Joe Knaggs steht für großartige Designs und höchste Fertigungsqualität im Segment der Boutique-Instrumente. Steve Stevens kooperiert schon seit 2011 mit Knaggs, 2013 wurde sein erstes Signature-Instrument SS1 auf der Musikmesse in Frankfurt vorgestellt. Das aktuelle SSC-Modell soll weniger Glamour transportieren, dafür über etwas mehr Vintage-Charakter verfügen, aber auch ordentlich Dampf machen – so wünschte der gute Steve sich das jedenfalls.
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Knaggs Guitars werden in Deutschland exklusiv von Thomann vertrieben. Das SSC Steve Stevens Signature-Modell ist neben dem Vintage Burst des Testobjekts auch noch in den optionalen Farben Pink, California Sunset, Faded Onyx, Black, Vintage Pearl, Creme, Sunflower, Tobacco Burst und Indian Red zu haben.
Single-Cutaway-Klassiker mit Updates und starker Elektrik
Grundsätzlich Single-Cut-Typ, aber doch mit leicht nach innen geführter Schulter oben, ist das Steve Stevens-Modell von der Konstruktion und Holzwahl, aber auch vom Gewicht her der weitläufigen Familie der Les Paul zuzurechnen. Den Unterschied macht vor allem der etwas ausladender gestaltete vordere Korpusbereich mit der schon genannten oberen Schulter und dem weiter geschnittenen, exklusiv gestalteten Cutaway.
Der Body der SSC Steve Stevens besteht aus erstklassigem Mahagoni mit konturierter Decke aus prachtvoll geriegeltem Ahorn. Ins Auge fällt auch das bemerkenswert dicke, cremefarbene, schwarz-weiß- schwarz unterlegte Decken-Binding. Die Plattenstärke bewegt sich mit am Halsansatz gemessenen 4,9 cm dann auch im Les-Paul-Bereich, aber anders als beim Gibson-Modell finden wir bei der Stevens einen Konturschnitt am Boden oben für die komfortable Anlage am Spieler und eine leichte Abgleichung im Cutaway hinten.
Der einteilige Hals aus ebenfalls hochwertigem Mahagoni ist etwas oberhalb des 16. Bundes in den Korpus eingeleimt, der Halsfuß mit leicht konischem Anschnitt eingesetzt. Im Griffbrett aus Palisander mit 12″ Radius sind seitlich positionierte SSC Block-Inlays aus Perlmutt eingesetzt. 22 Medium Bünde zeigen perfekte Verarbeitung.
Der exklusiv gestaltete Kopf der Steve-Stevens-Signature-Gitarre (er ist kürzer, aber dafür breiter als bei der LP) ist mit einem Furnier aus Ebenholz mit Ray-Gun-Motiv (Science Fiction Wunderwaffe) besetzt. Kluson Single Line Tuners sorgen für verlässliche Stimmung, der schmale Knochensattel ist in Perfektion eingerichtet. Hinter der Plakette mit Steve Stevens-Signatur liegt der Zugang zum obligatorischen Halsstab verborgen.
Am Korpus werden die Saiten über eine Tune-o-matic Bridge geführt und von einem Stop Tailpiece gehalten – klar, klassische Nummer, aber optimiert, denn beide Elemente sind per Madenschrauben fixierbar. Elektrisch verstärkt wird die Steve Stevens durch zwei SSC-Humbucker von Bare Knuckle. Den Tonabnehmer am Steg finden wir etwas weiter weg vom Steg platziert, als das bei vergleichbaren Modellen der Fall ist – wir werden später hören, was das ausmacht.
Die Pickups sind ansonsten ganz traditionell über einen Dreiwege-Toggle-Switch anwählbar. Dazu gibt es zwei Volume- und zwei Tone-Regler, kein Schnickschnack – fertig! Natürlich liegt eine 628 mm Mensur vor und, wie immer bei Knaggs, lassen Verarbeitung wie auch die perfekt gemachte Nitro-Lackierung in Vintage Burst keine Wünsche mehr offen.
Freundschaft
Peter Wolf, der Knaggs Guitars zusammen mit Joe Knaggs gründete und für die weltweite Vermarktung der Instrumente Sorge trägt, schildert die Entwicklung der freundschaftlichen Partnerschaft mit Steve Stevens so: „Ich kenne den lieben Steve schon seit 1984 als ich noch Hamer in Deutschland gemacht und ihn unter anderem auch 1985 und 1986 zur Frankfurter Messe eingeflogen habe. Daraus ist dann eine Freundschaft entstanden, die auch 32 Jahre später noch besteht und immer besser wird.
Als ich mit Hamer aufgehört und PRS full time angefangen habe, hat Joe ihm auch eine PRS mit Ray Gun Einlagen gebaut, die er ein paar Jahre gespielt hat. PRS war aber nie wirklich sein Ding und er ist dann zu Les Pauls zurückgekehrt. Nachdem wir die Firma Knaggs gegründet hatten, ich glaube ein Jahr danach, also 2011, habe ich ihm gemailt und gefragt ob er Interesse hat, einige Knaggs auszuprobieren.
Hatte er – und daraus ist dann eine enge Zusammenarbeit entstanden. 2013 haben wir die erste limitierte Auflage der SS1 in Frankfurt vorgstellt (100 Stück, Black Pink Binding) und im Jahr 2015 die SS2 in Red Sparkle, Créme oder Black, ebenfalls 100 Stück Limited Run … die sind auch alle so gut wie ausverkauft. Wir haben dann überlegt, was wir als nächstes machen und wollten ein Instrument basierend auf der SS2 herausbringen, allerdings weniger flashy und mit einem Vintage Approach … das ist die SSC.
Die ist permanent ein Pferd in unserem Stall, mit eigener Serien-NummerSequenz, und sowohl in transparenten Farben als auch in Opaque Farben erhältlich. Der Unterschied zur SS2 ist: kein FB Binding, keine etched Ray Guns auf den Pickup-Kappen, kein Pearl-Headstock-Veneer und keine Limitierung. Die SSC hat Vintage Gotoh Tuners und ebenfalls die Bare Knuckle Pickups, allerdings ohne die etched Ray Guns.
Die Pickups basieren auf dem Bare Knuckle ,The Mule’-Modell, mit etwas weniger Output und Alnico Magneten. Alle anderen Specs, Neck Profile, Gewicht, Tone Pros Stop Tail Piece usw. sind nach Steves Spezifikationen und wie bei der SS2. Er spielt mittlerweile 90% der Show mit der SS2 (Red Sparkle, Créme, Silver Sparkle Burst) und der SSC in Sunflower, die er im Januar bekommen hat. Wir werden auch weiterhin an verschiedenen Projekten mit Steve Stevens arbeiten, er gehört einfach inzwischen zur Familie.“
Les Paul on Steroids
Das Steve Stevens SSC Signature-Modell hängt mit 4,1 kg ausgeglichen am Gurt, der Meister mag diese Gewichtsklasse, und es richtet sich praxisgerecht am Spieler aus. Sein SSC-Custom-Halsprofil ist kraftvoll rundlich, also recht fett ausgelegt und spielt sich fabelhaft bis in die hohen Lagen hinein. Schon unplugged zeigen sich die Stärken der Konstruktion in Kombination mit bester Tonholzwahl und erstklassiger Verarbeitung: Ansprache, Schwingverhalten, Sustain und Tonfarbe bewegen sich auf definitivem High-End-Niveau.
Das gilt es natürlich mit angemessenen Tonwandlern umzusetzen. Die Bare-Knuckle-SSC-Pickups sind auf Grundlage des „The Mule“-Modells gewickelt, wobei es sich um Nachbildungen der besten Spät-60er-PAFs mit unterschiedlichen Wicklungen der jeweiligen Spulen handeln soll, was in außergewöhnlich balancierter Frequenzwiedergabe mit mehr als genug Kraft für so gut wie jede Anwendung mündet, so die Auskunft des englischen Herstellers.
Wie bei „The Mule“ kamen hier Alnico-4-Magnete zum Einsatz. Ihr Output liegt nur leicht über dem gängiger PAF-Humbucker. Der Hals-Pickup vermittelt den konstruktionsbedingt schon höchst substanziellen Ton der SSC mit einer Festigkeit und Güte, die sofort gefangen nimmt. Schon in klaren Einstellungen ist der wunderbar transparent aufgelöste Akkordklang schlagend.
Die plastische Skulptur, in der hier Mehrklänge geradezu dreidimensional dargestellt werden, saugt den Spieler förmlich in den Sound hinein. Schon an diesem Punkt könnte man sich verlieren. Linien intonieren fest und tiefgreifend, schwingen bis zum Horizont und dahinter geht es bekanntlich ja noch weiter. Ein im Overdrive angeschlagener Akkord klärt im Abschwingen wunderbar auf, stellt die Stimmen in harmonischer Verschränkung dar.
Mit dem Anschlag lässt sich der Impuls wunderbar dynamisch steuern, es tönt differenziert und doch fett und rund. Schnell gespielte Linien erhalten durch den pointiert herausgestellten Anschlagskick starke Struktur mit wonnigem Schnalzen. Die Tonfestigkeit und Intensität der Darstellung ist nicht hoch genug zu loben. Wechseln wir zum SSC-Humbucker am Steg, so springt das Pferd leicht vor – falscher Film?
Jedenfalls liegt genau der dynamische Sprung an, den es braucht, um im Ausgleich mit dem saftig auftrumpfenden Hals-Humbucker auf Augenhöhe zu operieren. Wiederum ist die Transparenz und Dichte des Sounds zu loben, plastisch und knackig im Bass, rund und fokussiert in den Mitten und überraschend sauber in der Höhendarstellung.
Kompakt, aber trotzdem transparent gegliedert leuchten Akkorde auf, reagieren auf das Plektrum wie ein Paradepferd auf die leichteste Zügelkorrektur. Tag des Gauls, oder was? Whatever – diese selten zu hörende Öffnung und Leichtigkeit hat jedenfalls große Klasse. Selten macht es so viel Spaß, einfach nur clean über den Steg-Pickup zu spielen. Nicht ganz überraschend bewegt sich dann auch der Sound unter Zerrbedingungen auf höchstem Niveau.
Innerlich stabil, immens standfest und doch dynamisch formbar bietet sich uns ein Ton von ungemein hoher Substanz für jede Art von Lead-Exkursion an. Die leichte Einrückung des Pickups in Richtung Korpusmitte ist wohl für das etwas größere Tonvolumen mit einer tendenziellen Entgratung des typischen Steg-Sounds verantwortlich zu machen.
Dem Druck nimmt das absolut nichts, im Gegenteil, die Definition und Fatness mit etwas mehr Tiefgang scheint sogar größer. Sehr schön sind auch die mit den Volumeund Tone-Reglern erzielbaren Ergebnisse. In feinen Abstufungen lassen sich Sounds ohne Höhenverluste über den Summenregler kalibrieren oder mit dem Tone-Poti weich abgleichen. Besser geht das kaum!
Resümee
Das SSC Steve Stevens Signature-Modell ist ein Paradebeispiel für die fruchtbare Kooperation von Spieler und Hersteller. Der eine weiß genau was er will – der andere verfügt über die handwerkliche Klasse, die skizzierten Visionen auf höchstem Niveau kongenial in Szene zu setzen. Steves Wunsch war es bei diesem Modell, die traditionell bewährte Single-Cut-Gitarre zeitgemäß zu gestalten und mit möglichst flexibel nutzbarer elektrischer Stärke auszustatten, ohne aber dabei den Fuß aus der Vintage-Tür zu nehmen.
Die SSC spielt sich mit ihrem kraftvoll rundlich profilierten Hals ganz wunderbar und fühlt sich auch insgesamt einfach gut an. Die trefflich konstruierte und mit formidablen Materialien erstellte Gitarre klingt schon akustisch groß, läuft aber erst durch ihre hervorragenden Steve-Stevens-Custom-Humbucker von Bare Knuckle zur Höchstform auf.
Klasse-Sounds in allen Schaltstellungen, hervorzuheben aber der durch Einrückung besonders fokussiert und rund erscheinende Ton des Steg-Pickups. Instrumenten Musikalität zuzuschreiben, das ist so eine Sache – die soll doch bitte der Musiker einbringen. Eine Gitarre, die uns inspiriert und damit auf eine höhere Ebene bringt, das ist es was wir wollen und bitte: hier ist ein Instrument das genau das schafft! Teuer? Ja klar – alles andere wäre für so eine außerordentliche Wunderwaffe des exquisiten Tons doch ein Witz!