Mal Chorus, mal Overdrive, mal Echogerät, mal WahWah. Ein FX-Pedal, welches den Effekt wechseln kann wie ein Chamäleon die Farbe, weckt Interesse. Der kompakte Line 6 M5 Stompbox Modeler bietet über 100 Effekte, 24 Speicherplätze, Tap-Tempo, MIDI, sowie eine Stimmfunktion; und das zum bezahlbaren Kurs.
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Als Basis dient hier das große Line 6 M13 Multieffekt-Board, welches an die Steuerpedale von Bob Bradshaw erinnert. Als danach der deutlich kleinere M9 Stompbox Modeler herauskam, wurde auch der Wunsch nach einem Einzelpedal lauter. Hier ist es nun, das kompakte Line 6 M5 bietet bis auf den Looper alle Effekte der großen Brüder.
Konstruktion des Line 6 M5 Stompbox Modelers
Der derzeit kleinste Stompbox Modeler ist in etwa halb so groß wie das Line 6 M9, und wird im Gegensatz zu diesem praktischerweise mit Gleichstrom versorgt; die Stromaufnahme beträgt ca. 500 mA. Ein Platz sparendes Steckernetzteil gehört zum Lieferumfang, auf einem Effekt-Board lässt sich das M5 jedoch auch mit einem entsprechend leistungsstarken 9-V-DC-Netzteil zusammen mit anderen Bodentretern via Daisy Chain betreiben.
Die Elektronik steckt in einem stabilen Faltblechgehäuse, die metallenen Klinkenbuchsen sind mit dem Gehäuse verschraubt und packen kraftvoll zu. Die Regler ducken sich gegen versehentliche Tritte hinter einer verchromten Metallstange, die sich auch als Tragegriff zweckentfremden lässt. Ein Raster-Poti, fünf Regler, ein Display und zwei Metallfußtaster, mehr Bedienelemente hat das Line 6 M5 nicht. Auf der Rückseite finden wir die Ein- und Ausgänge (jeweils Mono oder Stereo nutzbar), eine Anschlussmöglichkeit für ein Expression-Pedal, sowie die Netzteilbuchse. Die MIDI-Anschlüsse wurden auf der linken Seite untergebracht. Das ist zwar unpraktisch, rückseitig wäre dafür jedoch einfach kein Platz mehr gewesen.
Line 6 M5 Stompbox Modeler in der Praxis
Bei einer dermaßen geringen Anzahl an Bedienelementen sind Mehrfachfunktionen unvermeidbar. Die Effekte lassen sich beim Pedalboard-freundlichen M5 ähnlich komfortabel wie bei analogen Bodentretern einstellen. Jeder Effektgruppe – Delay, Mod, Distortion, Filter, Verb – wurde eine andere Farbe zugeordnet und auf dem Typenschild zusätzlich kenntlich gemacht. Drückt man das Model-Select-Raster-Poti, wechselt die Effektgruppe – und das Display die Hintergrundfarbe. Mit dem besagten Raster-Poti kurbelt man sich nun durch den jeweiligen FX-Fundus, und kann jeden Effekt auch sofort anchecken. Die fünf Regler übernehmen pro Effekt andere Funktionen, jeweils übersichtlich im Display ablesbar. Die beiden rot leuchtenden bzw. blinkenden Fußtaster-LEDs lassen sich auch in sehr heller Umgebung gut erkennen.
Im Setup-Menü wird festgelegt, ob Änderungen an den Reglereinstellungen automatisch (Autosave) oder manuell gespeichert werden, bzw. nach einem Effektwechsel wieder verworfen werden sollen. Hier kann auch der Bypass von elektronisch gepuffert auf direkt (true) umgeschaltet werden. Das kleine Pedal kann also erheblich mehr als man oberflächlich betrachtet vermuten könnte.
Die Fußbedienung gestaltet sich ähnlich übersichtlich und logisch wie das Einstellen der Funktionen per Hand. Im Spielmodus schaltet man mit dem linken Fußtaster den ausgewählten Effekt ein oder aus, und der rechte Fußtaster bedient bei Delay- sowie etlichen Modulations- und Filter-Effekten die Tap-Tempo-Funktion. Ob das Tempo manuell oder per Fuß gesteuert werden soll, wird pro Effekt separat festgelegt. Hält man den Tap-Tempo-Fußtaster kurz gedrückt, wird die akkurate Stimmfunktion aktiviert und im Display angezeigt. Drückt man beide Fußtaster gleichzeitig – was mit spitzen Schuhen wie Cowboy-Stiefeln nicht immer ganz einfach ist – gelangt man in den Preset-Modus. Im Diplay erscheinen nun die Namen dreier aufeinanderfolgender Presets, das in der Mitte ist das aktive. Mit den Fußtastern trifft man nun – nach oben bzw. unten tappend – aus dem Preset-Vorrat eine Auswahl. Danach tritt man beide Fußtaster noch einmal, und landet wieder im normalen Play-Mode. Auch hier besteht alternativ die Möglichkeit, Presets bereits automatisch bei der Auswahl zu laden. Alles prima und praktisch, schade nur, dass nicht genau so viele Speicherplätze wie Effekte zur Verfügung stehen. Aber vielleicht erweitert Line 6 ja die Speicherplatzanzahl bei einem späteren Firmware-Update. Die Presets können natürlich auch komplett geändert, mit anderen Effekten belegt und umbenannt werden.
Praktisch und nützlich sind auch die Preset-Steuermöglichkeiten via MIDI, sowie der universell einsetzbare Expression-Pedalanschluss. Am Letztgenannten kann ein handelsübliches Expression-Pedal mit Mono-Klinkenbuchse und 10-kOhm-Poti eingestöpselt werden. Dieses Pedal kann nun WahWah-Effekte, aber auch jede beliebige andere, pro Preset zuweisbare Effektfunktion per Fuß steuern. Solch ein Pedal sollte man beim Kauf des M5 unbedingt gleich mit einplanen, falls man nicht bereits eines sein Eigen nennt. Denn es erweitert die Möglichkeiten des Line 6 M5 enorm, außerdem lassen sich nicht alle Speed-Parameter per Tap-Tempo bedienen. Die Rotationslautsprecher-Geschwindigkeit kann beispielsweise bei beiden implementierten Rotary-Effektmodellen nur mit einem Expression-Pedal umgeschaltet werden, das hätte man praktischer lösen können.
Bereits im Jahre 2000 hat Line 6 mit Stompbox Modelern wie DL4 und MM4 die Messlatte fürs Effekt-Modeling sehr hoch gelegt. All diese hochklassigen Effekte flossen auch in das M5 ein, dazu kamen die Hall-Programme des Line 6 Verbzilla, sowie etliche neue, wie beispielsweise ein intelligenter Pitch-Shifter. Viele Hall-, Echo- und Modulations-Effektprogramme sind Stereo nutzbar, auch mit zwei verschiedenen Eingangssignalen. Die Klangqualität der Effekte ist durch die Bank auf hohem Niveau und ohne nennenswertes Eigenrauschen. OK, bei den Zerreffekten rauscht es bei viel Gain und Volume natürlich schon, aber nicht mehr als bei den analogen Vorbildern. Dafür lässt sich global im Setup-Menü ein regelbares Noise Gate hinzuschalten. Die Overdrive-, Distortion- und Fuzz-Effekte reagieren auch gut auf das Volume-Poti der Gitarre, wenn auch nicht so tiefgründig wie bei den modellierten Originalen. Der DSP-Bypass verändert weder Klangcharakter noch Pegel, im True-Bypass-Mode ist beim Ein- und Ausschalten des Effektes ein minimales Plopp-Geräusch zu hören.
Das M5 ist voll Effektweg-tauglich, und auch für hochpegelige Eingangssignale wie Keyboards geeignet. Schleift man den M5 ein, sollte man in Verbindung mit einem verzerrten Amp bzw. -Kanal auf Effekte wie Distortion und Kompressor natürlich verzichten, während sich bekanntlich Delays und Reverbs als Vorschalteffekte eher für clean eingestellte Verstärker eignen.
Resümee
Mehr Sein als Schein. Der Line 6 M5 Stompbox Modeler ist kaum größer als ein normaler Bodentreter, hat jedoch über 100 verschiedene Effekte aus allen Rubriken, Presets, Tap-Tempo-, Stimmfunktion und MIDI zur Auswahl. Man hat beim M5 eher das Gefühl, ein analoges Effektpedal vor sich zu haben. Das betrifft Klang und Bedienung gleichermaßen. Sound-Qualität, Effekt-Angebot und Stabilität sind mit den Line 6 Multieffektpedalen M9 und M13 identisch. Eine eigentliche Neuentwicklung stellt das M5 prinzipiell nicht dar, da sich der Hersteller mal wieder geschickt aus seinem großen Fundus richtig guter Effekte bedient hat. Als praktisches Einzelpedal steht dieser kompakte Stompbox Modeler jedoch momentan konkurrenzlos da.