Die Perlen des Gebrauchtmarkts
Kleinanzeigen Heroes: Hughes & Kettner Switchblade 100 Head
von Nils Finkeisen, Artikel aus dem Archiv
Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.
Hughes & Kettner Switchblade 100 Head
(Bild: Huges & Kettner)
Der Hughes & Kettner Switchblade 100 ist aufgrund seiner unorthodoxen Technik als kleiner Revoluzzer unter den Röhrenverstärkern bekannt geworden: Anstelle von ordinären Potis, ist der Verstärker mit fein gerasterten, leise klickenden Drehschaltern für die Klangregelung ausgestattet.
Über 15 Jahre ist der ursprüngliche Switchblade ohne Tube Safety Control (kurz „TSC“) schon alt – ebenso, wie auch die zahlreichen Produktvideos zu diesem Verstärker bei YouTube. Der junge Thomas Blug oder auch Ola Englund erklärten und verglichen den Verstärker in ihren Videos ganz genau. Heutzutage findet man den Amp günstig in den Kleinanzeigen, und schon ab etwa 200 – 300 Euro kann man in den Genuss des Topteils kommen – etwas Glück vorausgesetzt.
KONZEPT
Der Switchblade 100 kommt mit nur zwei 12AX7-Vorstufenröhren und vier EL34 in der Endstufe aus, und ist dennoch ein ausgesprochen flexibler Verstärker. Neben seinen Kanälen Clean, Crunch, Lead und Ultra, die jeweils mit einem – pro Kanal abgestimmten – Boost in die Sättigung getrieben werden können, einem digitalen Reverb, einem Echo mit 80 bis 1400 Millisekunden Delay-Zeit, sowie verschiedenen Modulationseffekten glänzt der Verstärker zudem mit einem wahlweise seriell oder parallel schaltbaren Einschleifweg.
Darüber hinaus überrascht er damit, dass wirklich alle Effekteinstellungen und auch die genaue Einstellung der Klangregelung, sowie die Gain-, Presence- und Kanal-Volume-Regler, exakt abspeicherbar und auf 128 Speicherplätzen via Midi und mit dem sich im Lieferumfang befindlichen Hughes & Kettner FSM432 Footswitch abrufbar sind.
SOUNDS
Eines wird beim Test schnell klar: Hughes & Kettner hat diesen Verstärker eindeutig nicht auf die Bedürfnisse von Puristen abgestimmt, die auf der Suche nach dem echten, alten Marshall-Sound sind. Allerdings klingt der Amp mit den typischen Celestion-Lautsprechern, wie Vintage 30 oder Greenbacks, sehr plausibel und setzt sich in der Band gut durch. Alle vier Kanäle des Switchblade klingen auf ihre eigene Art und Weise etwas unterkühlter, knackiger und trockener als bei Amps, die weniger speziell in ihrem technischen Design sind.
Und ähnlich, wie bei vielen anderen, analogen, aber dennoch programmierbaren Verstärkern oder Vorstufen, möchte auch der Switchblade keine ausgesprochen lebendigen Obertöne von sich geben. Er liefert dem Gitarristen eher eine Klangästhetik, die für Hardcore, Modern Metal, Djent und vor allem Industrial Metal sowie Rammstein-Rhythmusgitarren ihre Vorzüge hat.
Die etwas pauschal klingenden, integrierten Digitaleffekte sind selbstverständlich nicht mehr auf der Höhe der Zeit, denn hier ist, seitdem Firmen wie Strymon oder Fractal Audio den Markt mit ihren Produkten revolutioniert haben, ganz viel passiert. Nichtsdestotrotz erfüllen der Hall und das Delay ihren Zweck und sorgen dafür, dass man auch ohne externe Effektgeräte nahezu alle Top-40-Standard-Sounds anbieten kann.
IM HIER UND HEUTE
Der Hughes & Kettner Switchblade ist, sofern man ihn zusammen mit seinem FSM432 Floorboard günstig erstehen kann, ein echter Kleinanzeigenheld und lässt sich auch heutzutage noch sinnvoll einsetzen. Um den Verstärker ohne angeschlossene Box im Homerecording oder auf einer Silent-Stage nutzen zu können, bietet es sich an, den Switchblade zusätzlich mit modernen Produkten, wie dem Universal Audio OX, dem Two Notes Captor X oder dem Boss Waza Craft Tube Amp Expander zu kombinieren.
(erschienen in Gitarre & Bass 07/2022)
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