Oldschool-Vibes mit ein paar modernen Annehmlichkeiten
(K)eine große Nummer: Franz Bassguitar Merak Shorty im Test
von Joris Henke, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Dieter Stork)
PRAXIS
Aber die Leichtgängigkeit, mit der sich der Bass spielt, sagt mir sehr zu. Dank des geringen Gewichts und der guten Balance liegt der Bass wunderbar am Körper und die kurze Mensur ermöglicht ein müheloses Spiel. Aufgrund der Werksbesaitung mit La-Bella-Flatwounds ist die Saitenspannung dabei dennoch angenehm hoch, so dass sich der kurze Merak trotzdem wie ein „richtiger“ Bass anfühlt, ohne dass es schlabbert oder man Brückenseile aufziehen muss, um einen akzeptablen Saitenzug zu erreichen. Mit dieser Besaitung geht natürlich auch ein eigener Klang einher. Anders als die reguläre Ausführung des Meraks, die eher einem modernen Jazz Bass nahekommt, soll der Shorty ja auch eher auf Retro abgestimmt sein. So passt die Kombination aus Flatwound und „Oldstyle“-Tonabnehmern aus der Fertigung von Harry Häussel wunderbar zusammen. Deren Nickelgehäuse sorgt nicht nur für eine stimmige Optik, sondern nimmt den Tonabnehmern auch ein wenig die Schärfe im Vergleich zu einem offenen Design. Bei diesen Exemplaren handelt es sich um Humbucker mit recht potentem Output, die sich bei Bedarf durch das Hochziehen des jeweiligen Volume-Potis auch in einen Single-Coil-Modus versetzen lassen.
Das Besondere an diesem Tonabnehmer ist auch seine Position, denn anders als man zunächst vermuten könnte, gibt es für diesen Bass keinen echten Steg-Pickup. Vielmehr befindet sich der hintere Abnehmer etwa auf Höhe eines Preci-Tonabnehmers, während der Hals-Pickup etwa an der Stelle liegt, wo sonst der 24. Bund wäre. An dieser Position ist die Amplitude des Grundtons einer gespielten Leersaite am größten (vom 12. Bund abgesehen, aber dort lässt sich nur schwer sinnvoll ein Tonabnehmer verbauen …), was auf ein starkes Bassfundament hoffen lässt. Der hintere Pickup verspricht mit seiner Position immer noch ordentlich Schub und eine gehörige Portion Knorz.
Man muss nicht hellsehen können, um zu erraten, dass es sich beim Hörtest genauso verhält. Dank der Positionen der Pickups sind beide Tonabnehmer auch einzeln vollumfänglich nutzbar. An der Halsposition ertönt ein voller, fetter Klang mit viel wolligem Wohlfühlcharakter. Durch die starke Betonung des Bassbereichs tritt der Hochton etwas in den Hintergrund. Die Flats tun ihr Übriges und schlucken jegliche Nebengeräusche des Greifens, was in einem tragenden, holzigen Klang resultiert. Wer die Bässe an der Anlage aber etwas zurücknimmt, wird vielleicht sogar von der Detailauflösung überrascht sein, die der kurze Merak noch abliefert. Insbesondere in den höheren Lagen gespielte Zwei- oder Dreiklänge klingen noch ausgewogen. Generell ist das Klangbild über das ganze Griffbrett recht homogen und hohe wie tiefe Register klingen gleichermaßen voll. Von kristallklarem „Pianocharakter“ fehlt hier jede Spur – und das ist gut so. Mit diesem Klangbild kommen etwa kurze Einwürfe in den hohen Lagen oder Double Stops hier und da inmitten einer fetten Bassline richtig gut und prägnant rüber.
Wer die volle Breitseite des Bassfundaments erleben möchte, bemüht einfach die Tonblende und verwandelt den Merak so in eine astreine Dub-Maschine. Zupft man die Töne jetzt noch direkt über dem Griffbrett, kann man sich fast schon den Octaver sparen. Weniger radikal, aber nicht weniger charmant geht es beim „hinteren“ Tonabnehmer zu. Dieser liefert den Erwartungen entsprechend einen mittigen und knorzigen Sound, der jedoch nichts an Bassdruck vermissen lässt. Insbesondere im Single-Coil-Modus kann er auch mehr als nur warme Retro-Klänge und liefert bei Bedarf einen richtigen „Dengel“-Sound. So aggressiv wie bei Steve Harris klingt das zwar noch nicht, aber mit ein bisschen EQ und dezenter Verzerrung klingt auch „Fear of the Dark“ mehr als nur passabel. Es gilt allerdings zu beachten, dass naturgemäß ein Pegelunterschied zwischen den beiden Betriebsmodi der Tonabnehmer besteht.
Sind beide Volume-Potis voll aufgedreht, ergibt sich ein druckvoller Sound mit einer knurrigen Grundnote in den Tiefmitten, während in den mittleren Mitten ein Loch entsteht. Dadurch schiebt sich der Merak gerade im Kontext von Rockbands noch etwas weiter nach vorne und ist meiner Meinung nach prädestiniert für das Spiel mit Plek. Zumindest habe ich mich immer wieder dabei erwischt, bei dieser Klangeinstellung automatisch in das Kästchen mit den Pleks zu greifen.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Xaver Treml hat den Merak Shorty für den Retrokontext entworfen und damit den Nagel auf den Kopf getroffen, so viel steht fest. Oldschool-Vibes mit ein paar modernen Annehmlichkeiten beschreiben das Gesamtpaket wohl am besten. Es sollte jedoch nicht übersehen werden, dass „Retro“ nicht mit „Einseitig“ gleichzusetzen ist, denn trotz seiner klaren Ausrichtung bietet der Merak Shorty eine Vielzahl an Klang- und Einsatzmöglichkeiten und positioniert sich so ausgezeichnet auf dem deutschen und internationalen Bassmarkt.
PLUS
MINUS
- Nachbesserung war notwendig

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2025)
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