Oldschool-Vibes mit ein paar modernen Annehmlichkeiten

(K)eine große Nummer: Franz Bassguitar Merak Shorty im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Im fränkischen Lichtenfels fertigt Xaver Treml in liebevoller Handarbeit Bässe nach astronomischem Vorbild. „Merak“ ist einer der Sterne im großen Bären und Xavers ebenso benanntes Bassmodell eigentlich ein moderner Allrounder. Mit der mit Flats bespannten Shorty-Version geht der Meister nun allerdings gänzlich andere Wege.

Dank DHL muss ich Gott sei Dank auch keine Lichtjahre zurücklegen, um das neue Modell testen zu können. Gut verpackt und wohlbehalten trifft das Testexemplar bei mir ein. Gänzlich neu ist der Bass für mich nicht, denn auf dem Guitar Summit 2024 hat der Merak Shorty Premiere gefeiert. Allerdings hatte ich selbst im Trubel der Messe keine Gelegenheit, mich intensiv mit dem Bass zu befassen. In der gewohnten Umgebung ist sowas eh viel zu besser zu beurteilen und so freue ich mich schon aufs Auspacken.

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(Bild: Dieter Stork)

VERARBEITUNG

Ich persönlich finde es immer wieder interessant zu sehen, wie unterschiedlich Hersteller, unabhängig von der Preisklasse, die Transportsicherheit ihrer Instrumente handhaben. Bei Franz Bassguitars nimmt man das Thema ernst und versendet den Bass in einem sehr wertigen Hartschalenkoffer, der seinerseits absolut rutschfest und mehrfach gepolstert im Versandkarton steckt. Dass man den Koffer dann auch noch mehr oder weniger direkt aus dem Karton ziehen kann, ohne erst alles Verpackungsmaterial entfernen zu müssen, setzt dem Ganzen das i-Tüpfelchen auf. Verpackungs-Game durchgespielt. Ja, es ist absolut eine Kleinigkeit, aber wenn man im Monat mehrere Instrumente aus- und einpacken muss, schätzt man so etwas irgendwann …

Der erste Eindruck ist so schon einmal gelungen und setzt sich auch nach dem Öffnen des Koffers fort. Mein Testexemplar ist in einem matten Goldton lackiert und versprüht mit der Kombination aus Farbe, Schlagbrett und auf Hochglanz polierten Tonabnehmern direkt einen Retro-Vibe. Xavers Ziel, nämlich eben diesen Retro-Charme auszustrahlen, ist somit schon direkt erreicht.

(Bild: Dieter Stork)

Laut des laminierten Zertifikats besteht der Korpus aus Schwarzwälder Erle, der zur besseren Ergonomie eine angenehme Wölbung verliehen worden ist. Zur Gewichtsreduzierung und damit ebenso zur Steigerung der Ergonomie ist der Korpus zusätzlich gekammert, womit der Bass insgesamt ein Gewicht von ca. 3,7kg auf die Waage bringt und sich dadurch angenehm tragen lässt. Auch bei der Fertigung des Halses hat man sich für heimische Hölzer entschieden und so bietet ein angeschraubter und farblos geölter Hals aus Harzer Ahorn eine angenehme Auflagefläche für den Daumen der Greifhand. Retro ist zwar schön und gut, bei Franz Bassguitars schätzt man jedoch auch die Vorzüge moderner Konstruktionsmerkmale und so ist der Hals nicht nur mit Carbonstreifen versteift, sondern auch aus drei Holzstreifen zusammengesetzt, was die Stabilität erhöht. Um das zu erkennen, muss man allerdings genauer hinsehen. Ich muss gestehen, dass die Streifen und die Leimfugen derart gut abgestimmt sind, dass ich den Hals im gemütlichen Licht der Musikecke meines Arbeitszimmers zunächst für einstreifig gehalten habe. Das Griffbrett hingegen ist nicht so regional, besteht aus portugiesischem Eukalyptus und besitzt aufgrund von Hitzebehandlung eine palisanderartige Optik. Der Compound-Radius von zehn auf 16 Zoll sorgt zusammen mit der kurzen 30-Zoll-Mensur für ein wirklich handliches und müheloses Spielgefühl.

Etwas getrübt wurde es leider von ein paar Bünden, die sich etwas aus dem Holz gedrückt hatten und einer D-Saite, die offen gespielt auf dem Nullbund schnarrte. In unbürokratischer Rücksprache mit Xaver wurden diese Mängel, die unter Umständen auch witterungsbedingt auftreten können, innerhalb weniger Tage behoben. Beim zweiten Eintreffen in meiner Wohnung kann ich keine Verarbeitungs- oder Materialmängel feststellen. Mir persönlich würde ein etwas höherer Drehwiderstand der Potis besser gefallen, aber das ist definitiv nur eine Frage des Geschmacks und ich kenne auch viele, die leichtgängige Potis bevorzugen.

Praxistest und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

PRAXIS

Aber die Leichtgängigkeit, mit der sich der Bass spielt, sagt mir sehr zu. Dank des geringen Gewichts und der guten Balance liegt der Bass wunderbar am Körper und die kurze Mensur ermöglicht ein müheloses Spiel. Aufgrund der Werksbesaitung mit La-Bella-Flatwounds ist die Saitenspannung dabei dennoch angenehm hoch, so dass sich der kurze Merak trotzdem wie ein „richtiger“ Bass anfühlt, ohne dass es schlabbert oder man Brückenseile aufziehen muss, um einen akzeptablen Saitenzug zu erreichen. Mit dieser Besaitung geht natürlich auch ein eigener Klang einher. Anders als die reguläre Ausführung des Meraks, die eher einem modernen Jazz Bass nahekommt, soll der Shorty ja auch eher auf Retro abgestimmt sein. So passt die Kombination aus Flatwound und „Oldstyle“-Tonabnehmern aus der Fertigung von Harry Häussel wunderbar zusammen. Deren Nickelgehäuse sorgt nicht nur für eine stimmige Optik, sondern nimmt den Tonabnehmern auch ein wenig die Schärfe im Vergleich zu einem offenen Design. Bei diesen Exemplaren handelt es sich um Humbucker mit recht potentem Output, die sich bei Bedarf durch das Hochziehen des jeweiligen Volume-Potis auch in einen Single-Coil-Modus versetzen lassen.

Das Besondere an diesem Tonabnehmer ist auch seine Position, denn anders als man zunächst vermuten könnte, gibt es für diesen Bass keinen echten Steg-Pickup. Vielmehr befindet sich der hintere Abnehmer etwa auf Höhe eines Preci-Tonabnehmers, während der Hals-Pickup etwa an der Stelle liegt, wo sonst der 24. Bund wäre. An dieser Position ist die Amplitude des Grundtons einer gespielten Leersaite am größten (vom 12. Bund abgesehen, aber dort lässt sich nur schwer sinnvoll ein Tonabnehmer verbauen …), was auf ein starkes Bassfundament hoffen lässt. Der hintere Pickup verspricht mit seiner Position immer noch ordentlich Schub und eine gehörige Portion Knorz.

Man muss nicht hellsehen können, um zu erraten, dass es sich beim Hörtest genauso verhält. Dank der Positionen der Pickups sind beide Tonabnehmer auch einzeln vollumfänglich nutzbar. An der Halsposition ertönt ein voller, fetter Klang mit viel wolligem Wohlfühlcharakter. Durch die starke Betonung des Bassbereichs tritt der Hochton etwas in den Hintergrund. Die Flats tun ihr Übriges und schlucken jegliche Nebengeräusche des Greifens, was in einem tragenden, holzigen Klang resultiert. Wer die Bässe an der Anlage aber etwas zurücknimmt, wird vielleicht sogar von der Detailauflösung überrascht sein, die der kurze Merak noch abliefert. Insbesondere in den höheren Lagen gespielte Zwei- oder Dreiklänge klingen noch ausgewogen. Generell ist das Klangbild über das ganze Griffbrett recht homogen und hohe wie tiefe Register klingen gleichermaßen voll. Von kristallklarem „Pianocharakter“ fehlt hier jede Spur – und das ist gut so. Mit diesem Klangbild kommen etwa kurze Einwürfe in den hohen Lagen oder Double Stops hier und da inmitten einer fetten Bassline richtig gut und prägnant rüber.

Wer die volle Breitseite des Bassfundaments erleben möchte, bemüht einfach die Tonblende und verwandelt den Merak so in eine astreine Dub-Maschine. Zupft man die Töne jetzt noch direkt über dem Griffbrett, kann man sich fast schon den Octaver sparen. Weniger radikal, aber nicht weniger charmant geht es beim „hinteren“ Tonabnehmer zu. Dieser liefert den Erwartungen entsprechend einen mittigen und knorzigen Sound, der jedoch nichts an Bassdruck vermissen lässt. Insbesondere im Single-Coil-Modus kann er auch mehr als nur warme Retro-Klänge und liefert bei Bedarf einen richtigen „Dengel“-Sound. So aggressiv wie bei Steve Harris klingt das zwar noch nicht, aber mit ein bisschen EQ und dezenter Verzerrung klingt auch „Fear of the Dark“ mehr als nur passabel. Es gilt allerdings zu beachten, dass naturgemäß ein Pegelunterschied zwischen den beiden Betriebsmodi der Tonabnehmer besteht.

Sind beide Volume-Potis voll aufgedreht, ergibt sich ein druckvoller Sound mit einer knurrigen Grundnote in den Tiefmitten, während in den mittleren Mitten ein Loch entsteht. Dadurch schiebt sich der Merak gerade im Kontext von Rockbands noch etwas weiter nach vorne und ist meiner Meinung nach prädestiniert für das Spiel mit Plek. Zumindest habe ich mich immer wieder dabei erwischt, bei dieser Klangeinstellung automatisch in das Kästchen mit den Pleks zu greifen.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Xaver Treml hat den Merak Shorty für den Retrokontext entworfen und damit den Nagel auf den Kopf getroffen, so viel steht fest. Oldschool-Vibes mit ein paar modernen Annehmlichkeiten beschreiben das Gesamtpaket wohl am besten. Es sollte jedoch nicht übersehen werden, dass „Retro“ nicht mit „Einseitig“ gleichzusetzen ist, denn trotz seiner klaren Ausrichtung bietet der Merak Shorty eine Vielzahl an Klang- und Einsatzmöglichkeiten und positioniert sich so ausgezeichnet auf dem deutschen und internationalen Bassmarkt.

PLUS

  • Verarbeitung
  • Sound
  • Optik

MINUS

  • Nachbesserung war notwendig


(erschienen in Gitarre & Bass 03/2025)

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