Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.
(Bild: Archiv)
Yamaha B100 II
Spätestens mit den BB-Bässen der 70er hat sich Yamaha als Hersteller hochwertiger Bässe etabliert. So unterschiedliche Spieler wie Lee Sklar, Paul McCartney, Michael Anthony, Nathan East oder Peter Hook gingen mit ihnen auf die Bühne und ins Studio oder waren sogar an der Entwicklung beteiligt. Aber auch in Sachen Verstärker hatte Yamaha durchaus etwas zu bieten.
Die ersten Amps aus den 60ern sind noch recht kuriose Gewächse. Seltsam asymmetrische trapezförmige Lautsprecher mit Plastikmembranen fanden sich in ebenso seltsamen keilförmigen Gehäusen wieder, die unten genug Platz für die Endstufe hatten und oben gerade genug für die Regler. Alles natürlich in hochmoderner Silizium-Halbleiter-Technologie.
Waren diese Combos für Gitarre gedacht, gibt es doch einen Bass-Bezug: Fender baute ebendiese Yamaha-Speaker in ihren Bantam-Bass-Combo ein, wo sie den Nutzern regelmäßig um die Ohren flogen. Anfang der 70er gab es dann explizite Bass-Amps. In einer Zeit, in der japanische Firmen damit und daran wuchsen, dass sie westliche Designs nachahmten, stand hier wohl die Acoustic360/361-Anlage Pate, denn ähnlich wie beim Ampeg-Konkurrenten wurde hier ein Preamp im separaten Gehäuse mit einer aktiven Box gekoppelt, die drei Zwölfzoll-Speaker mit einer kräftigen eingebauten Endstufe kombinierte.
Die Idee, die Klangregelung statt mit Drehpotis mit Schiebereglern auszuführen und mit Preshape-Klangschaltern zu kombinieren, sollte ein Jahrzehnt später in abgewandelter Form Trace Elliot zu Weltruhm verhelfen.
RÖHRE?
Auch Yamaha hatte bis dahin weiter entwickelt und Ende der 70er eine Reihe auf den Markt gebracht, die als Topteil B100II hieß und sehr schnell sehr präsent in den deutschen Musikläden war. Viele hielten den Verstärker für ein Röhrengerät. Nicht wirklich verwunderlich, hatte das Top doch eine Bauform, die man zum Beispiel von den immer noch verbreiteten Fender-Bassman-Heads kannte. Hier wie da war das Chassis mit den typischen verchromten Metallstreifen hängend montiert und die Front des Gehäuses mit einem auf Holzrahmen gezogenen Bespannstoff verschlossen.
Der Blick auf die fast, aber eben nicht ganz verschlossene Rückwand lässt ein Kühlblech erahnen und scheinbar auch Röhrensockel. Tatsächlich halten die Klemmen aber zwei große Becher-Elkos – der Verstärker ist komplett transistorisiert. Das angesprochene Kühlelement sorgt für die Ableitung der von der Endstufe generierten Hitze, wodurch der B100II ohne Lüfter auskommt.
Weitere gute Features auf der Rückseite sind der DI-Out per XLR und die Umschaltung der Netzspannung, wodurch der Amp weltweit einsetzbar ist. Die Vorstufe besteht aus zwei Klangregelungen: Auf die beiden unterschiedlich empfindlichen Eingangsbuchsen folgt ein Volume-Regler und der erste EQ mit Höhen, Mitten, und Bässen. Der ist als typischer Tonestack aufgebaut, wie man ihn von Röhrenamps kennt. Neutral ist dabei eine Einstellung auf 2/10/2, alle Regler auf 5 ergibt ein angenehmes Klangbild mit leichtem Boost in Bässen und Höhen sowie einem leichten Cut in den Mitten.
Der zweite EQ ist ein graphischer, was man gemeinhin mit Schiebereglern verbindet (siehe oben), was sich aber auch – wie hier – mit Drehreglern realisieren lässt. In fünf Bändern kann der Sound vom Bass bei 60 Hz bis in die hohen Mitten mit 1250 Hz bearbeitet werden; um ihn zu neutralisieren, müssen die Drehregler in die Nullstellung gebracht werden, was dank der gut ablesbaren Knöpfe kein Problem ist.
Die Verbindung zur Lautsprecherbox stellen zwei Klinkenbuchsen her, an 4 Ohm liefert der Amp 100 Watt. Die sind konservativ gemessen, der Output ist sehr ordentlich und bandtauglich. Das gilt auch für die Combovariante, den B100- 115SE. Wie der Name schon erahnen lässt, arbeitet hier ein firmeneigener Fünfzehnzöller mit einem soliden Korb und einem großzügig dimensionierten Magneten, der im großzügig bemessenen Bassreflex-Gehäuse für ein üppiges Fundament sorgt und durchaus mit amerikanischen 15“-Klassikern mithalten kann.
PREISE
Was diese Verstärker so charmant macht, ist einerseits die recht gute Verfügbarkeit, da sie seinerzeit wirklich viel verkauft worden sind, andererseits sind sie überaus robust und brauchen selten mehr als normalen Service – Potis und Buchsen reinigen, wenn überhaupt. Auch ein Check der Elkos kann nicht schaden.
Preislich ist man schon um die 200 Euro dabei, beim Combo, oder wenn Top und Box zusammen angeboten werden, muss meist noch Abholung mit eingeplant werden. Die Mk-III-Nachfolger bieten ähnlichen Ton mit sogar noch mehr Einstellmöglichkeiten, haben mit ihrem nüchternen 80er-JahreLook aber nicht mehr den Vintage-70er-Charme der IIer. Ein schickes Besteck für zuhause, das aber auch proberaum- und sogar bühnentauglich ist!
(erschienen in Gitarre & Bass 03/2022)