Rasiermesserscharf
Hartes Heck: Jackson Soloist SL2MG HT im Test
von Christian Braunschmidt, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Dieter Stork)
RASIERMESSERSCHARF
Jackson macht bei der SL2MG HT keine Experimente: Hier bekommt man exakt das, was man angesichts der vollmundigen Werbeversprechen erwarten darf. Mit einem Gewicht von 3,4 kg und dem wirklich ausgesprochen flachen „Speed Neck“-Halsprofil zeigt sich die Testgitarre als ein richtiges Arbeitstier, das auf maximale Performance gezüchtet wurde. Die großzügigen Body-Shapings und der ergonomisch geformte Hals/Korpus-Übergang ermöglichen sowohl sitzend als auch stehend maximalen Spielkomfort.
(Bild: Dieter Stork)
Klanglich erweist sich die SL2MG HT insofern als kleine Überraschung, als dass der Ton akustisch gespielt eher etwas leise erscheint und sich vor allem durch einen ungemein sportlich-agilen Bassbereich auszeichnet. Das Attack reagiert blitzschnell, und dank der etwas nach hinten gerückten Mitten kann die Jackson SL2MG HT eine bemerkenswerte Strahlkraft in den Höhen entfalten. Nicht falsch verstehen: Die Gitarre klingt nicht dünn oder schmalbrüstig – ich würde hier eher von einem perfekt auf moderne Metal-Bedürfnisse abgestimmten Klangbild sprechen.
Verglichen mit Gitarren ähnlicher Bauweise mit einem Floyd-Rose-System ist hier zwar ein etwas solideres Bassfundament zu hören – trotzdem habe ich das Gefühl, dass das Instrument so richtig „am Plektrum klebt“. Wie zu erwarten war, wird dieser Eindruck durch das verbaute EMG-Tonabnehmer-Set noch einmal verstärkt.
Im cleanen Betrieb liefern beide Tonabnehmer einen knackigen Ton, der mit viel Attack und einem leichten Schuss Twang aufwartet. Die den EMG-Tonabnehmern so häufig unterstellte Sterilität und Leblosigkeit kann ich hier keineswegs feststellen – ganz im Gegenteil: Anders als manch andere moderne Metal-Gitarre macht die SL2MG HT im Clean- und Crunch-Betrieb dank des agilen, lebhaften Tons richtig viel Spaß. Vor allem der auf der Hals-Position verbaute EMG85-Humbucker beeindruckt mich mit einer tollen Ausgewogenheit aus strahlenden Höhen und tragfähigem Bassfundament.
War ich bis dato eher ein Fan des EMG-60-Humbuckers auf dieser Position, überzeugt mich der 85er in der Testgitarre restlos. Am Steg beweist der EMG 81, warum er einer der meistverkauften Tonabnehmer überhaupt ist. Im Distortion-Betrieb meines Verstärkers liefert die Soloist einen dermaßen zackigen und drahtigen Sound, dass ich mich dabei erwische, sofort in einen High-Speed-RiffRausch zu verfallen. Das Attack ist wirklich rasiermesserscharf umrissen, und manch einem mag diese Ästhetik vielleicht ein wenig über das Ziel hinaus geschossen vorkommen.
Im Test habe ich das Instrument einfach mal einen Ganzton nach unten auf D gestimmt und siehe da: Auch hier gerät der Sound, trotz der eigentlich etwas zu dünnen Saiten, kein bisschen ins Schwimmen. Ganz im Gegenteil: Das tiefere Tuning steht der Gitarre ausgezeichnet, und ich wage zu behaupten, dass hier die größte Stärke der SL2MG HT liegt. Während die Basssaiten nach wie vor mit einem chirurgisch präzisen Attack aufwarten, liefert das Instrument auf den hohen Saiten eine Aggressivität, die in einem Mix für maximale Durchschlagskraft sorgt.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Die Jackson SL2MG HT hält, was sie verspricht. Hier bekommt man eine waschechte Soloist, die im Gegensatz zu den Schwestermodellen mit passiven Tonabnehmern und Floyd-Rose-System etwas weniger auf 80er-Jahre-Nostalgie, sondern klar auf moderne Metal-Anwendungszwecke getrimmt wurde. Trotz der reduzierten Ausstattung findet man bei dieser Gitarre alles, was man von einem Instrument dieser Ausrichtung und in dieser Preisklasse erwarten darf. Die Verarbeitung der US-Serienproduktion ist über jeden Zweifel erhaben, und auch die Zutaten der SL2MG HT entsprechen absolut dem, was es bei einer Top-Gitarre für gehobenere Ansprüche braucht.
Und auch klanglich liefert das Instrument richtig ab: Hier bekommt man eine ungemein sportlich und drahtig klingende Gitarre, die vor allem im High-Gain-Bereich und mit einer etwas tieferen Stimmung glänzen kann. Wer also bereit ist, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen und der ikonischen Jackson-Soloist etwas abgewinnen kann, sollte die SL2MG HT bzw. ihre Schwestermodelle unbedingt einmal ausprobieren.
PLUS
- Design
- reduzierte Optik
- hochwertige Hardware
- moderne Metal-Sounds
- Verarbeitung
- Tonabnehmer
MINUS
- kleiner Fehler in der Lackierung
(erschienen in Gitarre & Bass 09/2024)
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