Mehr als nur Metal: Darkglass Alpha Omega 900 im Test
von Joris Henke,
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(Bild: Dieter Stork)
Kaum eine Firma hat die Basswelt in den letzten Jahren so auf den Kopf gestellt wie Darkglass Electronics. Mit minimalistischen Designs, generationsprägenden Sounds und technischer Finesse steht der Name gleichbedeutend für moderne Bass-Sounds. Der AO900 bringt diese dank potenter Endstufe und durchdachten Zusatzfunktionen auf die Bühne.
Beim Alpha Omega 900, kurz AO900 handelt es sich im Grunde um den „Alpha Omega Ultra“-Pedal-Preamp, kombiniert mit einer potenten ICE-Power-Endstufe. Damit ist er der zweite Teil der leistungsstärksten Klasse des Herstellers, die sonst noch den Microtubes 900 v2 beinhaltet (Review in Ausgabe 09/19).
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Unterschiede zwischen beiden Verstärkern liegen lediglich in den verbauten Preamps, die Funktionen sind davon abgesehen identisch. Das Konzept ist schlüssig: den beliebten Preamp mit einer Endstufe auszustatten und so im besten Fall alles Notwendige in einer Kiste haben. Zur Fernsteuerung im Live-Einsatz gesellen sich noch Anschlüsse für einen proprietären Fußschalter sowie Midi-Funktionen hinzu.
EINMAL ALLES BITTE
Ausstattungstechnisch braucht sich der Amp wirklich nicht zu verstecken. Genau wie der AO Ultra kommt auch der AO900 mit einem rückseitig platzierten Kopfhörerausgang inklusive Aux-In zum Einspielen von Begleitmaterial beim Üben daher. Zum Abrunden des Sounds wurde auch an einen IR-Loader gedacht, über den sich auf drei Speicherplätzen Boxensimulationen abrufen lassen, wobei diese Funktion bei Bedarf natürlich auch deaktiviert bleiben kann.
(Bild: Dieter Stork)
Über eine USB-Verbindung können mittels der hauseigenen Software namens Darkglass Suite nicht nur die Inhalte der Speicherplätze ausgetauscht werden, sondern auch weitere Einstellungen am Gerät vorgenommen werden. Dazu zählen zum einen natürlich Software-Updates aber vor allem lässt sich hier z. B. anpassen, in welchem der vier Betriebsmodi der Kompressor aktiv sein soll. Auch die Funktionen des Fußschalters werden hier konfiguriert, ebenso wie die Zuweisung der zu empfangenden Midi-Befehle. Inzwischen lässt sich die Darkglass Suite auch sehr intuitiv und übersichtlich bedienen und hat mir im Test keinerlei Probleme oder Kopfschmerzen bereitet, sehr gut.
Auch die Verarbeitung der Hardware lässt sich mit nichts anderem als „sehr gut“ beschreiben. Spaltmaße sind klein, Potis drehen mit einem angenehm gleichmäßigen Widerstand und auch intern geht alles seinen rechten Gang. Man muss es den Finnen lassen: Hardware können sie.
NICHT NUR VOLLES BRETT
Obwohl die Firma, insbesondere im Metal-Bereich, viele Fans gefunden hat und dort groß geworden ist, ist der Alpha-Omega-Preamp alles andere als ein brachiales One-Trick-Pony. Im Gegenteil: Ohne aktivierte Verzerrung ist der Klang bei EQ in Mittenstellung sogar ausgesprochen nüchtern und analytisch. Fast zu nüchtern, unter 100Hz fällt die Basswiedergabe etwas ab. Eine dezente Anhebung des Bassreglers steht dem Sound also eigentlich ganz gut. Das Ohr macht die Musik, nicht das Auge!
Davon abgesehen ist der Frequenzgang schnurgerade und kann in alle erdenklichen Richtungen verbogen werden. Die Frequenzen am EQ sind dafür gut gewählt und bedienen neben den beiden Kuhschwanzfiltern für Bässe und Höhen noch die Fülle im Sound, die nasalen Mitten sowie die Attack bestimmenden Hochmitten. Von Badewanne über näselndes Quaken bis hin zu brillanten HiFi-Sounds geht hier wirklich so gut wie alles. Im Clean-Modus liegt der Rauschpegel am DI-Ausgang maximal 80dB unter dem Nutzsignal und fällt in der Praxis damit nicht weiter auf. Mit aktiviertem Verzerrer oder Kompressor ändert sich das natürlich etwas, aber auch hier bewegt sich alles im Rahmen. Mir sind schon deutlich stärker verrauschte Verstärker untergekommen und die hatten teilweise nicht einmal einen Verzerrer an Bord …
Über den Kompressor ist nicht viel bekannt, außer dass er seinen Job für einen One-Knob-Comp sehr gut macht. Das Attack ist recht flink, lässt aber noch ein paar Transienten durch, wodurch bei stärkeren Settings ein perkussiver Sound entsteht, der trotzdem Sustain und Tragweite hat.
Wichtig anzumerken ist dabei, dass der Kompressor im Signalweg erst hinter dem Blend-Regler sitzt, der Zerr- und Clean-Signal miteinander mischt. Aufgrund der Anordnung der Potis könnte man denken, der Kompressor säße ganz zu Beginn im Signal.
Praxistest und Resümee auf Seite 2 …
PRAXIS
Übertragen auf das verzerrte Signal ergibt das, je nach Einstellung des Drive-Reglers, eine wunderbar brachiale Wand aus Klang, die aber dennoch kontrollierbar bleibt. Kein Wunder, ist der Alpha-Omega-Preamp doch in Zusammenarbeit mit Karnivool-Bassist John Stockman entstanden. Dessen Sound dürfte für viele, und da schließe ich mich selbst mit ein, wegweisend und ein Meilenstein moderner Zerr-Sounds gewesen sein. Kern des Preamps sind zwei verschiedene Zerren, Alpha und Omega, die sich über den Mod-Regler vermischen lassen. Während die Alpha-Seite eher komprimiert und drahtig ist, liefert Omega einen offenen, rohen Sound.
Aber der Amp kann natürlich auch mehr als nur volles Brett. In niedrigen Drive-Settings sind auch dezent angeknusperte oder drahtig dengelige Klänge abrufbar. Es ist also keineswegs ein Verstärker nur für Metal und dessen Subgenres. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass der Alpha-Omega-Preamp allgemeintauglicher ist als das Microtubes-Equivalent. Mit ein bisschen stärkerem Eingriff durch den EQ und ggfs. mit einer passenden IR, sind sogar Vintage-Sounds realisierbar.
Während über die Fußleiste zwischen drei Sounds gewechselt werden kann, die zwar individuell den An/Aus-Zustand des Kompressors schalten können, ermöglicht die Fernsteuerung per Midi noch mehr Möglichkeiten. So kann per Midi-CC sogar die IR gewechselt und der Sound dadurch dramatisch verändert werden.
Tipp: EQ-Settings lassen sich ebenfalls mit einer IR einfangen und mit einer Cab-IR kombinieren. Eine eigene IR am Computer zu erstellen ist nicht schwierig und bietet noch mehr Flexibilität im Live-Einsatz.
Ebenfalls praktisch: Sowohl per Fußleiste als auch per Midi kann die Position des Mod-Reglers überschrieben und entweder der Alpha- oder Omega-Kanal direkt angewählt werden. So lassen sich (in Grenzen) auch mehrere Zerr-Sounds abrufen.
Dank der potenten ICE-Power-Endstufe hat der Amp mehr als ausreichend Reserven für so gut wie alle Lebenslagen. Darkglass bewirbt den AO900 mit 900W, obwohl das verbaute Modul vom Hersteller mit 700W angegeben ist. Grund hierfür sind einfach zwei verschiedene Arbeitsbereiche. Während die 700W bei 1% THD (Verzerrung der Endstufe) zur Verfügung stehen, sind es bei 900W bereits 20% THD und das Signal deutlich hörbar verzerrt. Aber auch 700Wrms an 4Ω sind eine Ansage und absolut praxistauglich. Per Schalter auf der Rückseite lässt sich die Endstufe sogar in den 2Ω-Modus versetzen, wodurch sich theoretisch zwei Fullstacks betreiben ließen, sollte das Bedürfnis nach noch mehr Membranfläche verspürt werden. Die Cab-Simulation oder das AUX-Signal liegen dabei natürlich nicht auf dem Lautsprechersignal.
Wie auch beim e500 stört mich das Surren des Lüfters ein wenig, denn selbst bei geringer Auslastung schaltet dieser nie vollständig ab. Beim leisen Üben daheim fällt das besonders auf. Meine bevorzugte Methode ist daher, den Kopfhörerausgang zu nutzen, der auch ordentlich Saft für weniger effiziente Hörer liefert und das AUX-Signal in Stereo durchschleift.
RESÜMEE
Obwohl Darkglass nach wie vor ein wenig den Ruf einer Firma für Metal-Sounds haben, präsentiert sich der AO900 als wunderbar vielseitiger Verstärker mit praxistauglichen Funktionen. Von neutralem Lautmacher über brachialen Abriss bis hin zu runden, vintage-artigen Sounds ist die klangliche Palette sehr groß und dank der Möglichkeit zur Fernsteuerung auch in der Praxis größtenteils spontan abrufbar. Einziger Wermutstropfen: der 4-Fach-Schalter muss für € 100 extra erworben werden, zum regulären Lieferumfang gehört nur ein einfacher Schalter.