1992 das Licht der Welt erblickt, galten AER-Amps bald als Referenz und Standard für die Verstärkung akustischer Instrumente. Beeindruckend ist die lange Liste offizieller User: Tommy Emmanuel, Eric Johnson, Michael Fix, Joscho Stephan, Christina Lux, Peter Autschbach, Frank Haunschild, um nur einige zu nennen. Unter neuer Regie zog die Firma vor einigen Jahren ins Bergische Land nach Velbert, doch das Motto blieb: Hochwertig, leistungsstark, nachhaltig, made in Germany.
Neuestes Produkt ist der AER Compact 80 pro, ein kompakter 80-Watt-Würfel mit 8″-AER-Custom-Twin-Cone-Lautsprecher, vier unabhängigen Kanälen jeweils für Instrumente oder Mikrofone, zwei identischen Effektmodulen, zwei DI-Ausgängen, Couple-Funktion zum Monitoring eines zweiten Amps und etlichen weiteren praxisorientierten Features.
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AN ALLES GEDACHT?
Jeder der vier Kanäle verfügt über eine kombinierte XLR/Klinke-Buchse für Instrumente und Mikrofone. Drückt man den beleuchteten Phantom-Power-Schalter von Channel 1, wird dieser mit 9 Volt und simultan Channel 2 mit 48 Volt versorgt. Gleiches bewirkt der Phantom-Power-Switch von Channel 3 bei den Kanälen 3 und 4.
Mit Ausnahme der in Channel 2 und 4 fehlenden Middle-Regler hat AER alle Kanäle identisch ausgestattet: Input-Clip-LED, Color-Switch (Mid Cut/Treble Boost), sowie die Regler Gain, Bass, Middle und Treble. Alle Klangregler rasten in Neutralposition ein. Die beiden identischen Effektsektionen sind den Kanälen 1/2 und 3/4 zugeordnet.
Pan-Regler mit Mittelrasterung routen die Effekte stufenlos auf die Kanäle, sodass diese sich auch mit unterschiedlichen Effektpegeln beschicken lassen. In Mittelstellung sind die Level auf beiden Kanälen (1/2 bzw. 3/4) identisch. Ein separates Level-Poti kontrolliert den Gesamtpegel des per Drehschalter wählbaren Effekts. Das Angebot umfasst vier praxisgerecht gewählte Typen, und zwar Reverb 1 (kurz), Reverb 2 (lang), Delay (320 ms) und Chorus. Master Volume regelt die Gesamtlautstärke des Compact 80 pro. Eine grüne Power-LED signalisiert den Amp-Betrieb, eine rote den Mute-Status, der, per rückseitigem Mute- oder externem Fußschalter aktiviert, das komplette Ausgangssignal verstummen lässt.
Nicht weniger luxuriös ausgestattet ist die von Anschlüssen und Lüftungsschlitzen dominierte Rückseite. Quasi parterre finden wir die Netzkabelbuchse mit Sicherungsfach und Netzschalter, in der ersten Etage Tuner Out, Headphones (große Stereoklinke, deaktiviert den Lautsprecher), die Fußschalteranschlüsse Mute und FX Mute (TRS, Tip = interne Effekte on/off, Ring = externe Effekte on/off) sowie den besagten Mute-Schalter. Richtig los geht’s dann in der oberen Etage mit den Mini-Potis Aux Level und Couple Level, Couple Input (XLR symmetrisch), Aux In L/R, FX Send und Return, Line Out L/R, DI-Out 1 und DI-Out 2, beide XLR symmetrisch und im Signalweg vor dem Master-Volume angeordnet. Der abschließende Pre/Post-Schalter routet die Signale der internen und etwaiger externer Effekte sowie die des Aux-Eingangs auf den ansonsten „trockenen“ DI-Out 2. Über den Couple Input kann der DI-Out eines zweiten Amps angeschlossen werden, dessen Signal über den Compact 80 pro übertragen wird – quasi eine Monitorfunktion mit Pegelsteller (Couple Level).
Eine weitere Besonderheit bietet das FX-Pan-Poti wenn der parallele Loop für externe Effekte belegt ist. Dreht man den Regler ganz nach links, werden die Bordeffekte auf Kanal 1, die externen auf Kanal 2 geroutet. In Center-Position sind sowohl die internen als auch externen Effekte gleichberechtigt auf beiden Kanälen vertreten. Wird FX Pan ganz nach rechts gedreht, werden die Onboard-Effekte auf Channel 2, die externen auf Channel 1 geroutet.
Das stabile Verstärkergehäuse aus 12 mm Birkensperrholz beherbergt eine geschlossene Kammer mit Bassreflexsystem und einem 8-Zoll-2-Wege-Doppelkonus-Breitbandlautsprecher, der speziell für AER hergestellt wird. Da Eckenschoner das elegante Design des Compact 80 pro stören würden, hat man die Kanten verrundet und das Gehäuse mit strukturiertem, wasserbasiertem Acryllack versehen. Mit der Oberkante bündig montierten Griffschale lässt sich der knapp 10 kg wiegende Amp komfortabel tragen. Vier große eingelassene Gummifüße ragen ca. 5 mm aus dem Boden hervor. Einen Stativflansch gibt es aus Platzmangel nicht, zumal er im Innern die optimierte Akustik der Lautsprecherkammer beeinträchtigen würde. Vorne schützt ein Lochblechgitter mit aufgeklebtem Akustikschaumstoff den Speaker.
Ein 9-fach verschraubtes, gewinkeltes, 2 mm dickes Alublech trägt die gesamte Schaltung. Innen treffe ich auf vier üppig bestückte, von Distanzstücken und den verschraubten XLR-Buchsen gehaltene Platinen, die mittels gesteckter Flachbandkabel untereinander verbunden sind. Ein 60 mm Radiallüfter kühlt die beiden parallelen analogen Endstufenblöcke, von denen sich jeweils einer schon im AER Compact 60 bewährt hat. Ein großzügig dimensionierter Ringkerntrafo garantiert brummfreien Betrieb. Sämtliche Potis, Klinkenbuchsen und Druckschalter finden in passgenauen Bohrungen und auf den Platinen Halt. Angesichts der hochwertigen Bauteile und sauberen und soliden Verarbeitung dürfte dem Compact 80 pro ein langes Leben beschert sein.
NATÜRLICH HI-FI
Die unterschiedlich mit EQs und Phantom Power ausgestatteten Kanäle bieten sich für verschiedenste Instrumente bzw. Mikrofone an. Channel 1 und 3 wegen der 9 Volt für aktive Pickup-Systeme mit oder ohne Klangreglung, die Kanäle 2 und 4 für 2-Weg-Systeme mit Kondensatormikrofonen, die 48-Volt-Phantomspeisung benötigen. Für Instrumente ohne eigenen EQ empfehlen sich wegen der 3-Band-Klangreglungen ohnehin die Kanäle 1 und 3. Instrumente mit Onboard-Preamp und EQ dürfen indes auch an die Channels 2 und 4. So stünden die 3-Band-EQs der Channels 1 und 3 für dynamische Vokalmikros zur Verfügung. Bereits bei Neutral-Settings der Klangregler und inaktivem Color Switch überträgt der Compact 80 pro angeschlossene akustische Instrumente mit der von AER gewohnten Transparenz, Vitalität und – adäquate Qualität des verwendeten Tonabnehmersystems vorausgesetzt – mit beeindruckender Natürlichkeit und Authentizität. Sag ich doch: Hi-Fi, aber keineswegs steril.
Nicht ganz so effizient wie man es vielleicht von Konkurrenzprodukten gewohnt ist, greifen die aktiven EQs ins Klanggeschehen ein. So senkt der Color Switch die Mitten bei 700 Hz um 3 dB ab, greift aber den Höhen bei 8 kHz mit 10 dB unter die Arme. Dies erhöht die Offenheit und Leichtigkeit des Sounds, was speziell Fingerpickern zugutekommen dürfte. Während beim 3-Band-EQ die Bässe (100 Hz) und Höhen (10 kHz) um jeweils +/-8 dB und die Mitten (800 Hz) um +/-6 dB bearbeitet werden können, erlauben die 2-Band-Klangreglungen die Anhebung bzw. Absenkung der Bässe (100 Hz) um +/- 8 dB und der Höhen (10 kHz) um +/-11 dB. Dank des praxisorientierten, geschmackvollen Sounddesigns sind umfassende Klangkorrekturen sicherlich eher selten erforderlich.
So werden auch Klassik- und Resonator-Gitarren, Mandolinen, Ukulelen, Banjos, cleane E-Gitarren u.v.a. natürlich, präzise und klar sowie zudem extrem rauscharm abgebildet. Befindet man sich aus Platzmangel mit dem Instrument zu nahe am Verstärker, entstehen mitunter Feedbacks, die die volle Nutzung des enormen Endstufenpotenzials verhindern. Hier würden variable Notch-Filter Abhilfe schaffen.
Auch die Übertragung von Sprech- oder Gesangsstimmen meistert der Kraftzwerg mit Bravour und gibt bereits bei linear eingestellten Klangreglern Stimmen klar und gut verständlich wieder. Ebenso werden Audio-Playbacks über die (regelbaren!) Aux Inputs mit Hi-Fi-Qualität und hohem Schalldruck übertragen.
Das kleine aber praxisorientierte Angebot der Effekte in Studioqualität und deren ausgefuchstes aber leicht zu handhabendes Routing in Kombination mit externen Effekten komplettieren die umfangreiche Ausstattung des Amps und machen ihn zu einem echten Allrounder.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Mit der Entwicklung des Compact 80 pro hat sich AER lange Zeit gelassen. Viele Ideen und Neuentwicklungen sind eingeflossen, um vier eigenständige, vollständig ausgestattete Kanäle, zwei extrem flexibel zu routende Effektmodule, zahlreiche Klangregelstufen und ein umfangreiches Anschlussfeld in ein kompaktes Würfelgehäuse zu packen. Und wenn der Amp am Ende auch noch mit allerbesten Klang- und Dynamikeigenschaften, natürlicher Wiedergabe und geringen Nebengeräuschen glänzt, kann das AER-Designteam nicht allzu viel falsch gemacht haben. Verständlicherweise hat derart hochprofessionelles Equipment seinen Preis. Der ist hier jedoch absolut gerechtfertigt, wenngleich ich mir noch Ground-Lifts für die DI-Ausgänge und Anti-Feedback-Filter wünschen würde – sofern das begrenzte Platzangebot solche überhaupt zulässt. In klanglicher Hinsicht setzt das kleine Kraftpaket in jedem Fall Maßstäbe.