt ja von vorneherein der bedeutsame Umstand vor, dass andere Lautsprecher verwendet werden. Insofern stellt sich eher die Frage, ob grundsätzlich der alte Spirit getroffen ist. Weil ich die Originale kenne, antworte ich darauf: Ja weitgehend. Das hilft dem Leser allerdings nur bedingt weiter, nicht wahr? Um den Charakter des 212 HD 130 zu beschreiben, bemühe ich daher seinen historischen Vorgänger, na klar, den Twin-Reverb, von dem haben doch sicher viele eine Vorstellung. Meine Referenz vor Ort ist ein Alu-Trim-Modell im Bestzustand von 1968 (hat früher mal Ladi Geisler gehört und bei Bert Kaempfert Musik gemacht, hehe… ;-). Ein SF-Twin aus den Mid-70th noch dazu. Klares Ergebnis: Der HD 130 steht denen in Klang und Ansprache ziemlich nahe, in Sachen, Bassvolumen, Dynamik und Leistungsausbeute ist er Ihnen sogar einen Schritt voraus. Hat einfach die dickeren Muckis. Eigentümlich ist bei ihm die Wiedergabe in den Hochmitten und Höhen. Es liegt darin ein etwas offensiveres Timbre.

Der Combo agiert zudem generell höhenlastig. Weswegen der Halleffekt, der eine schöne räumliche Tiefe entwickelt, im Klang betont brillant wirkt. Minuspunkt: Beim Aufdrehen des Reverb-Potis mischt sich deutlich hörbar ansteigend ein Brummen hinzu, was man allerdings nur im Leerlauf wahrnimmt.

Innenleben

Einen gelungenen Eindruck hinterlässt der Vibratoeffekt, wegen seiner Klangqualität an sich und der Tatsache, dass er ein gewisses Plus an Flexibilität besitzt, denn je nach Intensität, ändert sich auch seine Wellenform ein bisschen. Wer glaubt, er könnte sich im Effektkanal dank Volume und Master schön in Distortion suhlen, wird wohl kaum Spaß haben. Marco de Virgiliis behauptet zwar in den Infos da entstünden „all-out sustained distortion tones“, dieses Erlebnis tritt aber nie nicht ein. Medium Overdrive, wenig tragfähig, recht harsch im Charakter tendenziell aggressiv, ist das äußerste der Gefühle. Das ist beim 112 RD 50 ganz ähnlich. Die Röhre in der Vorstufe kann offensichtlich nicht entscheidend für mehr Wärme sorgen.

Immerhin hat der Limiter-Kanal ein schönes, im Höreindruck angenehm musikalisches Volumen und eine andere, etwas mittigere Tonprägung als der Clean-Kanal. Letzterer steht in seiner Natur dem des großen Combo nahe. Relativ hohe Lautstärke, satte Dynamik, ein ausgewogenes Klangbild mit an der geringen Größe gemessen kräftigen Bässen, da wird klar, warum der 112 RD 50 so beliebt war – und vielleicht wieder sein wird. Tiefer Hall auf beiden Kanälen, Effekt und Sound-Wechsel per Fußschalter möglich (gehört nicht zum Lieferumfang), kompakt, geringes Gewicht, wie sein großer Bruder fast durchweg gut Freund mit unterschiedlichsten Overdrive-/Distortion-Pedalen. Solche Combos können viele Freunde finden.

Fazit

 

Die Music-Man-Reissues transportieren viel vom Spirit ihrer Ahnen in die Jetztzeit. Davon abgesehen sind sie schlichtweg kultivierte und kraftvolle Sound-Aggregate, die sich mit tendenziell höhenreichem Charakter tonal weit oben in der Vintage-Rangliste platzieren. Dazu kommen noch die gelungenen Effekte (wenn auch mit leichtem Brummen im Reverb-Weg des HD 130) und die gute Verträglichkeit mit Effektpedalen, sodass man unterm Strich sagen kann, dass die beiden Reissues qualitativ und klanglich empfehlenswert sind. Allerdings wirken die Preise nicht gerade super-günstig.

P l u s

  • Sound
  • Dynamik/Ansprache
  • hoher Schalldruck
  • wohlklingende Effekte
  • HD 130: geringes Gewicht
  • Verarbeitung/Qualität der Bauteile

Übersicht

Aus Gitarre & Bass 02/2015

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Wenn schon Tester von “Fachzeitschriften” Vibrato nicht von Tremolo unterscheiden können…

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