Essential (ESN) soll lediglich die Ausstattung dieser Ultra- Swede-Version sein. Ein formal minimiertes und doch funktional erwachsenes Single-Cut-Modell mit Bolt-on-Hals und einem mehr als ausgezeichneten Preis/Leistungsverhältnis, verspricht uns der Hersteller.
Immer auf die Kleinen? Von wegen – die Kleinen sind es doch oft, die austeilen und den Laden aufmischen. Das fängt nicht erst bei Napoleon an und hört bei Prince auch wohl kaum auf. Wer also die Höhe eines Barhockers nur knapp überragt, der hat beste Voraussetzungen groß rauszukommen.
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Stripped to the bone
Die kleine handliche Single-Cut-Gitarre mag auf das Wesentliche reduziert sein und ohne jeden Schnickschnack auskommen, auf eine leicht konturierte Decke verzichtete man beim Korpus aus dreiteilig gefügtem Mahagoni aber nicht. Ansonsten weist die am Halsansatz ca. 4 cm starke Bohle aber keine weiteren Konturen oder Abgleichungen oder gar Bindings auf, bleibt also ganz Brett. Auf diesen Korpus, bzw. in die dafür vorgesehene Korpustasche, ist ein Hals aus Ahorn mit Hagstroms H-Expander Halsstab geschraubt, ohne Platte, dafür aber mit vier in Hülsen geführten Schrauben. Der matt versiegelte Hals selbst ist hellbraun eingefärbt, sein verhältnismäßig großer Kopf unterhalb der ersten drei Bünde großflächig angeschäftet. Als Halsprofil wird Ultra Slim D angegeben, aber da hab‘ ich schon „slimmeres“ erlebt. Das ungebundene Griffbrett aus Palisander – nicht wie sonst üblich aus dem selbstentwickelten Resinator-Wood – ist mit 22 mittelstarken Bünden ausgestattet, kantenglatt verarbeitet und sauber abgerichtet – na bitte! Dots markieren die Lagen. Von den Wickelzylindern der hübschen kleinen Hagstrom-Mechaniken aus werden die Saiten (628 mm Mensurlänge) über den Black Tusq XL Sattel hinüber zur Long Travel TOM-Bridge auf der Decke geführt, um danach vom Hagstrom Stop Tailpiece mit sechs individuellen Saitenhaltern aus Messing fixiert zu werden.
Die Elektrik umfasst zwei Custom ‘62 Ceramic Humbucker ohne Kappen, welche von gut platzierten, generell arbeitenden Volume- und Tone-Reglern gesteuert werden. Anwählen lassen sie sich mit dem hinten auf die Decke gesetzten 3- Wege-Toggle-Switch. Die Coil-Tap-Funktion der regulären Ultra Swede entfiel bei dieser rudimentären Ausführung. Das Ultra Swede Essential-Modell ist in den Farben Black Gloss, Wild Cherry Transparent und Tobacco Sunburst zu haben; der Korpus ist dabei jeweils hochglänzend, der Hals matt versiegelt.
Handlich, aber klanglich kess
So klein diese Ultra Swede ESN auch sein mag, so sympathisch handlich fühlt sie sich an, sobald man sie aufs Knie nimmt. Eine Gitarre zu der man gern und schnell greift, nicht zuletzt, weil sie der Hand schmeichelt mit ihrem im Rücken recht flach ausgelegten, seitlich aber schön verrundeten Halsprofil – und dann legt sie auch noch gleich frisch und unbefangen los. Ihr Sound kommt stramm, kompakt im Akkord und gar nicht mal so leise für das Korpusformat – jaujau. Am Gurt zieht die Nase des weit vorragenden Halses ganz leicht nach unten, aber mit aufgelegtem Arm ist das gleich schon wieder vergessen.
Gehen wir in den Amp, so zeigen die Custom ‘62 Open Coil Ceramic Humbucker, dass sie durchaus in der Lage sind, diese grundlegende akustische Straffheit auch in attraktive elektrische Sounds umzusetzen, zumal diese Tonabnehmer nicht zu vordergründig arbeiten. Über den Hals-Pickup erzielen wir demgemäß transparent aufgelöste Akkorde, die zwar nicht die letzte Stufe delikater Tonwandlung zelebrieren, aber durchaus mehr als ordentliche Clean- Sounds abliefern. Schlanke und gut konturierte Bässe, leicht fokussierte Mitten und weit offene Höhen: damit lässt sich wirklich arbeiten und nicht nur bei klar eingestelltem Amp. In Zerre sind gerade wegen der eher verhalten agierenden Bässe gut definierte Powerchords zu haben, aber auch im Solospiel sorgt der kompakte Ton für stabile singende Linien. Wechseln wir auf den etwas stärker ausgelegten Steg-Pickup, so zeigt auch der noch überraschend gute Höhen und ein insgesamt kompaktes Akkordbild mit recht flachen trockenen Bässen und leicht nasalen, aber durchaus runden Mitten, insgesamt auf jeden Fall bestens geeignet für die griffige Darstellung rhythmischer Pattern.
In Drive-Positionen des Amps erweist sich dieser Humbucker mit starker Obertonpräsenz als bemerkenswert leistungs- und klangstark. Die transparente Bassdarstellung ist bei aufgeblasener Verstärkerleistung eher von Vorteil. Powerchords und Riffs federn knochig und konturstark aus den Speakern, der Anschlag wird markant herausgestellt und das knapp gefasste Plektrum lässt den frechen Lead-Ton mit starker Obertonfärbung aufsteigen. Die Tonerzeugung geht über die Ceramic Humbucker leicht von der Hand, der Ton kommt schnell, ist höchst präsent. Auch wenn diese starke Präsenz etwas auf Kosten der Dynamik gehen mag – das hat was und ist für die Preiskategorie einfach unerwartet gut.
Resümee
So klein und doch schon so frech! Die Ultra Swede ESN mag im Vergleich zur regulären Ultra Swede auf Zierrat und Coil Tap verzichten, aber auf den Mund gefallen ist sie deshalb noch lange nicht. Die sympathische Konzeption ist genau durchdacht und liefert für das Preis- Niveau nicht nur gute Handhabung, sondern dank der Custom ‘62 Open Coil Ceramic Humbucker auch erstaunlich potente Sounds, was dieses Essential-Modell nicht nur für junge Spieler interessant macht. Vor allem die aber können für lässiges Geld ein bestens spielbares Instrument erwerben, das die Spiellaune anfacht und ihnen mit leichtem Zugang zu seriösen Sounds den Rücken stärkt. Hagstrom hält also sein Versprechen auf ein funktionsstarkes Instrument mit tollem Preis/Leistungsverhältnis. Wir empfehlen einen persönlichen Test!