Aus der Custom Art Collection

Kunstobjekt: Epiphone Frazetta ‚The Berserker‘ im Test

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(Bild: Dieter Stork)

SCHWERGEWICHT

Wer in den 70er- und frühen 80er-Jahren mit Gibson Les Pauls dieser Ära am Start war, weiß um deren Gravitationskräfte. Da konnte ein 2-stündiger Gig physisch bisweilen zur Tortur werden. Mit exakt 4,5 kg zählt die Adam Jones Silverburst allerdings eher zu den Leichteren dieser Ära, die gerne mal 5 kg und mehr auf die Waage bringen. Abgesehen vom Gewicht spielt sich unsere kunstaffine Protagonistin wie eine klassische Les Paul. Während das Halsprofil meiner Hand schmeichelt, bedarf der ungewöhnlich starke Anstieg der Halsdicke einer gewissen Gewöhnung, da diese vom ersten bis zum zwölften Bund um fast 5 mm zunimmt. Die butterweich rotierenden CTS-Potis gestatten präzise und gleichmäßige Volume- und Tone-Kontrolle und bieten dank der zylindrischen Speed-Knöpfe hohen Bedienkomfort.

An Body und Hals deutlich spürbar gibt sich die Epiphone Adam Jones LP Custom nach jedem Anschlag schwing-, vor allem aber sustain-freudig. Ihr luftig-lebendiges Klanglich ist von knackigstraffen Bässen, Höhen und Brillanz geprägt. Genau diese Mixtur aus Mahagoni/Ahorn-Body, Ahornhals und Ebenholzgriffbrett ist es, die der Gitarre ihren gleichmäßig komprimierten, höhenreichen Klang verleiht, der von Heavy-Rockern und Metallern bevorzugt wird. Da liegt der Fokus halt eher auf dem Sound als auf Ausdruck und Spieldynamik. Dennoch spricht die Adam Jones direkt an, punktet mit spontaner, flinker Tonentfaltung und präziser Saitentrennung.

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Wie bei Adam Jones’ Original-Gibson, hat man auch hier den Halspickup um 180 Grad verdreht montiert, sodass die Polschrauben zum Steg zeigen. Da werden spontan Assoziationen zu Peter Green, Gary Moore bzw. aktuell Kirk Hammett mit ihrer 59er Burst wach. Jedoch hat Epiphone hier auf deren Out-of-Phase-Konstellation verzichtet, die durch horizontales Verdrehen des Magneten erzeugt und primär dann hörbar wird, wenn beide Pickups simultan aktiv und deren Volume-Regler voll aufgedreht sind. Der „verdrehte“ Halspickup unserer Protagonistin klingt etwas klarer und offener und besitzt weniger Dominanz in den Bässen als ein konventionell ausgerichteter PAF-Typ. So liefert der Humbucker am cleanen Amp warme runde Sounds mit definierteren Bässen, seidiger Brillanz und silbrigen Obertönen und damit ein Klangbild, das sich durch luftige Transparenz und Vitalität auszeichnet und sowohl bei Crunch als auch High Gain selbst komplexere Akkorde sauber darstellt.

Als einer der heißesten Passiv-Humbucker des Seymour-Duncan-Programms zeichnet sich der Distortion SH-6 in der Stegposition selbst bei rauen High-Gain-Sounds durch Klarheit und Offenheit aus und zeigt dabei noch eine erstaunlich lebendige Dynamik. Bässe und Mitten drücken fett und brachial aus den Lautsprechern, ohne die Transparenz zu beeinträchtigen, und mehrstimmige, über Powerchords hinausgehende Akkorde bleiben erkennbar. Die Höhen kommen aggressiv und bissig, lassen sich aber dennoch mit dem Anschlag dosieren. Ein breites Obertonspektrum rundet das Klangbild nach oben ab. Im Clean-Betrieb kann der SH-6 sogar mit einer gewissen Wärme und luftiger Transparenz überzeugen. Die Kombi beider Humbucker liefert glasklar perlende glockige Sounds, die sich fürs Rhythmus- oder Arpeggio-Spiel aber auch für High-Gain-Lead-Sounds anbieten.

RESÜMEE

Mit dem zweiten Exemplar der Adam Jones Les Paul Custom Art Collection bringt Epiphone eine interessante Variante seines Luxusmodells an den Start, und das nicht nur aus der Sicht von Fantasy- und Science-Fiction-Fans. In erster Linie haben wir es hier mit einer klasse Gitarre mit den von Metallern bevorzugten Holzkomponenten zu tun, nämlich mit Ebenholzgriffbrett und hohem Ahornanteil. Der Epiphone ProBucker Custom, vor allem aber der Seymour Duncan Distortion Humbucker befähigen die Les Paul nicht nur, aber vorrangig, für härtere musikalische Genres. Bis auf die nicht ganz optimal verrundeten Bundkanten wurde die Gitarre tadellos verarbeitet, und im Hinblick auf den Gator-Protector-Koffer ergibt sich ein ausgewogenes Verhältnis von Preis und Leistung.

PLUS

  • Clean- bis High-Gain-Sounds
  • Ansprache, Dynamik & Sustain
  • wertige E-Komponeten
  • 2-Weg-Stahlstab
  • Optik, speziell Rückseite
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Gator Protector Case
  • Preis/Leistung

MINUS

  • Gewicht

 


(erschienen in Gitarre & Bass 07/2023)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Sehr verwunderlich,daß das optische Highlight,das außergewöhnliche Bildmotiv vom damaligen Künstler Frazetta kurioserweise auf der Rückseite des Gitarrenkorpus verewigt wurde. Muß man es wohl nicht unbedingt verstehen,es ist halt nur rückseitig zu bestaunen,und bleibt somit beim bespielen vorderseitig eben unsichtbar.

    Streng limitierte Signature Gitarren sind ja zudem bekanntlich reine Geschmackssache. Schade auch,daß die in China gefertigte Epiphone so bleischwer daherkommt,preislich jedoch bereits längst in der Oberliga angesiedelt ist,und die Mechaniken,trotzdem sie anstandslos agieren,keinen Aufdruck eines bekannten Markenlabels besitzen.

    Mal ernsthaft,auch für den satten Verkaufspreis von immerhin fast 1.450,-€ in limitierter Stückzahl, bleibt es jedoch immer „nur“ eine Epiphone aus chinesischer Produktion. Wäre es aber eine „echte“ Gibson LP,würde der Preis hier bekanntlich noch bedeutend höher angesiedelt sein. Dies ist Fakt.

    Klartext: damit jetzt keinerlei Mißverständnisse aufkommen,muß ich gestehen,daß sich Epiphone Gitarren in letzter Zeit qualitativ enorm verbessert haben,und die Hardware Komponenten und Hölzer teilweise recht ordentlich sind. Ich besitze selbst zwar keine einzige schwere Epiphone Les Paul,dafür aber eine extrem leichtgewichtige Epiphone Flying V /Arthur Amos/ Joe Bonamassa Limited Edition,die bereits kurz nach ihrem Erscheinen damals überall total ausverkauft war,und kann sagen,daß diese besagte Epiphone qualitativ,preislich und klangtechnisch auf dem höchsten Niveau steht.
    So viel derzeit in Sachen Epiphone,der Tochtermarke von Gibson.

    Mag sein,daß Frazetta damalig ein toller Künstler war,aber in Relation betrachtet,gefielen mir die Illustrationen von Boris Vallejo bedeutend besser.
    Vallejo‘s Werke siedelten sich schon sehr früh im Foto-Realismus an,bestachen durch ihre dramatisch dargestellten Motive,und bleiben für mich persönlich bis heute das absolute non-plus-ultra bezüglich extra vaganter Bilddarstellungen.Frazetta‘s Illustrationen hingegen wirken hingegen relativ einfach gestaltet und weit weniger exakt ausgeprägt. Als langjähriger Künstler und Airbrush-Artist darf ich mir diese rein objektive Bemerkung erlauben,ohne dabei anmaßend zu erscheinen.Dies sollte mir gestattet sein,vielen Dank!

    Und nun noch viel Spaß an der Epiphone Les Paul mit limitierten „Beserker Custom Art Collection Bildmotiv“ die ich mir jedoch nie kaufen würde,weil das Bildmotiv rückseitig aufgebracht wurde,und bleischwere Les Paul Gitarren absolut nicht mein Ding sind. Dies sind meine Argumente zu eben dieser Epiphone,die zweifellos bestimmt gut klingt,mich aber nicht wirklich vom Hocker haut.Sorry,meine ganz ehrliche Meinung.

    Viele Grüße aus Wolfenbüttel/Niedersachsen.

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    1. Es heißt Berserker, mit 3x”r”!
      Sonst verwechselt man es mit Besenkammer.
      Da gehört Dein Kommentar auch hin.

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      1. Hallo „Gottlieb“,herzlichen❤️
        Dank für deinen freundlichen Kommentar! Dein „netter“ Kommentar gehört natürlich ganz besonders in die Recyclingtonne! Und weiterhin immer stets höflich bleiben! Schöne Grüße aus der Künstlerwelt.

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    2. Das Motiv ziert doch auch das Plattencover von Molly Hatches‘ Beatin‘ the Odds…

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    3. Frazetta ist eine andere Welt aus künstlerischer Sicht. Boris ist ein ausgezeichneter Handwerker. Eine lesenswerte Analyse dazu: https://www.sequentialartistsworkshop.org/blog/2015/09/3388

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  2. Die Epiphone Lock Tone Hardware hat kleine Drahtbügel in den Bohrungen von Bridge und Stoptail. Damit werden die die Teile auf den Studs fixiert und sind damit „locked“.

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  3. ESP-LTD also has an EC with the Frazetta finish
    Beautiful artwork

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  4. Es hat mich auch gewundert, dass das schöne Motiv auf der Rückseite ist und der Deckel der Elektronik nicht farblich integriert ist.
    Schade, dass die Bünde nicht sauber bearbeitet sind – bei dem Preis dürfte man es erwarten. Für eine China-Produktion ohnehin viel Geld. 9 Pfund auf der Waage ist enorm. Meine Epi ’59 (gut verarbeitet) ist meine schwerste Gitarre und deshalb greif ich oft schon nach 30 Minuten nach meinen leichten Instrumenten – u.a. wie im vorigen Beitrag zu einer V mit 2,9 kg – aber von DBZ.

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  5. was nicht erwähnt wurde: Das Motiv kommt vom Plattencover “Beatin’ The Odds” von Molly Hatchet.

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  6. Frazetta Motiv aufgedruckt, auf der Rückseite? Super! Und das für schlappe 1450 Euroletten. Mal ehrlich! Wenn ich so ein Teil kaufe, dann will ich das Motiv vorne zum bestaunen und nicht zum verstecken. Im Übrigen bekomme ich für 1450 Euros auch ne super Gitarre von anderen Herstellern. Mit ein wenig handwerklichem Geschick kann ich mir da auch ein Bildchen von Frazetta draufbasteln. Wer künstlerisch begabt ist, kann sich auch selbst was draufmalen. Hab ich schon gemacht! Sieht super aus und kostet weniger!

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  7. Warum das Fantasy-Bildmotiv von Frazetta bei der Limited €piphone Gitarre auf der Rückseite aufgebracht wurde,erschließt sich mir nicht wirklich,da muß ich dem Kommentar von „Kritiker“ voll zustimmen! Zweckmäßig wäre das besagte Bild auf der Vorderseite angebracht. Aber,es gibt ja auch bekannte Signature E.-Gitarren wie die Fender Tex-Mex Jimmy Vaughan Signature Stratocaster aus Mexico,die das aufgedruckte Signet auf der Headstock Rückseite tragen. Wie bescheiden doch manche Musiker und Künstler sind.

    Im Falle der €piphone kann ich mir das eigentlich nur so erklären,daß das Bild auf der Frontseite eventuell nicht gänzlich,-bzw. durch die Aussparungen der Pickups und Hardwareteile bedingt unvollständig zu betrachten wäre. Dies könnte vielleicht der einzige plausible Grund dafür sein,daß das Bild vom Künstler Frank Frazetta kurzerhand auf der Korpusrückseite landete.

    Kennt denn noch jemand die außergewöhnliche Airbrush-Illustration eines sehr sinnlichen Damen Hinterteils mit Mini-Slip auf einer älteren B.C.Rich Bich E.-Gitarre/made in Korea Electric Guitar? Es war ein damaliger Fotodruck (Foto-Realismus) mit fettem Polyurethane Klarlack-Farbauftrag eines berühmten Airbrush-Künstlers. Das recht auffällige Airbrush-Bild mit dem rundlichen Damen-Po war sehr originell,aber die besagte B.C.Rich Bich Gitarre hingegen im unteren Preissegment angesiedelt,und in der Verarbeitungsqualität und klangtechnisch leider nur unteres Kellergeschoß.
    Schade eigentlich,dabei hätte es dieses B.C.Rich Sondermodell damals durchaus verdient,anstatt in der „Billigheimer-Gitarrenkollektion“ besser in der hochwertigen B.C.Rich/U.S.A.-Custom Handmade Limited Collection zu landen,denn diese war schon früher unter den Sammlerfreaks des besagten Markenlabels sehr begehrt.
    So kam es aber traurigerweise dazu,daß sich wahrscheinlich kaum noch jemand an diese extra vagante B.C.Rich Bich mit dem Bildmotiv eines Damenhinterteils erinnern kann,-oder doch?!?

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