Extended Range Guitars

Hapas Siren 727 WrkHrs Limited im Test

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Im letzten Teil dieser Kolumne ging es ja um das Thema Custom Shop vs. Production Model. Wenn man Robert Sola von Hapas Guitars fragt, ist die Antwort eindeutig: „Ich würde mich immer für ein Custom Shop Modell entscheiden!“ antwortet er ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Robert hat allerdings seine ganz eigene Philosophie wenn es darum geht, Custom Qualität einer breiteren Masse zugänglich zu machen – und seine WrkHrs-Serie ist quasi das Paradebeispiel dafür! Deshalb schauen wir uns heute die siebensaitige Siren mal genauer an.

Sieben Saiten Gitarre
(Bild: Simon Hawemann)

Keine Kompromisse

Ganz genau! „Kompromisslos“ ist das erste Wort, das mir beim Anblick der Hapas Siren 727 WrkHrs Limited einfällt. Der Korpus ist extrem schlank (35 mm) und schnittig, mit aggressiv nach vorn gestreckten Hörnern und großzügigen Cutaways, und vermittelt damit schon optisch den Eindruck, direkt lospreschen zu wollen. An Stelle einer abgeschrägten Armablage ist die Siren mit einem Schliff entlang der Zarge versehen, der den brutalen Look noch verstärkt. Das transparent- schwarze „Black Coal“-Finish, quasi ein Markenzeichen von Hapas Guitars, sorgt darüber hinaus für einen organisch- rohen Anblick. Die Maserung des Nordesche-Korpus ist durch das Finish hindurch nicht nur sicht-, sondern auch fühlbar. Dies vermittelt ein Gefühl von natürlicher Wertigkeit und schreit einem geradezu entgegen, dass es sich bei diesem Instrument beim besten Willen nicht um ein Spielzeug handelt.

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Sieben Saiten Gitarre
(Bild: Simon Hawemann)

Dieses Gefühl setzt sich beim Hals direkt fort. Perfekt abgerichtete und auf Hochglanz polierte Bünde strahlen einem von dem pechschwarzen Ebenholzgriffbrett entgegen. Dieses ist mit Offset Dots versehen, die ab dem 12. Bund von der Ober- an die Unterkante des Fretboards wechseln. Sehr cool! Dreht man die Gitarre um, blickt man auf einen 5-teiligen und wunderschön gemaserten Wengehals mit zwei Bubinga-Streifen. Dieser ist geölt und fühlt sich wirklich enorm organisch an. Wenge sieht einfach super aus, besonders im Kontrast zu den üblichen Ahornhälsen, an deren Anblick man sich so gewöhnt bzw. sattgesehen hat. Oder geht das nur mir so?! Jedenfalls verleiht der Wengehals der ansonsten geradezu barbarischen Siren WrkHrs Limited einen Hauch von Klasse und Custom Shop-Exotik, der als dezenter Kontrast zum sonst so brutalen und reduzierten Look wirklich eine Menge hermacht.

Der Übergang von Hals zu Korpus ist wie aus einem Guss geraten und sollte beim Spielen keinerlei Hindernis darstellen. Bleibt noch der Reversed Headstock, der in diesem Falle ohne Finish daherkommt. Es handelt sich bei dem mir vorliegenden Exemplar der Siren 727 WrkHrs Limited allerdings um einen Prototyp – das finale Modell hat das Black Coal Finish auch auf der Kopfplatte. Prototyp und finales Modell haben allerdings gemeinsam, dass der Headstock nicht vom Hals abgewinkelt, sondern eher Fender-typisch gerade verbaut ist.

Sieben Saiten Gitarre
(Bild: Simon Hawemann)

Bei der Bestückung der Siren 727 lautet die Maxime „Reduced to the max!“ – man findet lediglich eine massive ETS Fixed Bridge, einen Volume-Regler und den durch die spitzen Pole Pieces äußerst brutal aussehenden Instrumental SFTY3 Bridge Humbucker auf dem Korpus. Und mir persönlich gefällt die Attitüde, die dieses Layout ausstrahlt, äußerst gut – ich selbst bestücke meine Gitarren in der Regel ganz genauso. Man kann die WrkHrs aber natürlich auch mit zwei Pickups, zusätzlichem Poti, et cetera bestellen. Laut Robert ist allerdings die Variante mit nur einem Tonabnehmer deutlich populärer bei seinen Kunden.

Wie eine Guillotine

Wer aufgrund des Eschekorpus ein Leichtgewicht erwartet, ist bei der Siren auf dem sprichwörtlichen Holzweg. Meine Hapas Sludge aus Sumpfesche ist spürbar leichter, der Korpus der Siren ist allerdings aus etwas schwererer Nordesche gefertigt. Wir reden hier aber keinesfalls von einem Schwergewicht – der schlanke Korpus und die minimalistische Bestückung helfen, das Gewicht zu reduzieren und durch das weit nach vorn gestreckte Horn hängt die Siren perfekt ausbalanciert und komfortabel am Gurt.

Auch im Sitzen schmiegt sich dieses schmale Instrument perfekt an und lässt sich besonders in der klassischen Position bis in die obersten Lagen sehr leicht bespielen. Und der Hals der Siren 727 ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch blitzschnell zu bespielen. Das besonders flache C-Profil sorgt in Verbindung mit dem Öl-Finish für ein komplett reibungsloses Spiel – der Hals fühlt sich von Anfang an so an, als würde er auch nach stundenlangem Spielen oder gar mehreren Live- Shows einfach nicht klebrig werden. Und da ich die Gitarre nun schon eine ganze Weile hier habe, bestätigt sich das Gefühl auch nach längerer Zeit und regelmäßigem Einsatz. Shredder dürften sich dank dieser Umstände auf der Siren trotz der verlängerten Bariton-Mensur sofort wie zu Hause fühlen. Die 27 Zoll sind dank des hohen Komfortlevels des Halsprofils wirklich kaum zu spüren und sorgen darüber hinaus für ein straffes und artikuliertes Low End. Die flache Saitenlage tut ihr Übriges … dieses Gerät spielt sich einfach mühelos.

Sieben Saiten Gitarre
(Bild: Simon Hawemann)

Dank der Holzauswahl klingt die Siren 727 durch die Bank transparent und offen. Schon unverstärkt tönt sie nicht nur glasklar, sondern auch wirklich laut. Und dieser Eindruck setzt sich natürlich auch verstärkt und mit großzügigem Gain fort. Esche ist einfach ein ausgezeichnetes Tonholz für ERGs und hat mich bisher in Kombination mit tiefen Tunings noch jedes Mal überzeugen können.

Die Siren ist im Moment auf drop G# gestimmt und schneidet selbst in den tiefsten Lagen durch den Mix wie eine Guillotine. Aber was soll das Gerede – auf dem Gitarre & Bass SoundCloud Profil könnt ihr euch davon selbst überzeugen! Die Siren ist mit einem Instrumental Pickups SFTY3 bestückt. Der Pickup ist eine Internet-Entdeckung von mir und mittlerweile in vielen meiner Gitarren installiert. Ich habe selten einen Pickup erlebt, der so offen tiefe Tunings überträgt, besonders ohne gleichzeitig auf den hohen Saiten schrill zu klingen. Außerdem gibt der Pickup jederzeit das richtige „Feedback“ auf mein Spiel. Anschlagdynamik, Palm Mutes, Pinch Harmonics … einfach alles wird vom SFTY3 perfekt übertragen. Ich kann diesen Tonabnehmer wirklich nur jedem empfehlen, der im High-Gain-Bereich wildert – egal ob nun auf einer 6-Saiter im Standard Tuning oder einer ultratief- gestimmten 8-String. Der SFTY3 liefert ab und sieht einfach nur brutal aus.

SPECS:

  • Nordesche Korpus (35 mm)
  • Black Coal Finish
  • Wenge/Bubinga Hals (5-teilig)
  • 27″ Bariton Mensur
  • Ebenholzgriffbrett
  • Nickel Jumbo Frets
  • Grapthech TUSQ Nut
  • Schaller M6 Locking Tuners
  • ETS Fixed Bridge
  • Instrumental Pickups SFTY3 Steg Humbucker

Fazit

Hapas Guitars folgen, besonders mit der WrkHrs-Serie, einer ganz konkreten Philosophie: Gitarren in Custom Shop Qualität zu sehr erschwinglichen Preisen zu produzieren. Und das Prinzip geht auf! Während im Hause Hapas anfangs vor allem komplette Sonderanfertigungen gebaut wurden, hat man sich mittlerweile auf die Standardisierung der populärsten Spezifikationen fokussiert. Die Auswahl an Modellen und Specs wurde also insgesamt reduziert und die Produktion dadurch effizienter gestaltet und beschleunigt. Die WrkHrs-Serie stellt dabei den Einstieg in die Welt von Hapas Guitars dar, ist qualitativ aber z. B. mit meiner Hapas Sludge 727 absolut ebenbürtig – und die ist eine komplette Custom-Anfertigung zum entsprechend höheren Preis. Besonders der straighte Headstock der WrkHrs-Serie reduziert laut Luthier Robert Sola den Aufwand beim Bau des Halses und somit den Endpreis enorm. Ich finde das zwar nicht so schick wie eine abgewinkelte Kopfplatte, aber bei dem Preis der Siren kann man diesen Abstrich definitiv machen.

Sieben Saiten Gitarre
(Bild: Simon Hawemann)

Unterm Strich ist die Siren 727 der WrkHrs Limited Serie ein potentes Rhythmus-Monster mit enorm straffem Low End, prädestiniert für tiefe Tunings und High-Gain-Sounds. Die 27-Zoll-Mensur sorgt für Ordnung im Keller und das superflache Halsprofil ermöglicht auch Virtuosen gnadenlos exzessives Geshredde. Klar, in der vorliegenden Form ist diese Gitarre nicht grad divers, aber erstens ist das nicht zwangsläufig Sinn und Zweck einer so kompromisslosen Gitarre und zweitens kann man die Instrumente dieser Serie mit Pickup-Fabrikaten und – Konfigurationen frei nach Wunsch bestellen.

Mehr Gitarre kriegt man für einen Basispreis von € 1099 schlichtweg nicht. In der Regel landet man in dieser Preisklasse am ehesten bei einer LTD Deluxe oder einem anderen, soliden Import-Modell. Aber eine von Hand in Deutschland gebaute Gitarre in Custom-Shop-Qualität?! Das bietet nur die WrkHrs-Serie von Hapas. Wie der Name schon sagt, ist die Gitarre ein Arbeitstier: Aufs Wesentliche reduzierte Specs, brutaler Look und Sound, keine Schnörkel, kein Klimbim. Ansonsten ist die Siren wahrlich eine in ihrer Preisklasse völlig konkurrenzlose High-End-Custom-Maschine mit Hang zur Brutalität.


Hapas Guitars

2010 von Robert Sola in Berlin geründet, waren die ersten Gitarren aus dem Hause Hapas zunächst überwiegend 6-Saiter. Diese waren allerdings schon betont auf Metal-Gitarristen ausgerichtet und trafen auch ästhetisch den Nerv der stetig wachsenden ERG- Gemeinde, die heute ca. 90% der internationalen Kundschaft ausmacht.hapas-guitars

Im Jahre 2013 nahm Robert mit mir Kontakt auf und bot mir an, gemeinsam ein Modell zu entwerfen. Ich konnte so gleich zwei meiner Träume verwirklichen: Den der ersten Custom Gitarre und den nach einer siebensaitigen Bariton-Telecaster. Das Modell hört auf den Namen ‚Sludge‘ und neben meinem persönlichen Exemplar sind diverse andere Sludge Customs im Umlauf. Schaut einfach mal auf www.facebook.com/hapasguitars vorbei und checkt aus, was die Jungs sonst so zu bieten haben!

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