Japan Vintage: Ibanez 2453 Howard Roberts Modell

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(Bild: Lothar Trampert)

So wie im Fall von Les Paul, Barney Kessel, Tal Farlow oder Wes Montgomery musste auch der Name Howard Roberts für gleich mehrere Gitarrenmodelle herhalten. Und er steht ebenfalls für einen ganz großartigen, eigenwilligen Musiker und Gitarristen.

DER KÜNSTLER

Der amerikanische Jazz-Musiker Howard Roberts ist eine Legende und eine Kultfigur der Gitarristenszene zwischen Jazz und Pop. Angeblich war der am 02. Oktober 1929 geborene Howard schon mit 15 Jahren professionell aktiv und spielte in Clubs und Bars seiner Heimatstadt. Nachdem er 1950 von Phoenix nach Los Angeles gezogen war, hatte er erste Jobs als Live-Begleiter von Größen wie Chico Hamilton und Barney Kessel.

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Dann kam 1956 das Angebot für das bekannte Label Verve Records als Studiomusiker zu arbeiten, später folgten Jobs für die Labels Concord, Discovery Capitol Records und ABC Impulse. Roberts spielte elektrische und akustische Rhythmus- und Lead-Gitarre, Bass und Mandoline, war stilistisch sehr offen und versiert, also vielseitig einsetzbar.

Und seine Credit-Liste ist auch im folgenden kleinen Auszug noch beeindruckend: Howard Roberts nahm Alben mit Buddy DeFranco, Shorty Rogers, Art Pepper, Oliver Nelson, Thelonious Monk, Gerry Mulligan, Barbra Streisand, Bette Midler, Bill Haley, Diane Schuur, Doris Day, Duane Eddy, Elvis Presley, Fats Domino, Harry Nilsson, Harvey Mandel, Jimmy Smith, Joe Morello, John Lee Hooker, Johnny Guitar Watson, João Gilberto, Pat Boone, Ricky Nelson, Sam Cooke, The Beach Boys, The Everly Brothers, Tom Scott, Tony Bennett, Wanda Jackson und vielen anderen auf, arbeite als Produzent für Miles Davis und begleitete live Künstlerinnen und Künstler wie Peggy Lee, Eddie Cochran, Dean Martin, Roy Clarke, Chet Atkins, The Electric Prunes und The Monkees.

Roberts hat ab 1957 aber auch ca. 20 eigene Alben veröffentlicht, mit so skurrilen Titeln wie ,The Movin’ Man‘, ,Mr. Roberts Plays Guitar‘ (1957), ,Good Pickin’s‘, ,Velvet Groove‘ (1959), ,Color Him Funky‘, ,H.R. Is A Dirty Guitar Player‘ (1963) etc. Hierauf war er mit Jazz-Standards, instrumentalen Arrangements bekannter Pop-Hits und auch ein paar eigenen Kompositionen zu hören. Sein klarer, jazziger Ton und seine sehr positiven, gut gelaunten Improvisationen waren Roberts Markenzeichen. Swingender Pop Jazz!

Seine späten Alben ,Antelope Freeway‘ (1971) und ,Equinox Express Elevator‘ (1972) waren dann komplett anders: Hier hörte man Straßengeräusche, Sprach-Samples, Radio-Mitschnitte und schräge Sounds zwischen den instrumentalen Tracks, neben Rock-&-Roll-Gitarren, Jazz-Licks, relaxten Improvisationen, coolen psychedelischen Hall-Sounds, weirden Fuzz-Wah-Attacken und vieles mehr.

,Antelope Freeway‘ hat passagenweise schon fast Hörspiel-Charakter, und bei ,Equinox Express Elevator‘ merkt man schnell, dass Roberts auch viel an TV- und Kino-Soundtracks mitgearbeitet hat. Ein absolut originelles Fusion-Album der ganz besonderen Art. Und beide Alben liefern sehr abgefahrene Musik mit hervorragenden Gitarren-Spots!

In dieser Zeit um 1970 war Howard Roberts interessanterweise schon stärker als Lehrer, weniger als Studiomusiker aktiv. Er veröffentlichte Lehrbücher, gab Workshops für Gitarristen, hatte eine regelmäßige Kolumne über Jazz-Improvisation im US-Musikermagazin Guitar Player und gründete 1977 gemeinsam mit dem Unternehmer Pat Hicks den Musikverlag Playback Publishing und das Guitar Institute of Technology (G.I.T.) in Hollywood.

Und diese bekannte, private Gitarristenschule, aus der dann das bis heute existierende Musicians Institute (M.I.) hervorging, hat ohne Frage die weltweite Musikerszene verändert und auch ähnliche Institute und Studiengänge in vielen anderen Ländern beeinflusst. Howard Roberts starb am 28. Juni 1992. Er wurde nur 62 Jahre alt.

SIGNATURE-MODELLE

Howard-Roberts-Signature-Gitarren gab es gleich mehrere: von Epiphone das von ca. 1965 bis 1968/69 gefertigte Modell aus der Imperial-Serie, das in den 90ern noch mal neu aufgelegt wurde, leicht zu erkennen am extrem großen Schallloch. Dann gab es von Gibson ab Anfang der 1970er-Jahre gleich mehrfach ein Modell Howard Roberts – und zwar die Custom (1973 – 1981), die Artist (1976 – 1982) sowie die Fusion (1979 – 1985); es folgten die Fusion II (ab 1988) und Fusion III (ab 1991 bis ca. 2009).

Gemeinsam hatten alle frühen Modelle den vollakustischen Korpus, das spitze Cutaway, ein leicht ovales Schallloch, einen Tonabnehmer und zwei Regler für Volume und Tone. Die Fusion-Modelle waren etwas dünner, hatten einen Block im Korpus, zwei F-Holes als Resonanz-Öffnungen, zwei Pickups und vier Regler plus Tonabnehmerwahlschalter.

Howard Roberts bewirbt sein Gibson-Signature-Modell
Ibanez-Kataloge vom Sommer 1977: Hier hatte die Howard Roberts 2453 schon die neue Kopfplatte mit der floralen Einlage.
Gibson-Katalog von 1979: Zu den fünf Archtop-Modellen gehörten zwei Howard Roberts – die Artist mit Gold-Hardware und die schlichtere Custom.

Wir konzentrieren uns hier auf die 70s-Modelle Custom und Artist, die irgendwann zum Volume-Regler noch getrennte Regler für Höhen und Mitten bekamen und im Jazz-Archtop-Bereich optisch schon etwas aus der Reihe fielen. Für meinen Geschmack hat man bei diesem Modell aber beste Epiphone- und Gibson-Tradition mit modernem Gitarrenbau und ein paar originellen Design-Ideen verbunden. Keine Frage, dass auch die Japaner diese feine amerikanische Jazz-Gitarre registrierten – und nachbauten. Mir sind Howard-Roberts-Kopien der Labels Electra, Greco, Ventura, Penco, Mann, Ibanez und eben Epiphone bekannt – letztere kamen in den 90ern aus Südkorea.

IBANEZ 2453

Meisterhaftes Handwerk: Die Ibanez 2453 von 1974/75 gehört zu den schönsten Gibson-Kopien des japanischen Herstellers. (Bild: Lothar Trampert)

Die hier zu sehende Ibanez Howard Roberts wurde von ca. 1974 bis 1977 gebaut, und diese Gitarre stand in puncto Qualität, Verarbeitung und Konstruktion den Originalen in nichts nach. Sie hat einen eingeleimten Hals mit schlichten Block-Inlays, die massiven, von Gotoh gefertigten Stimmmechaniken mit dem Stern auf der Rückseite, Gold-Hardware wie die Gibson HR Artist, ein Palisander-Griffbrett wie die HR Custom und einen Open-BookHeadstock. Die Decke besteht aus sehr schönem, geflammtem Ahorn, Boden und Zargen sind etwas weniger gemasert, und die Brown-Sunburst-Lackierung hat schon einen Touch vom späteren Ibanez-Antique-Violin-Finish.

Ein paar Unterschiede gab es: Anders als das Gibson-Original hat die Ibanez beim Saitenhalter und auch beim Kopfplattenmotiv, (die Vase, aka Flower Pot), klare Bezüge zur L-5 CES, die in den 70ern neben den beiden Howard-Roberts-Modellen ebenfalls im Gibson-Katalog zu finden war. Diese kleine Finte der Meisterkopierer aus Fernost dürfte in den USA zu größeren Wutanfällen geführt haben.

Zur Zeit der Open-Book-Headstocks bis 1976 verzichtete Ibanez noch auf Seriennummern, daher ist die Gitarre nicht exakt zu datieren. In Frage kommen als Herstellungsjahre 1974 oder 1975. Beim hier vorgestellten Instrument ist der Tonabnehmer nicht original – dachte ich zuerst. Denn der Humbucker hing doch bei allen mir bisher bekannten 2453-Modellen wie beim Original immer ohne Rahmen direkt am Hals, als Floating-Pickup.

Da bei meiner Ibanez aber keine Schraublöcher an den unteren Seiten des Halsansatzes zu sehen sind, hat hier auch kein Vorbesitzer rummodifiziert, was ich anfangs vermutete: Der auf die Decke geschraubte Super-70-Humbucker ist original! Im Netz habe ich dann noch eine weitere Ibanez 2453 mit diesem Merkmal entdeckt – eine einzige!

Mmh, ist sie vielleicht ein Prototyp? Den schräg gesetzten Ibanez-Schriftzug auf der Kopfplatte kannte ich so bisher auch noch nicht … Es gab die 2453 aber ab Mitte 1976 auch mit Seriennummer und dem von Epiphone bekannten floralen Motiv auf der Open-Book-Kopfplatte. Bekannt ist mir auch ein 1977er-Modell, mit Seriennummer und der neuen PostLawsuit-Kopfplattenform; diese Gitarren hatten auch andere Griffbretteinlagen, die sogenannten „slotted block inlays“. Da war also anscheinend Veränderung alltäglich. Gemeinsam haben sie alle das schöne, eingefasste Tortoise-Pickguard, dessen Form etwas an die Schlagbretter der deutschen Lang-Gitarren erinnert.

MAKING MUSIC

Was für eine originelle Jazz-Gitarre! Früher fand ich die Howard-Roberts-Modelle mit ihrem ovalen Schallloch immer grenzwertig – sie erinnerten mich irgendwie an elektrifizierte Comic-Wandergitarren. Inzwischen mag ich sie sehr: Und wenn man die tolle Verarbeitung, die großartigen Hölzer, den 85mm tiefen 16“-Body, den absolut angenehm bespielbaren Hals mit 21 nicht zu hohen Bünden genießen kann, ist die Ibanez 2453 ein inspirierendes Instrument.

Beim Nachmessen wunderten mich dann weniger die der Les Paul, SG oder ES-175 entsprechende Mensur von 628mm(24,75“; zum Vergleich: Fender Strat/Tele haben 25.5″, 648mm) – die originale Gibson Howard Roberts hat laut Katalog aber eine der L-5 entsprechende Mensur von 648mm. Erstaunlicher fand ich die wirklich geringe Sattelbreite von 38mm – die war mir beim Spielen überhaupt nicht aufgefallen, vor allem nicht negativ.

Klanglich verbindet diese Gitarre eine angenehme akustische Spritzigkeit mit dem soliden Mittenton einer laminierten Decke, woraus der Humbucker einen flexiblen, warmen aber nicht zu fetten E-Gitarren-Sound zaubert, der über die zweifache Klangregelung bearbeitet werden kann. Im Ibanez-Prospekt von 1976 war der Preis für Modell „No. 2453“ mit 1030 D-Mark angegeben; das Gibson-Original kostete damals ca. 3000 D-Mark.

Heute gehört diese Gitarre zu den seltensten Ibanez-Archtops der Kopierphase der 1970er-Jahre, und in den USA, wo Howard Roberts wesentlich bekannter war und ist als in Europa, wird sie, inklusive des schönen Originalkoffers mit hellblauem Plüsch-Innenleben, inzwischen für ca. 2500 US-Dollar gehandelt. Mehr Archtops demnächst!

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2023)

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