Die Perlen des Gebrauchtmarkts

Kleinanzeigen Heroes: Hughes & Kettner Tube 50

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Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.

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Hughes & Kettner Tube 50

Der Tube 50 Combo: Nicht schön aber wohlklingend und laut (Bild: Marc-Oliver Richter)

Nachdem ich in den letzten beiden Wochen gleich über zwei unglaublich günstige Angebote für einen Hughes & Kettner Tube 50 in den Kleinanzeigen gestolpert bin, ist es wohl wieder mal Zeit, für einen Underdog unter den Röhrenverstärkern zu werben.

Natürlich konnte ich nicht widerstehen und bot einem Tube 50 Head sowie einem Tube 50 Combo ein neues Zuhause. Beide brauchten neben einem Wechsel der EL-34-Endstufenröhren noch ein bisschen Liebe und Pflege, um mich (mal wieder) von den Qualitäten der Hughes-&-Kettner-Amps zu überzeugen.

NICHT VON SCHLECHTEN ELTERN

Das fällt den beiden Tube-Modellen auch nicht schwer, sind sie doch Ableger des ersten Triamps, den ich vor etwa 20 Jahren mal hatte und nur verkaufte, weil er mir einfach zu groß und schwer war. Klanglich fand ich den Triamp vor allem im Clean- und Crunch-Bereich immer schon ziemlich großartig, und in Sachen Flexibilität setzte der erste Vollröhrenverstärker der Saarländer damals Maßstäbe.

Auch die kleineren Ableger des Triamps, der Tube 20 Combo und die Tube 50 und 100 in den Top- oder Headversionen haben den Anspruch ernstzunehmende Profi-Werkzeuge zu sein damals mitbekommen. Hughes & Kettner, die vorher noch eng mit Halbleiter- oder Hybridtechnik verbunden waren, starteten 1996 ihre Vollröhrenreihe mit einem Paukenschlag.

Auch Udo Klinkhammer, der damalige GB-Testautor, lobte die sensible und druckvolle Wiedergabe, die leichte Bedienbarkeit sowie den günstigen Preis und resümierte mit der mutigen Prognose, dass der Tube 50 das Zeug habe, das neue Standardwerkzeug für Profis wie Hobbymusiker gleichermaßen zu werden. Nun soweit kam es dann aber doch nicht. Meine These: Die Tube-Baureihe war rein optisch nicht sonderlich gelungen, weshalb ihr vermutlich der große Erfolg verwehrt blieb.

Der Tube 50 Head: Technisch und klanglich auf Augenhöhe mit anderen 90er-Jahre-Vollröhren-Amps (Bild: Marc-Oliver Richter)

HÄSSLICHES ENTLEIN MIT SCHÖNER STIMME

Nein, schön sind sie wirklich nicht, die beiden. Irgendwo zwischen den beiden Design-Standards eines Fender Silverface und eines Marshall-Tops hängengeblieben, wird das Auge nicht so recht glücklich. Kein Wunder, dass Hughes & Kettner seine nächsten Baureihen optisch völlig umgekrempelt hat. Aber aus Sicht des Technikers verdient die Tube-Serie ein anerkennendes „ah“. Sehr gute Bauteile, ein solides technisches Design und eine top Verarbeitung machen den Tube 50 zu einem sehr nebengeräuscharmen und druckvollen Verstärker für fast alle Lebenslagen.

In Sachen Ausstattung ließ die Tube-Baureihe auch nichts anbrennen. Neben dem sehr ordentlichen Federhall glänzt der Tube 50 auch mit einem regelbaren parallelen Effektweg, einer integrierten Redbox und einer LED-Anzeige für den Zustand der Endstufenröhren. Der Combo kommt mit einem speziell für Hughes & Kettner entwickelten Rockdriver-Speaker. Das Top gefällt mir am besten über die klassischen G12 T 75.

Vier unterschiedliche Sounds stehen auf zwei Kanälen verteilt zur Verfügung. Kanal 1 liefert im Modus A einen druckvollen, sauberen Clean- und im Modus B einen transparenten, kräftigen Crunch-Sound, der von der Zerrintensität etwa meinem JCM 800 entspricht. Kanal zwei bietet im Modus A einen durchsetzungsstarken Mid-Gain-Sound und im Modus B einen für meinen Geschmack etwas zu stark komprimierten Hi-Gain-Sound.

Alle Sounds sind definitiv sehr ordentlich, lediglich bei Hi-Gain-Gefilden schwächelt der Ton in meinen Ohren etwas. Zumindest bis ich zur Strat mit den Vintage Singlecoils gegriffen habe, dann ergibt nämlich auch der vierte Sound Sinn. Über einen Dreifachfußschalter kann man neben dem Kanalwechsel und den beiden Modi pro Kanal noch den parallelen Einschleifweg und/oder den Federhall aktivieren. Ersterer lässt sich auch ohne angeschlossenes Effektgerät ganz prima als Soloboost missbrauchen, so dass der Tube 50 allein mit Bordmitteln für mich schon voll bühnentauglich ist.

WARUM SO BILLIG?

Allzu viele Tube-Modelle aus den 90ern gibt es nicht auf dem Gebrauchtmarkt. So gut hat sich die Baureihe wohl nicht verkauft. Ob es wirklich nur die Optik war? Aber egal: wenn ein Tube 50 oder Tube 100 mal angeboten wird, ist er in der Regel unter 300 Euro zu haben. Dafür sollte man auf jeden Fall zuschlagen, denn klanglich sind diese Amps durchaus auf Augenhöhe mit 90er-Jahre Marshalls, Engls und Co.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich spiele einiges von H&K und ich sag immer “das Auge hört nicht mit”. Vieles ist trotz lauter “Schönheit” trotzdem gestorben. Entscheidend ist der Klang. Einmal die Sounds richtig gefummelt, fertig!
    Hatte mal einen wirklich pothäßlichen Farfisa 15W Röhrencombo den ich stets megadreckig am Anschlag betrieb. Diesen geil-kranken Sound habe ich nur damit hinbekommen. Himmlisch einmalig. Lag sicherlich auch am überforderten Speaker 😉 Nicht schön aber selten. RnRoll halt.

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  2. Interessante Rubrik,die ihr da mit dem sehr sinnigen Titel: „Kleinanzeigen Heroes“ ins Leben gerufen habt. Lese ich sehr gerne.

    Gute damalige Vollröhren Combo‘s sind ja bis heute total in und sehr gefragt.
    Ganz klar entschied ich mich dennoch bereits vor vielen Jahren überhaupt nicht für deutsche Markenlabel wie Hughes & Kettner u.s.w. weil ich lieber stets die originalen British Valve Combo Amps von Marshall und Laney (Made in England) bevorzugte.

    Besonders hervorragend waren aber die leider nur extrem kurz verfügbaren Vollröhren Combos von Starfield/by Ibanez,die im Auftrag vom japanischen Gitarrenhersteller Ibanez mit der Modelltypenbezeichnung Starfield VT-50 (50 Watt) und VT 100 (100 Watt) in den 1990er-Jahren erhältlich waren.

    Kurios,daß diese besagten Handmade/Handwired bezeichneten Starfield Combo Amps eigentlich in Leeds/England hergestellt wurden. Der „kleinere“ 50 Watt Starfield Valve Combo Verstärker wog immerhin satte 20 kg,besaß einen originalen Celestion 12“ Zoll Lautsprecher (Made in Ipswich/Great Britain) und klang zweifellos beinahe genau so wie ein 50 Watt Marshall Combo.

    Eines hatten beide Starfield Amps aus englischer Fertigung gemeinsam: die Lautstärke war immens,die Klangeigenschaften super,die Verarbeitung tadellos,und preislich lagen beide Amps deutlich unter dem eines vergleichbaren Original Marshall Combos,was aber letztendlich wohl leider nicht dazu reichte,um diese Starfield‘s aus gutem Hause global salonfähig zu machen. Auch die damals namensgleichen Starfield Altair E.-Gitarren,die es im fast gleichen Zeitraum von 1991-1993 zu kaufen gab,hatten bedauerlicherweise ebenfalls nicht den zu erwarteten Erfolg,den diese Produkte ganz sicher verdient hätten.Die Starfield Gitarren wurden anfänglich teilweise in Japan und den U.S.A. beim berühmten Ibanez Custom Shop endgefertigt.Später reichte man noch einige abgespeckte Starfield Gitarren zu günstigeren Preisen aus koreanischer Produktion nach,die dann jedoch auch ersatzlos in der Versenkung verschwanden.Schade.

    Wer also heute noch einen dieser damaligen Zeitzeugen,egal ob Starfield Combo Amp- oder Gitarre besitzt,kann sich überaus glücklich schätzen,denn qualitativ und soundmäßig waren alle Starfield Produkte zweifelsfrei absolute Oberliga.

    Vermutlich lag es immer an dem typisch langweiligen,teilweise doch sehr einfach gestalteten Design deutscher Gitarrenverstärker,die stets extrem erzkonservativ daherkamen,und daher weit weniger Beachtung fanden. Hughes & Kettner ist bestimmt kein schlechtes Markenlabel,nur reicht(e) es schlußendlich wohl nie zum großen Erfolg sich in der Welt der anderen namhaften Hersteller Giganten aus England (Marshall) und den U.S.A. (Fender) erfolgreich zu etablieren. Die globale Konkurrenz besteht bis heute fort.

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