Schnörkellose Röhrentechnik, gradlinige Konzepte, aber doch das Wesentliche an Bord. Und das zu einladend niedrigen Preisen: Diese Combos könnten sich als echte Schnapper erweisen!
Das Marken-Label Kong steht für Produkte, die session, einer der großen Musikläden Deutschlands mit Hauptsitz in Waldorf, in Eigenregie konzipiert und vermarktet. Das waren zunächst Effektpedale zu extrem niedrigen Preisen. Seit einiger Zeit sind nun auch GitarrenCombos im Programm. Vier Modelle in Transistortechnik, darunter ein Bass-Combo, zu Preisen zwischen € 65 bis 89 (unfassbar, oder?!). Und dann eben die beiden Röhrenkoffer, die wir hier vorstellen.
schlicht & sachlich
Die beiden Combos bedienen sich in der Endstufe der EL84. Tube 5, fünf Watt, er kommt mit nur einer Endröhre aus, die im Eintaktbetrieb mit Kathodenbias arbeitet. Der Tube Fifteen setzt offensichtlich auf maximale Leistungsausbeute der Endstufe, denn hier ist unter Verwendung von zwei EL84 die effizientere Class-AB-Gegentakttechnik mit statischem Gitterbias (Ruhestrom) am Werk.
Im technischen und mechanischen Aufbau sind sich die Combos sehr ähnlich. Die hängend montierten Amp-Chassis werden aus Aluminium gefertigt (wie bei teuren Boutique-Produkten ;-). Innen präsentiert sich einwandfrei aufgebaute Platinentechnik. Beim Tube Fifteen fällt positiv ins Auge, dass die zweikanalige Schaltung mit internen Feinsicherungen vor Schäden geschützt ist. Es kommen wertige Bauteile zum Einsatz, und obwohl sich die Kongs ja im absoluten Niedrigpreissegment bewegen, sind sie miterstklassigen Röhren von Ruby-Tubes bestückt – wie erfreulich. Der Tube Fifteen hat sogar einen kleinen leise laufenden Lüfter, dessen Luftstrom primär die beiden EL84 kühlt. In den sekundären Signalwegen, FX-Loop und Treiber-Sektion des Federhalls, sind Halbleiter-ICs die aktiven Bauelemente. Nichts gegen einzuwenden, denn hier geht es ja um lineare, nicht kolorierende Signalverstärkung. Röhren tun hier nicht unbedingt Not (und m. E. nach sollte man diesbezüglich auch wirklich nicht dogmatisch sein). Nebenbei bemerkt sind inzwischen auch teure Tube-Amps nicht selten in diesen Bereichen der Schaltung so aufgebaut.
Der Tube Fifteen hat, vermutlich um den Signalpegel generell anzuheben, gleich hinter dem Eingang linear verstärkende Op-Amps, für die das eben Gesagte gleichermaßen gilt.
Im Hinblick auf die Verarbeitung machen die Combos einen guten Eindruck. Man sieht der äußeren Erscheinung zwar irgendwie schon an, dass hier knapp kalkuliert wird, objektiv betrachtet gibt es aber – gemessen am Preis – kaum Anlass zu Kritik. Ein rein ästhetischer Makel ist, dass die Stoffbespannungen an den Rückseiten der Schallwände etwas nachlässig fixiert sind. Ungeschickt, und funktional nicht einwandfrei ist, dass die beiden Schalter an der Frontplatte ohne Zahnunterlegscheiben bzw. Federringe montiert werden; sie sind so nicht wirklich sicher fixiert.
Mit seiner reduzierten Ausstattung gehört der Tube 5 zur Gruppe der puristischen Combos. Gain, Tone, Volume, das ist alles, was für die Sound-Abstimmung zur Verfügung steht. Aber, wie oben schon angedeutet, er leistet sich dazu, wie sein großer Bruder, immerhin noch einen Federhalleffekt (kurzes System) und eine serielle FX-Loop. Ebenfalls positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass er nicht mit einem No-Name-Speaker auskommen muss. Der Zehnzöller Ten 30 (G10R-30) von Celestion wurde ihm gegönnt.
Der Tube Fifteen kommt ebenfalls in den Genuss eines Celestion-Speakers. Hier ist es ein 12″-Modell, der Seventy 80 (G12P80). Abgesehen von der höheren Leistung ist die Konzeption der Vorstufe auf größere Variabilität ausgelegt als beim Tube 5. Zwei Kanäle namens Clean und Drive teilen sich eine gemeinsame Dreibandklangregelung, im Drive-Kanal ist wie üblich mit dem Gain-Regler die Verzerrungsintensität einstellbar, Volume bestimmt die Lautstärke.
Cleane Sounds mit dem Tube 5, das kann naturgemäß nicht laut werden. Das Klangbild überzeugt, da es in sich ausgewogen ist, angenehme Brillanz und Transparenz entwickelt, und sogar relativ viel Volumen in den tiefen Frequenzen entwickelt, trotz des „kleinen“ Speakers und des kompakten Gehäuses. Aber wir wollen uns ja nicht in die Tasche lügen, von einer konkreten Bass-Wiedergabe kann man trotzdem nicht sprechen. Nächster Schritt, mal schauen was passiert, wenn man die Gain-Einstellung langsam erhöht. Krümelt der Sound, wirken die Overdrive-Verzerrungen brüchig und womöglich dissonant rau, was bei Röhren-Amps der untersten Preisbereiche nicht wundern würde?
Nee, garnicht, schöne Überraschung, denn wer hätte das gedacht, der „billige“ Combo kommt „klangkulturell“ gar teuer aus den Hufen. Feinfühlig schleichen sich erste Sättigungsanteile in das Klangbild ein und nehmen gleichmäßig mit erfreulich homogen wirkenden harmonischen Verzerrungen zu, die allerdings unterschwellig bei tiefen Noten Intermodulationen, interferent „schmutzende“ Klanganteile beinhalten – ein Merkmal das nicht per se negativ zu betrachten ist, sondern eher charakterformend zu kernigen Rockamps dazugehört. Am Gain-Maximum ergibt sich satte, kraftvolle, britisch angehauchte Distortion mit einer Intensität, die man von kleinen PuristenCombos so nicht kennt, da sie meistens – reduziert im Konzept wie sie sind – zu wenige Röhrenstufen haben, um sich zu solchen Leistungen aufzuschwingen. Man ist hier insofern also variabler.
Wie auch in der Abstimmung der Lautstärke, denn der Tube 5 braucht nicht, wie fast alle seiner Mitbewerber, die hohe Aus/Ansteuerung der Endstufe, um die satten Verzerrungen zu produzieren. Wenngleich er hinsichtlich der Tonfülle dann noch charmant eine Schippe nachlegt. Süßliche Hochmitten, hohe Transparenz bei Akkorden mit guter Darstellung der Einzeltöne, kreatives Spielgefühl das den musikalischen Ausdruck fördert, ein gut dosierbarer und wohlklingender Hall… – der kleine Kong springt so locker und leicht durch die musikalische Landschaft, dass es eine einzige Freude ist. Zudem macht der Tone-Regler zumindest so viel her, dass er unterschiedliche Gitarren im Klang artgerecht ausbalancieren kann. Runde Sache, ich würde mich definitiv nicht scheuen den zu einem Studio-Job mitzunehmen.
OK, ob die freudig frohe Stimmung wohl bleibt, wenn wir den Tube Fifteen anwerfen? Definitiv ja! Der 1¥12″-Combo unterscheidet sich aber was die Zerr-Sounds angeht deutlich vom vergleichsweise schöngeistigen Tube 5. Der Charakter ist offensiver, gröber, härter im Höreindruck, die Höhen wirken zuweilen sogar schon harsch. Der Drive-Kanal tendiert insofern im Timbre etwa in Richtung der frühen Marshall 2204/2203-Amps. Um mit teureren Combos mitzuhalten, fehlt es den Distortion-Sounds ein wenig an Fülle, Volumen, sie wirken eindimensional. Dennoch kann und muss man mit der letztlich doch ziemlich austrainierten Wiedergabe höchst zufrieden sein. Der Clean-Kanal steht dem in nichts nach. Die eher fordernde Attitüde im Ton, die sich schon im Drive-Kanal gezeigt hat, ist auch hier präsent und der Glanz in den Höhen dadurch etwas kühl, grundsätzlich haben wir es hier aber mit einer ausgewogenen und gefälligen Wiedergabe zu tun.
Die Lautstärkereserven sind hoch, von den 15 Watt der zwei EL84 darf man aber auch nicht zu viel erwarten. Wenn die Band-Kollegen ordentlich reinhauen, wird man leicht soweit aufdrehen müssen, dass der Ton in Overdrive umschlägt. Die Dreibandklangregelung arbeitet nachhaltig und kann im Bass-Bereich ordentlich nachlegen. Schön, aber wenn man dann in den Drive-Kanal wechselt ist es gut möglich, dass die hoch ausgesteuerten Bass-Anteile die Distortion etwas verschmoddern. So tut sich an dieser Stelle ein Kritikpunkt am Tube Fifteen auf: Es wäre schön wenn der Clean-Kanal grundsätzlich etwas kräftigere Bässe liefern würde. Dazu muss ich aber noch etwas anmerken: An einem größeren Speaker-Cabinet betrieben – was tonal einen großen Schritt nach vorne bedeutet – erreicht der Amp ausgeglichene SoundVerhältnisse zwischen den Kanälen, ohne die eben genannte Einschränkung. Allerdings ergibt sich aus diesem Hinweis gleich ein weiterer Kritikpunkt. Weil die Kongs mit 8-Ohm-Lautsprechern bestückt sind und sie nur die drei Anschlüsse 1¥16 Ohm und 2¥8 Ohm anbieten, kann man nicht parallel mit korrekter Anpassung zum Beispiel ein zusätzliches 8Ohm-Cabinet anschließen.
Hätten die internen Speaker 16 Ohm, könnte man mit einem 16-Ohm-Ext-Cab einfach die beiden 8-Ohm-Anschlüsse nutzen. So bleiben also nur zwei Lösungen: 1. der interne Speaker wird ausgesteckt wenn man eine externe Box benutzt, oder 2. man beschafft sich eine „Junction Box“ (1 In, 2 Outs), die so verkabelt ist, dass die beiden Ausgangsbuchsen seriell verdrahtet sind. So könnte man zwei 8-OhmLautsprecher/-Boxen an dem 16-OhmAusgang betreiben. Nach viel Lob für die Sound-Qualität der Combos muss ich am Ende leider auch Kritik üben. Betrifft die Einschleifwege: Die Signalqualität ist einwandfrei, aber es ergeben sich zum Teil Pegelprobleme. Beim Tube Fifteen bleibt der Drive-Kanal cool im grünen Bereich, wird der Clean-Kanal hoch ausgesteuert springen die Attackpeaks weit über +4dB hinaus. Gleiches gilt für den Tube 5, der etwa ab Gain-Einstellung 50% die Schwelle erreicht. Bei Max.-Gain ist das Signal so stark, dass man am Input des angeschlossenen Effektgeräts (19“-Prozessoren) weit herunter regeln muss um Verzerrungen zu vermeiden (Pedale zu benutzen entfällt quasi völlig). Logischerweise kommt dann ein schwächeres Signal am FX-Return des Combos an, er kann in der Konsequenz seine maximale Lautstärke nicht mehr erreichen. Aber, locker bleiben, dafür gibt es eine einfache Lösung. Indem man einen Line-Booster zwischen dem Ausgang des Effektgeräts und dem FX-Return einschleift, lassen sich die Signalverluste kompensieren.
Eigentlich sollte aber n atürlich die FX-Loop Schaltung der C ombos schon so ausgelegt sein, dass man solche Kunstgriffe nicht braucht.
alternativen
Unter den analogen Röhren-Combos haben die Kongs kaum Gegenspieler. Ja, Bugeras V5 Combo und V5 Infinium Combo kämen im Grunde als Alternativen zum Tube 5 in Betracht, beide haben aber nur einen kleineren 8″-Speaker an Bord, was tonal schon einen ziemlich deutlichen Unterschied macht. Der Cub 10 von Laney ist auch erwägenswert. Er übertrifft mit zwei 6V6-Röhren in der Endstufe die Leistung des Tube F ifteen, ist aber nur einkanalig ohne reguläre Klangregelung und hat einen 10″-Speaker. Tatsächlich gibt es zum zweikanaligen Tube Fifteen derzeit in seinem Preissegment keine Alternative.
resümee
Frohe Kunde! Sparfüchse können mit den im Sound retro-orientierten Kongs einen guten Deal machen. Der im Ton so souverän auftrumpfende Tube 5 bietet ein wirklich günstiges Preis-/Leistungs-Verhältnis. Dem steht der Tube Fifteen in nichts nach. Zwei Kanäle, ordentlich Leistung, 12″-Speaker, Hall … das ist ein schon absolut ernst zu nehmendes Arbeitsgerät. Schade nur, dass die Ein schleifwege wegen der Pegelverhältnisse leider nicht universell nutzbar sind.
Spiele den Tube 15 seit einiger Zeit in der Bandprobe in der 1 Watt Einstellung, überraschenderweise funktioniert das! Ich kann mich gegen 2 weitere Gitarren, Schlagzeug und Bass durchsetzen. Klar, ziemlich voll aufgedreht, im Clean Kanal zerrt es sobald man nur etwas fester anschlägt – mag ich! Mit Booster singt die Kiste!!!
Spiele den Tube 15 seit einiger Zeit in der Bandprobe in der 1 Watt Einstellung, überraschenderweise funktioniert das! Ich kann mich gegen 2 weitere Gitarren, Schlagzeug und Bass durchsetzen. Klar, ziemlich voll aufgedreht, im Clean Kanal zerrt es sobald man nur etwas fester anschlägt – mag ich! Mit Booster singt die Kiste!!!