California Dreamin'

Leos Spirit auf der Höhe der Zeit: G&L Fullerton Deluxe Skyhawk HH im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Leo Fender hat in der Welt der elektrischen Gitarre tiefe Spuren hinterlassen. Schon früh wurde er durch Instrumente, die bis heute seinen Namen tragen, zur Legende, aber auch in seiner letzten Schaffensphase bei G&L trug er die Fackel weiter.

Leo Fender gründete G&L 1980 zusammen mit George Fullerton. George & Leo. Die Instrumente werden noch heute in der historischen CLF Research/G&L-Fabrik in der Fender Avenue in Fullerton, Kalifornien, hergestellt, wo Leo zuvor mit seiner Beratungsfirma CLF für das Design und die Herstellung der Music-Man-Gitarren verantwortlich war und wo er später bei G&L bis an sein Lebensende an Tonabnehmern und Vibratosystemen arbeitete.

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KONZEPTIONELL NACH VORN WEITERGEDACHT

Die G&L Instrumente tragen unverkennbar die Designideen von Leo Fender, wie z.B. das Schraubhalssystem, die modulare Fertigung aus Einzelteilen, die Formgebung mit flachem Double Cutaway Body, das „Tremolo“ und die 6-in-line Mechaniken.

Die aktuelle Fullerton Deluxe Skyhawk HH hat einen leicht asymmetrischen Korpus aus Erle (optional auch Swamp Ash, Basswood, Sugar Pine oder Okoumé) mit tief geschnittener Taille. Fender-typische Konturen für eine geschmeidige Anlage und Armauflage finden sich an den üblichen Stellen. Die hochglänzende, galaktisch inspirierte Farbe Andromeda bezieht sich auf die vielen Glimmersternchen auf schwarzem Grund.

Der einteilige, seidenmatt lackierte Ahornhals (Hard-Rock Maple) mit ‚Modern Classic‘-Profil ist oberhalb des 16. Bundes über eine Neckplate mit dem Korpus verschraubt. Das Griffbrett (9,5“ Radius) aus relativ hellem Palisander ist mit 22 sauber justierten Medium-Jumbo-Bünden versehen. Die parallel ausgeführte G&L Kopfplatte ist mit gekapselten Mechaniken bestückt.

(Bild: Dieter Stork)

Am Korpus werden die Saiten vom Dual-Fulcrum-Vibrato mit Alu-Block und Messingsätteln gekontert. Das von Leo Fender entwickelte Zweipunkt-System ist an drei Federn aufgehängt und besitzt einen in der Gängigkeit justierbaren Vibratoarm. Elektrik: Die Fullerton Deluxe Skyhawk HH ist mit zwei AlNiCo-Humbuckern ausgestattet – AS4255 am Hals und AW4368C an der Brücke.

P.T.B.-System für getrennte Höhen- und Bassregelung (Bild: Dieter Stork)

Besonderer Bonus der elektrischen Steuerung ist das P.T.B.-System (Passive Treble and Bass Controls), eine passive Schaltung, die durch getrennt einstellbare Höhen und Bässe eine deutlich effektivere Klangfarbenkontrolle verspricht. Darüber hinaus wird das Klangpotential der Skyhawk durch die optionale Umschaltung auf Single-Coil-Betrieb über die Push/Pull-Funktion des mittleren Reglers noch erweitert.

Die vorgelegte Skyhawk-Version erweist sich als höchst präzise und detailgenau gefertigt. Das Finish ist von beindruckender Strahlkraft, das Setup tadellos eingerichtet – so soll es sein!

CALIFORNIA DREAMIN‘

Leo Fender hat immer wieder den Versuch gemacht, seine Designs zu verbessern. Die ersten großen Würfe zu toppen, ist ihm mit späteren Modellen wie Jazzmaster oder Jaguar aber nicht wirklich gelungen. Durchgesetzt für alle Zeiten beim Publikum und damit auch geschäftlich haben sich Telecaster und Stratocaster. Als Ingenieur hat es ihn aber nie ruhen lassen, vermeintliche Schwächen auszugleichen und weiterhin nach dem Optimum zu streben. Im Schatten seiner „first come, first served“-Giganten führten Leos späte G&L-Designs zwar ein weniger prominentes Leben, verfügten aber im Prinzip über die beliebten Fender-Sounds und überzeugten mit moderner Handhabung.

Praxistest auf Seite 2

Humbucker mit Push/Pull-Singlecoil-Option (Bild: Dieter Stork)

So fällt auch die G&L Fullerton Deluxe Skyhawk HH aus kalifornischer Produktion mit besten Spieleigenschaften und samtig geschmeidigem Griff in die Hand. Das „Modern Classic“-Halsprofil erweist sich als angenehm verrundet und die saubere, glanzpolierte Bundierung lädt in Verbindung mit der perfekt tief eingerichteten Saitenlage sofort ein zu zwanglosem Spiel.

Akustisch zeigt die Skyhawk mit klar gegliedertem Klangaufbau, bester Saitenseparation und offensivem Schwingverhalten starke Grundeigenschaften. Am Amp erweisen sich die verbauten Doppelspuler als angemessene Tonwandler. Der AlNiCo-Humbucker AS4255C am Hals vermittelt in der Abteilung Clean sauber aufgelöste Akkorde, nicht plakativ herausgestellt, sondern ausgeglichen und weich gerundet in den Höhen. Damit sind geschmeidige Sounds für alle Gelegenheiten leicht in Szene zu setzen. Sehr schön lassen sich über die getrennte Höhen- und Bassregelung per P.T.B. klangliche Anpassungen vornehmen, wobei der Höhenregler die Höhen feinstufig ausdünnt, während der Bassregler graduell für Bedämpfungen bis hinab zum fast schon mumpfigen Handschuh-Ton sorgt.

Schalten wir, immer noch bei klar eingestelltem Verstärker, hinüber zum Steg-Pickup AW4368C, so überrascht der mit einer erfreulich frischen Darstellung ohne zu viel Kompression, aber doch mit nettem Snap in den Höhen. Rhythmische Akkordbegleitungen lassen sich damit sehr schön kompakt aus der Hüfte abfeuern und ebenfalls effektiv über die P.T.B.-Regler klanglich zuschneiden. Verblüffend gut schlägt sich die Skyhawk dann aber in Zerrpositionen des Amps, was ja so gar nicht Leo Fenders Domäne war: Wo der Hals-Pickup noch recht weich und eher gelassen seine volltönende Singstimme erhebt, da zeigt der dynamisch vorstoßende Steg-Humbucker sich nun erfreulich stramm konturiert in der Umsetzung schmackiger Powerchords wie auch von solistisch packenden Lead-Sounds.

(Bild: Dieter Stork)

Das P.T.B.-System macht im Overdrive-Modus vielleicht sogar noch mehr Sinn als im Clean-Kanal. Hier etwas die Höhen angepasst, dort die Bässe abgeglichen – die tonfarbliche Gestaltung durch die getrennte Regelung von Höhen und Bässen ist effektiv. Mit gehobenem mittlerem Tone-Regler aktivieren wir die alternativ angelegte Single-Coil-Ebene der Skyhawk, was uns wieder näher an den klassischen Fender-Sound heranbringt. Offenbar haben wir es hier mit einem Coil Split anstelle des angegebenen Coil Tap zu tun, da sich die Messwerte schlicht halbieren. Stark konturiert und mit glasiger Hohlkehle kommen uns immerhin angelehnt traditionelle Fender-Klänge ans Ohr, wobei der Hals-Pickup im Verhältnis zum Steg-Pickup mit seinem bissigen Twang etwas abfällt, im Zerrmodus aber durchaus auch mit stimmiger Klangfarbe zu gefallen weiß. Das alles kommt jetzt nicht ganz so überzeugend wie bei definitiven Single-Coil-Pickups, es bleibt also eher bei einer durchaus sinnvollen Klangerweiterung. Die wahre Stärke der Skyhawk offenbart sich aber vor allem über ihre Humbucker und die machen einen richtig guten Job!

Leo Fender wollte mit seinem Dual-Fulcrum-Vibrato beweisen, dass offensives Bending nach oben oder unten mit vollkommener Stabilität möglich ist. Tatsächlich sind Upbendings je nach Saite etwa zwischen Sekunde und kleiner Terz nur begrenzt möglich, dagegen lassen Downbendings deutlich größere Intervallsprünge zu. Die Handhabung ist rundum gut und das Spiel mit dem erfreulich verstimmungsarmen System wird durch den kräftigen Vibratoarm aus Aluminium praxisgerecht unterstützt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Im alten G&L-Werk an der Fender Avenue in Fullerton werden immer noch E-Gitarren auf hohem Niveau gefertigt. Mit dem Modell Fullerton Deluxe Skyhawk HH bringt G&L alte Fender-Klasse mit modernen Aspekten in harmonischen Einklang. Leo Fenders Konstruktion bildet die Grundlage für ein Instrument, das die klassischen Sounds – hier in der zweiten Ebene über Push/Pull Coil-Tap erreichbar angelegt – mit der kraftvollen Klangpotenz von Humbuckern in optionale Verbindung setzt. Zugänglich werden dadurch Sounds, die sich für viele Anwendungen und Stilarten eignen und sich darüber hinaus auch noch per P.T.B.-Klangregelung effektiv tonfarblich gestalten lassen. Das Dual-Fulcrum-Vibrato erlaubt darüber hinaus auch noch elegante Tonmodulation und das alles ist kombiniert mit hohem spieltechnischem Komfort.

Leo Fenders Erbe wird von seinen Nachfolgern bei G&L auf der Höhe der Zeit gehalten. Leos Spirit ist immer noch deutlich zu spüren, wenngleich auch konzeptionell zeitgerecht erweitert, was sich in einem so schlagkräftigen wie flexiblen Instrument wie der G&L Fullerton Deluxe Skyhawk HH exemplarisch manifestiert. Dazu gesellt sich am Ende auch noch ein erfreulich gutes Preis-/Leistungsverhältnis für eine Gitarre aus US-Fertigung.

PLUS

  • klassisches Design
  • klangliche Flexibilität
  • Humbucker-Pickups, Singlecoil-Option per Push/Pull
  • Tonkontrolle per P.T.B.
  • variable Sounds
  • Bundierung
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

MINUS

  • etwas scharfe Korpuskanten


(erschienen in Gitarre & Bass 08/2024)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich besitze mehrere Original G&L E.-Gitarren aus indonesischer und amerikanischer Fertigung. Die erst genannte G&L Gitarre/Modell Fallout (made in Indonesia) in schöner (damalig limitierter Sonderlackierung!) Fullerton-Red Hochglanzlackierung wurde präzise gebaut,klingt super,und war im fairen Preisgefüge angesiedelt. Die einfachere Hardware entsprach dem bedeutend niedrigeren Verkaufspreis der in Indonesien gebauten Gitarren.

    Hingegen die zwei anderen G&L Asat Strat-Gitarren Modelle aus den U.S.A. in Sunburst-Colour,Fulcrum Tremolo,und jeweils einmal mit sauber aufgeleimtem Rosewood Fretboard und einmal mit Mapleneck und schwarzen Dots auf dem Griffbrett,sind zumindest (bis auf die unterschiedlichen Fretboards) fast baugleich.

    Es sind allesamt wirklich hervorragende Electric Guitars,die sich faktisch lediglich in den Preisen und der einfachen Hardwareteile unterscheiden. Wobei die hochwertigere Hardware und das Korpusholz der G&L Asat U.S.-Strats den höheren Preis bestimmte.

    Eine damalige G&L Skyhawk aus den U.S.A. in Sunburst Lackierung der frühen 1990er-Jahre wurde mir dann irgendwann von einem Bekannten als Gebrauchtinstrument angeboten.Die besagte Skyhawk war allerdings total „abgerockt“,also im schlechten Allgemeinzustand,und mit mittlerweile ranzigem Olivenöl auf dem Palisander Griffbrett „einbalsamiert!“
    Die Frets waren mit tiefen Riefen übersäät,und der hölzerne Body sichtbar mit vielen deutlichen Blessuren versehen. Sie wurde ganz sicher viel bespielt,war jedoch leider in einem sehr jämmerlichen Gesamtzustand,und der geforderte Festpreis von damals immerhin 600,-DM inklusive eines ebenfalls stark beschädigten Gitarrenkoffers mit defekten Schließmechanismen und ausgeleierten Scharnieren fanden absolut keinen Kaufinteressenten.

    Schade,daß die hier in G&B vorgestellte G&L Skyhawk aus den U.S.A. anscheinend leider nur
    in dieser einzigen Farbe angeboten wird. Als G&L Skyhawk in Nature Lackierung und einem beigefügt hochwertigen Hardshellcase könnte sie durchaus mein Interesse wecken. Wobei die von der Redaktion zu Recht bemängelten scharfen Korpuskanten bereits bei den damaligen G&L Skyhawk´s Gitarren vorhanden waren,was vermutlich offensichtlich niemanden wirklich ernsthaft störte.

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