Junger Schwede!

Hagstrom Metropolis S & C im Test

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Zwei E-Gitarren von Hagstrom
(Bild: Dieter Stork)

 

Es ist schon erstaunlich, was die revitalisierte klassische schwedische Gitarrenmarke Hagstrom in den letzten Jahren auf die Beine gestellt hat. Nicht weniger als ein komplettes Programm inkl. neuer Made-in-Europe-Instrumente, da fehlte bis dato eigentlich nur noch etwas in der Schüler- und Studentenklasse. Doch auch dafür wurde jüngst Sorge getragen.

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Denn mit den neuen Metropolis-Instrumenten rundet Hagstrom sein Programm nach unten hin ab. Nicht von ungefähr erinnern die beiden Modelle C und S denn auch an Gibsons Einsteiger- und Schülergitarren der 1950er Jahre, die Les Paul Junior und Special. Aber wenn man genauer hinschaut, wird man auch hier den speziellen Schweden-Charme entdecken!

 

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Die junge Dame verrät in einem Katalog aus den 60er-Jahren ein Hagstrom-Geheimnis – den H-Expander!

 

Konstruktion von Hagstrom Metropolis S und C

Prima, dass viele der innovativen Ideen, die die Hagstrom-Gitarren auszeichnen, auch bei den Metropolis-Modellen Einzug gehalten haben. So setzen die Macher in Teilen ganz bewusst auf Alternativen zu herkömmlichen Materialien. Die Bodies beider Modelle, die bis auf die Pickup-Bestückung und die Farbe identisch sind, bestehen z. B. aus Empress, einem Holz, das im Klangverhalten Erle ähnlich sein soll (siehe Textkasten). Alternativ, wenn auch nicht neu, sondern schon seit Firmengründung so gehandhabt, ist die Verwendung eines speziellen Holzverbund-Produktes für das Griffbrett. Resinator (siehe ebenfalls Textkasten) kommt in seiner neusten Evolutionsstufe aus Finnland und dieses Holz – es ist Holz, auch wenn es in dieser Form nicht natürlich gewachsen ist – macht nicht nur optisch, sondern auch klanglich einen sehr guten Eindruck.

Überhaupt nicht umdenken mussten die Macher beim Halsstab. Denn auch die Metropolis-Instrumente verfügen über den patentierten H-Expander Halsstab, den Hagstrom seit den 60er verwendet. Dieser wie ein H geformter Profilstab ist sehr steif und trotzdem leicht, was dem Ton zugutekommen soll und auch dünne Halsprofile nicht zu instabil werden lässt. Der Hagstrom-Hals galt in den 60ern nicht umsonst als der schnellste in der damaligen Gitarrenwelt.

In die Pickguards sind die Pickups montiert – die Metropolis S bekam zwei neue Singlecoils namens S-Spin, die richtig schön nach Vintage aussehen, die Metropolis C zwei sogenannte Custom-58-Humbucker, die in offenen Metallkappen sitzen. Master-Volume, Master-Tone, Dreiweg-Schalter – mehr gibt es nicht, und mehr braucht man nicht zu regeln.

Die Hardware-Sektion sieht nicht nur brauchbar, sondern auch hochwertig aus. Die Tune-o-matic/Stoptail-Konstruktion brückenseitig und geschlossene Hagstrom-Mechaniken mit „Stairstep“-Flügeln machen einer Gitarre dieses Preissegments alle Ehre, beide Gitarren sind perfekt eingestellt, bei beiden arbeiten die Mechaniken mit einer feinen Übersetzung von 18:1 präzise und ohne Schwachstellen. Wie ich überhaupt an der Verarbeitung keine Mängel entdecken kann. So ist auch die Lackierung sauber ausgeführt und die Hälse sitzen exakt passend in den Halstaschen.

 

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Zwei Humbucker in offenen Metallkappen für einen dunkleren, mächtigen Sound (Bild: Dieter Stork)

 

Hagstrom Metropolis S und C in der Praxis

Hmm, obwohl beide Gitarren bis auf die Pickups exakt identisch gebaut sind, klingen sie schon akustisch gespielt unterschiedlich. Während die weiße S offener, dynamischer und spritziger daherkommt, wirkt die schwarze C in sich geschlossener, kompakt und kraftvoll. Eigentlich genau passend zur jeweiligen Pickup-Bestückung – aber wie kann das sein? Am Verstärker kann auf Anhieb die Singlecoil-bewehrte S begeistern – sogar mit dem Steg-Pickup im cleanen Sound, was ja nicht sehr oft der Fall ist, besonders nicht in der günstigen Preisklasse, in der die beiden „Metropolisse“ unterwegs sind! Mit ganz viel Strat-Appeal erscheint der Hals-Pickup, und wenn man auch noch Hendrix-eske Passagen intoniert, ist der Sound mit dem einer Fender Strat praktisch identisch. Etwas hohl und flockig-leicht erscheint der Kombinations-Sound beider Pickups, sehr gut für offen klingende Rhythmus-Geschichten. Knochig, hölzern und sehr charmant kommt der Steg-Pickup alleine um die Ecke, zwar auch wieder Fender-ähnlich, aber nicht vergleichbar mit bekannten Strat- oder Tele-Sounds. Hier wird die Sound-Kontur also eigen, und das ist auch gut so. Die Sonne geht auf, wenn man den Singlecoils mit einem moderat eingestellten Verzerrer oder einem Booster (in meinem Fall: Box of Rock) druckmäßig ein bisschen auf die Sprünge hilft. Saftige Crunch-Sounds in dynamischer Klasse-Qualität sind der Dank, und hier kann die Metropolis S richtig starke Akzente setzen.

Beim ersten Check der Metropolis C entsteht bei mir der Eindruck, dass die Custom-58-Humbucker durchaus noch ein paar mehr Höhen hätten vertragen können. Clean und angecruncht klingt es zwar in allen Positionen warm, aber wenig transparent und irgendwie nicht besonders anmachend. Auf Touren kommt diese Gitarre erst, wenn der Amp richtig zerrt. Insbesondere der Kollege am Steg liefert ein breites Brett, das sich für mit ordentlich Schmackes gespielte Riffs sehr gut eignet.

Die Stärke der Gitarre liegt aber in ihrem Lead-Ton, der trotz Schraubhals einen wunderbar singenden Charakter bereitstellt. Hier lebt die Gitarre auf, hier fühlt man sich zu Hause, hier möchte man sein Solo noch einen Chorus länger ausbreiten.

Die Spielbarkeit der beiden Metropolis-Modelle ist wunderbar; sie liegen gut in der Hand, und der Hals ist so schmal, dass er auch Einsteigern in die Materie gefallen wird. Vielleicht heute nicht mehr der fastest neck in the world, aber sicher immer noch einer der schnellsten!

 

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Zwei S-Spin-Singlecoils liefern einen drahtigen, lebendigen Sound. (Bild: Dieter Stork)

 

Alternativen zu Hagstrom Metropolis S und C

Es ist höchste Zeit, dass sich Gitarrenhersteller nicht nur Gedanken um Alternativen zu den traditionellen Tonhölzern machen, sondern auch endlich zu Taten schreiten. Hagstrom geht mit gutem Beispiel voran, und dass das auch im Gut&Günstig-Sortiment klappt, ist umso bemerkenswerter!

Empress, das eigentlich Paulownia heißt, ist ein sehr schnell wachsender Baum, der vor allem in fernöstlichen Ländern wie China, Vietnam, Laos, Korea und Japan gedeiht und dort schon seit langem für traditionelle Instrumente genutzt wird. Mittlerweile werden aber auch Surfboards und Ski mit diesem Holz gebaut. In der Klimadebatte fällt zudem immer häufiger der Name dieses Holzes , weil es eine mögliche Lösung für die fortschreitende globale Entwaldung darstellen kann. Denn ein junger Pawlonia-Baum wächst immerhin 6 m pro Jahr, sodass eine Wiederaufforstung von gerodeten Flächen deutlich schneller passieren kann als mit anderen Baumarten. Solange mit dieser Möglichkeit der Raubbau an anderen Arten nicht weiter ratifiziert wird, ist dieses Holz also in der Lage, bereits erfolgte Schäden relativ kurzfristig zu reparieren. Unter dem Licht betrachtet, ist also die Materialwahl, die Hagstrom getroffen hat, nicht nur dem Umstand geschuldet, dass das Holz kurze Transportwege zum Hersteller in China zurücklegen muss, sondern auch dem, dass keins der üblichen Tonhölzer für die Produktion herhalten muss.

Resinator, so nannten die Hagstrom-Verantwortlichen das neue Griffbrettmaterial. Dieser Holzverbund wird in großen Platten in Finnland hergestellt und besteht hauptsächlich aus mehreren Schichten Finnischer Birke, die wie Schindeln unter Hochdruck miteinander laminiert werden, nach vorheriger Dunkel-Färbung, versteht sich. Dieses ungewöhnliche Griffbrettmaterial wird mittlerweile bei allen Hagstrom-Instrumenten verwendet, insofern stellt es bei den Metropolis-Gitarren überhaupt keine Rotstift-Maßnahme dar, sondern reine Überzeugung

 

Resümee

Mit diesen beiden Metropolis-Instrumenten kann Hagstrom in der Einsteiger- und Zweit- und Drittgitarren-Sektion mächtig punkten! Sauber, mit guten Materialien verarbeitet und mit Komponenten bestückt, die ihren Job hervorragend verrichten, liefern die beiden Gitarren Pickup-typische Sounds in Reinkultur. Die mit Singlecoils bestückte Metropolis S erinnert klanglich an Fender-Gitarren und kann insgesamt mit einer großen Flexibilität überzeugen, während die schwarze Metropolis C dunkle Humbucker-Sounds bereitstellt, mit denen überzeugend mächtige Riffs und sahnige Lead-Lines abgedrückt werden können. Sehr positiv ist zudem, dass der Hersteller sich nicht scheut, auch bei einer Serienproduktion bewusst auf alternative Hölzer zu setzen. Einer muss ja mal den Anfang machen!

 

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Plus

  • Sounds
  • Pickups (Metropolis S)
  • Dynamik
  • Preis/Leistung

 

Minus

  • Clean-Sounds (Metropolis C)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Gitarre & Basse ist und bleibt die beste Musikerzeitschrift……

    Danke und bitteweiter so!

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Danke – und bitte weiter so!!! 🙂

      Auf diesen Kommentar antworten

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