Vollbedienung?

Test: Mooer Little Tank D15

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Mooer Little Tank D15
(Bild: Dieter Stork)

Fleißig, fleißig die Firma Mooer. So wie News sprießen, hat man das Gefühl der chinesische Hersteller bringt jeden Monat ein neues Produkt auf dem Markt. Das hier ist der Newcomer des Monats April. Ein Modeling-Amp, kompakt wie leicht, und doch geradezu luxuriös ausgestattet. Zu haben für zwei grüne Scheinchen. Groß im Sound für kleines Geld?

Den Schwerpunkt im Programm bilden Effektpedale jeglichen Typs, hauptsächlich solche in der platzsparenden Micro-Bauform. Es sind aber auch Multi-FX-Prozessoren darunter. Und Mooer bietet konsequenterweise reichlich Zubehör zum Themengebiet an. In Sachen Verstärkung ist das Angebot (noch) überschaubar; inklusive unseres Testkandidaten sind es vier Modelle, zwei spartanische 5- Watt-Röhrentopteile (Monster AC, -BM), und ein 15 Watt starker digitaler Combo, der Hornet Black (Test in G&B-Ausgabe 03/2018), der anscheinend dem Little Tank D15 Pate gestanden hat. BTW: Was uns der martialische Name „kleiner Panzer“ wohl sagen soll?!

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understatement

Die moderne Technik lässt die Dimensionen der Elektronik schrumpfen. Auf kleinstem Raum wird sehr hoher Funktionsumfang möglich. Wie hier. Das digitale Modeling des Little Tank D15 offeriert 24 Verstärkertypen, abstimmbar in den fünf Regelbereichen Gain, Treble, Mid, Bass, Master (-Volume), dazu 20 Speaker-Simulationen, die auf Impulse-Responses beruhen, sowie drei separate FX-Sektionen namens Mod (9), Delay (5) und Reverb (6). So kommen 20 Effekte zusammen. Im Einzelnen:

Mod: Chorus, Flanger, Phaser Tremolo, Vibrato, Filter, Ringmodulator, Stutter (LFO gesteuertes Killswitch-Muting), Pitch (-Transposing/Harmonizer)

Delay: (DLY): Digital, Analog, Dynamic, Echo, TP (Tape-) Echo

Reverb: (REV): Room, Hall, Church, Plate, Mod (Hall mit Chorus), Spring

Außerdem gibt es noch drei „versteckte“ Parameter in der Amp-Sektion, die nur über das Display bzw. die Eingabe über den Value-Data-Regler adressierbar sind. Volume, Presence und NG/Noise-Gate. Natürlich macht so ein großes Angebot nur Sinn, wenn die Einstellungen gespeichert werden können. Logisch, macht der Little Tank D15. Allerding stiftet Mooers Homepage diesbezüglich Verwirrung, indem von „99 programmable Presets“ die Rede ist. Wo, fragt sich. Die in Englisch verfasste Bedienungsanleitung spricht lediglich von 40 belegbaren „Patches“ (Eingabefehler des Webmasters?).

Die vier Taster „A…D“ dienen übrigens dazu, Favoriten schnell griffbereit zu haben. Weitere Facts: Die maximale Ausgangsleistung von nominal 15 Watt erzeugt eine Class-D-Endstufe. Über die Anschlüsse Send und Return können externe (Effekt-) Geräte eingeschleift werden. An der Rückseite sind außerdem ein Kopfhörerausgang und ein Aux-In zum Einspielen von Playbacks o. ä. vorhanden. Letzteres ist auch via Bluetooth möglich.

Das Gehäuse des Little Tank D15 besteht aus einem Stahlblechchassis, das in einen Alu-Rahmen eingelassen ist. Die Verarbeitung ist einwandfrei, das Gerät macht einen zuverlässigen Eindruck.

Mooer Little Tank D15
(Bild: Dieter Stork)

wohlklang?

Ich zäume das Pferd mal von hinten auf: so ein großzügiges Konzept für nur € 200, meckern darf angesichts dessen nur erlaubt sein wenn sich der Little Tank D15 wirklich böse Schnitzer leistet. Aber nein, da kann ich schon von vorneherein beruhigen. Man mag sich bestenfalls an der verhaltenen Helligkeit des Displays stören, aber echte Kritikpunkte tauchen nicht auf. Erfreulich ist, dass man die Bedienung intuitiv erfassen kann und nicht erst lange im Manual stöbern muss. Auch die Handhabung erweist sich als günstig. Die kleinen Poti-Knöpfe lassen sich besser bedienen als erwartet. Indem man nicht richtig hinfasst, sondern sie im Bereich der schmalen geriffelten Flächen mit der Fingerkuppe berührt/bewegt.

Solche Punkt sind nicht unwichtig, primär von Bedeutung ist aber, welche Qualitäten der Proband in der Tonformung frei macht, exklusive Effekte. Denn damit und nur damit steht und fällt die Performance eines jeden Verstärkers. Cleane Sounds sind für Modeling-Amps keine große Herausforderung. So meistert auch der Little Tank D15 diesen Aufgabenbereich ziemlich elegant, zwar nur gering voluminös aber mit schöner Transparenz und frischer Wiedergabe in den oberen Frequenzen. Die Bässe und untersten Mitten bleiben stets schlank. Er kann da nicht nachlegen, vermutlich, weil sonst die „kleine“ Endstufe überfordert wäre.

Eine schwierigere, um nicht zu sagen die schwierigste Disziplin besteht (nicht nur) für Modeling-Verstärker im Formen von Anzerrungen, leichtem Overdrive bis Crunch. Auch diese Bewährungsprobe besteht der „kleine Panzer“ allemal zufriedenstellend. Weil er Akkorde erfreulich harmonisch auflöst und mit einer recht sensiblen Dynamik dem Anschlag des Spielers folgt – ohne dies ist ausdrucksstarkes Spiel nur bedingt möglich.

Während sich dieses Gain-Niveau z. B. für Blues und Retro-Rock eignet, schlummern in dem Mooer-Amp letztlich noch weitaus „bösere“ Distortion-Farben. Bis hin zu veritablen Metal-Sounds. Von fett singend bis zu ätzend beißendem und hochverzerrtem Ultra-High-Gain-Brett. Im Klang/Höreindruck grundsätzlich überzeugend und qualitativ weit besser als man es angesichts des Preises vielleicht erwarten würde.

Plakative Beispiele für die beiden Tonfarben hört man in den Werks-Presets P24/MKIV (Mesa-Boogie-Klon) und P40/PV5150 (zitiert das Modell 5150 von Peavey). Aber Anmerkung: Wie so oft sollte man die Titel der Amp-Typen nicht für bare Münze nehmen. So weit reicht die Charakterstärke dann doch nicht. Tendenziell harsche Höhen und „drängelnde“ Mitten, auch damit muss – und kann – man leben.

Kompromissbereitschaft fordert auf jeden Fall die Basswiedergabe (siehe oben). So „groß“ die Distortion-Sound klingen, sie entwickeln kaum Schub von unten (über Lautsprecher). Gedämpft gespielte tiefe und tiefergestimmte Linien pumpen bestenfalls ansatzweise – eigenartig, unter Kopfhörer sieht das anders, besser aus. Die 15 Watt sind im Übrigen nicht so laut wie man meinen möchte.

Ausschließlich Lob gebührt der Effektsektion. Die Auswahl ist reichhaltig und in der Signalqualität am Preis gemessen hervorragend. In den Zusammenhang sticht beispielsweise das Harmonizing positiv hervor, wegen seines gleichermaßen präzisen wie schnellen Trackings. Und das Sahnehäubchen auf all das ist eine adäquat abgestimmte Speaker-Simulation mit ausschließlich sinnvollen, praxisgerechten Cabinet-Modes. Das macht unterm Kopfhörer, wie auch beim Recording Spaß.

alternativen

Nur wenn man die kompakte Bauweise des Little Tank D15 außer Acht lässt, finden sich andere Optionen. Bzw. Singular, eigentlich nur eine. Und zwar im 2×20 Watt starken ID:Core 40H Stereo Head von Blackstar, ebenfalls sehr leistungsfähig und im Preis noch günstiger.

resümee

Eigentlich darf das gar nicht wahr sein, so viel Amp für so kleines Geld! Ansprechende Sound-Formung bei geringer Latenz, viele und gute Effekte, variable Speaker-Simulationen: da ist sozusagen mehr drin und dran als man sich von so einem Low-Budget-Produkt wünschen kann. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist somit ganz klar ausgewogen bis günstig.

Mooer Little Tank D15

Mooer Little Tank D15


Hinweise zu den Soundfiles.

Für die Aufnahmen kam ein Kondensatormikrofon mit Großflächen-membran zum Einsatz, Typ C414 von AKG.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und abgemischt. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuert die Raumsimulationen bei.

Die Instrumente sind eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg) und eine Steinberger GL4T.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

Fragen, Anregungen und ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de. Es klappt nicht immer, aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

Text + Musik: Ebo Wagner (GEMA)

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(erschienen in Gitarre & Bass 07/2018)

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