G&B Basics!

Humbucker von Gibson

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Bereits in den 30er-Jahren gab es Entwicklungen und Patentanmeldungen, die das Humbucker-Prinzip beschreiben. Gibsons Ingenieure beschäftigten sich mit dieser Thematik jedoch erst relativ spät; 1953 wird Seth Lover beauftragt, Gibsons Standard-Tonabnehmer, den P-90, so zu verändern, dass er zwar die Klangeigenschaften beibehält, aber nicht mehr empfindlich gegen Störfelder ist, wie sie beispielsweise von Netztrafos in die Spulen einstreuen.

Gibson Humbucker
Gibson „T-Top“-Humbucker

Der Gibson-Ingenieur legt 1955 ein brauchbares Ergebnis vor und Gibson meldet seine Neuentwicklung am 22. Juni 1955 zum Patent an – der Rest ist Geschichte, sogar eine Erfolgsgeschichte! Etwa zeitgleich arbeiten auch andere Entwickler an dem Kompensationsprinzip der Brummunterdrückung. Fender meldet sein brummfreies Konzept am 29. März 1956 zum Patent an und Gretsch seinen FilterTron am 22. Januar 1957. Wenn man bedenkt, dass die ersten Gibson-Humbucker erst 1957 in Gitarren eingebaut wurden, kann man wirklich sagen, dass der Humbucker für elektrische Gitarre, so wie er heute noch verwendet wird, von mehreren Personen gleichzeitig erfunden wurde.

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Der Gibson Humbucker

Der Gibson Humbucker, so wie er 1957 vorgestellt wurde, ist zweifellos der beliebteste, berühmteste und am häufigsten gebaute Humbucker. Es gibt unzählig viele Varianten, die aber meist nur in kleinen Details vom Original abweichen.

Die Dicke des Wickeldrahtes variiert, die Anzahl der Windungen und die Legierung des Magneten. Diese Variationen sind dem Pickup nicht einmal anzusehen, obwohl sie gravierende klangliche Änderungen herbeiführen können. Äußerlich auffällig sind die Unterschiede, wenn beispielsweise Inbusschrauben anstelle der Schlitzschrauben verwendet werden, oder wenn die Pickups zwei Schraubenreihen haben, so wie beim Gibson Dirty Fingers oder den meisten DiMarzio-Pickups. Übrigens wurde der Humbucker bereits 1956 auf Gibson Lapsteels montiert, bevor er 1957 sukzessive die P-90-Singlecoils der Gitarrenmodelle ersetzte.

Gibson vermarktet den damals neuen Pickup als „Humbucker“ und baut ihn sowohl in Hals- wie auch in Stegposition ein – und bei der Les Paul Custom und der ES-5 auch in die Mittelposition, denn es gab nur dieses eine Pickup-Modell. Heute ist es üblich, für jede Einbauposition einen speziellen Pickup anzubieten, der die Stärken der jeweiligen Position unterstützt, die Schwächen mildert und so zu einem abgestimmten Klangbild des Instrumentes beiträgt. Jahre später, als die alten Humbucker der 50er zu begehrten Objekten wurden, bürgerte sich der Name P.A.F. für diesen Pickup ein. P.A.F. ist schlicht die Abkürzung für „Patent Applied For“, und heißt „zum Patent angemeldet“. Diese drei Worte waren nämlich in goldener Schrift auf einem kleinen schwarzen Aufkleber zu lesen, den die Original-Humbucker bis Ende 1962 auf der Grundplatte trugen.

Die Bezeichnung P.A.F. wird bis heute auch gerne ganz allgemein als Synonym für diesen Tonabnehmer-Typ verwendet, darf aber leider nicht mehr frei benutzt werden – zumindest nicht in den USA -, weil sich Larry DiMarzio die Namensrechte für „PAF“ eintragen ließ. Wenn DiMarzio den Begriff erfunden hätte, könnte ich die Eintragung als Markenzeichen ja verstehen, aber das Kürzel P.A.F. war längst gebräuchlich, und zwar ohne Zutun von DiMarzio!

Der original Humbucker von Gibson besitzt zwei Kunststoffspulen aus sogenanntem Butyrate, das später durch ABS-Kunststoff ersetzt wurde. Butyrate (ein Ester der Buttersäure) ist die Kurzform für Celluloseacetobutyrat (CAB). Dieser alte Kunststoff, der seit 1929 auf dem Markt ist, hat nicht nur gute mechanische Eigenschaften, sondern er ist auch physiologisch unbedenklich. Allerdings sind Butyrate-Spulen etwas weicher als ABS-Spulen und neigen dazu, sich unter dem Druck des Wickeldrahtes an den Kopfenden nach außen zu biegen. Ein Markenzeichen der alten Spulen ist der mittig positionierte, quadratische Durchlass an einem Kopfende jeder Spule, eingebettet in eine minimale kreisförmige Vertiefung (square in circle).

Die kleine kreisförmige Vertiefung stammt von dem Auswerfer des Spritzgusswerkzeuges. Der rechteckige Durchlass, der von oben durch den ganzen Spulenkörper führt, ist der Durchlass für das Brückenkabel, das an den Anfang der Spule gelötet wird, bevor der Wickelvorgang beginnt. Dieses Markenzeichen (Quadrat im Kreis) ist ein sehr beliebtes optisches Feature, obwohl heute sehr viele Humbucker-Spulen zuerst gewickelt und danach erst die Brückenkabel angelötet werden, sodass die Öffnung im Unterteil der Spule gar nicht genutzt wird.

Die beiden Humbucker-Spulen haben zwar die gleichen Ausmaße und den gleichen Wickelraum, sind aber leicht unterschiedlich konstruiert: Eine Spule hat sechs gleich große Bohrungen, um Stahlstifte des Durchmessers 3/16“ (4,7625 mm) aufzunehmen, die andere Spule hat kleinere Bohrungen für eine Zylinderkopf-Gewindeschraube der Stärke 5 (ca. 3 mm) inklusive einer Senkung, die den größeren Zylinderkopf der Schraube (ca. 5,1 mm) aufnehmen kann.

Die beiden Spulen werden mit Plain-Enamel-Draht der Stärke AWG 42 gewickelt, theoretisch sollen das pro Spule immer 5000 Windungen sein. Der durchschnittliche Gleichstromwiderstand liegt bei ca. 7,6 bis 8 kΩ, aber es sind größere Abweichungen bekannt, sodass Widerstandswerte zwischen 7 und 9 kΩ gemessen werden können. Die breite Streuung ist einmal auf unterschiedliche Wicklungszahlen (fehlende Auto-Stopp-Funktion bei den Wickelmaschinen) und zum anderen auf normale Toleranzen in der Drahtstärke zurückzuführen.

Sowohl Spulenanfang als auch Spulenende werden jeweils an ein kurzes Brückenkabel mit schwarzem Kunststoffmantel gelötet, das aus sieben Adern der Stärke 38 (d = 0,1 mm) besteht. Das macht bei zwei Spulen vier gleich aussehende schwarze Kabel – Verkabelungsfehler sind vorprogrammiert! Ab ca. 1963/64 wird dann nur noch der Spulenanfang mit einem schwarzen und das Spulenende mit einem weißen Kabel verbunden.

Die Verschaltung der beiden Spulen erfolgt gegenphasig seriell: Der Spulenanfang der Schraubenspule wird als Massekontakt auf die Grundplatte gelötet, die beiden Spulenenden (die später durch weiße Kabel gekennzeichnet sind) werden verbunden und mit Klebeband isoliert; der Spulenanfang der Stift-Spule wird als heiße Signalleitung mit der Seele des Anschlusskabels verbunden. Das Anschlusskabel wird von unten durch eine Öffnung in der Grundplatte geführt und an einer Stelle mit der Grundplatte verlötet.

Es hat eine Seele von 7Ω AWG 30 (d = 0,255 mm) Einzellitzen, ist mit einem dünnen weißen und darüber mit einem dickeren schwarzen Baumwollmantel isoliert und schließlich mit einem Mantel aus Drahtgeflecht abgeschirmt, der dem Kabel auch den Namen gibt: Metal-Braided-Kabel. Der Drahtgeflecht-Mantel wird geflochten und jede Strähne besteht aus 2Ω AWG 34 (d = 0,16 mm) Einzeldrähten. Heute wird auch oft ein Drahtgeflecht aus 3Ω AWG 36 (d = 0,127 mm) benutzt, jedoch ist der Unterschied mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass das Metal-Braided-Kabel stark hygroskopisch ist, d. h. das Baumwollgeflecht kann Feuchtigkeit aufnehmen. Innenleiter und Außenmantel verhalten sich wie die Platten eines Kondensators und das Baumwollgeflecht ist das Dielektrikum zwischen den Platten. Wasser hat eine hohe Dielektrizität, und wenn nun das Baumwollgeflecht Feuchtigkeit aufnimmt, erhöht sich die kapazitive Belastung, was ein Absinken der Resonanzfrequenz zur Folge hat. Soviel zur Qualität des guten alten Kabels.

Die Grundplatte des Humbuckers besteht aus einer Neusilber-Legierung (German Silver) mit 18 % Nickelanteil und ist etwas dicker als 0,8 mm. Ein besonderes Kennzeichen alter P.A.F.-Grundplatten sind die Markierungen (Tool-Marks) auf der Unterseite der Füße, die von dem Biegewerkzeug stammen. Diese Markierungen waren bis Mitte der 60er-Jahre vorhanden, auch noch, als die ersten T-Top-Spulen bei Gibson verbaut wurden.

Der Blockmagnet, die sechs zylindrischen Polstifte, die sechs Polschrauben und ein Abstandhalter aus Eisen bilden das magnetische System in Form eines Hufeisens. Der Blockmagnet wird so unter den Spulen positioniert, dass der Nordpol zu den Zylinderstiften zeigt und der Südpol zu den Schrauben. Hier sieht man einmal mehr, dass der Humbucker aus dem P-90 heraus entwickelt wurde, denn es werden die gleichen Polschrauben, der gleiche Magnet und der gleiche Abstandhalter benutzt.

Gibson-Kappen von 1957 und 1959Für den Abstandhalter gibt es verschiedene Bezeichnungen: Polschuh, Metal-Spacer, Steel-Yoke. Dieses kleine Bauteil schließt den magnetischen Kreis zwischen Polschrauben und Magnet und sorgt so für einen besseren magnetischen Fluss. Die vernickelten Stahlstifte haben einen Durchmesser von 3/16“ (4,7625 mm) und eine Länge von ½“ (12,7 mm). Die Polschrauben sind ebenfalls vernickelt und sind ¾“ lang (19 mm) und ca. 3 mm stark. Der Zylinderkopf hat einen Durchmesser von knapp über 5 mm und ist ca. 2,5 bis 2,8 mm hoch, wobei die Maße des Kopfes variieren.

Der Blockmagnet ist der gleiche wie der des P-90 und hat die Maße (LBH): 2,5“ × 0,5“ × 0,125“, das entspricht in Millimetern: 63,5 × 12,7 × 3,175. Der Magnet wird in einer Gussform (sand-cast) hergestellt und anschließend auf Maß geschliffen. Dabei werden die beiden langen Seiten, die an dem Polschuh und den Zylinderstiften liegen, wirklich plan geschliffen (die glänzen auch), während die beiden Ober- und Unterflächen sowie die beiden Stirnseiten nur grob auf Maß geschliffen werden, sodass die raue Oberfläche der Sandform noch gut sichtbar und fühlbar ist.

Als Legierung wird vorzugsweise AlNiCo V eingesetzt, aber das ist erstens nicht immer verfügbar und zweitens ist Gibson stets bemüht, preisgünstig einzukaufen. So werden auch AlNiCo-II- und AlNiCo-III-Magnete verwendet. Ab Juli 1961 wird die Länge des Magneten auf knapp 60 mm reduziert und diese Version des „short magnet“ wird meines Wissens ausschließlich in der AlNiCo-V-Ausführung eingesetzt.

Zur Stabilisierung wird für die Montage noch ein 5,5 mm breiter Abstandhalter aus Ahorn unter den äußeren Rand der Stiftspule gelegt, damit die Spule beim Verschrauben nicht seitlich wegkippt. Verschraubt werden die beiden Spulen mit je zwei Messingschrauben, die von unten durch die Grundplatte in die Mitte jedes Spulenkörpers greifen.

Auf die Grundplatte selbst klebt Gibson ein kleines schwarzes Etikett mit goldener Schrift, das berühmte Patent-Applied-For-Decal, das dem Pickup später den Namen „P.A.F.“ geben wird. Das Etikett wird im Siebdruckverfahren hergestellt, im Wasserbad von dem Trägermaterial gelöst und feucht auf die Grundplatte gelegt, so wie wir das von Abziehbildern kennen. Entsprechend empfindlich ist dieses kleine Ding und deshalb sieht man oft nur Reste des Aufklebers, weil der andere Teil durch Berührungen verloren gegangen ist.

Das letzte Bauteil des Humbuckers, das Seth Lover entwarf, war die Metallkappe, die mit zwei Lötpunkten mit der Grundplatte verbunden wurde und die Spulen und alle anderen Bauteile versteckt. Die Kappe besteht aus Neusilber mit 18 % Nickelanteil und das Material ist zunächst nur ca. 0,4 mm stark, wird aber bald auf 0,5 mm erhöht. Damit ist die Kappe nicht nur etwas steifer, sondern auch die kapazitive Belastung erhöht sich und folglich sinkt auch die Resonanzfrequenz ein wenig, wodurch der Klang minimal an Höhen verliert.

Die Kappe ist so konstruiert, dass die sechs Polschrauben der einen Spule durch entsprechende 5,4 mm große Kappen-Bohrungen in der Höhe verstellbar sind, während die Polstifte der zweiten Spule unter der Kappe versteckt bleiben. Wichtige Änderungen in der Geschichte des Gibson Humbuckers Spulen: Das Butyrate-Material für die Spulen-Herstellung wurde normalerweise schwarz eingefärbt, wobei die Farbe ja keine Rolle spielte, denn der Humbucker wurde ausschließlich mit Kappe gebaut. Es war vermutlich 1959, als Gibson eine Lieferung mit cremefarbenen Spulen bekam, die natürlich auch für die Produktion eingesetzt wurden, und so entstanden die relativ seltenen und heiß begehrten Humbucker mit je einer schwarzen und einer cremefarbenen Spule (Zebra-Pickups) oder mit zwei cremefarbenen Spulen, die Double-Cream oder Double-White genannt werden.

Bekannt und berühmt werden diese optischen Varianten des P.A.F., als große Gitarristen wie Eric Clapton die Kappen ihrer Pickups bereits Mitte der 60er-Jahre entfernen und die offenen Humbucker so auf legendären Fotos und Filmaufnahmen zu sehen sind. 1974 ließ sich Larry DiMarzio auch das Markenrecht auf die bereits existierende Double-Cream-Optik eintragen … Etwa ab 1963 werden die Spulen aus ABS-Kunststoff hergestellt. Diese Spulen sind etwas stabiler und zeigen nicht die typischen Biegungen an den Kopfenden, die durch den Druck des Wickeldrahtes bei Butyrate-Spulen hervorgerufen werden. Ab 1965 gab es dann neue Spritzgussformen für die Spulenkörper, und die Humbucker werden mit sogenannten T-Top Spulen gebaut; diese haben eine T-förmige Markierung in der Mitte der Spulen-Oberseite. Die „Square in Circle“- Markierung gab es bei den T-Tops nicht mehr.

Wickeldraht: 1963 wird die Isolierung des Plain-Enamel-Drahtes noch dunkler und ist fast schwarz. Kurz darauf, ca. 1965, wird der Plain-Enamel-Draht durch einen Polyurethan-isolierten ersetzt, der leicht an seiner roten Farbe zu erkennen ist. Seit 1962 müssen die Wickelmaschinen nicht mehr von Hand angehalten werden, sondern bekommen eine Auto-Stopp-Funktion, wodurch die Anzahl der Wicklungen konstant wird und der Gleichstromwiderstand im Bereich zwischen 7,5 und knapp 8 kΩ liegt.

Messing-Halteschrauben: Seth Lover erzählt in einem Interview mit Seymour Duncan, dass er unbedingt Messingschrauben für die Montage benutzen wollte, weil Stahlschrauben das magnetische Feld beeinträchtigen. Vermutlich werden für die ersten Pickups trotzdem Stahlschrauben verwendet, denn die Pickups z. B. meiner 1957er ES-350 sind mit Kreuzschlitz-Stahlschrauben ausgestattet. Diese kleinen Schräubchen der Stärke 2 kommen in verschiedenen Varianten vor. Es gibt sie mit Schlitz, mit Kreuzschlitz, mit Vollgewinde und mit Teilgewinde, das sich über 2/3 Drittel des ca. 11 mm langen Schaftes erstreckt. Die klassische Variante der späten 50er- und frühen 60er-Jahre ist die Variante mit Kreuzschlitz und Teilgewinde.

P.A.F.-Sticker: Die ersten P.A.F.-Pickups waren noch nicht mit einem Patent-Applied-For-Aufkleber versehen, aber bereits im Laufe des Jahres 1957 wurden die neuen Humbucker damit ausgestattet. Mitte 1962 änderte Gibson den Aufkleber, der jetzt den Text trug: „PATENT NO. 2,737,842“, was allerdings nicht die Patentnummer des Humbuckers ist, sondern die Patentnummer eines Saitenhalters. Ab 1974 wird diese Nummer direkt in die Grundplatte geprägt und zwar immer noch die falsche Nummer …

Kappen: In der Literatur wird berichtet, dass die ersten Kappen aus gebürstetem Edelstahl waren. Ich selbst habe noch keine ganz frühe 56er Kappe gesehen, vermute aber, dass es sich nicht um Edelstahl, sondern um unbeschichtetes Neusilber handelt. Meine ES-350 aus 1957 hat jedenfalls vergoldete, 0,4 mm starke Neusilberkappen. Auch wird in der einschlägigen Literatur darauf hingewiesen, dass die Edelstahlkappen durch Kappen aus Messingblech abgelöst wurden, was ich aber nicht bestätigen kann. Die Humbucker-Kappen der 1950er- und 1960er-Jahre wurden definitiv aus Neusilberblech gezogen. (Soweit mir bekannt ist, hat es in den 70er-Jahren tatsächlich eine Zeit gegeben, in der Messingkappen verwendet wurden, aber das habe ich nicht weiter recherchiert.)

Je nachdem, für welches Gitarrenmodell der Pickup vorgesehen ist, wird die Neusilber-Kappe vernickelt oder vergoldet. Ab Mitte 1965 wird die Hardware und somit auch die Kappe verchromt statt vernickelt, wodurch das Metall kaum mehr anläuft und wesentlich länger schick aussieht. Die Optik der Kappen ändert sich im Laufe der Jahre ein wenig – wahrscheinlich unbeabsichtigt, aber deutlich sichtbar.

Das betrifft sowohl die Radien der Kappenecken und – kanten als auch die Ränder der sechs Durchlassbohrungen für die Polschrauben. Grundsätzlich haben die vier horizontalen Kanten zwischen der Kappen-Oberseite und den vier Seiten einen Radius von 1/16“ (1,5875 mm) und die vier vertikalen Kanten zwischen den Seitenteilen haben einen Radius von 1/8“ (3,175 mm). Das ergibt eine relativ „scharfkantige“ Optik, so wie sie auch bei meinen eigenen 1957er Kappen zu sehen ist. Später wird die Optik „weicher“ und mündet in der 1959er Kappenform, die interessanterweise immer noch die gleichen Radien aufweist, aber deutlich runder aussieht.

Wie ist das möglich? Eine Erklärung wäre Materialabnutzung der Tiefziehform, aber ich vermute einen anderen Grund. Am Anfang waren die Kappen aus 0,4 mm Neusilberblech gezogen. Als dann die Blechstärke auf 0,5 mm erhöht wird, gibt es Probleme mit der Qualität: Relativ kleine Kantenradien und dickeres Blech führen zu Rissen im Kantenbereich und deshalb werden die Kanten der Tiefziehform an den äußeren Stirnseiten von Hand etwas nachgearbeitet, sodass zwar in der Mitte noch der alte 1/16“-Radius bestehen bleibt, der sich aber zu den Ecken hin vergrößert. Für diese Theorie spricht das unsymmetrische Aussehen der beiden Stirnseiten.

Außerdem: Die 5,4 mm großen Durchlass-Bohrungen für die Polschrauben haben zu Anfang einen scharf abgebildeten Rand, der im Laufe der Zeit trichterförmig wird und ebenfalls zu dem typischen Bild eines 1959er original P.A.F.s gehört.

Gretsch FilterTron

In den späten 50er- und den 60er-Jahren ist der Gretsch FilterTron ebenso beliebt wie der Gibson-Humbucker. Wie oben bereits erwähnt, liegen die Humbucker-Entwicklungen von Gibson und Gretsch zeitlich sehr eng beieinander. Gretsch wollte einen brummfreien Pickup für Chet Atkins entwickeln, und so entwarf Ray Butts das bekannte FilterTron-Design, das sich auch heute, im Zuge der Retro-Optik, wieder großer Beliebtheit erfreut. In manchen Quellen wird erwähnt, dass das Gretsch Humbucker-Design bereits vor der Gibson-Entwicklung fertiggestellt war.

Gretsch FilterTron Pickup
Gretsch FilterTron

Das ist zweifelhaft, denn der FilterTron wurde erst Ende 1957 auf Gitarren montiert, während Gibson seinen Humbucker bereits Mitte 1955 zum Patent angemeldet hat. Der Gibson-Humbucker verkörpert eine eher schlichte, geradlinige und moderne Optik, während der Gretsch FilterTron mit seinen weichen Rundungen und den typischen Aussparungen in der Kappe eher ein 50er-Jahre-Flair vermittelt.

Der Grundaufbau beider Pickups ist übrigens identisch: Zwei Spulen mit gegensätzlicher Magnetpolung, die durch einen Blockmagneten erzeugt wird, der mittig unter den beiden Spulen platziert ist. Der magnetische Fluss wird beim FilterTron über zwei Reihen Polschrauben durch die Spulen in Richtung Saiten geführt. Wegen der schmaleren Bauform (der FilterTron ist nur 34 mm breit) und der großen Kappen-Radien sind die Spulen mehr als 6 mm schmaler als die eines Gibson-Humbuckers. Deshalb passen auch nur etwa halb so viele Windungen des gleichen Drahtes auf eine FilterTron-Spule, wie auf eine Humbucker-Spule. Folglich liegt der Gleichstromwiderstand bei nur 4,2 bis 4,6 kΩ und der Klang ist deutlich klarer als der eines Gibson-Humbuckers.

FilterTron-Humbuckern
Gretsch 6120 von 1957 mit den ersten FilterTron-Humbuckern

Dieser klare Ton war ganz sicher auch Ziel der Entwicklung, denn Chet Atkins war Fingerpicker, übertrug diese Technik von der akustischen auf die E-Gitarre und wollte einen besonders natürlichen und klaren Ton. Dass der FilterTron nicht leiser ist als ein Humbucker, verdankt er zum einen dem mit ¼“ (6,35 mm) doppelt so dicken AlNiCo-Magneten und zum anderen den dickeren Polschrauben der Stärke 6, denn beides zusammen sorgt für eine höhere Induktivität der Spulen.

In den 1970er-Jahren wird der FilterTron mit dünnerem Draht und stärkerem Keramik-Magneten gebaut, wodurch der Pickup seine ursprüngliche Klarheit verliert. Heute gilt TV Jones als der Filter-Tron-Spezialist unter den Pickup-Herstellern. Er baut nicht nur die historischen Pickups der 50er-Jahre, sondern bietet auch moderne Modelle mit eigenem Klangdesign.

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