Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.
(Bild: Peavey)
Die Verkaufstexte zum „Peavey Rohrkönig VK 100 Kopfteil“ in der elektronischen Bucht sind schon allein aufgrund ihrer oftmals spektakulär übersetzten Texte amüsant. Ist der ausgesprochen günstig gefertigte Verstärker wirklich ein Kleinanzeigenheld?
Bereits bei der Markteinführung der Valveking-Serie richtete Peavey sich mit diesen Produkten an junge Käufer, die sparsam mit ihrem Taschengeld umgehen mussten und dennoch einen Vollröhren-Verstärker suchten, der sowohl im Proberaum, als auch auf der Bühne überzeugen kann.
Der VK 100 glänzt einerseits mit 100 Watt Leistung aus vier Ruby-6L6GCMSTR-Röhren, einer Vorstufenschaltung mit drei 12AX7- Röhren für zwei unabhängige Kanäle mit jeweils eigenem Equalizer, die per Fußschalter oder am Frontpanel anwählbar sind, Einschleifweg und echtem Federhall.
Andererseits wurde auch darauf geachtet, dass der Straßenpreis des Verstärkers ausgesprochen niedrig bleibt. Das äußert sich beispielsweise durch die einfache Platinenbauweise mit günstigen Potentiometern und Röhrenfassungen sowie durch die Fertigung in Fernost. Und so konnte man Mitte der Zweitausender-Jahre ein Peavey-Valveking100-Head für einen Neupreis von nur etwa 600 Euro erstehen.
BEDIENELEMENTE
Zwei – jeweils mit einem eigenen Drei-Band-Equalizer und Volume-Regler ausgestattete – Kanäle bilden das Herzstück des Valveking 100. Eingangsseitig hat man die Wahl zwischen der normal lauten Eingangsbuchse und einem High-Input. Dem Clean-Kanal hat Peavey einen kleinen Bright-Switch spendiert und – vermutlich in Anlehnung an Verstärker wie dem Fender Hot Rod Deluxe – auf ein Master-Volume-Poti verzichtet. Das Volume-Poti regelt hier nämlich die Eingangsempfindlichkeit.
Der zweite Kanal ist klassisch mit einem Gain-Poti und einem Kanal-Volume-Poti versehen und wurde zudem mit einem schaltbaren Gain-Boost sowie einem ebenfalls schaltbaren Lautstärke-Boost ausgestattet, damit man den zweiten Kanal des Valveking nicht nur als Heavy-Rhythmus-Kanal, sondern auch für Lead-Gitarren-Sounds nutzen kann.
Ein unkonventionell mit „Master Reverb“ beschrifteter Reverb-Mix-Regler für den Federhall, der auf beide Kanäle wirkt, ist beim Valveking 100 genauso an Bord wie auch ein serieller Einschleifweg. Dazu gibt’s Resonance- und Presence-Regler für die Endstufe.
Auf der Rückseite des Verstärkers befindet sich, neben den zwei Lautsprecherausgängen, ein Impedanz-Schalter (4, 8 und 16 Ohm) sowie der Anschluss für den optionalen Fußschalter. Ein eher ungewöhnliches Feature in dieser Preisklasse ist das sogenannte Texture-Poti, das zwischen der typischen 100 Watt starken Class-A/B-Beschaltung der Endstufenröhren und einer angedeuteten Class-A-Beschaltung mit etwas weniger Leistung und einem anderen Dynamik-Verhalten regelt. Die maximale Lautstärke des Valvekings kann hier allerdings nur relativ eingeschränkt eingestellt werden.
SOUNDS
Der Valveking 100 darf getrost als Allrounder verstanden werden. Der Clean-Kanal bildet eine zumindest ausreichend gute Plattform für Pedalboard-Enthusiasten und verzeiht so manchem Overdrive-Pedal die mitunter knallharten Höhen. Mit aktiviertem Bright-Switch klingt dieser Kanal zumindest ähnlich wie ein moderner Fender-Amp und bei weit aufgerissenem Volume-Poti, entlockt man dem Kanal einen pragmatischen Crunch-Sound.
„Kann der auch Metal?“ ist beim Valveking seit jeher eine in Foren diskutierte Frage, denn Peavey hat dem Amp in seiner ursprünglichen Bauform weder einen sonderlich traditionellen, noch martialisch anmutenden Look verpasst.
Kurzum – ja, das kann der Verstärker. Man darf allerdings nicht das für Peavey 6505 typische, aus vier bis fünf Trioden der Vorstufenröhren erzeugte, extrem tighte Klangbild erwarten. Auch mit geboostetem zweiten Kanal bewegt sich der Valveking eher auf dem Niveau von modernen Marshall-Verstärkern oder einem Mesa Boogie Dual Rectifier.
Für Heavy-Sounds klingt er recht eigenständig, betont die Tiefmitten und liefert kein ausgesprochen aggressives Attack. Das darf nicht verwundern, denn zum Zeitpunkt der Entwicklung des Verstärkers war Nu Metal angesagt, und dunkle, bröselige, eher basslastige Rhythmusgitarren-Sounds waren en vogue.
PREISE
Der Peavey Valveking ist ein ausgesprochen vielseitiger Mittelklasse-Verstärker, der in den Kleinanzeigen oftmals zu derartig niedlichen Preisen angeboten wird, dass Großmütter diese Kiste schon als Nikolausgeschenk für ihre Enkel in Erwägung ziehen – regelmäßig findet man ihn schon für unter 200 Euro!
Der VK 100 bietet sich sowohl als Pedalboard-Plattform, wie auch als moderner Bluesrock-, Rock- und Metal-Verstärker für den Proberaum oder kleine Bühnen an. Boutique-Junkies und Fans von super brillanten und extra tighten Djent-Gitarren-Klängen können den eher dunkel und wuchtig tönenden Valveking guten Gewissens anderen überlassen …
(erschienen in Gitarre & Bass 03/2022)
Bin auch an einen Valveking billich drangekommen und wollte ihn zuerst für andere Zwecke ausschlachten. Da er aber für dieses Stonerzeugs überzeugend klingt wurde er nur technisch und optisch gepimpt.
Ein paar Erfahrungen:
Es ist halt ein Sparamp, die Röhrenheizung ist nicht so verschaltet wie bei teureren Amps. Macht sich aber nur bemerkbar wenn mann bei eingeschaltetem Amp eine der Vorstufenröhren zieht, was ja mache Soundtüftler so machen … Das Ergebnis ist aber hier das dann alle drei Vorstufenrohren aufgrund durchgebrannter Heizung fällig werden. Sollte man nur wissen.
Wenn es ein Problem ist kann man eine Bypass-Spannungsregelung nachrüsten.
Das Problem mit dem Lautstärkeverhältnis der zwei Vorstufen kann man mit einem Volumepoti im Fx-Weg lösen. Bei mir wäre an der Stelle sowieso ein Pedalboard mit Volumepedal eingeschleift.
Das ominöse Texture-Poti auf der Rückseite funktioniert nach meinen Erkenntnissen so:
In Endstufen ist eine Symmetrierstufe dafür verantwortlich das jede der Push-Pull- Röhren mit einer gleich großen Halbwelle versorgt wird. Das Poti verändert die Symmetrie des Signals, was zu irgendwelchen Verzerrungen führt. Ich finde den Effekt eher mäßig, vor allem weil die Endstufe natürlich stark gegengekoppelt ist. Der nicht einstellbare, relativ hohe Ruhestrom tut sein übriges.
Bin zwar nicht auf der härteren Schiene unterwegs, aber man kann nie wissen. Zwei EVM12L in einer resonanten Box dran und das Ding lässt die Beinkleider flattern ;-))