Hehe, habe ich mal wieder Glück gehabt, dass die Keeleys zu mir und nicht zu einem anderen Kollegen gekommen sind. Woher die Freude? Na, der Name bürgt für Qualität, schon das ist Argument genug, und zudem war es mir bislang stets ein Vergnügen, mich mit Roberts „Geniestreichen“ zu beschäftigen. Die Kästchen hier sind auch wieder ziemlich speziell.
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Geniestreich ist ein Stichwort. Natürlich bringen auch andere Hersteller besondere FX-Konzepte in hoher Qualität hervor, aber Keeley ist in der Disziplin wirklich ganz weit vorne. Er schafft es, sogar vermeintlich unspektakulären FX-Typen das gewisse Extra einzuhauchen. Die beiden Pedale, denen wir uns in diesem Test widmen, spiegeln das wider. Das eine reagiert auf das Input-Signal um daraus Tremolo-Effekte u. a. zu erzeugen. Das andere produziert Low-Fidelity-Raumsimulationen, also Echo und Hall/Reverb mit dem Charme des altbacken Analogen der FX-Frühzeit.
Konstruktion
Über die Bauweise, die Mechanik von Pedalen brauchen wir uns eigentlich kaum noch zu unterhalten. Schließlich sind in der Hinsicht die Produkte am Markt quasi gleichgeschaltet. Metallgehäuse, TrueBypass-Fußschalter, Platinenaufbau usw., vieles ist Usus, Unterschiede gibt es, wenn überhaupt, in der Qualität der Substanz und/oder der Aufmachung, dem optischen Design. In Bezug auf die Substanz und die Fertigungsqualität sind beide Keeley-Pedale über Kritik erhaben. Das Erscheinungsbild ist attraktiv, aber nicht besonders aufwendig in der Machart.
Beim DynaTrem ist das Finish im Bereich des Fußschalters kratzempfindlich. Spätestens seit es die platzsparenden Mini-Pedale gibt, ist es nicht mehr ungewöhnlich, wenn ein Pedal keinen Batterieanschluss hat. Unseren beiden Keeleys fehlt der auch. Ohne Netzteil läuft nix. Inzwischen wird aber wohl jeder Gitarrist, der mit Pedalen arbeitet, eine entsprechende Stromversorgung zur Verfügung haben. Ist ja auch nur eine Frage der Zeit bis man die Investition über die gesparten Batterien wieder reingewirtschaftet hat. Ganz ab von dem Komfort das Thema Stromversorgung quasi vergessen zu können (wer in der und anderer Hinsicht sein Wissen zum Thema erweitern möchte, findet in unserem Sonderheft „Effektpedale ABC“ umfassende Infos).
DynaTrem
Effekttyp: Tremolo, dynamische Steuerung Regler/Schalter: Depth, Rate, Shape, Level; ∆R (Rate by VCA), ∆D (Depth by VCA), ∑nT (Phase/Vibe Mode), True Bypass-FS Stromverbrauch: 60mA/9VDC Preis UVP/Street: ca. € 294/249
Jeder weiß wohl, was ein Touch-Wah ist, oder? Bei so einem Gerät wird der Effekt vom Anschlag des Gitarristen gesteuert, was einem sogenannten VCA zu verdanken ist. Der Voltage-Controlled-Amplifier (spannungsgesteuerter Verstärker) erkennt, wie stark das Signal der Gitarre – oder einer anderen Quelle – ist, und richtet danach seinen Verstärkungsfaktor, der wiederum das FX-Signal steuert. Hier erleben wir nun das Gleiche mit dem Tremolo-Effekt. Schon der Gedanke daran lässt Freude aufkommen, nicht wahr?
Erst recht wenn man weiß, dass das Pedal anhand des Mini-Schalters drei Betriebsarten zu bieten hat. Die eigentümlichen Bezeichnungen meinen: ∆R: Die Geschwindigkeit des Tremolos wird vom Anschlag gesteuert (Rate). ∆D: Die Intensität des Effekts wird gesteuert (Depth). ∑nT: Der Effekt wandelt sich zu einer Art Phaser oder Univibe. Und zwar mit Reverb/Hall! Stellt man Depth auf Null, hört man nur den Hall und kann mit Shape dessen Intensität wählen. Die Potis Depth, Rate und Level dürften selbsterklärend sein. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass per Level der Effekt deutlich herausgestellt werden, also lauter gemacht werden kann als der Pegel im Bypass-Modus. Shape ist zwar physisch auch ein Drehregler, funktioniert aber wie ein Vier-Pos.-Schalter, der die Wahl zwischen verschiedenen Modulationswellen bietet: Ramp Up, Ramp Down (Sägezahn vor-/rückwärts), Sinus, Rechteck. Ja, wer sich ein bisschen auskennt, vermisst einen Parameter, nämlich den Sensivity-Regler, der den Arbeitspunkt bei VCA-Geräten bestimmt.
Nein, so etwas gibt es bei DynaTrem nicht. Spielt in der Praxis auch keine Rolle, wie sich herausstellte. Im Extremfall sehr schwacher Tonabnehmer kann sich im ∆D-Modus der Effekt nicht voll entfalten, sonst bleibt alles im grünen Bereich. Der Tremolo-Effekt an sich klingt zuweilen, z. B. bei Zweiklängen oder ganzen Akkorden, etwas schmutzig, als verstecke sich im Hintergrund ein Hauch von Overdrive. Damit macht das DynaTrem quasi das Tremolo manch alter Vintage-Amps nach. Mit einem ähnlich heiseren Unterton geht im Ausklang langer Noten die Effektintensität (Depth bei ∆D) bzw. die Pulsgeschwindigkeit (Rate bei ∆R) nach Null über. Im Kontext eines komplexen Musikgeschehens gehen diese Feinheiten unter. Die Schaltung erzeugt etwas Grundrauschen, das bei Cleansounds völlig harmlos ist.
Wer das Tremolo vor einem Overdrive-Kanal oder -Pedal verwenden möchte, sei darauf hingewiesen, dass das Rauschen eventuell stören könnte. Die Effektqualität des DynaTrem ist insgesamt sehr ansprechend. Die dynamische Steuerung ist mit der Art, wie sie auf das Ausklingen einer clean gespielten Gitarre reagiert absolut praxisgerecht. Von einem Tremolo, das im Ausklang immer langsamer wird, habe ich schon öfters fantasiert. Das DynaTrem setzt die Aufgabe elegant um. Natürlich sind die unterschiedlichen Modulationsformen von Vorteil. Und wenn man Shape nach links an den Anschlag dreht, kann man das Tremolo ohne Dyna-Steuerung hören/verwenden, auch nicht schlecht (nur eine Wellenform).
Der ∑nT-Modus klingt zwar nicht wie das absolute Über-Vibe, entwickelt aber doch viel von dem typischen Charme dieses FXTyps. Besonders wenn hinter dem Dyna-Trem von einem Amp oder Pedal moderate Verzerrungen erzeugt werden; Robin Trower lässt grüßen. Das da auch noch Hall zugemischt werden kann, bereichert den Modus erheblich, denn die Qualität der Raumsimulation liegt auf hohem Niveau – großer Raum mit warm diffusen Reflexionen.
Memphis Sun
Effekttyp: Lo-Fi Echo-Gerät Regler/Schalter: Time, Regen/Mod, Reverb, Mix; Mode (Echo 600 o. Sun Mode o. Room) True Bypass-FS Stromverbrauch: 65mA/9VDC Preis UVP/Street: ca. € 271/229
Dieses Pedal bietet quasi drei in einem: Echo, Reverb und Doubler haben hier zusammengefunden. Der Mini-Switch wählt zwischen den Betriebsarten … Echo 600: Der Beschreibung nach wird ein Bandechogerät samt schaltungstechnischen Unzulänglichkeiten nachgebildet, völlig retro, eben Lo-Fi. Regelbar sind Time/30-666 ms, Regeneration (Echowiederholungen), die Intensität des Halls, und das Mischungsverhältnis von Effekt- und Originalsignal. Sun Mode: Das ist der Doubler. Er bietet als Delay-Zeit (Time) 0-180 ms, geht also bis in den Bereich von Slapback-Echos.
Der Regler Regen/Mod steuert hier eine Modulation, die auf das Delay-Signal einwirkt. Zusätzlich sind wieder der Reverb und die Mix-Funktion am Start. Room: Hier wird der Sound eines kleinen Raumes simuliert, der sehr laut beschallt wird, sodass entsprechende Kompressions-Effekte provoziert werden. Ein Hochpass- und ein Tiefpassfilter (300 Hz u. 8 kHz) sollen neben anderen in etwa den Charakter eines RCA77- Mikrofons mit einfließen lassen (na ja, große Worte, … ob das jemand hört?!). Regelbar sind mit dem Regler Time ein Pre-Delay von 0 bis 150ms. Regen/Mod arbeitet hier als aktiver Klangregler mit +/-10 dB bei ca. 1,1 kHz.
Reverb steuert die Intensität des Effekts, der stets mono bleibt. Es gab eine Zeit, da waren Heerscharen von Gitarristen froh darüber, dass sie Echos nicht mehr mit einem mumpfigen, rauschenden WEM-Copycat oder einem zischelnden Eimerspeicherketten-Halbleiter-Delay herstellen mussten. Rolands SDE1000 läutete damals mit einem Donnerschlag eine neue Ära ein, exzellente Signalqualität dank Digitaltechnik. Super, man lag sich in den Armen. Und heute finden Musiker wieder Spaß daran, „schlechte“ Effekte zu hören, komisch? Ein Anachronismus?!
Nein, es geht halt einfach um den speziellen Klangcharakter, wie es das Memphis Sun im Echo600- Modus beispielhaft vorführt. Weil die Echowiederholungen schon vom ersten Repeat an wenig Höhen enthalten, entsteht eine eigentümlich warme Soundprägung. Die von einem wesentlichen Faktor begleitetet wird, der sich quasi hintergründig abspielt. Ausklingende Noten werden von den Delay-Signalen „heimlich“ im Volumen aufgebläht, da sie sich wie eine Dopplerspur unter das Original legen. Wie schön, dass man beim Memphis Sun auch noch einen großen Hallraum zumischen kann. Wichtig zu wissen: Die Anzahl der Echowiederholungen ist begrenzt, auf maximal etwa sechs Repeats. Der Sun-Modus eröffnet interessante Möglichkeiten.
Da die (kurzen) Delays moduliert werden können, haben wir es hier zunächst mit einer Art Flanger/Chorus zu tun – erfreulich variabel, dank der weitläufig einstellbaren Delay-Zeit. Ab ca. 60 ms eröffnen sich andere, zuweilen fast schon experimentelle Klangfarben. Wobei eben wieder die Modulationsoption einen besonderen Reiz ausübt. Hoher Gebrauchswert auch in diesem Modus. Zumal ja auch wieder Hall hinzugefügt werden kann. Auf gänzlich anderem Terrain bewegt sich der Room-Modus. Rockabilly gefällig?
Der typische Slapback-Raum-Effekt, den man mit diesem Stil verbindet, wird hier kultiviert. Es geht aber auch anders. Z. B. kurzer trockener Raum auf prägnante Crunch-Chords, durchsichtig, nach dem Anschlag die erste Reflexion dosiert perkussiv in der Startphase, es ergeben sich markante Atmosphären. Obwohl es sich um Mono-Signale handelt, wirken die Raumsimulationen plastisch, dicht und natürlich.
Resümee
Wer das Besondere sucht, bitte sehr! Die beiden Pedale sind austrainierte Spezialisten auf ihrem Gebiet und sprechen mit ihren vielseitigen Möglichkeiten die Feinschmecker unter den Pedal-Enthusiasten an. Wer an dem Effekttyp größeres Interesse hat und ihn häufiger verwendet, kann mit dem DynaTrem viel Freude haben. Schick ist an dem Pedal natürlich auch, dass man zusätzlich Hall auf den Tremolo-Effekt legen kann. Das Memphis Sun bietet objektiv gesehen weitaus mehr Variabilität. Weil mit Echo, Doubling und Room (alternativ) drei unterschiedliche FX-Typen in hoher Qualität zur Verfügung stehen und diese viel Variabilität bieten. So ergibt sich alles in allem ein rundum positives Endergebnis: Preis und Leistung stehen in einem gesunden Verhältnis.
Plus
Signalqualität, Dynamik
FX-Sound, Bandbreite
Memphis Sun: sehr variabel, dank dreier FX-Typen
DynaTrem: dynamische Steuerung eröffnet neue Möglichkeiten
Verarbeitung/Bauteile-Qualität
Hinweise zu den Soundfiles
Für die Aufnahmen kamen zwei Mikrofone mit Großflächenmembran zum Einsatz, ein AM11 mit von Groove-Tubes/Alesis und ein C414 von AKG, platziert vor einem klassischen 4×12-Cab von Marble Amps/NL bestückt mit Weber-Alnico-Speakern (Blue Dog und Silver Dog). Wir hören immer den Clean-Kanal eines DCP100, ebenfalls Marble, nur bei einem Take ist (unüberhörbar) der Crunch-Kanal am Start. Eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 lieferte die Töne.
Die Clips wurden pur, ohne Kompressor o. jegliche EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt.
Clip 1 bis 4: Diese Clips stammen vom DynaTrem. #1 zeigt wie sich die dynamische Intensitäts-Steuerung (Depth) verhält, #3 macht das mit Gleiche mit der Modulationsgeschwindigkeit – harter Puls hier, das DynaTrem kann aber auch weich schwingen. Im Clip #2 hören wir erst das Tremolo, danach den UniVibe-Effekt mit Hall – der aus dem Pedal kommt!
Die Clips #5 bis #8 sind mit dem Memphis Sun eingespielt. #5 schwebt Chorus-ähnlich, weil ich in das lange Delay (Echo 600-Mode) hinein den Vibratohebel bewegt habe. In #6 ist die Sun Mode aktiviert, ein Doubler, der bis zu 160ms verzögert und hier mit einem intensiven Chorus sein Können zeigt. Clip #7 und #8 basieren auf der Betriebsart „Room“. Ziemlich überzeugend für einen Mono-Effekt, nicht wahr?!
Okay, ich wünsche viel Vergnügen, und…, wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).
Fragen, Anregungen und ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de. Es klappt nicht immer, aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.