(Bild: Dieter Stork)
Der Stingray ist aus der Basswelt nicht mehr wegzudenken. Unzählige legendäre Alben sind damit eingespielt worden und wer an aktive Bässe denkt, hat wahrscheinlich zuerst den guten alten Rochen mit seinem 2-Band-EQ vor Augen. Als etwas preiswertere Variante weicht der Sterling Ray34 etwas von seinem ehrwürdigen Vorbild ab, büßt dabei aber nicht an Charme ein.
Michael Jackson, Linkin Park, Rage Against the Machine, Louis Johnson, Sade, Queen, Red Hot Chili Peppers, Peter Gabriel … Ich könnte diese Doppelseite vollständig mit legendären, wegweisenden oder schlichtweg bekannten Alben füllen, auf denen der Stingray vertreten ist. Es ist also verständlich, dass es nicht nur zahlreiche Kopien, sondern auch einen ganzen Batzen Varianten des originalen Herstellers selbst gibt. Das Modell, um das es in diesem Test geht, ist ein Sterling by Music Man, die hochwertige, aber vergleichsweise preiswerte Sparte des Produktportfolios, die in Asien hergestellt wird.
IKONISCHE DNA
Der Sterling by Music Man Ray34 soll den ikonischen Charakter des Stingray in eine erschwinglichere Preisklasse bringen, ohne dabei auf Qualität oder den typischen „Stingray-Sound“ zu verzichten. Mein Testmodell wurde in Indonesien gefertigt und präsentiert sich in einer transparenten Sunburst-Optik mit einer Decke aus Spalted Maple. Damit das schöne Holz gut zur Geltung kommt, ist das Pickguard bei diesem Exemplar transparent – das macht schon ganz gut was her.
Der Kern des massiven Korpus besteht dabei allerdings aus dem weniger aufregenden Nyatoh, einem preiswerten und recht dicht gewachsenen Holz. Diese Konstruktion hat es durchaus in sich. Mit 4,8 kg gehört der Bass eindeutig zu den schwereren Modellen. Wer gut klingen will, muss leiden – oder wie ging das Sprichwort?
Die Verarbeitung ist insgesamt auf hohem Niveau: Der Korpus ist sauber gearbeitet, die Lackierung so ziemlich makellos, und die Hardware wirkt stabil und zuverlässig. Security Locks oder Ultralite-Mechaniken sucht man vergebens. Der verschraubte Hals aus Roasted Maple bietet ein C-Profil, das angenehm in der Hand liegt und die Bundkanten sind ordentlich verrundet, wodurch sich ein geschmeidiges Spielgefühl ergibt. Die vorhandene Kopflastigkeit lässt sich dabei allerdings nicht leugnen – so ist ein guter Gurt dem Spielspaß gleich aus zwei Gründen zuträglich.
Und den gibt es, typisch Stingray, reichlich. Die naturbelassene Halskonstruktion ermöglicht ein komfortables Greifen, so lässt der Bass alles mit sich machen und zwängt die Greifhand nicht in eine bestimmte Position, wie es einige modernere Shapings gern mal tun. Ob knietief hängend und mit dem linken Daumen an der E-Saite oder auf Brusthöhe gezurrt und mit klassischem Fingersatz – der Ray34 ist genügsam und quittiert meine Bemühungen jederzeit mit dem Stingray-typischen Knurren. Ab Werk war das Setup bereits recht gut, so dass ich lediglich minimale Anpassungen der Saitenlage vornehmen musste, um den Bass in mein Wohlfühl-Setup zu bringen. Das ging absolut problemlos, und dank des Spoke-Wheels am Halsspannstab wäre auch eine Nachjustierung der Halskrümmung, wenn sie denn nötig gewesen wäre, ein Leichtes gewesen.
(Bild: Dieter Stork)
An vielen Stellen entspricht der Ray34 seinem Vorbild, so zum Beispiel bei der Wahl des Tonabnehmers. Hier kommt ganz traditionell ein Pickup mit AlNiCo-5-Magneten zum Einsatz, bei vielen anderen nicht originalen Stingrays finden sich oft Keramikmagnete, die ein anderes, in der Regel knalligeres Klangbild ergeben. Die Abweichungen vom Vorbild beschränken sich nicht nur auf die modernere Konturierung des Korpus sondern betreffen auch die verbaute Elektronik.
Soundcheck und Resümee auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
KLANG
Bekannt für seine charakterstarken, aggressiven Mitten und knalligen Höhen hat der Stingray seinen Weg auf unzählige Alben gefunden. Ob John Deacon von Queen, Flea von den Red Hot Chili Peppers oder Tim Commerford in „Killing in the Name“ von Rage Against the Machine – der Sound dieses Basses ist ebenso vielseitig wie einprägsam.
Oft wird der Stingray als Beispiel für typische Aktivbässe genannt, dabei hat gerade der originale Stingray eine Besonderheit, die zu seinem Charakter beiträgt und die in der Welt der Aktivbässe, zumindest meines Wissens, tatsächlich ziemlich einzigartig ist.
Denn die traditionelle 2-Band-Elektronik ist, rein technisch betrachtet, eher krude (oder genial?) ausgeführt. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen: Das Treble-Poti der originalen 2-Band hängt direkt mit am Eingang der Aktivelektronik und steht dadurch in Wechselwirkung mit dem Tonabnehmer selbst. So wie es bei passiven Instrumenten mit Volume- und Tone-Poti auch der Fall ist. Das Reindrehen der Höhen bewirkt hier zusätzlich noch eine Anhebung der eigenen Resonanzfrequenz des Tonabnehmers, wodurch der typische, spitze Sound des Stingrays zustande kommt.
(Bild: Dieter Stork)
Bei den Varianten mit 3-Band-EQ ist die Elektronik gänzlich anders aufgebaut und diese Wechselwirkung nicht mehr vorhanden, daher klingen die Modelle mit 3-Band immer etwas anders als der originale Ray, egal wie sehr man die Potis bemüht.
So ist es auch bei diesem Ray34, ich finde das aber ehrlich gesagt gar nicht so schlimm. Insgesamt empfinde ich den Sound der 3-Band-Varianten als etwas homogener und genügsamer als den des Originals. Insbesondere beim Slapping, für das der druckvolle, drahtige Sound des Rays prädestiniert ist, empfinde ich die etwas weniger spitzen Höhen durchaus als Vorteil. Was nicht heißen soll, dass es dem Bass an etwas fehlt, keineswegs. Bereits unverstärkt bekomme ich einen guten Eindruck von der Straffheit und Artikulation des Instruments. Genauso setzt es sich auch in elektrisch verstärkten Klang um. Der grundsätzliche Charakter lässt keine Fragen offen, um was für einen Bass es sich handelt. Das Stingray-typische Knurren und Schmatzen lässt sich der Ray34 nicht austreiben, zum Guten wie zum Schlechten. Für dezente Klänge ist dieses Modell nicht erfunden worden, dafür punktet es umso mehr mit Durchsetzungsvermögen und Charakter.
Der typische Steg-Humbucker liefert den bissigen Mittencharakter, der den Stingray-Sound so unverkennbar macht und bietet dabei trotzdem ein gutes Maß an Höhen und Drahtigkeit.
Den wenigsten Bässen steht das rigorose Herumdrehen am Onboard-EQ wirklich gut, doch beim Stingray gehören die ordentliche Portion Bass- und Höhenboost bei einigen Sounds einfach mit dazu. Insbesondere, wenn es an härtere Nummern oder auch Geslapptes geht. Für singende Melodien oder etwas bedecktere Grooves bietet es sich hingegen auch an, die Höhen abzusenken und die Mitten etwas zu betonen.
Durch den 3-Band-EQ bietet der Ray34 doch eine nicht zu unterschätzende Flexibilität, mit deren Hilfe schnelle und gravierende Änderungen im Soundgefüge umgesetzt werden können.
RESÜMEE
Der Sterling by Music Man Ray34 ist ein beeindruckender Vertreter seiner Serie, der mit edler Optik, flexiblen Klangmöglichkeiten und guter Verarbeitung überzeugt. Das Gewicht mag nicht für jeden ideal sein, aber wer damit leben kann, wird mit einem Instrument belohnt, das sowohl im Studio als auch auf der Bühne begeistern kann. Für all jene, die Stingray-Sounds suchen, aber keine 3000 Euro ausgeben wollen, ist der Ray34 eine ausgezeichnete Wahl.
PLUS
MINUS

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2025)