(Bild: Dieter Stork)
Die Effekt-Schmiede KHDK veröffentlicht derzeit eine beeindruckende Anzahl limitierter Pedals. Eins, das für besonderes Aufmerken in der Szene gesorgt hat, ist das Pedal, das zusammen mit Joe Duplantier von Gojira entwickelt wurde.
Das Portfolio von KHDK ist mittlerweile auf eine beachtliche Zahl von Signature-Pedalen gewachsen. Künstler wie Scott Ian (Anthrax), Nergal (Behemoth) oder auch Gary Holt (Slayer) haben sich mit David Karon, dem Mastermind hinter KHDK, zusammengetan und sich gemeinsam ein paar spannende und optisch ansprechende Pedale ausgedacht. Nun reiht sich auch Joe Duplantier in diesen erlesenen Zirkel ein, seines Zeichens Sänger, Gitarrist und, zusammen mit seinem Bruder Mario, Haupt-Songwriter der französischen Metal-Giganten Gojira.
(Bild: Gabrielle Duplantier)
Neben ihren amerikanischen Kollegen von Lamb Of God und den polnischen Finsterlingen von Behemoth gehören Gojira ohne Zweifel zu den relevantesten Metal-Bands, die es derzeit gibt. Aber nicht nur den Gesang und die Gitarre übernimmt der sympathische, in New York ansässige Franzose. Mittlerweile hat Joe Duplantier in seiner Wahlheimat ein eigenes Tonstudio eröffnet, das ihm und seiner Band als Refugium für allerlei Klangexperimente dient und in dem die Brüder permanent am präzisen Sound der Band feilen.
(Bild: Dieter Stork)
EIN LANGER WEG
Der Weg zur Fertigstellung des Gojira Drive war vielleicht nicht ganz so lang wie der von Gojira bereits im Jahr 2005 besungene Weg vom Mars zum Sirius, aber es hat schon eine Weile gedauert, bis das Pedal grünes Licht von Joe Duplantier bekam. Genauer gesagt kam es bereits 2016 zum Erstkontakt zwischen dem Gojira-Camp und KHDK. Zu diesem Zeitpunkt hatte Joe schon mehrere Pedale von KHDK in seinem Rig und auch Bassist Jean-Michel Labadie wurde bereits mit einem Abyss-Bass-Overdrive mit speziell gestaltetem Gehäuse versorgt. Auf dem im gleichen Jahr erschienenen Album „Magma“ ist beispielsweise KHDKs No.1-Pedal ein wichtiger Bestandteil des Gitarrensounds.
Die Grundidee der Zusammenarbeit mit Joe Duplantier war zunächst, einen reinen Booster zu entwerfen, der vor allem die ausgeprägten Obertöne und das schnelle Attack seines Sounds in den Vordergrund stellen sollte. Gemeinsam mit Cheftechniker Antonin Salva wurde ein Prototyp gebaut, der neben einem Level- und einem Gain-Regler auch noch einen aktiven 2-Band-Equalizer mit an Bord hatte.
Das Ergebnis wusste offenbar zu gefallen: Mittlerweile ist das Gojira Drive nicht nur ein fester Bestandteil von Joe Duplantiers Rig sondern hat sich zu seinem „Always on“-Pedal gemausert. Neben den KHDK-Pedalen ist vor allem der 5150-III-Verstärker von EVH (in verschiedenen Versionen) bereits seit den späten 2000er-Jahren der zentrale Bestandteil von Joes Gitarrenanlage. Dass das Gojira Drive aber längst nicht nur vor diesem Amp zu beeindrucken weiß, zeigt sich im Praxistest.
Optik, Verarbeitung und Sound auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
DER SHOOTING STAR
Schon rein optisch tanzt das Gojira Drive ein wenig aus der Reihe: Das hier zum Test vorliegende Gerät ist eine auf 333 Exemplare limitierte Sondervariante, kommt mit einem blau pulverbeschichteten Gehäuse (die reguläre Version war schwarz) und einer von Hand gedruckten Grafik, die vom Künstler Dan Kurz entworfen wurde und auf einem Entwurf basiert, den er bereits für das für Jean-Michel Labadie designte Abyss-Overdrive im Sinn hatte. Das Artwork orientiert sich an Elementen indigener Malereien, die bei Gojira über die Jahre immer wieder eine Rolle spielen. Schraubt man den mit „Made in Prague“ beschrifteten Boden des Gojira Drive ab, sieht man im Grunde nichts weiter als die Unterseite einer geschwärzten Platine. Immerhin ist Platz, um eine 9V-Batterie unterzubringen.
(Bild: Dieter Stork)
Neben dem Bypass-Schalter und zwei blauen LEDs ist das Pedal mit vier Reglern für Volume, Gain, Bass und Treble ausgestattet – eigentlich also eine recht simple Angelegenheit. Stirnseitig montiert befinden sich die beiden kräftig zupackenden Klinkenbuchsen sowie der Anschluss zur Stromversorgung. Obwohl ursprünglich als Booster konzipiert, wird schon bei allen Reglern in der Mittelstellung klar, dass wir es hier mit einem waschechten Verzerrer zu tun haben.
Der satte Overdrive-Sound hat genug Gain, um für ein schön langes Sustain zu sorgen; gleichzeitig aber treten wunderschön explosive Obertöne zu Tage, die mit einem knackigen Attack unterfüttert werden. Je nach Stellung des Gain-Reglers reicht das Gojira Drive vom reinen Cleanboost bis hin zu einem satten Distortion-Sound, der allerdings immer noch „sophisticated“ genug bleibt, um nicht in matschige Gefilde zu geraten. Die aktive Klangregelung greift effizient aber sehr geschmackvoll und musikalisch ins Geschehen ein.
Dreht man Bass und Treble auf etwa zehn bis elf Uhr, entsteht ein breit angelegter, schön trocken klingender Mitten-Boost, der, je nach verwendetem Instrument und Stimmung, besonders auf den tiefen Saiten etwas mehr Klarheit schafft. Gerade tiefer gestimmte Gitarren mit kürzerer Mensur profitieren hier besonders. Dreht man beide Regler nach rechts, entsteht eine schöne Mitten-Badewanne, die eher modern-gescoopte Metal-Sounds ermöglicht und vor allem in den Höhen für richtig viel „Buzz“ sorgt. Beachtlich ist, wie feinfühlig sich das Gojira Drive in das bestehende Setup einfügt, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu drängeln. Gleichzeitig aber konnte ich aus meinem völlig clean eingestellten Testverstärker mühelos einen vollwertigen, in den Mitten präsenten Metal-Sound herauskitzeln. Es wundert also nicht, das Joe Duplantier das Gojira Drive nicht mehr ausschaltet.
RESÜMEE
Ganz klar: 300 Euro für ein relativ simpel aufgebautes Overdrive-Pedal sind schon ein gewaltiger Schluck aus der Pulle! Ob das Gojira Drive einem diese Summe wert ist, bleibt letztendlich eine individuelle Entscheidung. Für eingefleischte Gojira-Fans ist dieses Pedal sicher verlockend, schließlich bekommt man hier ein Custom-Shop-Pedal, das in enger Zusammenarbeit mit Joe Duplantier für dessen Sound-Wünsche entworfen wurde. Das Ergebnis ist in der Tat beeindruckend: Das Gojira Drive deckt nicht nur ein breites Spektrum von Zerrsounds ab – es entpuppt sich zudem als ausgesprochen effizientes Werkzeug, um den Grundsound im Zusammenspiel mit dem Verstärker zu formen, ohne aber den Klangcharakter des Instrumentes zu sehr zu verbiegen.
Wer also auf der Suche nach einem wirklichen Schweizer Taschenmesser für sein Pedalboard ist, könnte mit dem Gojira Drive tatsächlich gut beraten sein. Bleibt nur zu hoffen, dass KHDK in absehbarer Zeit eine Neuauflage dieses Pedals ins Auge fasst – es wäre einfach schade, wenn es bei den ersten 333 Exemplaren bliebe. Mehr davon bitte!
PLUS
- Klangqualität
- Optik
- vielseitiger Anwendungsbereich
- aktive Klangregelung
(erschienen in Gitarre & Bass 03/2023)