+++ Album Review: Klexos – Apocryphal Parabolam +++

Metal Guitars: Jackson Soloist Arch Top Extreme SL27

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(Bild: Simon Hawemann)

In einer Glas-Vitrine sah ich vor ein paar Jahren auf der NAMM eine Jackson Soloist aus dem US Custom Shop, bei der mir einfach die Spucke wegblieb. Die Kombination aus dem Blue-Sparkle-Finish, dem weißen Humbucker und Singlecoil und der Chrome-Hardware traf einfach genau meinen 80s-Nerv. Neben all diesen schwarzen Gitarren, die ich besitze, habe ich doch wirklich eine Schwäche für den Look dieser Ära …

Das Original: Custom-Shop-Messestück der NAMM 2018 (Bild: Simon Hawemann)

Und dieser zeigt sich auch in meiner eigenen Sammlung zaghaft – in Form einer Ibanez RG550 in Road Flare Red und einer Neuauflage der Ibanez RG565 in einem Blau, welches der Jackson nicht unähnlich ist. Aber wie das so ist mit Jackson-Custom-Shop-Instrumenten: Sie sind für die meisten von uns einfach nicht erschwinglich. Umso erfreuter war ich zu sehen, dass Jackson die Gitarre für 2021, drei Jahre nach ihrem NAMM-Debüt, als limitiertes Serienmodell in der drei Modelle umfassenden Jackson-Wildcard-Serie in sein Line-up aufgenommen hat.

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HIGH END IMPORT

Interessant ist an der Soloist neben ihrer Custom-Shop-Inkarnation, dass sie Teil der neuen made in Korea High-End-Serie von Jackson ist. Was das heißt? Nun, zunächst mal heißt das, dass diese Gitarre einen stolzen Preis von € 1999 kostet und trotzdem weder made in Japan, noch made in USA ist. Mit dem Gedanken werden sich viele Leute erstmal anfreunden müssen, und das wird dauern. Aber vergessen wir an dieser Stelle nicht, dass vor ein paar Dekaden auch Gitarren made in Japan den Ruf hatten, günstige Importe zu sein. Die Zeiten ändern sich halt und Korea sowie auch Indonesien holen auf. Ganz davon zu schweigen, dass Gitarren allgemein nicht billiger werden.

Aber die große Frage ist ja, ob die SL27 ihr Geld wert ist. Statt dies voreilig zu beantworten, hole ich erstmal etwas aus. Der Wert einer Gitarre wird nicht nur daran bemessen, aus welchem Land sie kommt. Auch die verbaute Hardware trägt zum Preis bei. Und was das angeht, wird bei der Soloist nicht gekleckert, sondern geklotzt.

Markenware: Floyd Rose made in Germany und DiMarzio Pickups (Bild: Simon Hawemann)

Das Floyd Rose ist made in Germany, die Stimm-Mechaniken aus dem Hause Gotoh, die Tonabnehmer von DiMarzio und die Straplocks von Dunlop. Wir haben es hier also nicht mit dem typischen Import-Phänomen zu tun, dass bei der Hardware und den Tonabnehmern auf billige Alternativen zurückgegriffen wird – nein, Jackson fährt hier voll auf, wohl wissend, dass man bei der Kombination aus Preissegment und Kostenfaktor keine halben Sachen machen darf.

Die Bünde der Soloist sind durchweg gut verarbeitet, Luminlay-Sidedots leuchten im Dunkeln. (Bild: Simon Hawemann)

Aber auch in puncto Verarbeitung und Qualität beeindruckt die Jackson. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass es sich hierbei um eine in Japan gefertigte Gitarre handelt. Die 27 (!) Bünde sind 1A abgerichtet, das Finish ist nicht nur ein Hingucker, sondern wirkt insgesamt auch sehr hochwertig und die allgemeine Präzision, mit der hier gearbeitet wurde, ist der Preisklasse angemessen. Wenn man mit der Lupe hinschaut, findet man zwar ein paar kleine Mängel, aber das bleibt bei Gitarren fast jeglicher Preisklasse nicht aus.

Es sparkelt im Hause Jackson. (Bild: Simon Hawemann)

Überhaupt ist das Finish wirklich spektakulär. Große Flakes sorgen besonders im hellen Licht für ein wahres Feuerwerk an Gefunkel, die Mischung aus weißen Tonabnehmern und Chrome-Hardware sorgen für den perfekten Kontrast. Normalerweise stehe ich überhaupt nicht auf Chrome-Hardware, da sie oft billig aussieht und mich an meine erste Einsteigergitarre erinnert, aber ein solch strahlendes Blau wie das der SL27 ist eine der wenigen Farben zu denen Chrome einfach wie die Faust aufs Auge passt. Zusätzliche optische Leckerbissen sind das tiefschwarze Ebenholz-Griffbrett mit dem einsamen Haifischflossen-Inlay aus Perlmutt im 12. Bund.

Geschmackvoll: Ein einsames Shark-Fin-Inlay ziert den 12. Bund. (Bild: Simon Hawemann)

Dazu sorgt das Binding um Griffbrett und Kopfplatte für einen edlen Anstrich. Und wenn wir schon die Kopfplatte erwähnen, können wir keinesfalls verschweigen, dass der Jackson-Reversed-Headstock einfach das Sinnbild einer Metal-Kopfplatte ist. Was soll ich sagen? Mich überzeugt diese Wildcard Soloist rein ästhetisch schon mal voll und ganz. Schauen wir also, ob die Gitarre auch spielerisch hält, was sie verspricht.

Reversed Headstock mit Binding (Bild: Simon Hawemann)

SCHNELL, SCHNELLER, JACKSON

Neben Ibanez gilt wohl keine Gitarrenmarke als so „shreddy“ wie Jackson. Die Dinky und Soloist sind wahre Metal-Gitarren-Urgesteine und kaum weniger ikonisch als die Ibanez RG oder beispielsweise die ESP Mirage und Horizon. Und die Soloist aus der Wildcard-Serie verkörpert förmlich diesen Höher-Schneller-Weiter-Geist der 80er-Jahre – besonders die 27 Bünde tragen dazu natürlich ihren Teil bei.

Die SL27 kommt mit einem perfekten Setup und auf meinen Wunsch im Dis-Standard-Tuning. Die Bespielbarkeit ist wirklich einfach nur beeindruckend: Die Kombination aus Compound Radius, der ultraflachen Saitenlage, dem (trotz Klarlacks auf der Rückseite) blitzschnellen Halses und dem perfekten Setup macht diese Soloist zu einem schier unglaublich gut zu spielenden Instrument.

Der lackierte Hals kam zwar für mich persönlich etwas unverhofft (und das Datenblatt versprach eigentlich etwas anderes), aber die Gitarre ist so spiegelglatt lackiert dass der Hals nicht so schnell klebrig wird wie zunächst befürchtet.

Der durchgehende Hals ist entgegen des Datenblatts ebenfalls Hochglanz lackiert. (Bild: Simon Hawemann)

 

Positiv fällt mir auch das Control Layout auf, bestehend aus einem super-solide agierendem 3-Wege-Schalter und dem Volume- sowie Tone-Potis, die glücklicherweise nicht im Weg sind. Auch wenn die Decke der Soloist als gewölbt vermarktet wird, handelt es sich eher um ein Flat Top mit schräg abgeschliffenen Zargen wie man sie beispielsweise auch an einer Gibson SG findet. Dieser Schliff sorgt, wie so viele clevere Design-Details, für erhöhten Komfort, da der rechte Unterarm damit nicht auf einer scharfen Kante aufliegt. Auch die Cutaways haben einen entsprechenden Schliff, durch den sich der Zugang bis zum 27. Bund ziemlich mühelos gestaltet. Dem Flitzefingerspiel steht also – wenn überhaupt – nur das eigene Talent und Können im Wege. Das Design der Gitarre ist jedenfalls absolut frei von jeglichen Hindernissen.

SOUND

Unverstärkt klingt die Soloist laut, resonant und brillant. Bei großen, offenen Akkorden spürt man die Schwingungen im ganzen Instrument, was schon mal ein vielversprechender Einstieg ist. Mit dem Air Norton S am Hals bin ich bereits, dank meiner Ibanez RG465M, bestens vertraut. Dabei handelt es sich um einen Klingen-Humbucker im Singlecoil-Format. Ich persönlich hätte einen richtigen Singlecoil an dieser Stelle begrüßt, aber vielleicht liegt das auch einfach daran, dass ich bei besagter Ibanez vom Sound des Air Norton S nicht wahnsinnig beeindruckt war. Mir kommt der Tonabnehmer sehr neutral vor. Gut ausbalanciert, aber ohne aufregende Alleinstellungsmerkmale.

Zugegebenermaßen benutze ich den Hals-Pickup aber sowieso nicht so oft. Der DiMarzio Super Distortion am Steg ist ein legendärer Tonabnehmer – der erste Replacement-Pickup überhaupt, der in den frühen 70ern dafür entwickelt wurde, Röhren-Amps in den Overdrive zu pushen. Der erste Eindruck fällt positiv aus: Der Super Distortion scheint mit seinem fetten Sound genau das Richtige zu sein für nicht so tief runter gestimmte Gitarren, da er dem Dis-Tuning einen ordentlichen Push gibt. In den Mitten und Höhen klingt er vor allem sehr crunchy, eignet sich also hervorragend für Rocksounds. Aber mir machen vor allem Thrash-Metal-Riffs Spaß mit der Gitarre und dem Pickup!

RESÜMEE

Diese Gitarre lässt sich so mühelos bespielen – sie gibt mir das Gefühl ein viel besserer Gitarrist zu sein als ich tatsächlich bin. Sie hat das Flitzefinger-Gen so stark in sich verankert, dass es geradezu auf den Spieler überspringt – zumindest geht mir das so. Am Look der Soloist kann ich mich kaum satt sehen. Da hat man im Hause Jackson, bzw. Master Builder Joe Williams im Custom Shop 2018 bereits, alles richtig gemacht.

Ob sich so viele Käufer finden, die bereit sind, knapp € 2000 für eine Gitarre made in Korea auszugeben, wird sich zeigen. Es wird einen Grund haben, warum Jackson das Konzept zunächst mal mit drei limitierten Modellen testet. Qualitativ ist der Preis durchaus gerechtfertigt! Ich bin gespannt, ob andere Hersteller bald auf den High-End-Made-In-Korea-Zug aufspringen werden. Die Soloist SL27 ist definitiv ein überzeugender Einstieg und ein Sinnbild für Jacksons Ruf, in der Shred-Liga ganz oben mitzuspielen.


ALBUM REVIEW

KLEXOS: APOCRYPHAL PARABOLAM

Bei Klexos handelt es sich um eine noch recht unbekannte Band aus dem amerikanischen Underground, die mit ‚Apocryphal Parabolam‘ jüngst ihr Debüt- Album veröffentlicht hat.

Los bricht das Erstwerk mit einem zähen, atonalen Brocken von Song, der aber nur bedingt auf das einstimmt, was einen auf dem restlichen Langspieler erwartet. Dieser wagt sich in Sphären vor, die für Death-Metal-Verhältnisse außerordentlich progressiv und im Falle von Songs wie ‚Adiaphora‘ sogar überaus melodisch ausfallen. Besonderes Talent zeigen Klexos beim Verweben von verschachtelten Riffs, förmlich schwebenden Grooves und dicht gelayerten Soundscapes, die sich oft zu wahren Klangwänden aufschaukeln. Das Ganze endet dann mit dem Titeltrack von ‚Apocryphal Parabolam‘ aber wieder genauso fies, düster, zäh und dissonant wie die Scheibe angefangen hat.

Klexos nehmen einen also mit auf eine regelrechte Achterbahnfahrt durch den extremen und experimentellen Metal, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Mehr zum Album und zur Band unter: https://klexosband.bandcamp.com/

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2021)

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