Rasiermesserscharf

Hartes Heck: Jackson Soloist SL2MG HT im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Bisher gab es in Jacksons noch realtiv junger American Series die Soloist in zwei Pickup-Konfigurationen und mit einem Floyd-Rose-System. Mit der HT-Variante (Abkürzung für Hard Tail) gibt es nun aber auch eine Gitarre für Fans fester Brücken.

GRÜNES BRETT

Die zum Test vorliegende SL2MG HT ist in einem „Matte Army Drab“ Farbton gehalten, was im Wesentlichen einem klassischen O.D. Green (Olive Drab) entspricht. Das gesamte Instrument ist mit einer mattierten Oberfläche versehen, die sich vor allem auf der Halsrückseite und den Body-Shapings mit der Zeit glatt spielen wird. Passend zu dem reduziert-martialischen Erscheinungsbild wurde die SL2MG HT mit schwarzer Hardware ausgestattet, was einen ziemlich runden Look ergibt.

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Herzstück der Gitarre ist ein durchgehender, dreiteiliger Ahornhals, der für mehr Stabilität mit zwei zusätzlichen Graphitstreben verstärkt wurde. Angeleimt wurden zwei Flügel aus Erle, auf dem Hals sitzt ein dunkles, schwarz eingefasstes Ebenholzgriffbrett. Wie bei modernen Metal-Gitarren üblich, wurde hier ein Compound-Fretboard-Radius von 12″ auf 16″ gewählt. Der verwendete Jumbo-Edelstahl-Bunddraht ist bei allen 24 Bünden ausgesprochen sauber eingelassen und ist ein Musterbeispiel dafür, mit welcher Genauigkeit auch in der US-Produktion gearbeitet wird.

(Bild: Dieter Stork)

Auf dem Korpus verschraubt, sorgt eine Hipshot-Brücke für ausgesprochen angenehme Spielbarkeit.In Richtung der abgewinkelten Kopfplatte laufen die Saiten über einen schwarzen Sattel TusQ-XL-Sattel von GraphTech zu den sauber arbeitenden Gotoh-MG-Locking-Tunern.

Natürlich dürfen bei einer waschechten Jackson die großen, ikonischen Sharkfin-Inlays aus Perlmutt nicht fehlen. Für zusätzliche Orientierung auf stockdunklen Bühnen sorgen die seitlich eingelassenen Luminlay-Dots, die, einmal in Kontakt mit einer hellen Lichtquelle gekommen, eine bemerkenswerte Strahlkraft besitzen.

Für schnellen Zugriff auf den Spannstab des Halses sorgt ein kleines Trussrod-Wheel am Fuße des Griffbretts. So kann der Hals ohne ein spezielles Werkzeug innerhalb von Sekunden eingestellt werden, wenn das Instrument beispielsweise starken Temperaturschwankungen ausgesetzt ist.

(Bild: Dieter Stork)

Für elektrische Übertragung sorgt bei der SL2MG HT das EMG 81/85 Set, das sich mit seinen schwarzen Kunststoffkappen perfekt in die Optik der Gitarre einfügt. Auf Pickup-Rahmen wurde verzichtet; die Humbucker sind direkt in den Korpus des Instruments verschraubt.

(Bild: Dieter Stork)

Im E-Fach geht es so sauber zu, wie man es bei einem Instrument dieser Preisklasse erwarten darf – alles sauber im Maschinenraum. Zur allgemeinen Verarbeitung bleibt zu sagen, dass Jackson mit der SL2MG HT auf hohem Niveau abliefert. Vor allem die wirklich saubere Bundierung mit den schön verrundeten Enden des Bunddrahts weiß zu gefallen. Aber auch kleine Details wie beispielsweise der Deckel des E-Fachs aus gebürstetem Aluminium, die hochwertige Hardware oder auch die saubere Lackierung ergeben ein nahezu makelloses Gesamtbild.

Lediglich eine kleine Unsauberkeit bei der Einfassung des Griffbretts auf Höhe des zweiten Bundes verhindert hier die Bestnote. Ausgeliefert wird die Soloist übrigens in einem Soft Case, das zwar einen soliden Eindruck macht, dem ich jedoch über längere Zeit vermutlich nicht so eine kostspielige Gitarre anvertrauen würde.

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

RASIERMESSERSCHARF

Jackson macht bei der SL2MG HT keine Experimente: Hier bekommt man exakt das, was man angesichts der vollmundigen Werbeversprechen erwarten darf. Mit einem Gewicht von 3,4 kg und dem wirklich ausgesprochen flachen „Speed Neck“-Halsprofil zeigt sich die Testgitarre als ein richtiges Arbeitstier, das auf maximale Performance gezüchtet wurde. Die großzügigen Body-Shapings und der ergonomisch geformte Hals/Korpus-Übergang ermöglichen sowohl sitzend als auch stehend maximalen Spielkomfort.

(Bild: Dieter Stork)

Klanglich erweist sich die SL2MG HT insofern als kleine Überraschung, als dass der Ton akustisch gespielt eher etwas leise erscheint und sich vor allem durch einen ungemein sportlich-agilen Bassbereich auszeichnet. Das Attack reagiert blitzschnell, und dank der etwas nach hinten gerückten Mitten kann die Jackson SL2MG HT eine bemerkenswerte Strahlkraft in den Höhen entfalten. Nicht falsch verstehen: Die Gitarre klingt nicht dünn oder schmalbrüstig – ich würde hier eher von einem perfekt auf moderne Metal-Bedürfnisse abgestimmten Klangbild sprechen.

Verglichen mit Gitarren ähnlicher Bauweise mit einem Floyd-Rose-System ist hier zwar ein etwas solideres Bassfundament zu hören – trotzdem habe ich das Gefühl, dass das Instrument so richtig „am Plektrum klebt“. Wie zu erwarten war, wird dieser Eindruck durch das verbaute EMG-Tonabnehmer-Set noch einmal verstärkt.

Im cleanen Betrieb liefern beide Tonabnehmer einen knackigen Ton, der mit viel Attack und einem leichten Schuss Twang aufwartet. Die den EMG-Tonabnehmern so häufig unterstellte Sterilität und Leblosigkeit kann ich hier keineswegs feststellen – ganz im Gegenteil: Anders als manch andere moderne Metal-Gitarre macht die SL2MG HT im Clean- und Crunch-Betrieb dank des agilen, lebhaften Tons richtig viel Spaß. Vor allem der auf der Hals-Position verbaute EMG85-Humbucker beeindruckt mich mit einer tollen Ausgewogenheit aus strahlenden Höhen und tragfähigem Bassfundament.

War ich bis dato eher ein Fan des EMG-60-Humbuckers auf dieser Position, überzeugt mich der 85er in der Testgitarre restlos. Am Steg beweist der EMG 81, warum er einer der meistverkauften Tonabnehmer überhaupt ist. Im Distortion-Betrieb meines Verstärkers liefert die Soloist einen dermaßen zackigen und drahtigen Sound, dass ich mich dabei erwische, sofort in einen High-Speed-RiffRausch zu verfallen. Das Attack ist wirklich rasiermesserscharf umrissen, und manch einem mag diese Ästhetik vielleicht ein wenig über das Ziel hinaus geschossen vorkommen.

Im Test habe ich das Instrument einfach mal einen Ganzton nach unten auf D gestimmt und siehe da: Auch hier gerät der Sound, trotz der eigentlich etwas zu dünnen Saiten, kein bisschen ins Schwimmen. Ganz im Gegenteil: Das tiefere Tuning steht der Gitarre ausgezeichnet, und ich wage zu behaupten, dass hier die größte Stärke der SL2MG HT liegt. Während die Basssaiten nach wie vor mit einem chirurgisch präzisen Attack aufwarten, liefert das Instrument auf den hohen Saiten eine Aggressivität, die in einem Mix für maximale Durchschlagskraft sorgt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die Jackson SL2MG HT hält, was sie verspricht. Hier bekommt man eine waschechte Soloist, die im Gegensatz zu den Schwestermodellen mit passiven Tonabnehmern und Floyd-Rose-System etwas weniger auf 80er-Jahre-Nostalgie, sondern klar auf moderne Metal-Anwendungszwecke getrimmt wurde. Trotz der reduzierten Ausstattung findet man bei dieser Gitarre alles, was man von einem Instrument dieser Ausrichtung und in dieser Preisklasse erwarten darf. Die Verarbeitung der US-Serienproduktion ist über jeden Zweifel erhaben, und auch die Zutaten der SL2MG HT entsprechen absolut dem, was es bei einer Top-Gitarre für gehobenere Ansprüche braucht.

Und auch klanglich liefert das Instrument richtig ab: Hier bekommt man eine ungemein sportlich und drahtig klingende Gitarre, die vor allem im High-Gain-Bereich und mit einer etwas tieferen Stimmung glänzen kann. Wer also bereit ist, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen und der ikonischen Jackson-Soloist etwas abgewinnen kann, sollte die SL2MG HT bzw. ihre Schwestermodelle unbedingt einmal ausprobieren.

PLUS

  • Design
  • reduzierte Optik
  • hochwertige Hardware
  • moderne Metal-Sounds
  • Verarbeitung
  • Tonabnehmer

MINUS

  • kleiner Fehler in der Lackierung


(erschienen in Gitarre & Bass 09/2024)

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