Auf den Schultern der Legenden

Joint Venture: Ampeg Venture V3, VB112 und VB115 im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Nach dem Ampeg SGT-DI Preamp-Pedal war es nur eine Frage der Zeit, bis Yampeg – Verzeihung, Ampeg unter der neuen Eigentümerschaft von Yamaha mit weiteren Neuigkeiten um die Ecke kommt. Auf dem Guitar Summit war es so weit: Weltexklusiv gab es den Nachfolger der PF-Serie zu sehen und zu hören.

Schon ein flüchtiger Blick zeigt, dass nicht einfach die Anfang der 2010er herausgekommenen Portaflex-PFs neu angezogen wurden, sondern die Venture-Reihe komplett neu entwickelt wurde. Übernommen wurde eigentlich nur die abgewinkelte Frontplatte. Das V3 (nicht mit den 80er-Jahre V3 zu verwechseln) ist das kleinste Topteil und gegenüber dem PF350 ordentlich vollgepackt.

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(Bild: Dieter Stork)

AUFBAU

Es gibt durchaus noch einige bemerkens- und nennenswerte Ampeg-Verstärker, aber DIE Ikonen sind natürlich B15 und SVT. Der B15-Combo ist der seit den 60ern wohl meistaufgenommene Amp im Studio, das SVT-Top ist Industriestandard auf großen Bühnen, gerne in Kombination mit der liebevoll „Kühlschrank“ genannten 8×10”-Box. Als „Super Grit Technology“ bietet Ampeg beide Sounds auch in den Ventures an. Die Schaltung gab dem SGT-DI schon den Namen und ist hier unverändert eingebaut: Ein Minischalter aktiviert den Schaltkreis, ein weiterer wählt B15- oder SVT-Sound. Ein doppelstöckiges Poti regelt Grit und Level, also den Zerrgrad von Clean bis Drive und die Lautstärke von leise bis Boost. Erst dann kommt der Gain-Regler, gepaart mit einem Minischalter über dem Input, mit dem ein zu starkes Eingangssignal um 15 dB gezähmt werden kann. Die Peak-LED, die Übersteuerung anzeigt, findet sich erst ganz rechts, neben dem Mute-Minischalter.

Eine leicht unlogische Paarung … Die Klangregelung nennt Ampeg den „Legacy Preamp“. Eigentlich ein eher unauffälliger Dreibänder, der die Bässe bei 40 Hz bearbeitet und die semiparametrischen Mitten am doppelstöckigen Poti zwischen 200 Hz und 3 kHz. Was etwas rausfällt ist nur der mit 4 kHz recht tief ansetzende Höhenregler. Zwei charmant an Vintage-Ampegs erinnernde Wippschalter nehmen zusätzlich die äußeren Frequenzbereiche aufs Korn. Ultra Hi ist ein einfacher Boost von 9 dB bei 8 kHz, Ultra Lo boostet 40 Hz um 2 dB, bei einem gleichzeitigen Cut von 10 dB bei 500 Hz, hat aber auch noch einen satten 20 dB Cut bei 40 Hz in petto. Der Volume-Knopf für die Ausgangslautstärke beschließt die Vorderseite. Gut ausgestattet geht es hinten weiter.

(Bild: Dieter Stork)

Neben Netzbuchse und Netzschalter sitzt eine originale Neutrik-Speakon/Klinken-Kombibuchse. Rechts außen findet sich der DI-Ausgang als XLR-Buchse, mit drei Schiebeschaltern für Pre/Post, 20 dB Absenkung, und Ground-Lift. Dazwischen findet sich noch ein Effektweg, der nach dem Preamp mit Line-Level betrieben wird und über dessen Return es auch direkt in die Endstufe geht. Für die Übungs-Session gibt es einen Miniklinken-Aux-In in Stereo, der ausschließlich über den Phones-Out, der ebenfalls stereo ist und eine große Klinke aufnimmt, wiedergegeben wird. Ein optionaler 2-fach-Fußschalter kann ebenfalls angeschlossen werden, damit sind dann SGT und Mute fernbedienbar.

Verpackt ist das Ganze in ein leichtes, aber solides Metallgehäuse. 1,8 kg bringt der V3 auf die Waage und ist klein genug, um im Gigbag oder der Laptoptasche Platz zu finden – oder in der optionalen, passenden, schicken Tasche von Ampeg selbst. Die Technik im Gehäuse ist eine Mischung aus selbstentwickelter Vorstufe und Output-Sektion mit der bewährten ICEpower 300AS1, die 300 Watt an 4 Ohm ausgibt.

(Bild: Dieter Stork)

Zwei Boxen kommen zum Test mit: die VB112 mit einem Zwölfzöller und Hochtöner und die VB115 mit einem Fünfzehner nebst Horn. Während die 15,4 kg schwere 115 zwei Metall-Schalengriffe und eine feste Ausrichtung hat, kommt die kleinere, 12 kg schwere 112 mit einem Griff und kann dank zweier Sets Gummifüße horizontal und vertikal aufgestellt werden – so sind beide auch stackbar. Die Ecken sind metallgeschützt, Tolex in Carbon-Fiber-Optik schützt das Multiplexgehäuse. Der Frontstoff samt grauem Keder kann dank Klett abgezogen werden, neben den Speakern kommen jeweils zwei runde Bassreflexöffnungen zum Vorschein. Die identischen Anschlussfelder bieten zwei Neutrik-Speakon/Klinken-Kombibuchsen und einen dreistufigen Drehschalter für das Horn. Beide sind alleine problemlos tragbar.

(Bild: Dieter Stork)

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

AUF DEN SCHULTERN DER LEGENDEN

Angeschaltet glänzt das V3-Top mit absoluter Ruhe. Der Lüfter bleibt aus, und auch wenn er irgendwann anspringt, ist das Lauf- und Luftgeräusch vernachlässigbar. Mit dem EQ in gefühlter Neutralstellung – eine Mittenrastung gibt es nicht – geht es aus dem Mute-Modus, was die mittige Leuchte von Rot zu Blau wechseln lässt. Der Übergang ist wie alle Schaltvorgänge am Top sanft und geschieht mit ganz leichter Verzögerung. Jetzt kann ich den Bass am Gain-Regler korrekt einpegeln und den Master aufdrehen … und den Master gleich noch weiter aufdrehen. Der Regelweg darf ruhig weiter ausgefahren werden, in der Probe war ich bei drei Uhr. Dann hatte ich aber auch ordentlich Druck hinter mir – und keine Aussetzer.

Die alte PF-Reihe hat mich seinerzeit insgesamt überzeugen können, mit Ausnahme des kleinsten Topteils, des PF350. Das klang für mich zwar gut, reagierte aber schon bei moderaten Lautstärken allergisch auf gar nicht mal so intensive Impulse und ging in die Abschaltung. Auch wenn das V3-Top mit diversen Schutzschaltungen ausgestattet ist, macht das Endstufendesign hier keine Probleme. Der Preamp reagiert sauber und erlaubt gutes Soundshaping. Für luftige Höhen sorgt eher Ultra Hi als der tiefere Treble-Regler, der Bassbereich kann mit Ultra Lo und dem Bassregler sowohl im Plus- als auch Minus-Bereich im Zusammenspiel zupackend eingerichtet werden.

Auch der semiparametrische Mittenregler arbeitet zu meiner vollen Zufriedenheit, so weit also alles fein. Für mehr Farbe harrt ja noch Super Grit auf seine Aktivierung. Wird der V3 damit zum B15 oder SVT? Nein, schon deshalb nicht, weil zu den Amps auch jeweils sehr unterschiedliche Boxensounds gehören. Die grundsätzliche Richtung passt jedenfalls: mittig-kompakt beim B15, mit extra bulligem Bassschub und Höhen-Boost beim SVT. Mit mehr Grit wird es angenehm kratzig, was klassische Rock/Pop/Soul-Sounds befördert. Richtig aufgerissen wird es mir persönlich zu furzig und zu weich im Bass, im Low-Gain hab ich dagegen richtig Spaß. Die entsprechenden Charaktere neutral/B15/SVT kommen im Post-Modus auch über DI gut zur Geltung, auch wenn das Sahnehäubchen des SGT-DI Pedals fehlt, noch IRs nutzen zu können.

Die Boxen setzen das Klanggeschehen adäquat, aber sehr unterschiedlich um. Während die VB112 mit Tiefbass erst mal geizt und vor allem bei geringer bis mittlerer Lautstärke von einem Plus an Ultra Lo profitiert, ist die VB115 auf Anhieb erwachsener. Auch ohne Boost geht es ganz souverän tiefer in den Keller, bei gleicher Amp-Einstellung wirkt sie ausgewogener und lauter. Dafür klingt die 112 kompakter und auch in akustisch schwierigen Situationen ortbar und trocken, der schlankere Bassbereich stellt die Mitten deutlicher heraus. Beiden Boxen kann mit dem Hochtonhorn feine Brillanz obendrauf gesetzt werden, die leicht gedämpfte Stellung reicht mir meistens schon. Bei deftiger Höhenzugabe rauscht es zwar, aber auch nicht mehr, als bei vergleichbaren Anlagen.

Für maximale Flexibilität kann ich mir eine Kombination aus beiden Cabs sehr gut vorstellen. Klanglich ergänzen sie sich bestens, legen durch mehr Membranfläche und vier Ohm Gesamtimpedanz an klanglichem Volumen ordentlich zu, und wo weniger Druck und Bühnenlautstärke gefragt ist, kann man nach Gusto die eine oder andere mitnehmen – je nachdem, wie viel Platz auf der Bühne ist und welchen Grundsound man möchte.

RESÜMEE

Die erste Neuentwicklung im Verstärkerbereich unter Federführung von Yamaha kann sich absolut hören und sehen lassen! Als neutraler Verstärker macht der gut durchdachte und mit allen üblichen Anschlüssen versehene Venture V3 schon eine gute Figur, die beiden Voicings der Super-Grit-Schaltung sind gut gewählt und umgesetzt. Die Leistung ist glaubwürdig und ohne Aussetzer abrufbar, tragbar sind alle Testkandidaten, der Amp wie die Boxen. Welcher Box man den Vorzug gibt, ist abhängig vom vorhandenen Platz und dem gewünschten Klangcharakter. Die VB112 ist in beiden Disziplinen die kleinere und kompaktere, während die große VB115 lässiger und erwachsener ist. Beide haben ihren Reiz und ihre Berechtigung, und alles zusammen ergibt eine kräftige Anlage für Proberaum und Bühne mit unzweifelhaften Ampeg-Vibes. Zum persönlichen Antesten empfohlen, auch das übrige Venture-Programm!

PLUS

  • Sounds
  • Leistung
  • Lüfter
  • Anschlüsse
  • Tragbarkeit

MINUS

  • Platzierung der Peak-LED wenig logisch

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2024)

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