Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.
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Ibanez 60’s Fuzz SF5 & FZ5
Die Flowerpower reichte bekanntlich nur von Woodstock bis Altamont, doch immerhin konnten sich einige der Woodstock-Sounds bis heute halten. Ich denke da natürlich an Jimi Hendrix, aber gerade auch an Leslie West, der mit seiner Kapelle Mountain einen lauten und damals ungewöhnlich aggressiven Sound anbot.
Leslie West benutzte damals einen Prototyp des Maestro Sustainer, um seine Amps anzublasen … und alle Pedal-Hersteller forschten fortan nach einer Zauberformel für heftige Signalverzerrung mit endlosem Sustain. Der findige Mike Matthews wurde 1969 fündig und stellte mit dem Big Muff Pi einen absoluten Pedal-Überflieger in dieser Disziplin vor!
Ibanez meldete sich um 1980 herum mit einer ersten Big-Muff-Kopie zu Wort, dem OD850. Von der Bezeichnung her ein Overdrive, kopierte seine Schaltung die des Electro Harmonix Pedals, und hatte immerhin schon „silent-switching“. Der OD850 verschwand jedoch bald wieder aus dem Programm, und erst viel später widmete sich Ibanez mit dem 60’s-Fuzz SF5 wieder dem alten Muff-Sound. Das SF5 war Teil der ersten Soundtank-Serie, die 1989 erschien und aus sechs Verzerrern bestand. Deren Metall-Gehäuse erinnert mich an eine Handgranate, und in den Promotexten der Firmenlektüre tauchen auffällig oft martialische Worte wie battle, battlefield, fight u. a. auf. War halt ne andere Zeit damals um 1990 herum.
Wohl aus Kostengründen wurden bald die ursprünglichen Metalldurch gleich aussehende Plastikgehäuse ersetzt, die allerdings auch sehr stabil waren. Um die beiden identisch aussehenden Gehäusearten unterscheiden zu können, muss man sehr genau hinsehen: Kaum ablesbar sind die Buchsen für Input und Output mit zwei kleinen Pfeilen gekennzeichnet. Bei den Geräten der ersten Serie zeigte der Pfeil für Input nach unten, und der für Output nach oben. Bei der späteren Plastik-Generation wiesen jedoch beide Pfeile nach oben. In einer weiteren Inkarnation bekam das SF5 den neuen Namen FZ5 und war Teil einer Soundtank-Vollbedienung mit nicht weniger als 17 Pedalen.
PI
Die Schaltung des SF5 (und FZ5) basiert auf der zweiten Big-Muff-Generation, dem Ramshead. Bei den Ibanez-Granaten wird das Eingangssignal allerdings über einen Transistor-Impedanzwandler in die Elektronik eingekoppelt; ein gravierender Unterschied zum originalen Big Muff, dessen Input-Impedanz ja mittelohmig ist und im Zusammenwirken mit dem Pickup einen anderen Ton generiert. Durch einen Widerstandswechsel R2=510kOhm => 39kOhm im Basiskreis des Impedanzwandlers lässt sich das aber schnell beheben, wenn man das für nötig erachtet. Bitte dann auch nicht vergessen, den Eingangskondensator C1 auf 220nF (Folie) zu erhöhen.
Eine weitere Variation findet im passiven Ton-Schaltkreis statt, der in fast jeder Einstellung ein Mittenloch generiert. Wer das nicht mag, lötet einfach die originalen Werte ein. Am Ende der Schaltung sitzt zudem ein Impedanzwandler, damit das Ausgangssignal über das Silent-Switching schaltbar ist. Wir sehen, dass die Veränderungen hauptsächlich rund um die Klangregelung stattfanden – mit dem Zweck, die harschen Höhen des Big Muff zu zähmen. Es gibt allerdings auch Gitarristen, die das SF5 deshalb als zahmen Muff bezeichnen.
Die Soundtanks sind aufgrund ihrer guten inneren Werte vermutlich neben Behringer-Pedalen die, die am häufigsten re-housed, also in schönere Gehäuse verpflanzt, werden. Und wenn man schonmal dabei ist, werden dann gerne auch die wirklichen Schwachstellen der Konstruktion ausgemerzt: der billige Plastik-Schalter, die minderwertigen Potis und die anfällige Platinen-Montage von Potis und Buchsen.
PREISE
Rein klanglich gesehen, kann man mit einem SF5/FZ5 nichts falsch machen, denn hier bekommt man für günstiges Geld einen alten Big-Muff-Sound. Man findet das SF5 zwar mittlerweile bereits recht optimistisch zwischen 60 und 90 Euro, aber der realistische Marktwert liegt zurzeit immer noch bei ca. 40 Euro – allerdings mit spürbar steigender Tendenz, insbesondere was die erste Generation mit Metallgehäusen angeht.