Guitar Guru: Sigma M & Ibanez
von Guitar Guru, Artikel aus dem Archiv
Hast du Fragen zum Thema „alte und/oder merkwürdige Gitarren“? Wir beantworten sie auf dieser Seite. Monat für Monat. Diesmal geht es um einen Sigma-M-Bass und eine Ibanez-Gitarre.
Ich habe hier im Keller seit 1992 einen japanischen Vintage-Bass, bei dem ich weder Jahrgang noch Herkunft kenne. Auch ein Koffer dazu ist noch vorhanden und es ist noch alles im Originalzustand. Der Bass ist spielbar und alles funktioniert einigermaßen. Ich würde mich über nähere Informationen zu diesem Instrument sehr freuen.
Marcel
Dein Bass ist zunächst mal natürlich eine Kopie des erstmals 1960 vorgestellten Fender Jazz Bass und zählt damit zu den sogenannten „Lawsuit“-Modellen. Diese werden so genannt, weil es 1977 zu einem Gerichtsverfahren zwischen Gibson und Hoshino (den Besitzern der Ibanez-Marke) kam. Gibson ging damals gegen die Kopie ihres Headstock-Designs vor, der Rechtsstreit endete in einem Vergleich.
Heute zählt man alle möglichen japanischen Kopien zu den Lawsuit-Instrumenten, da nicht nur Ibanez, sondern auch viele andere japanische Hersteller nach und nach Abstand vom Kopieren der US-Designs nahmen. Dein Bass weist dabei ein besonders delikates Detail auf: er wurde für die Marke „Sigma M“ hergestellt, und die gehörte damals niemand anderem als C.F. Martin & Co., besser bekannt als Hersteller der berühmten Martin-Westerngitarren. Martin ließ damals unter dieser „Tochtermarke“ preisgünstige Instrumente in Japan herstellen – sogar E-Gitarren und Bässe, die Kopien der anderen großen US-Firmen waren!
Wer aber hat den Bass gebaut? Nach einigen Recherchen gehe ich von Chushin Gakki aus. Diese weitgehend unbekannte Firma wurde 1948 in Nagano, Japan, gegründet und produzierte bis 2011 gewaltige Mengen an Gitarren für alle möglichen Auftraggeber – z. B. Jackson und Charvel. Vor allem im Niedrigpreis-Segment war Chushin neben Sakai Mokko ab den 1970er-Jahren die aktivste japanische „Outsourcing“-Firma. Der Bass dürfte aus den mittleren bis späten 1970er-Jahren sein. In gutem Zustand und mit etwas Geduld und den richtigen Infos kann man dafür zwischen 250 und 400 Euro erzielen.
Guitar Guru
Ich sende euch Fotos meiner mittlerweile alten, aber sehr gut erhaltenen Ibanez Roadster II, die ich vor etwa sechs Jahren in absolut neuwertigem Originalzustand inklusive eines so genannten Ibanez „Revolver Hardshell Case“ bei einem Privatverkauf erstehen konnte. Klangtechnisch besitzt sie einen ganz eigenen Sound, der jedoch bauartbedingt schon in Richtung Stratocaster tendiert.
Desweiteren ist sie sehr handlich, und die gesamte Gold-Hardware absolut hochwertig. Die hochglänzende Lackierung (einst bei Ibanez als Polar White bezeichnet) hat im Laufe der Jahre ganz von allein nun einen leichten Touch bzw. eine dezente Farbveränderung bekommen. Mich würde es brennend interessieren, aus welchem Baujahr sie stammt und wie hoch der Sammlerwert/Verkaufspreis einzuschätzen ist. Schlussendlich wirkt diese Ibanez Roadster, optisch wie technisch, durchaus sehr edel, und ich würde sie nie wieder hergeben.
Britta
Deine Gitarre wurde laut Seriennummer im Dezember 1983 von Fujigen gebaut. Guckt man in den Ibanez-Katalog dieses Jahres, findet sie sich dort als RS405 Deluxe. Neben Polar White gab es sie auch in einem metallischen Schwarz. Laut Ibanez wurden die sogenannten „Super 6“-Singlecoils verbaut, mit „doppelt so vielen Wicklungen wie ein herkömmlicher Pickup“.
Ich vermute, sie wurden von Maxon für Hoshino (Ibanez) hergestellt. Der Korpus dieses Modells war aus „Erle und Birke“, genauer ist es nicht rauszufinden, der Hals aus Ahorn und das Griffbrett aus Palisander. Die Besonderheit der Deluxe gegenüber der Standard war das sogenannte „Hard Rocker“-Vibrato, eine speziell von Hoshino entwickelte Vibrato-Einheit. Auf der Standard befindet sich das Vibrato namens „Power Rocker“, das weitaus mehr einem Standard-ST-Trem ähnelt.
Ungewöhnlich bei deinem Modell ist die goldene Hardware. Mehrere Roadstar-II-Deluxe-Modelle hatten goldene Hardware, bei der RS405 findet sich zumindest in den verfügbaren Katalogen nichts dazu. Da könnte es sich bei deiner dann doch um ein limitiertes Sondermodell mit goldener Hardware handeln. Die Preise für Ibanez Roadstars sind in den vergangenen Jahren etwas gefallen.
Für die edelsten Modelle (RS1500 usw.) werden zwischen 500 und 1500 Euro verlangt, gezahlt aber wohl eher zwischen 500 und 1000 Euro; Roadstar II Standard und Blazer liegen tendenziell eher darunter. Irgendwo so um die 600 bis 700 Euro könnte man versuchsweise aufrufen, wollte man sie verkaufen. Aber wie du sagst: Es handelt sich wirklich um hervorragende Gitarren, die locker mit jeder „echten“ Strat aus jener Zeit mithalten können, zumal ja zur gleichen Zeit im gleichen Werk – Fujigen – auch die Firma mit dem großen F begann, Sratocaster- und Telecaster-Modelle bauen zu lassen, die heute sehr gehyped werden.
Guitar Guru
(erschienen in Gitarre & Bass 11/2021)
Das könnte dich auch interessieren
Eine Anmerkung zur schönen alten Ibanez Roadstar II Gitarre: die korrekt beschriebene „Polar White Metallic“ Hochglanz Lackierung war damals in den 1983er-Jahren bei Neukauf farblich ein sehr helles Weiss mit ultra feiner Metallic Lack Beimengung,das sich im Laufe der Jahre dann ganz von selbst in ein sehr interessantes,aber dezentes „Eierlikör Metallic“ .Keine Ahnung,welcher spezielle Lackauftrag damalig für diese Roadstar II Serie verwendet wurde,ich finde diese leichte Farbveränderung wirklich sehr edel!
Diese natürliche Farbnuance wertet das besagte ältere Ibanez Roadstar II Gitarren Modell eigentlich eher sogar noch um einiges richtig auf.
Top klingende Gitarre aus einer leider schon längst vergangenen Epoche der japanischen Gitarrenbaukunst! Eine große Bitte an die G&B-Redaktion: bitte erweitert die Rubrik des „Guitar Guru“ wenn möglich zukünftig immer auf mehrere Seiten in jeder neuen Heftausgabe!
Im Voraus herzlichen Dank!