Test und Interview mit Gitarrenbauer Anthony Schneider
Masterpiece reloaded: LuK M95 Dreadnought
von Guido Lehmann, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Dieter Stork)
KLANG UND HAPTIK
Die linke Hand trifft auf ein eher flaches Halsprofil und ein etwas breiteres Griffbrett, was – zumindest bei mir – etwas Eingewöhnung fordert, dann aber nach kurzer Zeit einen hohen Wohlfühl-Faktor erzeugt. Am Steg beträgt der Abstand zwischen tiefer und hoher E-Saite stattliche 60 mm … gleicher Effekt für die rechte Hand: nach kurzer „Kalibrierung“ empfindet man die Gegebenheiten – sowohl bei Strumming, als insbesondere auch bei Fingerstyle – als total angenehm. Man kann seinem Spiel optimal Ausdruck verleihen und Dynamik-Feinheiten ausloten. Und das fordert diese Gitarre auch vom Spieler, der schon etwas Erfahrung, Spieltechnik und Style mitbringen sollte, wenn er die Möglichkeiten der M95 voll auskosten will.
Die Ansprache dieser LuK Dreadnought ist nämlich einzigartig! Man greift gleich erstmal zu einem etwas dünneren Plektrum, denn schon bei leichtestem Anschlag kommt die Gitarre frisch und klar aus den Startlöchern. Eine Strahlkraft, Direktheit und klangliche Auflösung die Respekt einflößt, trifft auf Wärme, Charakter und Tiefe, wie das wohl nur alte Hölzer verströmen können. Ich denke mir so: jemand wie Billy Strings würde diese Dreadnought so schnell nicht mehr aus der Hand geben. Sie hat einfach alles – und davon ganz viel. Ein so gutes Instrument ist dann eben auch ein Allrounder im besten Sinne, der rasante Bluegrass-Solos genau so souverän wiedergibt wie einen Bottleneck-Blues. Bei Fingerstyle-Techniken kann man getrost mit bloßen Fingern (ohne Picks) spielen, die besondere Frische und Klarheit im Sound macht das möglich. Kompliziertere Akkord-Griffbilder lassen sich auf dem geräumigen Griffbrett auch besonders leicht darstellen.
Ich überlege die ganze Zeit, was man mit der LuK stilistisch eventuell nicht machen kann … mir fällt aber nichts ein.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Es ist eigentlich unmöglich, eine Gitarre zu bekommen, die gebaut ist aus Ostindischem Palisander und Karibischem Mahagoni aus den 50er-Jahren – außer bei LuK! Lutz Heidlindemann und Anthony Schneider haben das Holz, das Können, die Geschmackssicherheit und das Umfeld, um außergewöhnliche Gitarren zu bauen. Die M95 ist optisch, haptisch und klanglich ein makelloser Leckerbissen. Als Tester möchte man ja auch kritisch Schwachpunkte aufzeigen – das gelingt hier nicht, es gibt keine. Der Preis vielleicht? Ja, der ist hoch … aber für eine vollständig in Deutschland aus alten Hölzern handgebaute Highend-Gitarre dann auch wieder angemessen. Ich geb’s auf … Also: Hut ab!
PLUS
- Hölzer & Hardware
- Design, bauliche Details
- Verarbeitung, Lackierung
- Halsprofil, Griffbrett
- Bespielbarkeit, Haptik
- klangliche Dreidimensionalität
- Ansprache, Dynamik, Sustain
(erschienen in Gitarre & Bass 04/2024)
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